Eintrag #1 vom 18. Apr. 2008 10:21 Uhr Julia (Nachname für Gäste nicht sichtbar) Bitte einloggen, um Julia eine Nachricht zu schreiben.
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Hallo zusammen,
bei den Vorbereitungen zum meinem Prüfungsthema bin ich über "ßsterreichische Akademie der Wissenschaften (Hg.): "Terminologie und Typologie mittelalterlicher Sachgüter: Das Beispiel der Kleidung", Verlag der österreichischen Akademie der Wissenschaften, 1988" gestolpert. Das dürfte den meisten von euch schon bekannt sein, aber vielleicht ist dem einen oder anderen doch noch was daraus neu. Es geht vor allem um die Terminologie von mittelalterlicher Kleidung, wozu v.a. Vavra interessante Hinweise gibt. Ich poste hier mal mein Exzerpt - vielleicht gibts ja mal eine angenehme Diskussion dazu. Dabei finde ich Vavras Schlussfolgerung, dass man Bezeichnungen von Kleidungsstücken nie für sich selbst stehen lassen kann, sondern immer definieren muss, was man damit meint, zwar arbeitsintensiv, aber sehr zielführend. Ich erinnere mich noch eine Diskussion mit jemandem, wann ein Surkot ein Surkot ist, die beinahe in einer Schlägerei endete :-)
Hier also mein Exzerpt:
…und inen die cleider abschneid die regenten in den stetten und lenderen solten die kurtzen schandtlichen cleider abthun die den frawen reitzung geben… (Johannes Pauli, Strassburg 1520)
1. Elisabeth Vavra - "Kritische Bemerkungen zur Kostümliteratur"
- Kleidung nicht als Schutz, sondern als Mode -> Hoffart
- Quellen: a) Bodenfunde/Originale (rar!)
b) bildliche Zeunisse
c) schriftliche Nennungen
- "kritiklos in Bildern dargestellte Kleidungsformen mit alteingeführten Kleidungstermini zur Deckung bringen"
- Probleme:
a) Zeitverschiebung durch unterschiedlich schnelle Rezeption und Integration neuer Kleidungsformen in der bildenden Kunst
b) Vom Künstler angestrebte Variantenvielfalt als künstlerisches Element
c) Funktion des Kunstwerkes, die bestimmte Darstellungsweise bedingt
-> Grabstein (Entstehungsjahr nicht immer gleich Todesjahr)
-> Bewusst konservativ geprägte Haltung (Engl. Grabsteine)
-> Kleidung als Topos (Charakterisierung von Negativpersonen, bestimmte Stände)
d) Fehlinterpretationen (Jäckchen statt Höllenfenstersurkot)
e) Bezeichnungen:
-> Kunstworte (müssen definiert werden)
-> Termini aus mittelalterlichen ßberlieferungen abgeleitet: Berücksichtigung regionaler/zeitlicher Unterschiede!)
=> Basis für Verständigung muss immer Definition sein!
=> Viele nebeneinander bestehende Bedeutungen für einen Terminus (Bsp: Surkot; Heuke
=> Manchmal "ßberdefinition" = überflüssige Wortneuschöpfungen
==> Ziel: einheitliche Terminologie
2.) Leonie von Wilckens: "Terminologie und Typologie spätmittelalterlicher Kleidung"
- Problem: unterschiedliches Verständnis von Stoffsorten
- Unterscheidung Ober-/Unterkleidung
- Mantel und Hut als Zeichen männlicher, richterlicher, herrscherischer Würde " auch im Innenraum getragen, keine "schützende ßberkleidung" allein
- Vorsicht bei Schriftquellen: "hennin" ist nicht die Zuckerhut-artige Burgunderhaube, sondern Schimpfwort für Hörnerhaube; "dusing" ist nicht breiter, mit Metallplatten beschlagene Hüftgürtel, sondern Gürtel, über Taille oder diagonal über Schulter gelegt, mit Glöckchen behängt
- Benennungen variieren zwischen Ländern und Regionen!
- ßhnlichkeiten zwischen Heuke/Glocke, Tabbert/Houppelande
- Junge Menschen modischer gekleidet als Alte (-> Kürze der Klamotten)
- Altmodische Kleidung bei niederen Ständen lange verbreitet
- Würdevolle Kirchgangskleidung, Portrait in vornehmster Kleidung
- Fremd-/morgenländische Personen mit phantastischen Kleidungsdetails
3.) Jutta Zandel-Seidel: "Ständische Kleidung in der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Stadt"
- Kleidergesetzgebung: gegen bestimmte Macharten und Materialien
-> zu kurz,
-> eng,
-> körpersichtig,
-> Schnabelschuhe,
-> Hörnerhaube,
-> Gold,
-> Silber,
-> Seide,
-> Pelze,
-> Schmuck
- Abgrenzung Adel/Bauern
Leider kann ich mom. nicht so oft ins Internet, weshalb ich mich leider nicht immer an der Diskussion beteiligen kann.
Gruß,
Julia