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Die Ausbreitung des IslamDie Schnelligkeit, mit der die Araber im 7. und 8. Jahrhundert einen großen Teil des Mittelmeerraums und Asiens bis zum Indus und zur chinesischen Grenze erobert haben, bringt noch heute die Historiker zum Erstaunen. Sie erinnert an andere Völkerstürme der Geschichte. Aber im Gegensatz zu den kurzlebigen Reichen der meisten Eroberer hielt sich das Weltreich der Kalifen, der Nachfolger Muhammads, über Jahrhunderte hinweg. Und mehr noch: Aus dem Islam, der in einer der rückständigsten Regionen der Alten Welt entstanden war, entwickelte sich in ungewöhnlich kurzer Zeit eine Zivilisation, die in vielem der europäischen überlegen war. Muß man sich darüber wundern, daß sich die Araber sehnsuchtsvoll an die Größe erinnern, die sie im Mittelalter gerade im Vergleich zum christlichen Europa erlangt haben, und daß sie auf eine Wiederkehr jener Zeiten hoffen? Die arabisch-islamische Kultur mußte mit gewaltigen inneren Spannungen und äußeren Erschütterungen fertig werden. Nichts zeigte das deutlicher als die Wanderung des Machtschwerpunkts von der arabischen Halbinsel nach Syrien (Damaskus), dem Irak (Bagdad), ßgypten und weiter in andere Zentren sowie die ßbernahme der politischen und wirtschaftlichen Macht fast überall in Vorderasien und Nordafrika durch nichtarabische, meist türkische Eliten. Der Mongolensturm im 13. Jahrhundert war die erste elementare Bedrohung der arabischen Welt durch eine nichtislamische Macht. Die zweite vergleichbare äußere Herausforderung war und ist immer noch die Auseinandersetzung mit dem Westen, dessen übermächtige Präsenz auch nach der Auflösung der Kolonialreiche maßgeblich das politische Handeln und das kulturelle Selbstgefühl der arabischen Welt bestimmt. |