Eintrag #1 vom 07. Dez. 2012 19:04 Uhr
Sabine
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Wie genau legitimierten sich Boten im SMA? Ich bin bisher nur auf Spekulationen gestoßen, u.a. Heroldsstäbe.
Irgend wie müssen sie sich ausgewiesen haben - denn ohne Wahrzeichen hätte ja jeder behaupten können: ich bin der Bote A, komme aus B und bringe Botschaft von C.
Der Bote muss doch seine Identität sowie die Wahrheit seines Auftrags beweisen können sowie, wer ihn beauftragt hat.
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Eintrag #2 vom 08. Dez. 2012 00:58 Uhr
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
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Der Bote muss sich gar nicht legitimieren, solange die Botschaft das selbst kann. Siegel sind da eine gute Möglichkeit, ebenso inhaltliche Teile. Letztlich können wir heute auch selten wirklich feststellen ob eine Nachricht echt ist, was in der Zeit elektronischer Nachrichten bekanntermaßen durchaus zum Problem werden kann.
Es gibt allerdings Abbildungen von Boten die z.B. Wappen tragen. Heroldsstäbe kommen allenfalls zum Tragen wenn der Überbringer ein Herold ist, was wiederum nur bei ganz bestimmten Botschaften der Fall war.
Schöne Grüße
Andrej
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Eintrag #3 vom 08. Dez. 2012 10:24 Uhr
Florian
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Bote ist nicht gleich Bote, Diener nicht gleich Diener
Hi Sabine,
ergänzend zu Andrej: Es kommt auch darauf an, von welchem "Boten" man genau spricht.
Es gab z. B. Boten in städtischen Diensten, Verwaltungsangehörige wenn man so will, die vereidigt und öffentlich bestellt wurden und zB offizielle Nachrichten überbrachten (so ist zB der Frankfurter "geschworene Bote", der 1474/75 die kaiserlichen Befehle an die Stadt Friedberg überbrachte, problemlos namentlich nachzuweisen). Diese waren zum einen in ihrem sozialen Umfeld ohne weiteres bekannt, bzw. kennt man von Bildquellen und Funden teils besondere Plaketten/Abzeichen, die sozusagen als "Dienstausweise" funktionierten.
Bildbeispiel: Nürnberger städtischer Bote Kuncz Stirener, 1462:
wwwnuernberger-hausbuecher.de/75-Amb-2-317-81-v
Funktioniert praktisch ganz ähnlich wie heute, zumal ja die Legitimation dieser Boten entweder öffentlich bekannt war, oder recht leicht nachgeprüft werden konnte.
Dann gab es auch private "Boten", bzw. welche, die halt Nachrichten ihres Dienstherren überbrachten. Die bewegten sich oft ohnehin in einem Umfeld, wo sie schlicht persönlich bekannt waren - wenn aus den sog. Regesten (dem archivierten Schriftverkehr) des Landgrafen von Hessen hervorgeht, dass er seinen "Kellner" (eine Art Verwalter) mit Auftrag und Nachricht zu einer seiner Besitzungen schickt, kann man davon ausgehen, dass an dessen Legitimität kein Zweifel bestand. Zumal dieser dann nicht allein aus dem dunkeln Wald kam, sondern mit entsprechender Begleitung, Ausstattung und vor allem auch dem entsprechenden sozialen Auftreten unterwegs war.
Nun noch zu Thomas de Courteheuse - auch da zeigt sich, dass die Hintergründe um Louis´Ermordung durchaus ein "Spezialfall" der absoluten sozialen und politischen Spitze waren:
Soweit ich weiß, war Thomas de Courteheuse kein "Diener", so wie man es sich heute bei dem Wort vorstellt.
Diener oder Knecht im Spätmittelalter bedeutet ganz oft nicht zwingend einen niedrigen sozialen Stand, sondern kann auch Bezeichnung für spezifische hochrangige Funktionen sein, man muss halt genau in den Kontext der Quellen schauen, was der Begriff im Einzelfall bedeutet. Courteheuse war zB selbst Mitglied des Adels und Kammerherr des Königs - also selbst ein Mitglied der obersten Schicht und des inneren Kreises der französischen Führung. Damit liegt es nahe, dass an seiner Legitimation schon von vorneherein - zumal innerhalb seines engsten persönlichen Umfeldes (Louis war immerhin Bruder des Königs, Courteheuse somit für ihn kein Unbekannter)- kein Zweifel bestand. Das könnte die Hintergründe ein wenig aufhellen.
Eine umfassende Forschungsarbeit zum Botenwesen im Brandenburgischen im 15. Jh. findest du zB hier: edoc.ub.uni-muenchen.de/2796/1/Walser_Robert.pdf
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Eintrag #4 vom 08. Dez. 2012 13:42 Uhr
Sabine
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Danke für Eure Antworten!
Wikipedia französisch sagt, Courteheuse sei Kammerdiener des Königs gewesen. Wobei zugleich behauptet wird, Courteheuse habe keine Ahnung gehabt, in was für eine Situation Louis und seine Begleitung geraten würden; genauer gesagt, er habe sich selbst getäuscht in Bezug auf die Verschwörung. Alexandre Dumas in seinem Roman über Isabeau de Bavière ist da anderer Meinung. - Nun ja…
Das Thema Boten interessiert mich aber auch allgemein, speziell allerdings die Gegebenheiten in Frankreich. Und auch reichsübergreifend. Z.B. wenn ein Bote nicht innerhalb der Grenzen seines eigenen Reiches unterwegs war, sondern darüber hinaus. - Dann wird man den Überbringer einer Botschaft vielleicht nicht (immer) gekannt haben.
Auch weiß ich nicht, ob auch in Frankreich Kleidungsstücke mit dem Wappen oder den Farben des "Absenders" von den Boten getragen wurden.
Und Heroldsstäbe - da habe ich auch bisher noch keine genaue Beschreibung gefunden.
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Eintrag #5 vom 08. Dez. 2012 15:13 Uhr
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
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Das ist aber doch heute nicht im geringsten anders. Darum akkreditiert man z.B. Botschafter. Was heute eben einfacher ist, ist es nachzufragen ob jemand auch wirklich legitimiert ist, das war im Mittelalter weniger einfach.
Das konnte man z.B. mit Gewährsleuten umgehen, indem der Bote z.B. zuerst zu jemanden geht der die Identität bzw. den Auftraggeber identifizieren kann.
Besondere Kleidung hilft da herzlich wenig, die kann auch gefälscht werden und zu den Heroldsstäben, die in der Zeit auch noch gar nicht festgeschriebene Ausstattung waren, habe ich oben schon was geschrieben.
Gerade bei einem Boten in ein anderes Land mit einem herrschaftlichen Auftrag würde ich eben nicht von einem Diener oder einfachen Boten ausgehen sondern von einem Vertrauten des Auftraggebers also eher einem Mann von Stand. Eben eher ein Botschafter (man beachte die Begriffsbedeutung) als ein Bote.
Schöne Grüße
Andrej
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