Zusammenarbeit mit Medien und Museen
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Eintrag #1 vom 03. Apr. 2007 10:29 Uhr
Thorsten Seifert
Hallo
Ich bin gerade von den Dreharbeiten für eine Fernsehdokumentation für das ZDF zurück.
Ich habe nach einem Tag abgebrochen, das dieses Machwerk in keinster Weise den belegten Gegebenheiten der karolingischen Zeit entspricht.
Der Archeologe Herr Norbert Reuther war genauso geschockt, über das was die Regie für vorstellungen von Bekleidung und Sachkultur jener Zeit hat. So wurden die Darsteller zu großen Teil in Gewänder gesteckt, die sehr an einen sog. Mittelalter Markt erinnern. Von Hobbyisten geliehene und mitgerbrachte stimmige Gewänder wurden duchwegs als zu Bunt abgelehnt. Selbst Glasperlenketten wie sie in dieser Zeit häufig Belegt sind wurden als zu Farbig abgelehnt. Lieber hüllte man die Darsteller in Sackleinen. Männer sollten durchwegs lange Haare haben ( In Stuttgarter Psalter von 820 gibt es nur eine Abbildung eines langhaarigen Mannes). Ein orginalgetreuer Rundschild mit Zuckerhutschildbuckel und belegter Bemalung wurde auch als zu Farbig abgelehnt.
Fazit ist Medien sind nur an der weitergabe von Kliesches interessiert und nicht an einer stimmigen und belegbaren Darstellung. Anscheinend sollte den Zuschauern das ganze als sog. dunkle Zeit verkauft werden. Ich bin zutiefst erschüttert wie hier längst überholte Vorstellungen gepflegt wurden und den Zuschauer übermittelt werden.
Mein Fazit ist es das jeder verantwortungvoller Hobbyist die Zusammenarbeit mit Medien meiden sollte.
Das es in den Medien anscheinend kein Interesse an einer richtigen Darstellung der Vergangenheit gibt.
Diese sog. Dokumentation läuft am Pfingstmontag 2007 um 19Uhr30
Ein bis ins Mark erschütterter
Thorsten (Dagobert, Ministrie et Miles Karls des Großen)
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Eintrag #2 vom 03. Apr. 2007 11:32 Uhr
Ingo Ludwig
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Da Pfingsten wahrscheinlich viele von uns auf einem Lager sind ist es wohl nicht schade, wenn dies dann nicht gesehen werden kann (he he) - schade ist dagegen, dass wiedereinmal freundlich angebotene Hilfe und Wissen nicht angenommen wurde und lieber vorgefertigte Bilder bedient werden - da ist man als Zuschauer dann auch bedient :(
Gruß, Ingo
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Eintrag #3 vom 03. Apr. 2007 11:33 Uhr
Dietrich
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Willkommen im Club :-)
Dietrich
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Eintrag #4 vom 03. Apr. 2007 11:39 Uhr
Wolf Zerkowski
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LOL…da war der Dietrich schneller….trotzdem…
willkommen im Club
Gruß Wolf
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Eintrag #5 vom 03. Apr. 2007 12:00 Uhr
Wolfgang Ritter
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@Thorsten: Kompliment für Dein Beharren.
Was mich interessieren würde, war der beratende Historiker nur entsetzt oder hat er auch Konsequenzen gezogen?
@Ingo: das ist doch nicht das Problem, das Problem ist doch vielmehr, dass
a) den Zuschauern AUSSERHALB des Hobbys ein falsches Bild vermittelt wird, nämlich die übliche "schröcklich-finstres-Mittelalter" Scheiße;
b) irgendwelche Ypsilon-Verkäufer sich auf die Schulter klopfen können, wat für ‘ne geile MA-Darstellung sie doch machen, sie werden ja durch’s ßffentlich-Rechtliche "geadelt"…..
Wolfgang Ritter
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Eintrag #6 vom 03. Apr. 2007 12:10 Uhr
Lothar Mayer
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Oh Mann, irgendwie habe ich die Hoffnung aufgegeben, daß Medien je "dazu lernen". Trotzdem werden wir uns dieses "Machwerk" mal anschauen und hinterher einen entsprechenden Leserbrief schreiben mit dem entsprechenden Vermerk, daß wir davon ausgehen müssen, daß andere gesendete Beiträge mindestens genauso "schlampig" recherchiert und umgesetzt sind. Bringt zwar in der Regel nichts, ist uns aber zumindest ein "innerer Vorbeimarsch"
LG,
Lothar und Susanne
Hluthari
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Eintrag #7 vom 03. Apr. 2007 12:18 Uhr
Sylvia Crumbach
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Meine Güte, der arme Norbert!!!!!
Meine Güte, dieses Beispiel bricht so einige Rekorde!
Vermutlich ist anstatt unserer Keramik irgendein Bierseidel zu sehen, wenn die Kleidung schon zu bunt war.
Schwer zu fassen das ganze ….
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Eintrag #8 vom 03. Apr. 2007 12:25 Uhr
Jens
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Danke für das schön dokumentierte Beispiel des Verhaltens der Medien.
Die Frage ist: kann man was tun? Mal die Erfahrungenen mehrerer mit Namen zusammenschreiben und Printmedien als Futter für einen Artikel zur Verfügung stellen? In diesem Zusammenhang ist ja in letzter Zeit einiges (erfreulicherweise) zu lesen gewesen.
Gruss, Jens
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Eintrag #9 vom 03. Apr. 2007 12:26 Uhr
Thorsten
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Norbert ist zu dem Job gekommen, wie die Jungfrau zum Kinde … ich hoffe, daß er zumindest keinen geistigen Schaden nimmt, wenn schon die Reputation darunter leiden wird …
Aber die Zusammenarbeit mit den Medien ist immer ein schwieriges Ding. Ich hoffte bei den öffentlich-rechtlichen hätte man zumindest einen Basisanspruch über einem Galileo Mystery Niveau … Ich werde eine Petition einreichen, daß man bei übermäßigem Blödsinn GEZ-Gebühren einhalten kann.
Bis denn
Thorsten
(der auch einiges an buntem Zeug beigefügt hat)
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Eintrag #10 vom 03. Apr. 2007 12:47 Uhr
Gabriele Klostermann
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Au weia,
mein Beileid! Und ich dachte schon, ich hätte Promleme gehabt… ;-)
Und das bei den ßffentlich-Rechtlichen…
Naja, es fällt ja schon seit längerer Zeit auf, dass man sich Dokus generell nicht mehr ansehen kann, weil sich die Sender irgendwie alle am Big-Brother-Niveau orientieren. Wenn ich diese dramatische Musik schön höre…
Jens, wenn Du mit einem Artikel in den Printmedien etwas erreichen willst, musst Du Dich schon an die Blöd-Zeitung wenden… Alles andere wird eh ignoriert (weil’s von Zielpublikum nicht gelesen wird).
Oh Gott, und ich möchte nicht wissen was Blöd aus so einem Anliegen machen würde *schauder*.
Ich frage mich immer, warum die überhaupt Wissenschaftler engergieren und gute Gruppen - warum gehen die nicht gleich auf den nächstbesten Gromi-Markt?
Aber ich frage mich ja so vieles…
Viele Grüße
Gabriele
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Eintrag #11 vom 03. Apr. 2007 12:56 Uhr
Jens
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Halo Gabriele,
Nun, das Zielpublikum wäre die Führungs-und Presseetage des öffentlich rechtlichen Fernsehens. Wenn im Focus oder Spiegel (mal wieder!) stünde, wie mies die Qualität der Dokus immer mehr ist und wird, und sogar konkrete Erfahrungsberichte beinhaltet, wird sicher sich nicht gleich alles ändern, aber es wird anders wahrgenommen.
Und in Zeiten in denen die Qualität, die Senderlandschaft und GEZ eh diskutiert wird, kann das nicht ganz übel sein.
Gruss, Jens
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Eintrag #12 vom 03. Apr. 2007 14:39 Uhr
Oliver
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Da bleibt nur eins, selber filmen und teuer verkaufen.
Oder eigene Projekte von Anfang an MIT Museen planen, klappen tut das auch ab und anÂ…
Sascha
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Eintrag #13 vom 03. Apr. 2007 14:57 Uhr
Gabriele Klostermann
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Ach, wenn das doch bloß funktionieren würde…
Angesichts des "Pisa-Schocks" wäre es doch ein tolle Sache, wenn sich die Medien um die Weiterbildung der Bürger kümmern würden…
Aber ich tue den Medien natürlich unrecht, denn genau das tun sie ja schon. Seit Pisa sind doch die Bildungs-Quiz-Sendungen wie Pilze aus dem dem Boden geschossen. Wer da nichts lernt, ist dann aber auch wirklich selber Schuld…
Also, ich bin ja wirklich kein Verschwörungstheoretiker, aber dass sieht mir immer mehr nach einer gesteuerten Verblödungskampagne aus…
Naja, egal, versuchen kann man es ja. Das ist besser, als nichts zu tun. Und ich hoffe, wie immer, dass ich unrecht habe ;-).
Viele Grüße
Gabriele
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Eintrag #14 vom 04. Apr. 2007 09:13 Uhr
Melanie Ramrath
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Tja es ist immer wieder schade das bei den Fernsehmachern und auch bei den Printmedien scheinbar davon ausgegangen wird das der Bürger seine Klischees so sehr liebt das man sie immer weiter bedienen muss.
Gerade bei "Dokumentationen" *würg* (dabei muss ich leider immer an Gallidingbungs denken) kann ich mir dieses (fast schon) gezielte verbreiten von Unfug nicht anders erklären als an "Brot und Spiele" zu denken. So werden wir alle eingelullt und immer wieder an unsere erste Bürgerpflicht, das Konsummieren erinnert. *grusel*
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Eintrag #15 vom 04. Apr. 2007 18:41 Uhr
Marcel Schwarzenberger
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Nun müsste man allerdings auch wissen, was genau das ZDF gewollt hat, was im Skript stand - also, was "hinten" rauskommen soll. Da müssten schon beide Seiten gehört werden, bevor irgendein gepfefferter Brief in einer Redaktion landet. Denn dort würde man so verfahren (wenn die Kollegen es richtig machen).
Allerdings finde ich Thorstens Erfahrungen nun auch erstmal sehr befremdend und traurig. Aber.. siehe oben.
Nur: DIE gleichgeschalteten Medien gibt es nicht. Viele schlechte Erfahrungen bedeuten ja nicht, dass alle nur murks machen. Und die ja hier schon angesprochenen Printmedien und - jawoll - auch die Onlinemedien und Hörfunk gehören dazu. Allgemeines Draufloswatschen hilft also nicht wirklich weiter.
Gleiches dürfte auch für die Kooperation mit Museen gelten.
Fazit: es ließe sich vielleicht an Thorstens konkretem Beispiel ml zelebrieren, wie die Filmmacher an ihren Stoff und wiederum an ihre Darsteller gekommen sind; was sie vorhatten und wie sie vorgegangen sind. Das hielte ich in diesem Thema für sinnvoll. Dann lässt sich immer noch sehen, was sich daraus öffentlichkeitswirksam machen ließe. Bloß: Könnten die nötigen Fakten hier so öffentlich auf den Tisch kommen?
Allgemeinheiten bringen nicht weiter. Dann könnte ich hier auch von der mangelhaften bis (leider zu oft) kaum vorhandenen ßffentlichkeitsarbeit von Akteuren sprechen. Das lässt nämlich vielerorts sehr zu wünschen übrig. Aber weil das auch zu allgemein ist, und das Thema hier sprengen würde, lasse ich das.
Marcel Schwarzenberger - chronico - Magazin für Geschichte
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Eintrag #16 vom 05. Apr. 2007 09:02 Uhr
Jens
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Moin Marcel,
Doch, ich persönlich nehme mir raus ziemlich pauschal anzuklagen. Weil: mir auch als GEZ Zahler, also als _Kunde_, ist es völlig wurscht _wer_ da Mist gebaut hat. Es hätte ja auch jemand stärker controllen können, dass eben kein Mist gebaut hätte werden können. Es ist ja zudem auch nicht so, dass Filmschaffende völlig freies Händchen haben.
Wenn ZDF oder irgendein öffentlich rechtlicher Sender sich nicht kümmert, welche Qualität ihre produzierten Formate haben, dann kritisiere ich das, aus zwei Positionen. Aus Sicht jemandes, der in der Materie drinnensteckt, und auch als oben genannter Kunde.
Gruss, Jens
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Eintrag #17 vom 05. Apr. 2007 09:41 Uhr
Thorsten
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Kurz zur Information, wie die Geschichte ungefähr abgelaufen ist:
Das ZDF - bzw. die entsprechende Produktionsfirma (das sind auch oft private Anbieter) - hat die Dokumentation schon weitestgehend fertig gestellt als Ihnen dann doch noch eingefallen ist, daß man ein paar Spielszenen, wie sie heute inflationär verwendet werden, gebrauchen könnte.
Es wurde sich an das Westfälische Landesmuseum für Archäologie gewandt, die die Truppe rund um Norbert (auch zumeist Archäologen und Museumspädagogen) damit beauftragt haben, hier auszuhelfen. Die Arbeit zur Zusammenstellung von Requisiten und Darstellern ist dann irgendwie bei Norbert hängengeblieben, der sich ein Bein ausgerissen hat und bei - meiner Meinung nach - vollkommen inadäquater Bezahlung eine Menge Schweiß und zusätzlicher Freizeit dafür aufgebracht hat zumindest für das Fernsehen geeignete Klamotten und Darsteller aufzutreiben.
Daß der Regisseur vor Ort dann seine eigenen Vorstellungen davon hat, wie Frühmittelalter auszusehen hat, kann man ja dem Bericht von Thorsten entnehmen.
Ich möchte mich Jens anschließen, da ich gerade von einem Sender, der durch die Gebühren eine Verpflichtung dazu hat, diese Gelder vernünftig anzuwenden, erwarte, daß er eine gewisse Sorgfaltspflicht walten läßt.
Unglücklicherweise hat die Qualität der Recherche und des Journalismus in meiner Erfahrung (ich habe da auch beruflich mit zu tun) ständig nachgelassen und auch hier scheint das mal wieder durchzuschlagen.
Es gibt durchaus Beispiele, in denen die Zusammenarbeit mit Medien und Darstellern über alles vernünftig klappt, auch wenn ich mir manchmal wünschen würde, daß man öfter einen Berater für Kostümfragen hinzu ziehen würde. Ich erinnere mich da an eine Zusammenarbeit mit Spiegel-TV, die über alles angenehm war, jedoch bei der Kostümierung der Komparsen etwas sorgfältiger hätte sein sollen.
In diesem Zusammenhang würde ich Darstellern, die an solchen Aktionen teilnehmen, eine ähnliche Konsequenz wie Thorsten sie gezeigt hat, an den Tag zu legen. Wir werden meistens für Medienauftritte in Relation zum Aufwand, den wir mit unserem Hobby betreiben, schlecht bezahlt und da braucht man sich nicht auch noch die Reputation mit beratungsresistenten Regisseuren kaputt machen zu lassen.
Thorsten
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