Eintrag #1 vom 28. Mai. 2010 22:57 Uhr
Daniel
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Hallo,
ich bin auf der Suche nach Belegen für die Verwendung von Borten auf Herren- und Damengewandung im Zeitraum von 1150 - 1220.
Kennt Ihr da irgendetwas? Oder habt Ihr handfesten Beweis, dass es so etwas nur sehr selten oder gar nicht gab?
Ich bin gespannt und freue mich auf Eure Antworten,
schönen Abend,
Daniel / Gerhard III v. Blankenheim
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Eintrag #2 vom 02. Jun. 2010 08:22 Uhr
Oliver Borgwardt
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Was für Borten meinst Du denn? Gestickte Randverzierungen findest Du in dieser Zeit auf fast allen Abbildungen, allerdings scheint die klassische Brettchenborte, wie man sie aus dem Frümi kennt, zu dieser Zeit eine absolute Randexistenz zu führen. Wir haben genau zu diesem Thema eine längere Quellenuntersuchung gemacht und mehrere hundert Miniaturen und Skulpturen überprüft. Das Ergebnis war, daß die meisten Randverzierungen auf der Kleidung der Frühgotik in einer Weise gestaltet war, die eine Bestickung etwa eines Seidenstreifens mit Ziernähten, Perlen, Steinen und ähnlichem nahelegen, allerdings eher nicht das Vorhandensein einer klassischen Brettchenborte (die in dieser Zeit zum Beispiel als Gürtelware aber auftaucht). Die wenigen Originale sind ebenfalls entweder aufwendig bestickt, oder in einem Fall eines sizilianischen Sakralgewandes, mit einer hochfeinen Seidenapplikation versehen, die in Brettchentechnik gefertigt sein könnte. Von der klassischen, in der Szene verbreiteten und für viele Epochen auch korrekten Brettchenborte ist nach dem Stand unserer Untersuchungen allerdings im 12. Jahrhundert nichts zu sehen.
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Eintrag #3 vom 21. Mai. 2011 18:52 Uhr
Thurid
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Falls es in dieser Frage um brettchengewebte Borten gegangen sein soll, kann ich - auch wenn die Diskussion jetzt ne Weile her ist - das Buch "Ecclessiastical Pomp & Aristocratic Circumstance - A thousand years of brocaded Tabletwoven Bands" empfehlen.
Die Autorin Nancy Spies listet hier immens viele Belege für broschierte Brettchenbänder auf.
Berühmtester Beleg für die Zeit um 1150 ist wohl der Mantel Rogers II, König von Sizilien. Der hat ein brettchengewebtes, broschiertes Band am Saum. Allerdings geht man davon aus, dass dieser Mantel am Hof von Sizilien von den dortigen Kunsthandwerkern gefertigt wurde und starke orientalische Einflüsse hat. Ob er also wirklich auch für Deutschland einen sinnvollen Quellenbeleg darstellt, ist diskutierbar.
Dann wären da allerdings das Band auf dem Chasuble von St. Wolfgang, Bischof von Regensburg (11.-12.Jh.), das ich stellvertretend für jede Menge Funde nenne, die im kirchlichen Kontext in genannten Zeitraum gemacht wurden (Speyer, Augsburg, Bamberg etc.).
Jetzt kann man die Frage stellen, ob denn kirchliche Funde von Brettchengeweben so gute Belege sind. Das Problem hierbei ist, dass man in Kirchen eben auf viel mehr Funde zurückgreifen kann, weil hier Gräber viel öfter geschützt und unangetastet sind. Kein Wunder also, dass es immens viele kirchliche Funde gibt, was bei weltlich genutzten Bändern schon schwieriger ist.
Das Buch von Nancy Spies listet allerdings unter dem Thema "Sekulär", d.h. nicht kirchliche Nutzung von Brettchenborten, allein für den Zeitraum 12.-13. Jh. 28 Fundbelege der verschiedensten Arten auf. Somit halte ich die Frage nach Brettchenborten im Zeitraum 1150-12xx durchaus für berechtigt.
Als Beweis für eher unbekannte Nutzung von Brettchenbändern nenne ich mal die Schuhe König Phillips von Schwaben (1198-1208), die mit broschierten Brettchenborten verziert wurden, die Mütze von Kaiser Heinrich IV, die mit einer brettchengewebten Borte verziert wurde, oder die Bänder aus den Sargbestattungen von Enrique I, König von Kastilien (13. Jh.).
Eine hübsche Stola, die zwischen 1250 -1330 datiert ist, findet man im Victoria&Albert Museum:
Leider ein späterer Zeitraum, aber ein Beweis dafür, dass Brettchengewebe auch über das Frü-Mi hinaus weiterhin Anwendung fanden. Sorry, falls ich jetzt nicht genau auf bestimmte Kleidungsstücke eingegangen bin - ich würd einfach mal sagen - kauft das Buch.
Herzliche Grüße
Thurid
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Eintrag #4 vom 22. Mai. 2011 23:53 Uhr
Alex
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Genau das ist das Problem.
Es gibt mehrere Arten von Brettchengewebten, broschierte Sachen waren im HMA noch zu finden, bzw. wurden sogar produziert.
Einfache Borten, also nicht borschierte findet man nicht mehr - mein Wissensstand.
Das war auch die Aussage der voherigen Antworten, einfache (also nicht broschierte) sind bis jetzt nicht bekannt - also für den gesuchten Zeitraum.
Und…leider findet man auch kaum Leute die noch broschierte herstellen..leider.
Grüße
Alex
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Eintrag #5 vom 23. Mai. 2011 09:23 Uhr
Silvia
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Danke für den Link, die Stola kannte ich bisher noch gar nicht.
Leider haben die Bilder keine sehr große Auflösung, um Details genau zu erkennen, aber wenn ich auf dem einen Bild die Rückseite sehe, befürchte ich, dass es nicht brettchengewebt ist.
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Eintrag #6 vom 23. Mai. 2011 22:37 Uhr
Claudia
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Alex, wenn Du mit "einfachen" Borten die heute recht üblichen Borten mit Einzugsmuster meinst, dann waren die nicht nur im HMA nicht mehr üblich, sie sind auch für die Zeiten davor nicht nachweisbar.
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Eintrag #7 vom 23. Mai. 2011 22:50 Uhr
Alex
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Wieder was gelernt :)
War mir nur in dem Punkt sicher, das sie für das HMA faktisch nicht nachweisbar sind.
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