Mythologie der Britischen Inseln und ihre historischen Hintergründe
Wie entstanden die britischen Sagen?
Die Erzählungen von König Arthur, dem Zauberer Merlin, Lancelot und Galahad, König Lear und seinen Töchtern oder Beowulf entstammen allesamt der britischen Mythologie. Sie stehen miteinander in enger Beziehung und sind durch innere Zusammenhänge verknüpft. Doch sind diese Geschichten mehr als nur frei erfundenen Legenden - meint zumindest der britische Historiker Geoffrey Ashe. Kapitel für Kapitel erzählt er die einzelnen Sagen nach , zeigt dabei die Vielzahl an verschiedenen Materialien, aus denen die Geschichten zusammengefügt sind, auf und untersucht die Legenden auch auf ihren historischen Gehalt. Dabei stellt Ashe immer wieder die mythologischen und historischen Figuren, soweit bekannt, nebeneinander. Klar wird dabei, das vieles, das wir heute als quasi-historische britische Sagen kennen, der Feder des walisischen Klerikers Geoffrey of Monmouth entstammt, der um 1138 die "Historia Regum Britanniae" verfaßte, in denen beinahe 2000 Jahre britische Vergangenheit aufzeigen wollte. Etwas später folgte die "Vita Merlini". Während des gesamten Mittelalters und noch bis in die Tudor-Zeit hinein betrachtet man seine Schriften als sachlich richtig, obwohl sie meist nur Fiktion waren. Wieviel Wahrheitsgehalt in den Geschichten steckt, läßt sich aufgrund fehlender schriftlicher Hinterlassenschaften aber nur erahnen. Ashe indes zieht zu seinen Forschungen auch die Ergebnisse der Archäologie zu Rate. Von 1966 bis 1970 wurde im südenglischen Sommerset Cadbury Castle ausgegraben, eine eisenzeitliche Hügelfestung, die in römischer Zeit verlassen und Mitte des fünften Jahrhunderts wieder besiedelt - eben gerade in die Zeit, in die man Arthur normalerweise datieren würde. Nach Ashe spricht einiges dafür, in Cadbury Castle die Burg Arthurs, Camelot, zu sehen.
Neben den historischen Hintergründen berücksichtigt Ashe aber auch die literarische Rezeption der britischen Sagen, vor allem im Hoch- und Spätmittelalter. Morgan le Fay, die ältere Halbschwester Arthurs beispielsweise, ist bei Geoffry of Monmouth noch eine wohlwollende, attraktive Gestalt; mit dieser Figur adaptiert Geoffrey keltische Glaubensvorstellungen. Aber spätere Generationen in einer immer stärker vom Christentum geprägten Welt verhärteten sich in ihrer Einstellung gegen Personen aus der keltischen Tradition, die zaubern konnten. Morgan wurde nun als bösartige Hexe vorgeführt.
Wer einen "ernsthaften" wissenschaftlichen Anspruch hat, der sollte diese Werk besser nicht lesen: Zu sehr versucht Ashe, der britischen Mythologie historische Hintergründe nachzuweisen, einige seiner Aussagen klingen recht haarsträubend. Doch der Autor ist keinesfalls unkritisch und so ist sein Buch für alle Liebhaber von mythologischen Geschichten und allen, die schon längst mehr über die vielschichtige, komplexe Sagenwelt Britanniens wissen wollten, genau das Richtige.