Professionelle Turnierkämpfer?
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Eintrag #1 vom 18. Mrz. 2012 10:40 Uhr
Noemi Sacher
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Kennt jemand Belege für "professionelle Turnierkämper"?
Hallo zusammen,
ich lese gerade Bumke (Joachim Bumke: Höfische Kultur, 1. Aufl. 1986) und bin bei den Turnierbeschreibungen auf William Marshal gestossen, der - so stellt Bumke es dar - seinen Lebensunterhalt zeitweise mit den Einkünften aus Turnieren (also Pferde, Waffen, Rüstungen, Lösegelder) bestritten haben soll.
Bumke weist ausserdem auf Textstellen in Konrads von Würzburg Engelhard (2829-33) und im Pleier (Tandareis 16881-84) hin, die ebenfalls darauf hindeuten, dass es Ritter gegeben hat, die aus materieller Not an Turnieren teilnahmen. Beide Texte sind aber nach 1240 entstanden.
Jetzt meine Frage:
Kennt jemand von euch Belege für „professionelle Turnierkämpfer“ also für Ritter, z.B. nachgeborene Adlige, die keine geregelten Einkünfte hatten und darum auf Turnieren ihr Einkommen suchten?
Mich interessiert der Zeitraum zwischen 1180 und 1200 in Deutschland, Frankreich und allenfalls Flandern.
Ich freue mich über jeden Hinweis auf weiterführende Literatur!
Grüsse
Noemi
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Eintrag #2 vom 21. Mrz. 2012 14:43 Uhr
Noemi Sacher
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vielleicht war meine Frage etwas zu spezifisch … mir wär auch schon geholfen, wenn jemand wüsste, was dieser Guillaume le Marechal (oder William Marshal) auf diesen Turnieren eigentlich getrieben hat; ging es dem denn nun eher um Ruhm oder Geld?
So weit ich im Internet herausfinden konnte war er ja vor seiner wilden Turnierzeit Leibwächter des Königspaars und dann während dieser Zeit, Erzieher des Prinzen…
Das Buch, das mehrfach dazu empfohlen wird (Guillaume le Maréchal oder der beste aller Ritter. Suhrkamp, Frankfurt 1997) hab ich bestellt – krieg ich aber erst Mitte April ☹
Super wär auch, wenn jemand ein Buch zu französischen Turnieren kennt. Ich wüsste gern, ob in Frankreich (Zeitraum 1180-1200) eher alle zwei Wochen oder alle zwei Monate ein Turnier stattfand. D.h. ob man zumindest theoretisch hätte von Turnier zu Turnier tingeln können.
Möchte hier wahnsinnig gerne weiterkommen und bin gespannt auf eure Antworten!
Noemi
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Eintrag #3 vom 21. Mrz. 2012 15:13 Uhr
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Ich kenne verschiedene Sekundärliteratur, die von einer unbestimmten, größeren Menge an Turnierrittern, die derart ihren Lebensunterhalt bestritten spricht.
Allerdings habe ich dies nie nachgeprüft, und bin auch deswegen skeptisch, weil die Gewinnchancen, von denen in diesem Zusammenhang immer gesprochen wird, ruinös für den Verlierer sein könnten, so dieser wirklich nicht mehr hat als das, womit er durch die Lande zieht.
Die am häufigsten anzutreffende Aussage ist "Der Sieger bekommt das Pferd des Verlierers".
In diesem Falle würde verlieren für einen "besitzlosen" Ritter bedeuten, am nächsten Turnier schon nicht mehr teil nehmen zu können.
Ich denke, daß man hier ein gutes Stück tiefer blicken muß.
Sicherlich gab es Ritter, für die ein Sieg finanziell ein außerordentlich warmer Regen war, aber die Ritter aus Leidenschaft Vorstellung von der Lanze in den Mund zu leben finde ich doch - zumindest für eine größere Menge - ein wenig übertrieben.
Nicht zu vergessen, daß es ja auch für Ritter noch etwa die - wahrscheinlich risikoärmere - Möglichkeit, in Sold zu treten, gibt.
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Eintrag #4 vom 21. Mrz. 2012 15:28 Uhr
Noemi Sacher
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für deine Antwort Alexander. Ja, die Risiken sind für einen armen Schlucker tatsächlich beträchtlich - wenn das Pferd weg ist, ist aus die Maus.
Und dieser William Marshal war ja, wenn auch nachgeboren, wohl als Prinzenerzieher kaum ein Hungerleider.
Bevor ich die These entgültig begrabe, möchte ich mich aber trotzdem noch näher damit beschäftigen. Man könnte sich ja auch zu Intressengemeinschaften zusammenschliessen und so das Risiko verteilen?
So weit ich verstanden habe, kämpften ja in den Turnieren dieser Zeit grosse, geschlossene Reitergruppen mit scharfen Waffen gegeneinander. Vielleicht hat sich also die Teilnahme eines namenlosen Ritters am Turnier gar nicht so sehr vom Söldnertum unterschieden oder anders gefragt. Gab es Söldner, wenn kein Krieg war?
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Eintrag #5 vom 22. Mrz. 2012 23:44 Uhr
Corinna
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Hallo Noemi,
zu Turnierrittern im Allgemeinen bzw. ob und wieviele sich mit Turnieren ihren Lebensunterhalt verdienten etc. kann ich Dir zwar nichts Genaueres sagen, aber bzgl. Leben und Wirken des Guillaume le Maréchal dürfte die von David Crouch verfasste Biographie „William Marshal: Knighthood, War and Chivalry, 1147-1219“ (gebundene Ausgabe von 2002) bzw. „William Marshal: Court, Career, and Chivalry in the Angevin Empire, 1147-1219“ (Taschenbuch von 1990) interessant sein. Außerdem könnte das von seinem ältesten Sohn posthum in Auftrag gegebene Heldenepos „L’Histoire de Guillaume Le Maréchal, Comte de Striguil Et de Pembroke, Régent D’Angleterre de 1216 a 1219“; Poeme Francais, Pub. Pour La Societe de L’H (Taschenbuch, 2010) recht aufschlussreich sein. Daraus ließe sich möglicherweise zumindest für Guillaume le Maréchal ableiten, ob er tatsächlich zeitweise seinen Lebensunterhalt mit Turnieren bestritten hat.
LG Corinna
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Eintrag #6 vom 24. Mrz. 2012 17:21 Uhr
Noemi Sacher
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danke für die Antwort! Ich werd mich auf jeden Fall mit dem Burschen mal näher beschäftigen, scheint ja eine interessante Biographie zu sein. Ich nehme deine Antwort als Absolution um neue Bücher zu kaufen ;-)
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