Eintrag #1 vom 09. Feb. 2012 11:14 Uhr
Alexandra Preußner
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Hallo,
da wir seit neustem auf einem Mühlenhof (erstmals urkundlich erwähnt um 1200) leben und ich nach langer Pause wieder Lust und Zeit habe mich meiner Mittelalterleidenschaft zu widmen, lag es nah als Charakter eine Müllerin aus dem HoMi zu wählen. Mein Problem: Einerseits ist der Müller ein Unehrlicher, dürfte also nicht übermäßig auffallen wollen. Andererseits hat er durch Bann und Privilege ja schon einige Vorteile gegenüber dem "normalen" Dorfbewohner. Kennt jemand eine Quelle in der über die Kleidung der Müller berichtet wird? Zur räumlichen Einordnung: Diemarden bei Göttingen, Besitz des Klosters Hilwartshausen seit 1234.
Ich bin auch nicht zu faul zum Selberlesen, auch über Literaturtips freu ich mich!
Agnes Bachmüllerin
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Eintrag #2 vom 09. Feb. 2012 11:45 Uhr
Jens
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Hallo,
Als grundsätzlich ist das mit dem "Unehrlichen" eine Topos, aber nicht zwingend eine Eigenschaft aller Müller- schlussendlich war er ja nach Umgebung gut in die Dorfgemeinschaft mit eingebunden.
Jenseits dessen ist die Frage nach der Auffälligkeit der Kleidung im Alltag ohnehin müssig: jemand, der in einer gescheit staubigen Umgebung arbeitet, hat jetzt nicht gerade die tollsten, besten, buntesten Sachen an. Wie seine beste Garderrobe aussah, keine Ahnung.
Aber grundsätzlich würd ich sagen, wie üblich: Kittel knieland, Beinlinge, beides aus Wolle, Bruch und Hemd aus Leinen, Wendeschuhe, Ledergürtel, eine Bundhaube macht hier viel Sinn, weil sonst die Haare arg einstauben.
Jetzt fragst du allerdings nach einer Frau, eienr "Müllerin"- was verstehst du darunter? Ein weiblicher "Müller"? Oder die Frau desselben? Ob ersteren habe ich im 13ten dann doch eher Zweifel.
So oder so läufts aber halt wieder auf langes Hemd aus Leinen, Kleid und Kniestrümpfe aus Wolle, Kniebändern, Wendeschuhe, Ledergürtel, Leinenhaube hinaus. Bei der Arbeit einfacher gehalten, für Sonntags halt etwas feiner (heisst: mal ne feinere Wolle, ne schönere Färbung).
Wenn’s kalt ist nen zweites Kleid drüber, ne Cappa, ne Decke über den Kopf getragen, vlt. ne Haube aus Wolle.
Konkrete Textquellen zu Müllern kann ich leider nicht liefern, ausser ner Schürze etc. ist aber kaum berufsspezifische Kleidung zu erwarten, regionalspezifisches eher auch nicht in der Zeit.
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Eintrag #3 vom 12. Feb. 2012 09:42 Uhr
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
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Den Begriff des unehrlichen Müllers sollte man sich mal genauer anschauen. Hier werden frühneuzeitliche soziale Beziehungen kritiklos aufs Mittelalter übertragen. Unehrlich bedeutet ursprünglich nicht, dass der Beruf gesellschaftlich sanktioniert war. Es bedeutet im Fall des Müllers das er kein städtischer Handwerker war sondern in den allermeisten Fällen ein abhängiger Arbeiter für den Besitzer der Mühle war. Die war in den allermeisten Fällen im Besitz eines Herren oder der Stadt. Zudem lebte er eben üblicherweise außerhalb der Stadtmauern. Beides trennt ihn eben vom ehrlichen Zunfthandwerkern.
Ein Müller hatte keinerlei Grund nicht stolz auf seinen Beruf zu sein. Immerhin waren auch Bauern generell unerhlich und damit etwa 90% der Bevölkerung. In seinem sozialen Umfeld war also so gut wie niemand "ehrlich".
Erst in der Neuzeit wandelte sich der Begriff der Unehrlichkeit in die Lesart das tatsächlich eine Verachtung mitschwang. Das lag dann aber eher am sozialen Neid, der mit der Verhärtung sozialer Grenzen in der frühen Neuzeit, dem Niedergang des Bauerntums und den säkularen Anstiegen der Getreidepreise zu tun hatte.
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Eintrag #4 vom 22. Feb. 2012 10:44 Uhr
Alexandra Preußner
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…und dafür herzlichen Dank! Unsere Mühle stand schon damals noch im Dorf, eine weitere sogar auf dem Gelände des Herrenhofs. Da dürfte es schwer gewesen sein sich außerhalb der Gemeinschaft zu bewegen. Wahrscheinlich wird hier wirklich zu sehr die Stadt/Zunft als Maß aller Dinge genommen.
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Eintrag #5 vom 22. Feb. 2012 10:52 Uhr
Alexandra Preußner
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für die schnelle Antwort und Entschuldigung für meine späte Erwiderung.
Die Müllerin ist, wie noch heute in einigen Gegenden üblich, natürlich die Frau des Müllers.
Das die üblichen "Basics" an Kleidung weitgehend mit denen der übrigen Bevölkerung identisch waren, nehme ich auch an.
Mir gehts mehr um die möglichen Differenzen im Status. Wie Andreij unten schreibt, der Müller ist ein Angestellter des Herren. Galten da die Vorschriften bezüglich zB Farben wie für die Bauern?
Aber klar, die Datenlage dürfte mehr als mickrig sein, werd noch mal die Göttinger Bibliotheken durchwühlen…..
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