Eintrag #1 vom 11. Nov. 2010 22:12 Uhr
Constantin
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Befestigung einer Helmbrünne an einer frühen Beckenhaube
Hallo zusammen,
ich möchte mir diesen Winter eine Beckenhaube vom Plattner machen lassen (Frankfurter Raum, 1340 und ja, ich weiß, bis auf die erste sind die Quellen nicht aus dem frankfurter Raum, aber zumindest überwiegend süddeutsch), die frühe Übergangsform von der Hirnhaube zur typischen spitzkegeligen Beckenhaube, die man ab 1350 ja recht häufig sieht.
Bei der Befestigung der Helmbrünne gibt es aber Ungereimtheiten, die ich gerne vorher ausräumen möchte.
Folgende Quellensituation:
in den Bildquellen (alle 1330-45) scheint die Kette nicht wie später an einem breiten Ledersteifen angenäht mittels Kloben und Senkel oder Riemen am Helm befestigt zu sein.
Nun könnte man bei einigen Abbildungen denken, dass die Helme einfach über einer Kettenhaube getragen werden. Dann fehlen aber Hinweise auf einen Kinnriemen.
Gerade bei den Fresken und Illustrationen ist der Detaillierungsgrad nicht so prickelnd, so dass hier ein Urteil schwer fällt.
Kloster Ilbenstadt (bei Frankfurt)
Hier allerdings sieht es sehr deutlich danach aus, als verschwinde die Kette unter dem Helm.
Klosterneuburg ; Österreich
cod. s. n. 2612
cod. 303
Epitaph des Albrecht von Hohenlohe
Hier sieht es ganz deutlich danach aus, dass die Kette unter dem Helm verschwindet:
Bei dem Kollegen hier sieht man immerhin so ein rotes Bändchen, dass "irgendwie" auch aussen am Helm verläuft:
Cod. Pal. germ. 848
Im folgenden Bild sieht man zumindest schon die später typische Anbringung mittels breiterem Lederband:
Epitaph des Graf Rudolf I von Hohenberg
Gibt es belegte Anbringungsmöglichkeiten innen am Helm oder am Rand, oder handelt es sich doch um Kettenhauben? Oder fahre ich für den Zeitraum mit der Lösung des Herrn Hohenberg für den Zeitraum schon ganz gut?
Beste Grüße,
Constantin
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Eintrag #2 vom 11. Nov. 2010 22:44 Uhr
Thorsten
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Moin Constantin,
habe jetzt leider keine Zeit Dir ausführlich zu antworten, dass wird sicher nachher Jens machen. Vielleicht hilft Dir die Abbildung dieser Beckenhaube (afaik Schweizer Landesmuseum), die auf 1340 - 1350 datiert wird:
wwwgoedendag.de/pics/Beckenhaube.jpg
Wir haben hier in Dortmund aus der Zeit auch noch eine Beckenhaube, die osteuropäisch aussieht und die meines Wissens nach den Aventail auch direkt am Helm angebracht ist.
Die Schwierigkeit bei den Abbildungen kann ich nachvollziehen, ich habe diese Problematik auch schon gehabt, wobei ich z.B. das erste Fresko als Kloben interpretieren würde.
Bis denn
Thorsten
(Leicht gehetzt)
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Eintrag #3 vom 12. Nov. 2010 00:20 Uhr
Jens
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Hallo,
Naja. Also das Problem mit Handschriften ist halt, deren Darstellung muss man schon mit einer gewissen Skepsis betrachten. Sowas wie eine "süddeutsche Beckenhaubenmode" hat es ohnehin nun nicht, ich würde mir schlicht die Gesamtheit der Originale nebst Grabplatten-
effigiesandbrasses.com z.B. - ansehen, da hat es um 1340 ja jede Menge sehr detaillierte. Schönes Buch dazu: "die Zeit der frühen Herzoge" Von Otto I. zu Ludwig den Bayern. Da hat es einige 1330ger Grabplatten, wo man die Kloben schon ziemlich deutlich sehen kann (allen vorran schon die auf dem Umschlag).
Das Problem mit erhaltenen Beckenhauben ist leider ein wenig, dass man nicht 1000% sicher sein kann, dass deren Zustand so Original ist. An die Löcher könnte man ja auch prima ein Futter nebst Lederband, an das auch die Kette kommt, drannnähen. Dass die Kette direkt am Helm hing, ist zwar möglich, und es gibt auch einige Helme auf Bildern, die Nieten aufzuweisen scheinen, die vlt. nen Lederstreifen halten, der sowohl Kette als auch Futter hält, aber nix genaues weiss man nicht.
Dei Sache mit den Kloben ist halt sehr eindeutig belegt im Text, Fund und Bild und Statue, und praktisch. Ich tät das nehmen.
Übrigens hats in Berlin ne schöne. Mit Kloben und Leder erhalten (wenns Original ist)
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Eintrag #4 vom 12. Nov. 2010 09:46 Uhr
Constantin
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Danke für die Antworten,
gesichtet habe ich sicher weit über 200 Abbildungen aus ganz Europa aus dem Zeitraum, die Beispiele sind tatsächlich nur nach der Regionalität ausgesucht, auch wenn diese in dem Zusammenhang vielleicht eher unwichtig ist.
Interssant ist allerdings tatsächlich die Formenvielfalt allein in dem Zeitraum.
Danke für den Literaturtipp, Jens, das werde ich mir mal ansehen.
(online habe ich neben effigiesandbrasses.com auch noch bei ‘The Medieval Combat Society’-
wwwthemcs.org/armour/14th century armour.htm Einiges gefunden)
Das Exemplar in Berlin kenne ich, das ist aber auf 1360 datiert, oder?
Thorsten, danke auch für Deinen Link, das Teil kannte ich noch nicht.
Ich schaue mir die Grabplatten bezüglich der Befestigung noch mal gründlich an, tendiere aber auch stark zu der Kloben Lösung.
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Eintrag #5 vom 12. Nov. 2010 10:53 Uhr
Jens
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Hallo Constantin,
Die Grabplatten der Medieval Combat Society sind auch in dem genannten Link katalogisiert. Die Berliner ist auf 1350-60 datiert, das ist richtig, ist aber im Stil nicht spezifisch für den Zeitrahmen, Vergleich sie am besten mal mit einigen Grabplatten in D., insbesondere um 1330-35. Es gibt ja weltweit ne ganze Latte an Originalen, ich würde einfach die mal einbeziegen, undabhängig von deren genauer Datierung, z.B. die im Karlsruher Schlossmuseum.
Lösungen mit eingenietetem Ringpanzergeflecht scheint es vor allem im englischen Raum (aber nicht nur da) ne Weile gegeben zu haben, z.B. Sir John Abernoun III; frühere werden auch mal unter einer Ringpanzerhaube getragen (z.B. Dir William de Fitzralph), und ich denke, entsprechende Lösungen gab es auch auf dem Festland, das deckt sich ja auch mit einigen Bildern, allerdings ist man gerade bei der Einnietung etwas auf der spekulativen Seite; es gibt zwar auch ein, zwei Originale bzw. Fragmente, aber wie genau das gelösst war, kann man schlecht sagen. Möglich ist auch, dass das Leder eingenietet war, und Fütterung und Ringpanzergeflecht hielt. Mögllich auch, dass die Nieten nur die Innenfutterbefestigung hielten, und das Ringpanzergeflecht wie beid er Schweizer in Löchern hingen. Dass eine Haube darunter getragen wurde, kann ich mir eher nicht vorstellen, kann man freilich nicht vollständig ausschliessen. Für 1340 rum ist das allerdings ohnehin nicht mehr aktuell.
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