Zivile Gewandung
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Eintrag #1 vom 26. Feb. 2013 21:02 Uhr
Eric
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Gott zum Gruße allseits.
Es ist das altbekannte Problem, ein Verrückter kommt auf die Idee, dass das Mittelalter ja ganz Interessant ist und man sich damit ja näher beschäftigen könnte.
So geht es mir eigentlich schon seit meinem 7. Lebensjahr, aktiv am Ausleben dieses Hobbys bin ich allerdings erst seit etwa 2,5 Jahren mit ein paar Freunden.
Wie es (glaube ich) normal für junges Blut ist, haben wir uns natürlich erst auf die Rüstung konzentriert (da gibt es ja für unseren Zeitrahmen ganz nette Vorbilder -> wwwhistoriavivens1300.at/biblio/ritter.htm)
Doch letzten kamen wir zu dem Entschluss, dass uns das nicht genügt und so komme ich zu meinem Problem.
Ich spiele einen (fiktiven) Ritter aus der Umgebung Hessen/Nassau um 1300 herum.
Jetzt habe ich mir schon einiges angelesen, hoffe, ich konnte auch daraus die richtigen Schlüsse ziehen …
Dies habe ich bisher:
Beinlinge, Cotte und Surcot sind aus Wollstoffen, die Bruche aus Naturleinen.
Die Schuhe habe ich von Reenactors, waren immer unter der Rüstung, hier weiß ich nicht, ob diese auf für eine zivile Gewandung gut sind.
Gürtel fehlt noch komplett, bisher nur ein einfacher Ledergürtel, um das ganze taillieren zu können.
Jetzt würde ich mir gerne noch einen Zinnenhut dazu kaufen. Doch mein Hauptproblem besteht hier, einen Händler zu finden, der ihn auch in Form des Codex Manesse anfertigt.
Kann mir hier jemand weiterhelfen?
Ebenso geht es mir mit Handschuhen.
Kann ich mir hier weiße Handschuhe machen lassen, benötigen sie eine bestimmte Form?
Wo kann ich so etwas kaufen?
Bin leider Handwerklich eine absolute Niete und immer auf Leute vom Fach angewiesen.
So ganz uneitel ist man schließlich nicht … meinen Wappenrock möchte zumindest niemand sehen und ich werde ihn schnellstmöglich auch noch mal machen lassen.
Auch über weitere Tipps bin ich natürlich dankbar, es steigt schließlich jeder einmal ein und Hilfe dabei ist immer gut.
Vielen Dank im Voraus,
Eric
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Eintrag #2 vom 27. Feb. 2013 09:55 Uhr
Jens
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Also zuerst einmal- das sieht doch schonmal ganz gut aus. Zwar nicht unbedingt für einen "Ritter"- da fehlt meiner Ansicht nach noch auch einiges an BlingBling (und gibt es Fehler im Detail, dazu aber weiter unten)- aber grundsätzlich schonmal ganz nett. Das allererste, was mir nach Klicken deines Bildes ins Auge spricht: *überspitzt* "Kerle, mach die Bundhaube zu" *überspitzt* ;)
Wie der Name schon sagt gehört die gebunden, ansonsten hat sie keinen Sinn, und wenn Du dir so Abbildungen aus dem Zeitrahmen anguckst, wirst du zu 99% solche finden, wo sie zu ist. Ja, ist gibt Ausnahmen, aber deren Hintergrund kennen wir net, und die Ausnahmen darzustellen, ist zumindestens, wenn man am Ende ein stimmiges Bild (wem gegenüber ist wieder eine andere Diskussion über die Ziele des Hobbys) abgeben will, net so die Idee. Das Offenlassen ist zwar gerade ein gängiges Leiden in der Szene (auch und vor allem der Larpszene, die hier Darsteller des LH kopieren, fälschlicherweise).
Dann möchte ich einen Satz aufgreifen, der- neben dem Wunsch, alles zu kaufen- meiner Ansicht nach den Kern des Problems darstellt: "die Schuhe habe ich von Reenactors".
Naja, das ist ein Händler. Der verkauft Zeug. Was er irgendwie benennt. Nun ist Christian (der Betreiber) weder böse, noch total gierig, noch gemein, noch unbeleckt, deswegen ist sein Zeug net völlig neben der Spur, nur: sein Ziel ist dennoch wie bei allen Händlern der Verkauf. Net, dass seine Kunden im Detail exakt quellennah ausgerüstet sind.
Lange Rede, kurzer Sinn: "Schuhe sind wendegenäht nach Fund xyz, datiert bla, aus Material B" ist eine Beschreibung. "sind von Reenactors" nicht ;) jedenfalls nicht, wenn man es historisch haben mag.
Heisst: dann schau doch mal, was Mensch F aus B. am C. um 13xx an Schuhen trug. Literaturtipps zum Thema gibts hier im Forum genug. Das gilt dann halt auch für den Rest. Dein Problem ist dann nicht der Zinnenhut, und woher man ihn bekam, auch nicht die Handschuhe. Sondern "welchen Hut trug man, wie war er gefertigt, welchen Schnitt hatten die Handschuhe, aus welchem Material, wo wurden sie gefunden" etc.
Vlt. weisst du das ja auch schon, dann wirste aber den nächsten Punkt schon erahnen:
Kaufen is nicht. Nicht zur Gänze. Net alles. Klar, Du kannst zu Leuten gehen, die sich mit Handschuhen (Beispiel!) auskennen (modern) und aufwändig beschreiben, belabern, dann nen Haufen Geld zahlen, dann bekommen. Dito kannste Leute aus der Darstellerszene suchen und suchen, tauschen (was sich wohl ausschließt, wenn Du nix selber machst) oder gut Geld zahlen, und bekommen. Aber für jedes einzelne Ding? VIel Spaß ;) Vor allem: je aufwändiger, desto teurer. Und hallo: Ritter!
Sprich: Wenn du dir nen Ritter zusammenkaufen magst, prima, dann hoffe ich, Du hast wirklich nen Haufen Kohle über (ich rede von Tausenden). Ansonsten: hack dir die Recht hand ab, die ne Linke zu sein behauptet, und lass dir ne Recht annähen, oder frag Linkshänder, wie sie das machen: die Hände müssen ran.
Heisser Tipp dazu wäre: triff Dich mit Leuten in deiner Gegend, die auch das Hobby machen. Welche Zeit is wurscht, basteln muss man in jeder. Wichtig is freilich, dass sie net Pannesamtumhänge mit der Maschine nähen, sondern schonmal wissen, wie man nen Kittel mit der Hand zusammenklöppelt. Basteltreffs gibts oft und viele, mindestens Stammtische (hier im Forum gibts Threads) für Kontakte.
So mal nach dem ganzen allgemeinen Kram jenseits der Bundhaube konkretere Tipps:
- ich würde mal die Metallknöpfe am Ärmel hinsichtlich der Belegbarkeit in D. in dem Zeitrahmen prüfen
- Bundhaube zu (ok, sagte ich schon, kann man aber net oft genug sagen, ausserdem könnte sie etwas besser passen, meine ich).
- Umhang: füttern. Ritter mitz ungefütterten Wollumhang ist einer, der sich als Handwerkergeselle verkleidet. Seide. Pelz (Feh?)
- Der Surcot erscheint mit etwas kurz.
- Schuhe: erscheinen mir auf den ersten Blick ob der Schnallen net grad passend für den Zeitrahmen (ohne die Vorlage zu kennen), sicher net passend für ne zivile Kleidung (zumal ne repräsentative) und da von Reenactors: da würde ich Details wie Nähte usw. prüfen. Reenactors führt meiner Information nach keine Fundrekos, sondern Indien-und Pakistanimporte.
- Gürtel: Ilse Fingerling " Gürtelmode des hohen u. späten Mittelalters". Ob das allerdings Leder ist, und nicht z.B: broschierte Brettchenborte mit silbernen/vergoldeten Beschlägen, für nen Ritter, wäre diskussionswürdig.
- Handschuhe: Schau dir mal die Funde aus Schleswig an. Ausserdem: wwwlarsdatter.com/gloves.htm Gibt natürlich noch mehr, aber als Anfang. Wobei ich vor den Handschuhen erstmal mich um den Rest kümmern täte und Seide etc. als Material für die Klamotten in Erwägung ziehen würde. Handschuhe braucht ein Ritter auch nicht dauernd.
- "Zinnenhut"- trug "Ritter" jetzt auch net dauernd. Aber grundsätzlich gibts keine erhaltenen (meines Wissens nach), der Aufbau ist also spekulativ. Ausgehend von anderen Hüten ist wohl ein Aufbau aus Filz/dichter Wolle/Seidenfütterung o. (Feh-)Pelzverbrämung/fütterung zu erwarten. Es gibt zwar Leute (Händler), die sich auf Hüte fürs "Mittelalter" (und drüber hinaus) spezialisiert haben, wie wwwdiebehueterin.de , aber ganz ehrlich: 99,9% hält einen Vergleich mit der Quelllage nicht im geringsten Stand. Also, entweder die Teile, die man so garnet kann (ggfs. nen Filzanteil) exakt nach Beschreibung bei nem Handwerker machen lassen, und Rest selber, oder ganz selber, oder absolut genaue Spezifikationen nehmen und zu einem Hersteller gehen. Nur, offen gesagt: ohne handwerkliche Vorkenntnisse und Erfahrung mit den Sachen damals bzw. der Reko solcher ist das sehr schierig und fehleranfällig.
Fazit: Wie gesagt, schonmal nicht schlecht. Aber: meiner Ansicht nach kommst Du, insbesondere bei so hochgesteckten Zielen, ums Selbermachen nicht drumrum. Es gibt einfach keine Hersteller für sowas in Gänze. Für einzelne Sachen ja. Für Details muss man dann schon sehr suchen. Und das Beauftragen bedarf wirklich exakte Kenntnisse der Quelllage. Daher: geh jetzt mal ins Detail, such hier im Forum, hol dir Literaturlisten, leih Bücher aus, verbeiss Dich in Details, und erwäge, Dinge doch selber zu machen. Such Kontakte zu anderen, die das können, schau über die Schulter.
Für Detailfragen komm gern wieder hier aufs Forum zurück, in den entsprechenden Threads, man wird Dir sicher gerne helfen.
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Eintrag #3 vom 27. Feb. 2013 16:34 Uhr
Eric
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Schon mal für die guten Tipps!
Wo finde ich am besten Quellen zu Knöpfen, der Codex Manesse ist da ja eher schlecht in Details.
Habe es über Abbildungen von Adolf von Nassau (König vom HRR bis 1298) versucht.
Leider finde ich ihn immer nur in Plattenrüstung (Ich vermute dieses Denkmal muss sehr viel später entstanden sein als zu seiner Beisetzung 1309, die Rüstung ist mM zu modern) zb im Speyerer Dom -> upload.wikimedia.org/[
]/Speyer_adolf_von_nassau_d[
])
Den Mantel habe ich mir fertigen lassen, suche zur Zeit noch Fehfell um ihn auszukleiden, ebenso bräuchte ich dieses für den Zinnenhut, wenn ich mir einen solchen gönne. Da muss ich aber erst wieder auf ein paar Finanzspritzen warten, bisher habe ich auf jeden Fall für meine benötigten Mengen noch keine Angebote gefunden, die ich mir leisten kann.
Zur Bundhaube muss ich mich entschuldigen, dass ist das erste (und bisher einzig brauchbare) Bild. Das ganze wurde schnell übergeworfen und sitzt daher etwas lieblos. Wie du schon sagtest, es gibt einen Grund, warum sie BUNDhaube heißt.
Auch das Surcot ist etwas länger nur hier ein bisschen verrutscht. Normal ist er ca 5 cm kürze als die Cotte.
Schuhe werden wendegenähte, bin aber noch auf Quellensuche.
Wie gesagt, vorher waren sie unter der Rüstung versteckt, da war mir vor allem die Form maßgebend und nach bisherigen Recherchen und unterhaltung mit anderen Gruppen hier aus der Gegend (Die auch hier ihre Darstellung angesiedelt haben) waren wohl die Halbschuhe in Mode.
Der erste Fehler als Anfänger war natürlich sich damit zufrieden geben und was kaufen … zur Zeit bügel ich meine alten Fehler nach und nach aus und ersetze sie durch Quellenfunde.
Der Tipp für den Gürtel ist schon mal super! Vielen Dank, dann werde ich mich noch genauer einlesen, was so dem Landadel hier zugesagt hat.
Wolle als Stoff war bewusst gewählt, um gerade den Eindruck des Landadligen zu untermauern.
Gerade die Cotte ist aus sehr feiner und weicher Wolle, Grün war meines Wissen auch eine sehr teure Farbe.
Wie gesagt, der Mantel wird mit Feh gefüttert.
Der Gürtel zeigte nach meinen Quellen im MA auch sehr oft den Wohlstand einer Person.
Versuche dann mit diesen Details dann wieder die Position des Adels zu zeigen.
Oder meint ihr der Ansatz ist vollkommener Quatsch?
Der Hut scheint wirklich eine Schwierigkeit zu werden.
Aber gut, wir haben uns mit unserer Gruppe sehr hohe Ziele gesetzt und ich möchte diese auch gerne weiterverfolgen.
Dann werde ich wohl mal übers Hand abhacken nachdenken :D
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Eintrag #4 vom 27. Feb. 2013 17:06 Uhr
Jens
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Nein, der Ansatz ist wohl nicht völliger Quatsch, immerhin benutzt Du/Ihr Vorlagen ;)
Allerdings finde ich es bemerkenswert, dass jemand in einer Gruppe(?!) einen Adeligen gibt, und dann nix selber machen kann/will/die Gruppe(?) ihn net unterstützt. Das wird auch bei einer "Eingrenzung" "Landadeliger" (im Gegensatz zu…Stadtadeliger?) nicht besser. Ich mein, du trägst scheinbar einer Rüstung, die war nicht billig. Und dann nur Wolle, ohne Futter? Eher net.
Quellen zu Knöpfen: Naja, Bildquellen, Funde (vor allem), Textquellen. Statuen. Aber richtig, an ner Bildquelle wird man das Material und Details des Knopfes schlecht ermessen können- daher eben die Frage: bevor ich mir Metallknöpfe drannmache, worauf basieren die? War sowas in D. en vogue? Woraus?
"Grün war meines Wissen auch eine sehr teure Farbe."
Farben an sich sind das nie. Wenn, bestimmte Färbungen, ob der Methode (Doppelfärbung gelb-blau etwa) bzw. des Materials. Grün kann man auch mit irgendnem Kraut und Eisenzugabe färben.
Und lass den Adolf von Nassau mal weg, war eben König ;) Beisst sich etwas mitn Landadeligen.
Mein Tipp wäre: grenz mal ein, was du darstellen willst/was der trug/sich leisten konnte und musste(!). Guck dir mal wwwapud-angeron.de an, Michael und Nicole machen ne prima Adelsdarstellung (wenn auch etwas früher, 1250).
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Eintrag #5 vom 17. Mrz. 2013 21:05 Uhr
Gabriele Klostermann
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Hallo Eric,
zunächst einmal: für den Anfang in der Tat nicht schlecht, aber… ;-)
Hier meine 2 Cent zu dem Thema. Bitte nicht als "Niedermachen" verstehen, sondern als Anregung, in dieser Richtung weiter zu recherchieren. Du wolltest ja eine Einschätznug ;-).
Der Surkot sollte nicht kürzer sein als die Cotte (nenn ich jetzt mal so, ich könnte es auch kleit nennen oder roc). Mit anderen Worten, es guckt nie etwas vor, weder Unterkleidung noch Oberkleidung.
Auch die Länge des Umhangs ist zu kurz. Schau’ Dir mal die zeitgenössischen Bilder an. So ein Umhang, speziell der Schnurmantel, ist Repräsentationskleidungsstück. Ich würde ihn aus einem relativ leichten Stoff machen, dann fällt er schöner. Und als Ritter (kann ja alles mögliche sein) muss er auch nicht unbedingt mit Feh gefüttert sein. Eine Futterseide in einer Kontrastfarbe ist für den Anfang durchaus denkbar. Meine Meinnung.
Insgesamt würde ich mit der Länge von allem knapp über knöchellang bleiben. Die Rocklänge nimmt mit der Zeit offenbar ab…
Ist das ein V-Ausschnitt beim Surkot? Grundsäztlich ok, aber das mit der Bestickung ist immer so eine Sache. Das erscheint mir ein wenig wenig ;-). Dann lieber gar nicht, da ist man auf jeden Fall auf der sicheren Seite.
Zu den Farben:
teuere Farben sind leuchtende Farben. Kann natürlich am Foto liegen, aber die Farben von Cotte und Surkot scheinen mit etwas gedeckt zu sein. Pflanzenfarben knallen aber richtig schön.
Das teuere Grün ist übrigens ein blaustichiges Grün. Man erhält es druch Doppelfärbung von Blau (Waid) und Gelb (z.B. Reseda). Das billige Grün ist eher ein Olivgrün.
Die Farben aus der Manesse sind gar nicht so unrealistisch.
Und Gelb würde ich auch eher als Futterfarbe verwenden. Man findet nicht sehr viele Abbildungen von gelber Kleidung bei hochgestellteren Personen…
Zu den Knöpfen:
ja, ist schwierig in D um 1300, aber ich halte es nicht für völlig unrealistisch.
Die früheste Abbildung in D von Köpfen am Ärmel, die ich persönlich kenne, ist der Pfalzgraf Heinrich II. aus Maria Laach. Die sind allerdings rot (was aber nicht die Originalfarbe sein muss).
Im Freiburder und im Straßburger Münster findet man vereinzelt Knöpfe am Ärmel. Insgesamt nimmt die Anzahl der Knöpfe aber auch an Hals und Schulter zu. In Freiburg haben wir sogar eine Frau mit Knöpfen.
Und in der Manesse natürlich.
Das Material lässt sich daraus natürlich nicht ablesen.
Da könnte man auf den Schatzfund vom Fuchsenhof zurückgreifen. Der wird auf das Ende des 13. Jh. datiert. Dort finden sich eine ganze Reihe von silbernen Kugelknöpfchen. Sie sind hohl und bestehen aus 2 aufeinander gelöteten Halbschalen und einem Schaft. Sie sind insgesamt sehr leicht, was bei so vielen Knöpfen auf so engem Raum an recht feinem Stoff durchaus Sinn macht.
Im Übrigen scheint es so zu sein, dass die Länge der Knopfreihe am Unterarm mit der Zeit zunahm, so dass um 1300 noch nicht unbedingt der ganze Unterarm damit bedeckt war. Ist zumindest meine Beobachtung.
Eine große Anzahl von Knöpfen scheint darstellerisch hauptsächlich bei negativ besetzten Personen aufzutauchen. Knöpfe galten der Kirche als modischer Schnickschnack. Aber das hat ihren Siegeszug nicht verhindern können ;-).
Zu den Schuhen hat Jens ja schon etwas gesagt, zum Gürtel auch.
So, das war’s von meiner Seite. Damit auch mal wieder ein anderer Uralt-TVler was von sich gibt ;-).
Viele Grüße
Gabriele
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Eintrag #6 vom 22. Mrz. 2013 21:57 Uhr
Markus Hawner
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Im angrenzenden Museum des Strassburger Münsters ist eine Figur mit einer Surcot die sogar seitlich geknöpft ist. Muss nachzählen wieviele eigentlich. Datiert wird das auf 1280. War etwas überrascht sowas zu sehen.
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Eintrag #7 vom 23. Mrz. 2013 20:08 Uhr
Gabriele Klostermann
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Hallo Markus,
ich nehme an, Du meinst den "Fürst Welt". Der hat geknöfpte seitliche Reitschlitze…
Das ist genau so ein Fall, wie ich ihn unten beschrieben habe: Knöpfe bei einer negativen Figur.
Der Fürst Welt ist der Verführer. Er steht nicht umsonst bei den törichten Jungfrauen. Wenn Du Dir die Skulptur genauer ansiehst, dann wirst Du an seinem Rücken Frösche, Kröten und Schlagen finden, die die Verderbheit und den Tod symbolisieren…
In Freiburg gibt es auch so eine Skulptur (datiert auch ca. 1300), die hat noch mehr Knöpfe, z.B. oben auf den Schultern.
Es ist halt immer die Frage, ob bei einer solch negativen Figur das Negative (hier die eitlen Knöpfe) übertrieben dargestellt wurde (Knöpfe an den unmöglichsten Stellen) oder ob es die Darstellung einer realen Möglichkeit ist, die von der Kirche auf diese Wiese bloß als besonders verwerflich gerügt wurde…
Also, Knöpfe auf der Schulter habe ich auch schon wo anders gesehen, am Reitschlitz sind sie sehr selten…
Man darf nie den Kontext (also hier der Fürst Welt als Satan) außer acht lassen, wen man zeitgenössische Abbildungen oder Skulpturen betrachtet…
Viele Grüße
Gabriele
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Eintrag #8 vom 28. Mrz. 2013 13:29 Uhr
Eric
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Nachdem nun viel Stress meinerseits war, habe ich mal wieder Zeit zum Antworten.
Als erstes bin ich in vorderster Linie Student mit halbwegs guten Nebeneinkünften.
Von diesen kaufe ich mir Sachen, besser gehe zu Spezialisten ihres Faches, verhandel Monatelang bis ins kleinste Detail, wie ich mir etwas vorstelle und lasse es dann anfertigen. Die Preise bringen mich nicht um, solange ich es eben Stück für Stück anfertige.
Die zivile Gewandung, die ich hier auf dem Foto trage ist am 20 Dezember 2012 "fertig" geworden.
Daher ist sie natürlich noch mager.
Dass heißt ja nicht, dass sie so bleiben soll, sondern, dass erst wieder Geld und kreative Ideen gefragt sind, was ich noch alles daran verbessern möchte.
Eine 100% A Ausrüstung ist eh nie möglich, die 90%ige kann man sich mM eben nicht mal so in einem Schlag kaufen/anfertigen (wob liebe da auch der Reiz, wenn man sich nicht mehr verbessern könnte).
Zur Darstellung: Ich möchte einen jungen Ritter darstellen. Ich bin 21 Jahre alt, was ja auch genau die Zeit ist, in der ein junger Mann zum Ritter geschlagen wurde und dann oft, als fahrender Ritter, sich erst einmal seine Sporen verdiente.
Eben dies strebe ich an darzustellen.
Einen Erben, auf ein Lehen, der in Deutschland umherzieht um sich auf Turnieren zu messen.
Eine Rüstung hierfür habe ich schon, ist ja in diesem Fall auch genau so wichtig, wie eine zivile Gewandung.
Bei dieser bin ich eben noch am Forschen.
Zur Gruppe: Wir sind ein junger Haufen, mit einem Durchschnittsalter von ca 20. Keiner von uns hat viel Geld und noch weniger eine entsprechende Ausbildung alles selbst herstellen zu können. Wir geben uns Mühe, vieles in Richtung Holz und auch ein wenig der Metallarbeiten können wir selbst herstellen. Haben aber bisher nur einen der Handwerklich geschickt genug für Näharbeiten ist.
Dieser möchte einen Grafensohhn darstellen und ist dementsprechend überhäuft mit (seiner eigenen) Arbeit.
Wir haben das Ziel, auf lange Zeit gesehen, möglichst nahe an mittelalterliche Gegebenheiten heran zu gelangen.
Aber uns ist auch klar, dass dies ein langer Prozess ist, wir geben uns aber Mühe viel zu lernen und diesen Weg weiterhin zu beschreiten, egal wie verlockend einfach andere Wege sein mögen.
Zu den Knöpfen: Ich kann nicht viel dazu sagen, muss gestehen, ich habe mich noch nie mit der Kirchenmeinung über Knöpfe auseinander gesetzt.
Ich habe bisher nur den Codex Studiert, mir andere Darsteller angesehen (auch die von Jens genannten) und für mich befunden, dass ich Knöpfe besser finde, als mich jedes Mal einnähen zu lassen. ^^
Über die Anzahl habe ich nicht weiter nachgedacht, gebe ich zu.
Ich bin ein Anfänger, was dies betrifft und mache auch einmal Fehler. Also werde ich mich eben och einmal hinsetzen und Knöpfe studieren.
Gruß,
Eric
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Eintrag #9 vom 28. Mrz. 2013 14:38 Uhr
Gabriele Klostermann
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…waren wir alle einmal ;-). Kein Mensch erwartet, dass jemand aus dem Stand perfekt ist.
Das mit den Knöpfen ist auch echt für Fortgeschrittene (was man vorher ja nicht wissen kann).
Ich gebe zu, ich habe unseren Darstellungszeitraum vor 10 Jahren so lange angepasst, bis das mit den Knöpfen halbwegs hinkam (wobei ich momentan versucht bin, von 1300 in Richtung 1310 oder gar 1315 zu gehen, damit ich mit den modischen Details der Klamotten besser hinkomme. ;-)
Bei der Sachkultur gibt’s da ja glücklicherweise nicht so viele Unterschiede. Vielleicht muss ich mal nach der Keramik sehen… Und das eine oder andere neue Teil hat ja durchaus auch seinen Reiz (das ist aber natürlich nicht wirklich ein Anfängerproblem ;-)).
Ich überlege noch…
Es passiert mir übrigens auch heute noch, dass ich irgendetwas im Kopf habe, von dem sich beim genaueren Recherchieren herausstellt, dass es das eben zu unserer Zeit und/oder in userer Region so nicht gegeben hat. Das ist ein ganz normaler Prozess, das wird Dich Deine ganze Darstellerlaufbahn begleiten (zumindest, wenn Du es "richtig" machst), sonst könnte man ja nicht mehr besser werden. Dabei muss man sich leider auch einmal von der einen oder anderen Lieblingsvorstellung verabschieden… ;-)
Wichtig ist nur, dass man diesen Prozess möglichst vor der konkreten Umsetzung durchläuft…
Viele Grüße
Gabriele
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Eintrag #10 vom 28. Mrz. 2013 16:20 Uhr
Markus Hawner
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Ich verstehe nicht wo der Kontext zwischen der Darstellung eines Verführers oder Satans mit den Knöpfen zu tun hat. Zumindest kann ich da keine Verbindung herstellen. Es hat mich gewundert an der STelle überhaupt Knöpfe zu finden und wie überhaupt auf die Idee zu kommen, da ich das zwar optisch irgendwie schick finde, für den Alltag aber eher unpraktisch.
für mich standen die Knöpfe als Detail nicht zu Disposition, da bis dato nicht gesehen. Aber hier die Verderbniss der rückseitigen Ansicht in einem Zusammenhang zu stellen… ich weiss nicht…
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Eintrag #11 vom 29. Mrz. 2013 12:13 Uhr
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Eigentlich ist es ja ein Allgemeinplatz, daß Bildquellen eine eigene Bildsprache besitzen, und ehrlich gesagt finde ich Gabrieles Erklärung doch sehr ausführlich und nachvollziehbar.
Grade in kirchlichen Quellen hat man eine Bedeutungsebene, die eben über die scheinbare einfache Wiedergabe einer Szene hinaus geht, und die eben bei einer Interpretation bedacht werden sollte.
Das diese Figur den Teufel darstellen soll, ist so wie ich das verstanden habe, bekannter Fakt, und nicht allein auf die Interpretation durch die Knöpfe gestützt. Andersrum muß man eben den Hintergrund, daß dies der Teufel ist, in die Beurteilung der dargestellten Details einfließen lassen.
Der Teufel steht für diverse negative Eigenschaften, ihm selbst werden natürlich auch solche zugesprochen. Eitelkeit wäre nur eine davon, und wie wäre die besser zu zeigen als mit der sinnlosen und - wie du selbst sagst - unpraktischen Verwendung von (aus damaliger Sicht) modischem Firlefanz, der rein der Prunksucht und Eitelkeit geschuldet ist?
Vor allem, wenn es anscheinend keine andere Quelle (nehme ich an?) für diese Praxis gibt, liegt die Schlußfolgerung, daß es sich hier um gezielte Übertreibung eitlen Verhaltens handelt, einfach nahe.
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Eintrag #12 vom 29. Mrz. 2013 12:29 Uhr
Gabriele Klostermann
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Anderes Beispiel für Kontext: Heiligen-Darstellungen.
Die sieht man oft (und zwar in fast allen Epochen) mit weiten Wallegewändern, wild drapierten Stoffbahnen und barfuß.
Könnte man ja auch sagen: prima, brauch ich mir um die blöden Wendeschuhe keine Gedanken zu machen, die sind im Mittelalter ja eh barfuß gegangen…
Im Mittelalter hatten sie eine ausgeklügelte Bildsprache, besonders weil viele Menschen nicht lesen konnten. Diese Symbolik war mehr oder weniger allen bekannt. Uns ist das heute zum größten Teil verloren gegangen, außer bei so offensichtlichen Fällen wie z.B. die o.g. Heiligen-Darstellungen.
Und wenn ich nun einen "ganz normalen" Menschen darstellen möchte, dann sollte ich schon wissen, ob die Skulptur, die ich mir zum Vorbild nehme, ganz normale Sachen an hat oder eben vielleicht einen Außenseiter, Sonderfall oder sonst ‘was darstellt, was eben mit "normal" nichts zu tun hat…
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