Mumien, Metropolen und Minarette
Mit Dietmar Ossenberg unterwegs
Jahrhundertelang war Bahariyya im Westen ßgyptens eine Oase in der Weißen Wüste. Fernab des Nil war sie fast vergessen. Doch 1997 riss der Fehltritt eines Esels Bahariyya aus dem Dornröschenschlaf. Ein Wachposten war mit seinem Esel in ein Loch gefallen, das sich später als Eingang zu einer riesigen Nekropole herausstellte. Von Grabräubern ungestört ruhen dort Tausende von Mumien. Den zweiten Teil seiner Reisereportage "Abenteuer ßgypten" beginnt Dietmar Ossenberg mit einem Besuch im Reich der Toten. Gemeinsam mit Archäologen steigt er hinab in die Unterwelt" inmitten der Weißen Wüste.
Eine der nächsten Stationen ist ßgyptens Metropole Kairo. Einst nannte man die Stadt "Al Qahira, die Siegreiche". Heute ist aus der bescheidenen Siedlung der Fatimidenherrscher die größte Stadt des Schwarzen Kontinents geworden. 17 Millionen Menschen drängen sich hier - nur Mexiko City ist größer. Viele strömen aus den kleinen Dörfern Oberägyptens in die Hauptstadt, um ihr Glück zu suchen, Doch nach Kairo zieht es nicht nur ßgypter. Neva ist Deutsche und lebt seit drei Jahren am Nil. Sie ist Bauchtänzerin.
Nur ganz wenige Ausländerinnen wagen es, sich mit der übermächtigen Konkurrenz der ägyptischen Tänzerinnen zu messen. Gute Bauchtänzerinnen werden in Kairo wie Göttinnen verehrt. Dementsprechend hart ist das Ringen um die besten Auftritte. Auch Neva hat dies zu spüren bekommen. Sie weiß, dass sie hier nicht immer willkommen ist. Dennoch versucht Neva weiterzumachen, kämpft um die Auftritte in den großen Hotels der Metropole. Doch der Druck kommt nicht nur von der Konkurrenz. Viele Strenggläubige lehnen den traditionellen Tanz als zu freizügig ab, verlassen bei Nevas Auftritten unter Protest den Saal.
"Die Kostüme müssen gewagt sein, sonst ist es nicht Bauchtanz. Aber es gibt eine feine Grenze zwischen den Männern im Publikum und der Tänzerin auf der Bühne. "Es ist wie ein kleiner Flirt", sagt Neva.
Der Islam wird in der Stadt der tausend Minarette immer stärker. Während des Fastenmonats Ramadan verändert Kairo täglich sein Gesicht. Tagsüber, in der quälenden Hitze des Spätsommers, prägt die Lethargie das Stadtbild. Nichts geht mehr. Doch nach Sonnenuntergang erleuchten zahllose bunte Lampen die Ufer des Nil und das Leben kehrt nach Kairo zurück.
Endpunkt der Reise-Reportage ist die Hafenstadt Alexandria. Ihr Ruhm scheint verblasst. An der berühmten Corniche, wo sich früher berühmte Schriftsteller ihre Inspiration zu Werken der Weltliteratur holten, tobte bis vor kurzem das Chaos einer übervölkerten Millionenstadt. Viele Paläste standen vor dem Abbruch. Einst gehörte die Stadt, die den Namen Alexander des Großen trägt, zusammen mit Cannes und Nizza zu den Hotspots des Mittelmeeres. Eine multikulturelle Gesellschaft aus aller Herren Länder bevölkerte die zahllosen Caféhäuser und Luxushotels. Lange schienen diese Zeiten vorbei. Doch noch immer träumt hier eine kleine Minderheit von alten Tagen - und neuem Glanz. Sie will aus Alexandria wieder ßgyptens Tor nach Europa machen.