Karthagos geheime Kolonien
Buch/Autor: Gisela Graichen und Peter Prestel
Kamera: Steffen Böttrich
Die Phönizier waren reich, ohne Zweifel. Schon die Bibel spricht von Schiffsladungen voller Gold, die sie aus fernen Ländern brachten. Eine ihrer Gründungen war um 814 v. Chr. Karthago. Doch 146 v. Chr., am Ende des dritten Punischen Krieges, wurde es von den römischen Soldaten geplündert und vollständig zerstört, zusätzlich 83 v. Chr. von Soldaten des Feldherrn Pompeius. Von dem verhassten Feind sollte nichts mehr zeugen, kein Palast und kein Tempel, kein Haus, keine Straße, keine Mauer - nichts. Kaiser Augustus ließ die ßberreste planieren, um darauf eine römische Stadt zu errichten. Die wiederum wurde am 19. Oktober 439 von dem Wandalenkönig Geiserich zerstört, heute erhebt sich hier ein mondäner Vorort von Tunis. Vor diesem Nichts stehen seit Jahrzehnten die Archäologen. Bis zu neun Meter tief müssen sie graben, um auf Zeugnisse einer der bedeutendsten Metropolen des antiken Seehandels zu stoßen, die Auskunft geben über das Leben, die Religion, die Menschen einer vergangenen Großmacht, die einst das Mittelmeer beherrschte, Afrika umrundete, das Alphabet und die Navigationstechnik erfand. Nur archäologische Forschungen können Licht in das Dunkel eines ebenso rätselhaften wie faszinierenden Volkes bringen, das "im Zerrspiegel intoleranter biblischer ßberlieferung und voreingenommener klassischer Autoren", so der Hamburger Phönizier-Forscher Hans Georg Niemeyer, nur schwer zu erkennen ist.