Das 11. und 12. Jahrhundert waren geprägt von einer bis dahin nie gekannten -Bautätigkeit, vor allem im Norden des ehemaligen Karolingerreichs. Mit den zahlreichen Stadtgründungen ging der Kirchen- und Kathedralenbau einher. Diese "urbane Revolution" war das Ergebnis einer Phase von radikalen gesellschaftlichen Umbrüchen, denn erst jetzt wurde die antike Gesellschaftsstruktur auf breiter Front von der neuen feudalen Ordnung abgelöst, die bis zur Französischen Revolution - in vielen Gebieten noch länger - Bestand haben sollte. Damit eng verzahnt war der fundamentale Wandel von Wirtschaft, Politik und Religion. Die Intensivierung der Heiligenverehrung, die Verfolgung von Ketzern und Juden, die Durchsetzung des priesterlichen Zölibats und die Stärkung päpstlicher Macht sind Teil dieser ersten europäischen Revolution.
Robert I. Moore zeichnet, im Gegensatz zur bisherigen Forschungsliteratur, ein völlig neues Bild vom europäischen Hochmittelalter. Denn nach seiner Meinung waren die Umbrüche, die in Europa zwischen dem späten 10. und dem beginnenden 13. Jahrhundert stattfanden, eine tiefgreifende Revolution von Gesellschaft und Kultur. Erst durch diese Revolution - nicht schon in der Antike - entstand nach Moore die spezifisch europäische Zivilisation, die sich von allen anderen Zivilisationen der Welt grundlegend unterscheidet. Dabei gelingt es Moore gut, seine Meinung verständlich, doch umfassende darzustellen. Ein sehr interessantes Buch.
Robert I. Moore wurde 1941 geboren und ist seit 1993 Professor für mittelalterliche Geschichte an der University of Newcastle upon Tyne. Davor lehrte er von 1964 bis 1993 an der University of Sheffield und 1998 als Visiting Professor an der University of Chicago.