gepolsterte Beinlinge 1300
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Eintrag #1 vom 11. Sep. 2012 18:34 Uhr
Florian
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Hallo zusammen.
Nachdem ich letztens beim Schaukampf einen sauberen Schalg auf mein Schienbein bekommen hab, hab ich mir überlegt wie ich diesen Schmerzen in Zukunft entgehen könnte. Im Internet ( astor-versand.eshop.t-online.de/[
]/Polsterbeinlin[
]) hab ich dann auch des Rätsels Lösung gefunden: gepolstete Beinlinge. Doch nach Durchforstung meiner Quellen konnte ich leider keine Belege für das besagte Modell für 1300 finden. Alles was ich fand waren Diechlinge die bis unter das Knie reichten und das auch nur für Reiter.
Nun meine Fragen: Gab es mein "Wunschmodell" damals?
Wie hat sich damals die Infantrie die Beine geschützt?
vielen dank
Flo
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Eintrag #2 vom 11. Sep. 2012 19:43 Uhr
Fabian Griesler
…wirklichen Belege dafür. Auf Abbildungen deines Zeitrahmens sind die Gliedmaßen meist stilisiert schlank, daher ist es schwierig, da was sagen zu können. In der Tat bietet sich, aus der Praxis gesehen, eine Polsterung am Schienenbein an, gerade wenn da mal was abgleitet. Historisch gesehen ist halt das Bein nicht die Haupttrefferzone.
Für meine Beinlinge ist die Lösung wie folgt: Insgesamt bestehen sie nur aus zwei Lagen Leinen plus ein Futter, dienen also lediglich als halbwegs scheuerresistente Beinlinge unter denen aus Ringpanzergeflecht. An den Stellen, wo ein Schlag wehtut, bzw. Knochenteile hervorstehen, sprich Schienenbein, Knie und Knöchel habe ich eine zusätzliche Lage Wollfilz von innen eingearbeitet. Bewährt sich in der Praxis, ist meiner Meinung nach eine plausible Interpretation und gibt dem Gesamtbild mit schlankeren Beinen keinen Abbruch.
Gruß,
Fabian
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Eintrag #3 vom 12. Sep. 2012 10:47 Uhr
Jens
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Wie Fabian schon sagt, ist im Kampf zu Fuß das Bein, insbesondere unterhalb des Knies, keine primäre Trefferzone, was schlicht daran liegt, dass Hiebe nach unten eine wesentlich geringere Reichweite haben, als nach oben, und selten(er) lethal sind, d.h. nach einem Hieb nach unten gibt man sich oben eine Blöße, nur für eine geringe Erfolgsaussicht. Dazu kommt, dass im Kampf zu Fuß viele Taktiken bzw. Waffen schlicht eher in Formation stattfinden/wirksam sind. Vor mitte des 14ten insbesondere auch viel mit Schilden. Eine Beinpanzerung würde zusätzlich ermüden, und ist im unwegsamen Gelände dann wiederrum eher hinderlich, was sich auch darin äussert, dass es einige Beispiele gibt, bei denen Kämpfer im vollständigen Harnisch sich beim Kampf zu Fuß einer dafür weniger optimalen Beinpanzerung erleichterten. Nächster Punkt ist, dass vor Mitte des 14ten eine Beinpanzerung, die nicht primär gegen Schnitt schützte (wie Ringpanzer), auch der Bewegung eher hinderlich gewesen wäre, abgesehen davon, dass "Polsterungen" gegen stumpofe Gewalteinwirkung gegen die Gelenke in einem echten Gefecht mit scharfen Waffen völlig ineffektiv und unrealistisch wären. Den Wunsch, die Beine gegen die Wirkung des Auftreffens stumpfer Waffen zu schützen, ist schlicht eher modern.
Die Forcierung der Entwicklung der Beinpanzerung, die primär von Reitern getragen wurde, lässt sich gut im Zusammenhang mit dem fortschreitenden Gebrauch von Geschosswaffen sehen, so sind die ersten Länder, die eine Verstärkung der Gliedmaen (und nicht nur der Beine) vorrantrieben, England, die zunächst Erfahrung mit den walisischen Bogenschützen machten, wie auch später Frankreich, während z.B. die Entwicklung in Deutschland zurückblieb. Hier beschreiben zeitgenössische Quellen auch relativ eindeutig normale Beinbekleidung unter der bis dato primär aus Ringpanzergeflecht bestehenden Beinpanzerung, die ersten Ergänzungen, die textile Panzerung durch den Senftenier (vulga: Diechlinge) ist wohl auch pimär dem Beschuss geschuldet, da die Oberschenkel weder zu Fuß (Textiltorsopanzer bis zum Knie) noch zu Pferd wirklich effektiv in Reichweite von Handwaffen wären. Eine weitergehende Verstärkung lässt sich dann auch mit dem Wegfallen der Schilde im Gefecht beobachten, sowie mit der stärkeren Verfügbarkeit von getriebenen Platten, die bei gleichbleibenden Gewicht und geringen Dimensionsänderungen der Gleidmaßen den dafür efektivsten Schutz gegen Beschuss, Schnitt, Hieb und auch stumpfe Gewalteinwirkung lieferten.
In der Praxis würde ich, lange Rede, kurzer Sinn, dir ähnlich wie Fabian zu einer modernen Lösung raten, sofern Du weiter einen modernen Sport der art betreiben willst, also entweder offen erkennbar moderne Schutzausrüstung, oder versteckt getragene, oder versteckte Modifikationen an der Beinbekleidung, wobei ich bezweifle, dass bei geringer Optikveränderung da ein wirklich effektiver Schutz rauskommt. Die alternativen Lösungsansätze wäre ein Wechsel in eine Darstellungszeit mit für Fusskämpfer plausible, verfügbare Beinpanzerung, oder eine Modifikation der Taktik und Technik. Sprich: wenn jeder, der nach den Beinen haut, eines auf die Mütze bekommt (und bekommen darf), dann passiert das net. Ist der Kopf tabu etc., dann wird sich da freilich nix ändern.
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Eintrag #4 vom 12. Sep. 2012 11:30 Uhr
Florian
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Danke für eure schnellen Antworten. Die Suche von Belegen hat mich gestern fast bis an den Rand des Wahnsinns gebracht. Gut, dass ich jetzt nicht mehr weiter zu suchen brauch. Ich denke ich werde wie Fabian gesagt hat, erstmal meine Beinlinge an den Schwachpunkten etwas auspolstern, es geht ja wie gesagt nur um abgleitende oder fehlgeleitete Schläge und nicht um feste Hiebe.
Wenn ich so weiter darüber nachdenke, wäre es wie du schon sagtst ziemlich uninteligent, die beim Kämpfen so wichtige Beinarbeit noch weiter einzugrenzen.
vielen dank nochmal.
Flo
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Eintrag #5 vom 13. Sep. 2012 15:21 Uhr
Fabian Griesler
… kann ich sagen, dass es natürlich gegen ernst gemeinte Hiebe sicher nicht viel hilft, die dünne Schicht zumindest bei mir allerdings die Rate an blauen Flecken und den bekannter Weise extrem schmerzhaften Schienenbeintreffern merklich gemindert hat. Dies sowohl auf Zufallstreffer mit Übungswaffen bezogen, als auch auf die im Larp häufig vorkommenden gezielten und schwungvollen Beintreffer.
Gruß,
Fabian
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Eintrag #6 vom 05. Jan. 2013 14:54 Uhr
Robert Ullmann
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Wie sieht´s damit aus? Für mich sieht das aus wie Infanteristen mit mit Kettenstrümpfen und Kniekacheln!? Kann das sein??
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Eintrag #7 vom 05. Jan. 2013 18:56 Uhr
Jens
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Ringpanzerbeinlinge ("îsenhosen") mit Diechlingen ("senftenier") darüber, auf diesen aufgenäht Buckel aus Leder oder Metall.
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Eintrag #8 vom 06. Jan. 2013 15:23 Uhr
Robert Ullmann
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Also verstehe ich das richtig: Die Beinlinge aus Ringpanzergeflecht sitzen ohne relevante Polsterung auf den Beinen, wie ein richtiger Beinling, der bis zum Oberschenkel geht. Darüber liegt ein Beinling, der bis knapp unters knie geht, aus gambesoniertem Material mit Knieverstärkung? Ist mir etwas suspekt, warum die Polsterung über der Kette ist.
Was die Beinpanzerung bei Infanteristen angeht, ist das nicht ein relativ deutlicher Beleg oder zu mindest ein klarer Hinweis? Er ist lediglich etwas früh. Warum also nicht von dieser Abbildung nachempfundenes Beinzeug für den Schaukampf?
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Eintrag #9 vom 06. Jan. 2013 23:46 Uhr
Jens
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Die Notwendigkeit, eine "Polsterung" unter Ringpanzergeflecht zu tragen, ist eine relativ moderne. Ich kenne keine mittelalterliche Quelle, die die Notwendigkeit einer Polsterung unter an oder über der Rüstung empfiehlt, abgesehen vielleicht von Turnierrüstungen. Wohl aber den Sinn textiler Panzerungen als Rüstungsbestandteil.
Eine "Polsterung" ist meiner Ansicht nach eine moderne Anforderung auf Basis des modernen Sportes, mit stumpfen Metallstangen aufeinander einzudreschen (abgefangen von "Codex Belli" über "Freischlachten" bis zu "Vollkontakt" wie das beim "Battle of the Nations"). Schlicht deswegen, weil man damals nicht auf der Rüstung rumholzte. Tat man das mit einem Schwert, erreichte man nicht viel, denn einen Ringpanzer durchdrang man nicht, blödestensfalls brach die Klinge. Klar kann ein Streitkolben (vom Pferd aus) oder irgendeine Waffe mit Wuchtanteil (z.B. eine große Axt oder Halmparte), wie auch ein Schwert, das mit aller Gewalt auf einen Arm oder Bein einzimmert, einen Knochen brechen, aber wenn man das mit einer "Polsterung" verhindern wollte, müsste man schon als Michelinmännchen durch die Gegend laufen- sowas hilft wiederrum nur beim modernen Sport.
Anders dagegen textile Panzerung, wie es eben die Diechlinge, ein Aketon, ein Jupon (der z.B: immer über der restlichen Rüstung getragen wurde) o.Ä. sind- sie helfen gegen die Dinge, die ein Ringpanzer nicht oder eher schlecht aufhält, z.B. Stiche oder Beschuss. Und daher am exponierteren Teil des Beines am Oberschenkel, und zum Schutz der dort verlaufenden Adern eine Ergänzung zum Ringpanzer.
Und um Geschosse aufzuhalten- schließlich sitzt man mit einer Beinpanzerung in der Zeit vor allem noch auf dem Pferd- ist es sogar teils von Vorteil, wenn die entsprechende Panzerung über dem Ringpanzergeflecht sitzt: das Geschoss wird abgebremst und durchdringt den Ringpanzer nicht.
D.h. freilich nicht, dass ein Textilpanzer in Kombi nicht auch durchaus den Vorteil bieten würde, Wucht aufzunehmen, ich kenne aber jedenfalls keine Quelle, die das als (primäres) Ziel nennt.
Beinpanzerung bei Infanteristen: nein, weil eine Person zu Fuss in einer Handschrift nicht zwingend eine Person darstellen soll oder muss, die primär, ausschließlich oder auch nur in dieser Situation zu Fuss kämpfte(wobei bei ner Belagerung das hier zutrifft). Eher umgekehrt wird mittels der Darstellung in voller Panzerung die Person als Angehöriger der Gruppe dargestellt, die i.d.R. so gerüstet war, und das waren ritterbürtige, Ministeriale, stadtsässige Adelige usw.
Es verbietet einen freilich nix, sich einen vollständigen Harnisch nebst Ringpanzerbeinlinge und Diechlinge mit aufgebrachter Kachel anzufertigen, und sich damit dann zu kloppen (für "Schaukampf" im Sinne von "Show" wäre es unnötig), allerdings wird man bald feststellen, warum man das i.d.R. damals liess, wenn man zu Fuss kämpfte.
Und *wenn* man einen vollen Harnisch trägt, kämpft(e) man eben anders als ohne- und das wiederrum deckt sich nicht mit den Regel der meisten Kloppsportsysteme.
Das Ganze ist halt der Versuch der Quadratur des Kreises: eine moderne Anforderung mit Mitteln für eine historische, gänzlich andere Situation, zu lösen.
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Eintrag #10 vom 08. Jan. 2013 16:18 Uhr
Tilo
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Hallo Florian,
mit den aus dem Shop verlinkten Beinlingen, wirst du wie ein Roboter laufen.
Problem bei dieser Konstruktion ist die Schnürung und der Schnitt.
Die Kniebeuge wurde dabei schlicht vergessen, zum rummstehen gehts allerdings.
Ich hab die kurze Variante, welche übers Knie geht und die ziehe ich nicht mehr an.
In einem Buch von David Nicolle über den Johanniter Orden, gibt es eine Illustration eines gerüsteten ca. 1300.
Unter den Kettenbeinlingen trägt er Schienbeinschützer aus gehärtetem Leder ebenso Sabatons aus Leder.
Dafür habe ich aber keine Belege.
Grüsse
T.
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Eintrag #11 vom 08. Jan. 2013 19:05 Uhr
Robert Ullmann
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Gut zu wissen! Da die Kämpfer hier Eisenhüte und große Schilde tragen, die nicht wie Kavalerieschilde aussehen, bin ich davon ausgegangen, es handle sich wohl um schweres Fußvolk.
Allerdings kann ja ein Ritter auch einen Eisenhut, bzw. für die Belagerung zugeschnittene Ausrüstung mitführen.
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