Eine herausragende Persönlichkeit des Mittelalters
Katharina von Siena, Dominikanerin und Prophetin, hatte sich bereits zu Lebzeiten in Italien einen Namen als Wundertäterin gemacht, auch durch ihr politisches Wirken. Ihr genaues Geburtsdatum ist unbekannt, die Forschung geht allerdings von den Vierziger Jahren des 14. Jahrhunderts aus. Demnach wäre Katharina etwa 40 bis 50 Jahre alt gewesen, als sie 1380 in Rom starb. Katharina, Tochter des Färbers Iacopo di Benincasa, stammte aus bescheidenen, aber gesicherten Verhältnissen. ßber ihre Ausbildung ist so gut wie nichts bekannt: Sie konnte zwar lesen, aber kaum schreiben und hat ihre Briefe und Texte wahrscheinlich diktiert. Es ist auch nicht nachzuvollziehen, inwieweit sie Latein verstand und wieviel religiöse Literatur sie las. Katharina ist also kaum als Gelehrte zu bezeichnen.
Dennoch ist vor allem durch die Ratschläge, Verweise und Bekenntnisse bekannt geworden, die sie in ihren Briefen Verwandten und Anhängern aber auch Priestern, Bischöfen, Kardinälen, Päpsten und Regierungen erteilte. Von den Großen der Kirche und der Welt erwartete sie maßgeblich vier Dinge, die auch in fast allen ihren Briefen immer wieder auftauchen: Die Rückkehr der Päpste von Avignon nach Rom, eine Reform des Klerus, Frieden unter den italienischen Staaten unter Einschluß der Kurie und schließlich die Rückeroberung des heiligen Landes.
Wie diese beiden auf en ersten Blick widersprüchlichen Aspekte zusammenpassen, analysiert der vorliegende Band auf gelungene Weise. Dazu werden ihre Briefe ausführlich durchleuchtet und immer wieder in Bezug zu den bekannten Fakten ihrer Biographie gesetzt. Dem Leser stellt sich so die enge Verbindung zwischen der Mystik Katharinas und ihrer politischen Aktivität dar. Auf Katharinas Persönlichkeit und Wirken wirft dieser Aspekt ein neues Licht. Bisher war die unermüdliche Mahnerin an den Ergebnissen ihrer oft unfruchtbar gebliebenen ßberredungsversuche gemessen worden. Der vorliegende Band würdigt sie hingegen als eine Frau, die ihre Grundsätze lebte und so zum Vorbild für die Menschen ihrer Zeit wurde, so daß sie heute zweifellos zu den bedeutendsten Frauen der italienischen Geschichte zählt.
Das Thema wird sachlich und übersichtlich auf den Punkt gebracht, keine überflüssigen Bemerkungen verwässern den knappen, doch sehr informativen Text. Besonders gelungen ist die Analyse der Texte Katharinas, die nie trocken und langweilig wirkt, weil sie in direkten Bezug zum politischen Geschehen und zur Biographie Katharinas gesetzte wird. Wer sich für diesen sehr speziellen Teil mittelalterliche Geschichte und für eine herausragende Frau dieser Epoche interessiert, sollte dieses Buch unbedingt lesen.