Was trug der Ritter (ca 1450) in der Schlacht unter der Rüstung?
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Eintrag #1 vom 14. Okt. 2008 15:29 Uhr
Jens Natzschka
Nun, der Name ist Programm:
Ich frage mich, was ein deutscher Ritter um 1450 während der Schlacht unter seiner Rüstung trug?
Ich bezweifle ja, dass er sein bestes Hemd drunter trug sondern eher was einfaches praktisches.. aber das ist nur eine Vermutung, vlt kann mir jemand weiterhelfen?
Ich suche Angaben zu Hose und Hemd :-)
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Eintrag #2 vom 14. Okt. 2008 15:57 Uhr
Jens
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Hallo Namensvetter,
Gegenfrage: worum geht es dir, die zivile Kleidung, unter die ich "Hemd und Hose" verbuchen täte (beides wurde ziemlich sicher unter der Rüstung getragen), oder darum, ob es eine Art Rüstwams gab?
Wenn letzteres, empfehle ich einen Blick auf den Textilpanzer in Stendal und den in Lübbeck und empfehle u.a. diesen Thread:
Wenn ersteres, dann würde ich sagen, solltest Du vor der Frage nach Dingen rund um das Ritterdasein erstmal die Grundsatzrecherche ob der Zivilkleidung anstrengen ;)
Hierzu empfehle ich dann erstmal zeitgenössische Bildquellen, z.B: Hans Talhoffers ersten Gothaer Codex. Dort siehst Du sowohl zivile Kleidung, als auch Rüstung, als auch teils o.g. Tetxilpanzer.
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Eintrag #3 vom 14. Okt. 2008 17:26 Uhr
Jens Natzschka
Nein, es geht mir tatsächlich um die Zivile Kleidung, die man drunter trug.
Ich frage mich nur, ob ein Ritter in der Schlacht nicht eher zu einem einfachen Hemd gegriffen hat, so ne Art "Arbeitsklamotte" die auch dreckig werden darf, oder ob er auch im Kampf ein "eldes" Hemd trug?
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Eintrag #4 vom 14. Okt. 2008 18:01 Uhr
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
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Die eigentlich Unterkleidung ist ja recht einfach zu klären. Es gab einige verschiedene Arten von Rüstwämsern wie z.B. die von jens erwähnten. Daneben aber auch dünnere Varianten wie sie z.B. oft auf italienischen Abbildungen zu finden sind, das sie dort Eingang in die zivile Mode fanden.
Auch passende Hosen sind bekannt, ein Exemplar wird z.B. im Bayrischen Nationalmuseum aufbewahrt.
Andere Kleidung ist dann eine gute Frage. Hemden klingen erstmal recht logisch, wobei da die Frage wäre inwiefern es einen Unterschied zwischen guten und schlechten Hemden gab. Ich würde zumindest keinen Groben Stoff unter eine Rüstung tragen wollen. Es gibt sogar eine damalige Empfehlung gar kein Hemd unter dem Rüstwams zu tragen, vermutlich wegen unangenehmer Falten und weil man das Hemd unter Rüstung kaum richten kann.
Schöne Grüße
Andrej
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Eintrag #5 vom 14. Okt. 2008 20:28 Uhr
Jens
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Hallo Jens,
Teil des Ritterdaseins war es, auch aus Selbsterhaltungstrieb auch in Rüstung nicht tief zu stapeln, schon deswegen nicht, weil reiche Ausstattung einen als Gefangenen, für Lösegeldforderungen attraktiv machte. Und wer Gefangener war, war nicht tot….
Insofern ist der Schluss, dass "Ritter" Kleidung unter der Rüstung trugen, die verschlissen werden konnte, so nicht richtig.
Jenseits dessen ist vermutlich die viel sinnvollere Herangehensweise, was "Ritter" nun Mitte des 15ten Jahrhunderts als zivile Kleidung trugen. Das wirst Du dann so auch unter der speziell auf die Rüstung ausgelegten Basisbekleidung wiederfinden.
Andrej erwähnte eine Hose im Bestand des Museums in München- jedoch ist deren Datierung, wie auch Herkunft und Verwendung leider sehr ungenau. Unter dem Beinzeug reicht auch die normale, tiefsitzende, geschlossene, mit vermutlich starrem zentralen Keil sitzende Tuchhose, die der modische Mann Mitte des 15ten trug.
Dazu benötigt er zwingend ein eng sitzendes Wams- möglicherweise ärmellos, wie es einige Darstellungen des frühen 15ten zeigen, und darüber dann entweder eine Textile Basis, oder das Wams selbst besaß ärmel, und war stabiler ausgelegt, sodaß Teile der Rüstung daran befestigt werden konnten.
Charakteristisch ist in dem Zeitrahmen zumindestens ein noch relativ langer, sehr enger, gesteppter Schoss, den man auch unter der Kastenbrust bzw. dem Tonnenrock in Darstellungen sieht, gerne auch mit Zaddeln.
Einige Handschriften des Zeitrahmens
diglit.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg322 Cod. Pal. germ. 322 oberrhein/basel 1457 spät!
diglit.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg344 Cod. Pal. germ. 344 Esslingen (?), 1459 spät!
digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg362 Hagenau - Werkstatt des Diebold Lauber um 1442-1444
diglit.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg438 Cod. Pal. germ. 438 Ostmitteldeutschland, um 1455/1458
diglit.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg471 Cod. Pal. germ. 471 Nürnberg, 1425-1431/zwischen 1439 und 14
Wenn die die Zeit finde, gibts mehr Informationen für die Zeitrahmen gegen Ende des Jahres auf der dann neuen Seite des Reichsaufgebotes unter wwwreichsaufgebot.de
Ich muss glaueb ich nicht erwähnen, dass es auf jeden Fall sehr empfehlenswert ist, sich erst mit dem Zeitrahmen, der Kleidung etc. allgemein zu befassen, bevor Du Dich mit "Rittern" beschäftigst. Vlt. irre ich mich, aber Du klingst nicht so, als ob Du dich bereits viel mit der Materie auseinandergesetzt hast, und ich kenne dein Ziel nicht.
Sollte es um eine Reko gehen, wirst Du um längere Recherche nicht herumkommen- oder eben es etwas einfacher angehen lassen, das ist genug Arbeit…
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Eintrag #6 vom 15. Okt. 2008 01:09 Uhr
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
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Stimmt schon, die Hose aus München ist nicht so ganz zweifelsfrei zuzuordnen. Aber glücklicherweise gibt es ja noch mehr:
Ich kann mich der Aussage, das eine einfache Tuchhose ausreicht für die Mitte des Jahrhunderts nur bedingt anschließen. Zumindest bei den italienischen Harnischen findet man oft noch die auch oben zu sehenden Stücke aus Ringgeflecht an den Knien. Diese wurden aber noch nicht wie später als Dekoration am Geschübe befestigt sondern waren darunter befestigt. Zumindest dafür dürfte es ein spezielles Kleidungsstück gegeben haben.
Auch Textquellen, wie das recht bekannte "How a man shall be armyd" aus dem Hastigs Manuskript, das ja auf etwa 1450 datiert wird, sprechen von Hosen aus bestimmten Stoffen. Es gibt sogar den Rat die Hose stets aus rotem Stoff zu machen, damit der Gegner nicht sähe dass man verwundet ist.
Schöne Grüße
Andrej
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Eintrag #7 vom 15. Okt. 2008 08:16 Uhr
Jens
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Hallo Andrej,
Auf besagtem Bild sieht man jedoch auch, dass die dargestellte Person entweder die "Hose" über die Schuhe trägt, oder noch Strümpfe oder eine Tuchhose darunter (die eine Sohle haben?).
Der entsprechende Auszug aus erwähntem Manuskript (Folio 122 ff)
"Also a payre hosyn of stamyn sengill and a peyre of shorte bulwerkis of thynne blanket to put aboute his kneys for chawfygeof his ligherness. Also a payre of shone of thikke cordwene and they muste be frette with smal whipcorde thre knottis up on a corde and thre coordis muste be faste sowid un to the hele of the shoo and fyne cordis in the mydill of the soole of the same shoo and that there be between the frettis of the heele and the frettis of the myddill of the shoo the space of thre fyngris."
Was "payre hosyn of stamyn sengill" ist mir jedenfalls nicht bekannt, ohne konkreten Anhaltspunkt würde ich nicht automatisch annehmen, dies sei eine _spezielle_ Hose. Aus ähnlichen Beschreibungen aus dem 14ten und 13ten kenne ich die Erwähnung schlicht "stabiler Hosen" (in dem Falle Beinlinge).
Insofern ja: es mag spezielle Beinbekleidung gegegeben haben, aber unbedingt nötig erachte ich sie nicht.
Und im Fall deutscher Harnische (und um die gings ja) Mitte des 15ten brauchts auch besagtes Ringpanzergeflecht am Knie nicht.
Von rotem Stoff lese ich da jetzt übrigens auch nichts?
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Eintrag #8 vom 15. Okt. 2008 08:24 Uhr
Jens
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Hier die erwähnte Hose im Vergleich zum Bild unten:
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Eintrag #9 vom 15. Okt. 2008 10:04 Uhr
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
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Wo genau wurde spezifiziert das es sich nur um deutsche Harnische handelt? Der italienische Typ ist ja zu der Zeit nicht eben selten nördlich der Alpen anzutreffen.
Bei der Beschreibung der Hose denke ich halt schon das eine solche Beschreibung auf eine bestimmte Hose hinweist, sonst hätte man das einfacher formulieren können. Die rote Farbe stammt nicht aus dieser Quelle, hab ich auch nicht behauptet.
Die Quellenlage ist in diesem Punkt leider recht dürftig, aber ich bin durchaus der Meinung, dass es spezielle Hosen gab und sie auch gar nicht so selten waren. Die Masse der Ringpanzerhosen die z.B. auf den Grabmälern der hessischen Landgrafen in Marburg zu finden sind, wären auch ein Hinweis auf eine spezielle Unterkleidung. Zumindest stelle ich mir das tragen einer solchen Rüstung sonst eher unangenehm vor.
Schöne Grüße
Andrej
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Eintrag #10 vom 15. Okt. 2008 10:21 Uhr
Jens
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Hier:
"[…]Ich frage mich, was ein deutscher Ritter um 1450 während der Schlacht unter seiner Rüstung trug?[…]"
Die Quelle für die rote Hose täte mich interessieren.
Was die Hose in u.g. Text angeht, bin ich allerdings anderer Meinung, das kann genauso "eine Hose aus stabilem Stoff" heissen, wobei ich glaube, Spekulation hilft da wenig… ;)
Ringpanzerhose: Wieso? Ich kann sowas problemlos über normale Hosen aus Wolle tragen, das gibts um 1400 auch bereits. Und Ringpanzerbeinlinge trägt man auch über normale Beinlinge - über just sowas gab es hier im Forum letztens arge Spekulation ;)
Ich kenne jedenfalls keine Quelle für ein spezielles darunter; wenn jemand was hat, dann her damit….
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Eintrag #11 vom 15. Okt. 2008 16:40 Uhr
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
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Grad um 1450 trägt aber ein guter Teil der deutschen Ritter eben keinen deutschen sondern einen italienischen Harnisch. Sowohl bei der Herkunft als auch im Stil. Daher ist auch das dazu passende Beinzeug massig zu finden.
Wegen der roten Hose schaue ich nochmal nach, passt aber gut zu den roten Schuhen die sich sehr häufig auf Abbildungen finden lassen.
Was die Spekulation angeht, so wissen wird ja immerhin das es wohl spezielle Unterkleidung gab und wie sie in Einzelfällen aussah. Das ist schon deutlich mehr als wir bei Kettenbeinlingen sagen können. Ich zumindest mag nicht in einer Ringpanzer-Unterhose reiten ohne was geeignetes drunter zu tragen.
Schöne Grüße
Andrej
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Eintrag #12 vom 15. Okt. 2008 18:01 Uhr
Jens
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Moin Andrej,
Das ist jetzt ziemliche Erbsenzählerei, aber mir klingt das noch etwas zu pauschal, als ob Du grundsätzlich spezielles Unterzeug erwarten würdest.
Tatsache ist, es gibt eine Hose unbekannter Verwendung, Konstruktion, Herkunft und Datierung. Darüber hinaus ein Bild aus Italien, das m.E. später datiert ist(?), und eine Art Beinling(?) oder ßberhose(?) unbekannter Konstruktion zeigt, die ohne Beinzeug darüber getragen wird.
Mir ist das zu wenig, um die Aussage, dass eine Tuchhose ausreicht, einzuschränken.
Betrachte ich beispielhaft erwähnten Gothaer Codex von 1443: jfgilles.club.fr/escrime/bibliotheque/[
]/049.jpg
kann ich keinerlei Aussage auf das Unterzeug treffen, und sehe keinen Anlaß dafür, dass da etwas spezielles darunter getragen worden sein muss.
Bei der Ringpanzerhose ist es, anders als beim Ringpanzerbeinling, und dem Plattenbeinharnisch, freilich schon fraglich, ob man mit auf dem Sattel aufsitzender Fläche irgendeine Art spezielles Unterzeug trug, allerdings frage ich mich bei dem ohnehin, was das zu Pferde für einen Sinn hatte…
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Eintrag #13 vom 15. Okt. 2008 23:10 Uhr
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
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Ich behaupte mit Sicherheit nicht, das generell eine spezielle Hose darunter getragen wurde. Dennoch glaube ich auch nicht so recht das immer eine ganz normale Hose verwendet wurde.
Die meisten bildlichen Darstellungen nützen da auch furchtbar wenig, da halt einfach das Beinzeug dargestellt wird. Was drunter getragen wird ist nicht zu erkennen. Da stellt das gezeigte Bild schon einen Glücksfall dar. Ist übrigens nicht so sehr spät, bei späteren Harnischen werden die Kettenstücke am Beinzeug direkt befestigt und dienen nur noch der Zierde.
Die Ringpanzerhosen sind halt grad im Hessichen Raum massiv anzutreffen auf Grabmälern. Dürer zeigt ja viel später auf dem Paumgartner-Altar so eine Hose und soweit ich weiß stellt das ganze einen Reiter dar.
Auf dem selben Bild ist auch eine weitere spezielle Hose zu sehen, nämlich eine mit einem aufgenähten Kettenstreifen. Auch das gibt es schon früher im 15. Jahrhundert.
Diese speziellen Kleidungsstücke machen mich halt schon nachdenklich, ob man einfach irgendwas drunter trug wenn es doch solche Lösungen gab. Vielleicht doch gut, dass ich kein Beinzeug habe.
Schöne Grüße
Andrej
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