Gefangennahme Adliger zwecks Lösegeld?
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Eintrag #1 vom 30. Dez. 2012 12:44 Uhr
Felix Kratzer
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Hallo miteinander,
entgegen der oft romantisierenden Vorstellung (des 19.Jh.?) hat das Geld ja schon im Mittelalter eine größere Rolle gespielt als die Ritterlichkeit - entsprechend wurden die gepanzerten Reiter z.B. im Hundertjährigen Krieg ja i.d.R. nicht so einfach "abgeschlachtet", sondern es wurde eher versucht, sie möglichst lebend gefangen zu nehmen und gegen hohes Lösegeld wieder freizulassen.
Hat jemand verlässliche Quellen dazu, wie ein solcher Edelmann dann gefangen gehalten wurde? Klischeehafte "Kerkerhaft", angekettet an der Wand oder eher wie ein Gast, der sein Ehrenwort gab, die Burg o.ä. des Feindes nicht zu verlassen?
Habe bislang nichts dazu finden können…
vielen Dank und Gruß,
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Eintrag #2 vom 30. Dez. 2012 20:37 Uhr
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
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Mir fehlen ja immer noch die Nachweise für richtige "Kerker" auf Burgen. Haftstrafen waren ja eher die Ausnahme. Im hundertjährigen Krieg gibt es zumindest Beispiele für Ehen zwischen Gefangenen Rittern und Frauen aus der Familie des Gefangennehmers.
Abgesehen davon verstehe ich den Post nicht. Waren die jetzt unritterlich oder haben die Gefangene genommen statt den Gegner umzubringen?
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Eintrag #3 vom 30. Dez. 2012 22:37 Uhr
Felix Kratzer
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Zumindest die so viel gezeigte Folterkammer gab es bei weitem nicht auf jeder Burg, sondern nur dort, wo auch eine entsprechende Gerichtsbarkeit herrschte.. wie es mit Kerkern aussieht, keine Ahnung. Ich meine aber, auf der einen oder anderen Burg schon welche gesehen zu haben…
Was ich mit dem Post meinte:
die Gefangennahme zwecks Lösegeld war meines Wissens nach eine Haupteinnahmequelle in der Kriegsführung, es ging hier also in erster Linie um rein finanzielle "Ideale", nicht um ritterliche.
Die eigentliche Frage zielte aber rein auf die Haftbedingungen ab…
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Eintrag #4 vom 31. Dez. 2012 16:18 Uhr
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
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Folterkammern gab es nicht nur nicht beileibe auf jeder Burg sondern mir wäre kein einziges Beispiel dafür bekannt. Sicher wurde gefoltert, aber erstens nicht ständig und zweitens nicht so systematisch wie in der Neuzeit in der Folter Teil der organisierten Rechtsfindung war. Es brauchte schlicht keine extra Räume für so etwas und Burgen brauchten auch normalerweise keine Kerker schlicht weil man niemanden zum einsperren hatte. Wenn es Gefangene gab konnte man die auch schlicht in einen normalen Raum einsperren wie man es bei verhängten Haftstrefen wie z.B. weibliche Adlige findet.
Auch das was oft bei Führungen als Kerker präsentiert wird ist bei einem nachdenken eher eine unwahrscheinliche Wahl. Der Keller des Bergfriedes wird in jedem Kinderbuch als Kerker präsentiert. Ich würde da ja eher Vorräte für den Notfall unterbringen.
Bei deiner Sicht der reinen Geldgier fehlt auch der Umstand das solche gefangenen Ritter eben nicht im Kerker schmorten sondern ein recht gutes Laben führten. Als Standesgenossen wurde ihnen das Ehrenwort abgenommen nicht abzuhauen und Beispiele wie Richard Löwenherz, die die Zeit mit jagen und Festen verbrachten gibt es nicht wenige.
Offenbar muss aber Kerker und Folterkammer in der Vorstellung vom Mittelalter unbedingt sein. Ich kenne halt bisher keinerlei Belege, aber vielleicht hab ich auch nur keine Ahnung.
Schöne Grüße
Andrej
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Eintrag #5 vom 11. Jan. 2013 07:01 Uhr
Kevin
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Hallo,
ich schließe mich Andrejs Aussagen komplett an(<-habe mich auch informiert :)). Als Beispiel,in welchem eben nicht die feindlichen Ritter gefangennommen worden waren ist meines Wissen 1415 Agincourt: Dort ließ Heinrich V. die gefangenen französischen Ritter hinrichten,da diese in ihrer Zahl zu hoch waren,als dass es nicht zu einem Fluchtversuch kommen hätte könnnen. Korriegert mich wenn ich da falsch informiert bin.
Grüße
Kevin
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Eintrag #6 vom 11. Jan. 2013 13:00 Uhr
Daniela
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.. es sind zwar gefangene Ritter getötet worden, aber nicht alle! Über die Anzahl der Todesopfer und Geiseln sind die Quellen allerdings unterschiedlich.
Auch der genaue Grund, warum es zum Tötungsbefehl von Gefangenen kam ist nicht genau bekannt. Als mögliche Gründe werden unter anderem auch Abschreckung der Angreifer und die Befürchtung eines Eingriffes der Gefangenen in das Kampfgeschen, genannt.
Geiseln wurden nicht nur gegen "Geld" ausgetauscht, sondern auch z.B. "Mann-gegen-Mann", oder zur Erzwingung/Einhaltung von Verträgen.
Spezielle Ereignisse und Quellen dazu, müßte ich noch raussuchen.
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Eintrag #7 vom 11. Jan. 2013 13:42 Uhr
Jens
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…ist auch das Paradebeispiel dafür, wie man so ein Ereignis aufnahm: die Tat wurde damals selbst in eigenen Reihen mit Entsetzen aufgenommen, und hat sich bis heute im kollektiven Gedächtnis als einer der größten moralischen Fehler in dem Krieg festgebrannt.
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Eintrag #8 vom 23. Jan. 2013 13:59 Uhr
Dieter Graf
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Hallo Andrej
zu Deiner Information: Es gab sehr wohl Folterkammern auf Burgen, welche als Verwaltungszentrum auch die hohe Gerichtsbarkeit inne hatten. Spontan kann ich 3 Beispiele anführen, nämlich Burg Staufeneck (Berchtesgadener Land), Burg Moosham (Salzkammergut) und Burg Pöggstall (ebenfalls Österreich). Zumindest die von Staufeneck und Pöggstall weisen noch die vollstängig original erhaltene Ausstattung aus dem späten Mittelalter und der frühen Neuzeit auf. Auch die Gerichtsakten sind dort noch vorhanden. Ein Besuch ist eindrucksvoll und beklemmend.
Die fensterlosen Erdgeschoßräume der mittelalterlichen Bergfriede wurden durchaus gelegentlich als Gefängnisse benutzt, schriftliche Zeugnisse (Zimmersche Chronik) geben darüber Auskunft. So sollten z.B. 2 Mönche (deren Vergehen weiß ich leider nicht mehr) in den Turm der Feste Marienberg über Würzburg gesteckt werden, konnten aber wegen deren Leibesumfang nicht durch das "Angstloch" gebracht werden! Gelegentlich fanden sich auch menschliche Gebeine bei Ausgrabungen in diesen finsteren und unwirtlichen Räumen (Reifenstein/Südtirol).
Gruß Dieter
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Eintrag #9 vom 24. Jan. 2013 08:17 Uhr
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
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Spätes Mittelalter und frühe Neuzeit. Das ist genau der springende Punkt. Es geht ja um die Vorstellung, dass quasi jede Burg Kerker und Folterkammer als festen Bestandteil hatte und der Keller des Bergfriedes nahezu immer als Kerker angesprochen wird. Man müsste die genannten Fälle mal genauer prüfen, aber im Fall von Moosham wird angegeben, dass die Folterkammer aus der Zeit der Hexenprozesse stammt, die in Pöggstall wird sogar konkret auf 1593 datiert. An Kerkern und Folterkammern in der frühen Neuzeit habe ich nie gezweifelt. Fürs Mittelalter, vor allem für das Hochmittelalter wird es dann halt immer dünner mit Belegen.
Das liegt eben auch an einer Veränderung der Rechtsmentalität in dieser Zeit.
Schöne Grüße
Andrej
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Eintrag #10 vom 24. Jan. 2013 08:19 Uhr
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
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Spätes Mittelalter und frühe Neuzeit. Das ist genau der springende Punkt. Es geht ja um die Vorstellung, dass quasi jede Burg Kerker und Folterkammer als festen Bestandteil hatte und der Keller des Bergfriedes nahezu immer als Kerker angesprochen wird. Man müsste die genannten Fälle mal genauer prüfen, aber im Fall von Moosham wird angegeben, dass die Folterkammer aus der Zeit der Hexenprozesse stammt, die in Pöggstall wird sogar konkret auf 1593 datiert. An Kerkern und Folterkammern in der frühen Neuzeit habe ich nie gezweifelt. Fürs Mittelalter, vor allem für das Hochmittelalter wird es dann halt immer dünner mit Belegen.
Das liegt eben auch an einer Veränderung der Rechtsmentalität in dieser Zeit.
Schöne Grüße
Andrej
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