Eintrag #1 vom 08. Jan. 2010 12:22 Uhr
Daniel Jex
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Bei den Recherchen für eine neue Darstellung für die Zeit des Hochmitttelalters bin ich auf die niedere und hohe Gerichtsbarkeit gestoßen.
Auf den Darstellungsort bezogen taucht für die Zeit um 1320 auch der Begriff "die vier schweren Verbrechen" auf.
Kann jemand damit etwas anfangen ?
Mein erstes Gefühl geht bei schweren Verbrechen in Richtung Mord und Hochverrat - aber dann blieben noch zwei offen.
Wer weiß diesbezüglich etwas mehr ?
grüße
Falkenherz
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Eintrag #2 vom 08. Jan. 2010 23:31 Uhr
Joachim Dittrich
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Hi,
wo und in welchem Zusammenhang hast du das gelesen?
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Eintrag #3 vom 09. Jan. 2010 08:44 Uhr
Daniel Jex
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Im Schlossmuseum von Schloss Tambach - ein ehemaliges Kloster.
Der Text stammt von der Zeittafel bzgl. des Klosters welches es früher in Tambach gab. Da stand das am 11. Juli 1239 Kaiser Ludwig IV die Centfreiheit verliehen hat incl. der niederen Gerichtsbarkeit. Allerdings ohne das Recht die "4 schweren Verbrechen" zu ahnden.
Und das Museumspersonal zu fragen hat keinen Sinn, da es vorrangig die Zweigstelle des Deutschen Jagd- und Fischereimuesums ist und die Schloss/Klostergeschichte nur in einen sehr kleinen Raum angeschnitten wird - inkl. der Geschichte der Familie zu Ortenburg
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Eintrag #4 vom 09. Jan. 2010 10:51 Uhr
Joachim Dittrich
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Gut, jetzt wird es klar. Die niedere Gerichtsbarkeit schließt folgendes aus:
schweren Diebstahl
Notzucht
Totschlag
Brandstiftung
diese vier Fälle, die den Tod nach sich ziehen als Strafe, unterliegen der hohen Gerichtsbarkeit.
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Eintrag #5 vom 09. Jan. 2010 11:59 Uhr
Benny-Kim
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Die hohe Gerichtsbarkeit die unter anderem auch als Blut- oder peinliche (von poena = Strafe) Gerichtsbarkeit bezeichnet wird, bezog sich auf grundsätzlich alle schweren Straftaten im mittelalterlichen Sinne und zwar abhängig von der ausstehenden Bestrafung. Hier stand der Tod aber auch die körperliche Züchtigung oder gar Vestümmelung, auf verschiedenster Weise, im Vordergrund
Hingegen beschäftigte sich die niedere Gerichtsbarkeit mit den verbleibenden leichten Straftaten, die insb. im heutigen Sinne als Ordnungswidrigkeiten bekannt wären, als auch mit zivilen Streitfällen.
Wie Joachim richtig dargestellt hat waren schwere Straftaten insb. schwerer Diebstahl, Notzucht, Totschlag, Brandstiftung
Aber auch Raub und Mord, Homosexualität oder Zauberei fiehlen unter die Zuständigkeit der hohen Gerichte.
Warum nur vier genannt werden, kann ich hier auch nur vermuten, die Kategorien:
1.) Raub und Mord,
2.) schwerer Diebstahl und schwere Sachbeschädigung (darunter wäre dann auch die Brandstiftung)
3.) Sexualverbrechen
4.) Hochverrat, Zauberei und Gotteslästerung (obgleich letzteres eher von den Kirchen bestraft wurde)
sind denkbar. Ich werde aber nochmal genauer nachschauen.
Zum lesen finde ich ganz schön den Sachsenspiegel oder auch die Carolina, obgleich letztere wesentlich später geschrieben wurde
Beste Grüße, Benny
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Eintrag #6 vom 12. Jan. 2010 15:45 Uhr
Andreas Zillner
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Auch wieder mal ein nettes Thema ;)
Die Geschichte ist allerdings n wenig komplexer…
Das Niedergericht befasste sich grundsätzlich mit weniger schweren "Straftaten", so etwa falsche Maße und Gewichte oder kleinere Raufereien; allerdings beinhaltete das Niedergericht auch andere Dinge, so z.B. die Aufsicht über Feuerstellen (Kamine etc.)
Das Hochgericht entwickelte sich aus der hohen Sühnegerichtsbarkeit, welche noch auf germanische Traditionen zurückgeht und auch für schwerste Verbrechen Sühnezahlungen an den Geschädigten oder dessen Hinterbliebene vorsah, infolge der vielen Landfriedensbewegungen im 12. und 13. Jahrhundert.
Als ursprünglich königliches/kaiserliches Privileg diente es oftmals, so bei den bairischen Herzögen nach 1180, als Instrument der Herrschaftsbildung, indem die Hochgerichtsbarkeit abgestorbener altadliger Familien eingezogen wurden, um die Möglichkeiten eventuell vorhandener Erben/Käufer zu beschneiden.
Interessant ist jedoch, dass in Urkunden bezüglich bairischer Gebiete immer nur von den "drei Dingen, die zum Tod gehören" oder den "drei hohen Fällen" die Rede ist, und zwar Notzucht, Mord, Brandstiftung; Gotteslästerung/Ketzerei/Zauberei waren zumindest in der Zeit zwischen 1100 und 1400 in Bayern entweder nicht vorhanden oder wurden, wie bereits erwähnt, von "der Kirche" gerichtet, welche dann den Verurteilten oft der weltlichen Justiz übergab (ausgenommen der geistliche Fürst hatte selbst den Blutbann).
Da Tambach in Bayern liegt empfehle ich dir als Literatur den "Historischen Atlas für Bayern", in dieser Buchreihe gibt es auch einen Band über Tambach; zudem finden sich dort etliche Quellen- und Literaturverweise, die dir mit Sicherheit weiterhelfen werden!
Gruß
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Eintrag #7 vom 12. Jan. 2010 15:47 Uhr
Andreas Zillner
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Du meinst wohl 1329 statt 1239, oder?
Es sei denn, du meinst mit Ludwig IV nicht Kaiser Ludwig den Bayern ;)
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Eintrag #8 vom 12. Jan. 2010 17:23 Uhr
Daniel Jex
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ja - ok - 1329 - ja - typischer Zahlendreher - hat es doch einer gemerkt.
Sie Infos sind bisher ganz hilfreich - dafür erstmal ein herzliches "Danke".
Das mit dem "Atlas" für Bayern klingt auch sehr gut - mal sehen ob man den per Fernleihe bestellen kann
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