Tätowierungen bei Wikingern?
Einträge 1 bis 46 (von insgesamt 46 Einträgen)
Eintrag #1 vom 23. Jun. 2003 11:49 Uhr
Björn
(Nachname für Gäste nicht sichtbar)
Bitte einloggen, um Björn eine Nachricht zu schreiben.
Seid gegrüßt!
Mir ist schon des öfteren zu Ohren / Augen gekommen, dass Tätowierungen bei den Wikingern beliebt gewesen sein sollen. Konkrete Quellen habe ich jedoch nicht, daher frage ich mal nach.
Und wenn ja, welche Art von Motiven oder Mustern waren üblich? Gibt es da irgendwelche Belege bzw. Beispiele?
Schätze mal, dass es recht schwierig ist, so etwas zu rekonstruieren, da Haut ja nicht unbedingt das Haltbarste ist… Aber es müßte ja eigentlich Vorlagen und dergleichen gegeben haben.
Wie auch immer, bin gespannt, was ihr dazu anbieten könnt.
Die Götter mit euch!
Skallagrim
Bewertung:
Eintrag #2 vom 04. Apr. 2004 22:38 Uhr
Kurt Scholz
Bitte einloggen, um Kurt Scholz eine Nachricht zu schreiben.
Habe mal in einer arabischen Quelle gelesen, dass er die Wikinger am ganzen Körper tätowiert waren, in einer Mischung aus grün und blau (aber die Orientalen, übertreiben manchmal) Es war sogar ein sehr berühmter Araber, der das geschrieben hat, da er die Skandinavier daheim besuchte. Er bekehrte sie mit mäßigem Erfolg zum Islam, seine Berichte über ihre Kultur, haben sie den Orientalen aber eine Zeitlang sympatisch gemacht. Leider weiß ich nicht wie der Mensch hieß, aber ich melde mich, wenn ich es wieder rausgefunden habe.
Hassan er Ramah
Bewertung:
Eintrag #3 vom 05. Apr. 2004 09:05 Uhr
Ameli
(Nachname für Gäste nicht sichtbar)
Bitte einloggen, um Ameli eine Nachricht zu schreiben.
Hallo,
der Text stammt von Ibn Fadlan und er sagt, daß sich die Rus bzw. die Bulgaren "bemalten". Er sagt aber nicht, daß es explizit Tätowierungen waren.
Dieses Thema wird immer wieder mal angesprochen, hier oder auch in FrüMi-Foren. Bisher wurde kein eindeutiger Beweis von Tätowierungen wie wir sie kennen erbracht.
Tätowiert war z.B. die Gletschermumie "ßtzi". Er hatte vereinzelte Zeichnungen auf der Haut, von einer Ganzkörpertätowierung wie bei z.B. den Polynesiern kann man nicht reden.
Arabische Geschichtsschreiber sind so eine Sache. Al-Tartuschi erwähnt z.B. auch Schminke bei den Nordslawen, die sogar von Männern benutzt wurde. Er sagt aber nicht, welche Farbe sie hatte, wie sie aufgetragen wurde und aus was sie bestand.
Ich wäre vorsichtig mit "Tätowierungen bei Wikingern", dazu gibt es meines Wissens keine eindeutigen Belege.
Gruß
Ameli
Bewertung:
Eintrag #4 vom 13. Apr. 2004 19:29 Uhr
Kurt Scholz
Bitte einloggen, um Kurt Scholz eine Nachricht zu schreiben.
Die Quellen erwähne, dass Tätowierungen bei den alten ßgyptern bekannt waren, als unchristlich betrachtet wurden und durch die Seeleute im 17. Jh wieder nach Europa kamen.
Das sind jetzt teilweise wiedersprüche, aber es wird hier auch anschaulich erläutert, dass Tätowierung nicht gleich Tätowierung ist. Vielleicht hilft das einmal weiter. Das Wort kommt übrigens auch aus dem Polynesischen, wie auch unsere neuzeitliche Tradition.
Hassan al Rammah
Bewertung:
Eintrag #5 vom 13. Apr. 2004 19:30 Uhr
Kurt Scholz
Bitte einloggen, um Kurt Scholz eine Nachricht zu schreiben.
Hassan al Rammah
Bewertung:
Eintrag #6 vom 13. Apr. 2004 19:31 Uhr
Kurt Scholz
Bitte einloggen, um Kurt Scholz eine Nachricht zu schreiben.
Hassan al Rammah
Bewertung:
Eintrag #7 vom 14. Apr. 2004 08:55 Uhr
Ameli
(Nachname für Gäste nicht sichtbar)
Bitte einloggen, um Ameli eine Nachricht zu schreiben.
Hallo Hassan,
ich habe mir gerade mal die Links angesehen und bleibe bei meinen Zweifeln. Es klafft nach wie vor eine Lücke zwischen ßtzi, den alten ßgyptern und den Seefahrern des 17. Jhdts.
Auf den genannten Seiten ist für den europäischen Bereich auch von "Körperbemalung" die Rede (die dann ja auch 787 in Calcuth/Northumberland verboten wurden). Bei den bisher gefunden Moorleichen aus dem frühen Mittelalter hat man meines Wissens nach keine dauerhaften Körperverzierungen gefunden. Also bleibe ich bei meinen Zweifeln, ob Ibn-Fadlan tatsächlich von dauerhaftem Körperschmuck im Sinne einer Tätowierung spricht oder von nicht dauerhafter Schminke (im weitesten Sinne).
Sollte es aber Belege für Tätowierung im heutigen Sinne (Farbeinbringung in die Haut bzw. Narbenschmuck) für das Frühmittelalter in Europa geben, immer her damit!
Gruß
Ameli
Bewertung:
Eintrag #8 vom 14. Apr. 2004 15:32 Uhr
Julia Gräf
Bitte einloggen, um Julia Gräf eine Nachricht zu schreiben.
Hallo,
Um die Lücke ein wenig zu füllen kann man auch noch die Skythen erwähnen (nordpontisches Steppenvolk, 7./6. bis 3./2. Jh vor Christus).
In den sibirischen Permafrostböden sind da, wie bei ßtzi auch, komplette Körper erhalten. Ich erinnere mich noch an einen Mann (Ich glaube aus dem Grab von Pazyryk), der auf dem Oberkörper von Mitte vorne bis Mitte hinten ein Raubtier tätowiert hat, das angeblich aussieht, als läuft es, wenn die Brustmuskeln bewegt werden.
Aber halt auch nicht Frühmittelalterlich, tut mir leid.
Liebe Grüße
Blidhild
Bewertung:
Eintrag #9 vom 14. Apr. 2004 21:35 Uhr
Kurt Scholz
Bitte einloggen, um Kurt Scholz eine Nachricht zu schreiben.
Da wird eine Fachbereichsarbeit zu dem Thema Körperbemalung geschrieben und eine Kollegin in ihrer Abschlußklasse beschäftigt sich mit den Wikis. Schickt den Mädels vielleicht eine Mail, die haben bestimmt eine Menge Literatur zu dem Thema gelesen…
Ich habe mehr jetzt eine Menge
(vor allem :-)))))… ) Frauenkörper mit Tatoos angeschaut, konnte aber nicht schlauer werden. Es ist leichter an Pläne zum Bau einer Atombombe zu kommen, als Muster von Tatoos zu sehen. Zumindest gibt es einen Viking-Style und du kannst dich vielleicht bei einem Tätowier/Körperbemalungsstudio deiner Wahl informieren. Paß aber auf, ob das historisch oder neo ist. Mein bisheriger Eindruck war, dass dieser Stil dominiert ist von Bildern komplexer Knoten; der Eindruck kann aber auch täuschen.
Vielleicht läßt sich die Haltbarkeit durch Berichte verifizieren, dass diese Bemalungen dem Träger später zum Verhängnis wurden. Er konnte sie nicht entfernen und verriet sich dadurch.
Kriminelle, Spione, Flüchtlinge, …
Hassan al Rammah
Bewertung:
Eintrag #10 vom 16. Apr. 2004 18:16 Uhr
Michael Tegge
Bitte einloggen, um Michael Tegge eine Nachricht zu schreiben.
Moin
Das mit den Skythen war mir auch bekannt. Aber sind nicht die letzten , den Skythen und Sarmaten (Dies Völker sind ja nicht ganz voneinander zu trennen) bis ins 3. Jahrh. n. Chr. zu datieren. Das wäre doch schon etwas dichter dran. Ich bin nicht ganz sicher.
Friesische Grüße
Michael de Egge,de Fresena
Bewertung:
Eintrag #11 vom 16. Apr. 2004 18:18 Uhr
Michael Tegge
Bitte einloggen, um Michael Tegge eine Nachricht zu schreiben.
Ergänze- … den Skythen und Sarmaten… zuzuordnenden Gräber..
Michael de Egge,de Fresena
Bewertung:
Eintrag #12 vom 12. Mai. 2004 22:38 Uhr
Julia Gräf
Bitte einloggen, um Julia Gräf eine Nachricht zu schreiben.
Hallo,
nachdem ich jetzt Zeit hatte mir das ganze nochmal anzuschauen, kommen hier die Quellen.
Erstmal, die skythischen Permafrost-Gräber mit tätowierten Toten sind die von Pazyryk (Datierung 5./4. Jh.v.Chr.).
ZUm Verhältnis von Skythen und Sarmaten zitiere ich aus: Gold der Skythen, Schätze aus der Staatlichen Eremitage St. Petersburg. Katalog zur Ausstellung in Hamburg 1993 (Neumünster 1993), S. 230-231.
"[…] Bereits im 4. vorchristlichen Jh. drangen - nach der griechischen ßberlieferung - sarmatische Stämme von Osten her in skythisches Gebiet ein. […] Zunächst blieben die Skythen noch das mächtigste Volk in den Steppen des nördlichen Schwarzmeergebietes. Um die Mitte des 3. Jh. v. Chr. jedoch begannen die Sarmaten in großer Zahl aus dem Gebiet der unteren Wolga nach Westen zu ziehen und die Skythen so weit zu verdrängen, daß sich diese auf ein kleines Territorium auf der Krim um die Hauptstadt Neapolis (Neue Stadt) zurückziehen mußten. Das bisher "Skythien" genannte Gebiet hieß jetzt meist "Sarmatien".
ßhnlich wie die Skythen, mit denen sie der Sprache nach auch verwandt sind (Herodot 4, 117) bilden die Sarmaten einen Verband aus verschiedenen kriegerischen Nomadenstämmen. […]
Ihre Blütezeit erreichte die Kultur der Sarmaten um die Zeitenwende, als ihr Territorium von der Wolga bis zur Donau reichte. Die prächtigsten Beispiele des "sarmatischen Tierstils" verteilen sich sicher bis in diese Zeit, doch seine Wurzeln müssen bis in die frühere südsibirische Tierstilkunst zurückreichen. […]
Kennzeichnend für diesen Stil ist, daß er die Kunst der europäischen Skythen fast und die griechische für Skythen geschaffene Kunst des 5. und 4. Jahrhunderts völlig ignoriert und sich statt dessen aus der Tierstilkunst des Altais und OStkazachstans entwickelt, wobei die Kenntnis persischer Kunst wenigstens indirekt (etwa in der Verarbeitung durch die sakisch-baktrische Kunst) hinzukommt."
Leider kommen wir damit immer noch nicht in die nachchristliche Zeit mit dem Nachweis von Tätowierungen.
Liebe Grüße
Blidhild
Bewertung:
Eintrag #13 vom 21. Okt. 2004 18:40 Uhr
Stefan Sacharjew
Bitte einloggen, um Stefan Sacharjew eine Nachricht zu schreiben.
Mehr als Theorien kann ich auch nicht aufstellen, versuche sie aber mal mit dem was ich weiß zu untermalen.
Tätowierungen waren in Europa nie vergessen (wenn wir jetzt von ßtzi über die Skythen und Rus weitergehen) allerdings waren sie im Mittelalter Zeichen für Diebe und andere kriminelle Subjekte (wie das Brandmarken.
Im Spätmittelalter kristallisiert sich eine weitere Strömung heraus, nämlich das Tätowieren mit religiösen Symbolen und Bildern. SSchon durch die Kreuzzüge bekannt, verstärkt sich der Drang, sich Bilder der Grabeskirche, der Via Dolorosa oder das Jerusalemkreuz auf Unterarme und andere Körperstellen zu tätowieren.
An der Uni Münster gibt es einen Dr. der wohl in seinen Forschungen auch diesen Aspekt mit einbezieht, Dr. Lentes. Ansonsten steht im Lexikon des Mittelalters auch nicht viel mehr.
Gut, das greift jetzt auch nicht auf die Wikinger aus, hilft aber vielleicht ein wenig.
Gruß
Godehard von Nyenhove
Bewertung:
Eintrag #14 vom 22. Okt. 2004 08:53 Uhr
Ameli
(Nachname für Gäste nicht sichtbar)
Bitte einloggen, um Ameli eine Nachricht zu schreiben.
Hallo Stefan,
gibt es zu den spätmittelalterlichen Pilgerbildern Belege? Irgendeine Darstellung eines Menschen mit Körperschmuck?
Sorry, da bleibe ich stur: bisher konnte nicht zweifelsfrei geklärt werden, daß es dauerhaften Körperschmuck im Sinne des Wortes Tätowierung (übernommen aus dem Polynesischen von den Seefahrern der Neuzeit!) im Frühmittelalter in Mittel- und Nordeuropa gab!
Auch im Vikingnet haben wir uns die Zähne an dem Thema ausgebissen und sind zu keinem Schluß gekommen.
Die zeitgenössischen Schreiber (wie Al-Tartuschi, Ibn-Fadlan etc.) reden alle von "Bemalung" - das Wort Tätowierung kannten sie ja noch nicht. Und damit bleibt offen, ob es sich um eine dauerhafte, unter die Haut gebrachte Verzierung handelte oder eine mehr oder weniger "abwaschbare" Bemalung.
Heutige Tätowierungen sind moderner Körperschmuck und haben eine Bedeutung für den Träger. Und dabei sollte es auch bleiben.
Brandmarkung und ähnliches sind auch im FrüMi schon extrem negativ behaftet und sicher nicht erstrebenswert für den Träger gewesen.
Also sucht bitte nicht krampfhaft nach irgendeinem Fitzelchen Hinweis, mit dem die heutige Tätowierung mit der heutigen Bedeutung für die historische Darstellung schön geredet wird.
Gruß
Ameli
Bewertung:
Eintrag #15 vom 22. Okt. 2004 09:13 Uhr
Ameli
(Nachname für Gäste nicht sichtbar)
Bitte einloggen, um Ameli eine Nachricht zu schreiben.
Hallo,
bisher fehlen Belege im ganzen Mittelalter.
Ich war nur wegen der Diskussion im anderen Forum so auf FrüMi eingeschossen.
Gruß
Ameli
Bewertung:
Eintrag #16 vom 22. Okt. 2004 11:53 Uhr
Timo Krisch
Bitte einloggen, um Timo Krisch eine Nachricht zu schreiben.
Hallo,
Ich stimme Ameli diesbezüglich zu.
Hintergrund:
Zu Zeiten, BEVOR ich mich zur historischen Darstellung entschlossen habe, ließ ich mir einige Bilder auf den rechten Arm bzw. die rechte Schulter stechen.
Da mich jedoch schon immer historische Dinge interessiert haben, und ich zudem einige professionelle Tätowierer kannte, die dies auch interessiert, hatten wir uns u.a. auch darüber unterhalten, wann und wo es welche Arten von Tätowierungen NACHWEISLICH gegeben hat.
Es gab während unserer Diskussion eigentlich keinen Zweifel, daß für die Zeit des europäischen Mittelalters i.w.S. keine Tätowierungen (auch von mir nochmals der Hinweis auf den Unterschied zwischen Körperbemalung und Tätowierung!) gegeben hat.
Für Europa - und das interessiert uns ja hier - sind sie tatsächlich wohl erst (wieder?) ab dem 17.Jh. belegt. Auch das angesprochene "Kennzeichnen" von "Schwerverbrechern" mittels dauerhafter Hautzeichnungen im Sinne einer Tätowierung gehört eher in die Barockzeit oder später. Im Mittelalter "kennzeichnete" man diese nach dem bisherigen historischen Erkenntnisstand eher mittels Abtrennen von Lippen, Ohren oder Ohrläppchen, Fingern etc.
Natürlich mag jetzt der nicht ganz unberechtigte Einwand kommen, daß ein Tätowierer nicht unbedingt über den aktuellen Stand der historischen Wissenschaft verfügt. Aber daß diejenigen, mit denen ich gesprochen habe, quasi einmütig die Existenz von Tätowierungen im europäischen Mittelalter verneinten, finde ich in diesem Punkt schon interessant. Und auch wenn ich mich wiederhole: die erwähnten Tätowierer hatten schon ein fundiertes Wissen über angewandte Techniken in verschiedenen Regionen zu verschiedenen Zeiten.
In diesem Sinne
Timo aka Timotheus von Falkenbach
Bewertung:
Eintrag #17 vom 22. Okt. 2004 18:05 Uhr
Kurt Scholz
Bitte einloggen, um Kurt Scholz eine Nachricht zu schreiben.
Ich glaube wir suchen nach dem falschen Begriff.
Tätowierungen sind polynesischen Ursprungs, das ist mal eindeutig und unsere moderne Tradition hat dort ihre Wurzeln.
Was zu klären wäre:
Wie erfolgten die KßRPERBEMALUNGEN die von vielen MA Quellen erwähnt wurden und wie haltbar waren sie.
Wenn wir hier weiter nach den polynesischen Wurzeln des MA suchen, beißt sich der Hund in den Schwanz ;-)
Vielerlei Grüße
Bewertung:
Eintrag #18 vom 22. Okt. 2004 18:21 Uhr
Hilmar Becker
Bitte einloggen, um Hilmar Becker eine Nachricht zu schreiben.
… ich denke schon, daß es hier auch und besonders um Tätowierungen im heutigen Sinne. Diese werden wohl nicht so geheißen haben, da das Wort ja (siehe unten) polynesischen Ursprunges ist.
Die Frage ist: gab es Tätowierungen oder nicht?
Gruß
Hilmar
Bewertung:
Eintrag #19 vom 22. Okt. 2004 19:19 Uhr
Stefan Sacharjew
Bitte einloggen, um Stefan Sacharjew eine Nachricht zu schreiben.
Wie man das ganzen nennt ist eine Frage, die wir hier nicht beantworten können. (einfachheitshalber bleibe ich bei Tätowierung) Aber auf was ich hinaus wollte, ist, daß es durchaus dauerhafte Körperbemalung mit Hilfe von dunkler Farbe gab, die in die Haut eingestochen wurde ;)
Es geht auch keineswegs um die heute so beliebten Tribals, sondern um größtenteils Religiöse Motive.
In Heft 1/2003 der Zeitrschrift für Religions- und Geistesgeschichte (über die Uni Potsdam zu erhalten) steht ein Artikel von Mordechay Lewy, der sich hier im speziellen mit der Geschichte der Jerusalemer Pilgertätowierung beschäftigt (Artikel: Jerusalem unter der Haut)
Es geht ihm zwar Hauptsächlich um das 16. und 17. Jhd. aber er beginnt seinen Gedankenweg schon früher. Er erwähnt zum Beispiel die grieschich-römische Kultur und nennt diese Art der Körperbemalung dort Stigma (ein interessanter Aspekt, was meine bescheidene Meinung betrifft, hierzu auch der Verweis auf: C.P. Jones; Stigma: Tatooing in graeco-roman Antiquity im Journal of Roman Studies 1987).
Im Nachfolgenden, geht er kurz auf das Vergessen (naja eher Verbieten) der Tätowierung in Europa ein.
Den ersten wirklichen Anhaltspunkt bietet Lewy uns leider auch erst mit einem deutschen Edelmann aus der 2. Hälfte des 16. Jhd. der einen Medin dafür zahlt, mit einer Nadel ein Kreuz eingestochen zu bekommen. Ich kann den Artikel ja nicht komplett auseinander nehmen, aber wer will kann ihn sich ja besorgen.
Interessant dürfte auch der Aspekt sein, daß bei den Kopten, das Tätowieren eine Tradition ist, die sich seit je her gehalten hatte. Sie auch die ersten waren, die sich Pilgertätowierungen haben machen lassen.
Wie gesagt, Theorien, denn man kann wie schon erwähnt selten so viel Glück wie beim ßtzi haben. Und bei Fresken und Bildern, kann man immer sgaen, es wären keine dauerhaften Nadelbemalungen (welch schönes Wort ;) )
Dies ist mein Ansatzpunkt dazu.
Gruß
Godehard von Nyenhove
Bewertung:
Eintrag #20 vom 22. Okt. 2004 20:15 Uhr
Jens
(Nachname für Gäste nicht sichtbar)
Bitte einloggen, um Jens eine Nachricht zu schreiben.
…"die von vielen MA Quellen"
Hier wurden nur einige wenige erwähnt, die sehr interpretierbar sind, und für’s HMA und SMA bleiben Hinweise aus; Einbrennzeichen sind soziale Stigmata (laut Gerichtsakten 14tes/15tes in dt. Reichsstädten).
Dass es im 16ten langsam aufkommen mag, könnte ich mir mit dem Kontakt zu asiatischen und amerikanischen Kulturen erklären. Aber MA? Fehlanzeige.
Passt auch meines Erachtens nicht zum christianisiert-mittelalterlichen Kunstverständnis, dass das Handwerk liebt, aber nicht die Kunst als Gabe des Künstlers (da Gabe von Gott gegeben, also direkt von Gott stammend).
Im christlichen Mittelalter war die Kleidung bis in die Spätzeit zudem noch recht verhüllend.
Ob’s bei "heidnischen" aka vorchristlichen Kulturen eine Rolle spielte, mag ich nicht zu beurteilen, aber selbst bei den (antiken) immer so gern herbeigezerrten Kelten beschränkte sich das Bepinseln eher auf den Kriegsfall (ist in vielen Kulturen zu finden, z.B. der bekannten inidianischen Kriegsbemalung).
Fixe Farbpigmentierung unter der Haut ist mir nicht bekannt.
Gruss, Jens
Bewertung:
Eintrag #21 vom 22. Okt. 2004 20:35 Uhr
Stefan Sacharjew
Bitte einloggen, um Stefan Sacharjew eine Nachricht zu schreiben.
weil es DIR nicht bekannt ist, heißt das nicht, daß es das nicht gab ;)
Godehard von Nyenhove
Bewertung:
Eintrag #22 vom 23. Okt. 2004 08:12 Uhr
Jens
(Nachname für Gäste nicht sichtbar)
Bitte einloggen, um Jens eine Nachricht zu schreiben.
Dann nenne sie doch einfach und lass mich nicht dumm sterben.
Gruss, Jens
Bewertung:
Eintrag #23 vom 23. Okt. 2004 15:42 Uhr
Stefan Sacharjew
Bitte einloggen, um Stefan Sacharjew eine Nachricht zu schreiben.
lies doch einfach meinen obrigen Beitrag
Godehard von Nyenhove
Bewertung:
Eintrag #24 vom 24. Okt. 2004 01:20 Uhr
Jens
(Nachname für Gäste nicht sichtbar)
Bitte einloggen, um Jens eine Nachricht zu schreiben.
Stefan, vielleicht bin ich ja blind, aber ich sehe nur das, was Du in Eintrag 19 geschrieben hast, und Du sagst es selber, es sind Theorien. Belege für das Mittelalter (wohlgemerkt != 16Jhd) lese ich da keine.
Gruss, Jens
Bewertung:
Eintrag #25 vom 24. Okt. 2004 01:41 Uhr
Oliver Hauss
Bitte einloggen, um Oliver Hauss eine Nachricht zu schreiben.
Ich denke, der Punkt ist schlicht und ergreifend der: Für die Abwesenheit existieren genausoviel Belege wie für die Anwesenheit -keine. Aufgrund der nachgewiesenen früheren Bekanntheit ist auch die Frage nach der Unwahrscheinlichkeit zu verneinen. Mithin ist die VERANTWORTUNGSVOLLE Schlussfolgerung, dass die Frage beim gegenwärtigen Kenntnisstand nicht wirklich beantwortet werden kann. Gerade bei Fragen wie dieser, deren Beleg der Zahn der Zeit mit Leichtigkeit verhindern kann, wäre es naiv, eine Abwesenheit von Belegen als Beleg von Abwesenheit zu interpretieren. Soviele Mumien gibt es nicht, als dass ihre Nichttätowiertheit als signifikant für die Praxis aller Zeitgenossen angesehen werden könnte. Insbesondere bei prächristlichen Völkern ohne Schriftkultur ist damit die Beweislage so dünn, dass positive wie negative Aussagen nicht haltbar sind.
Bewertung:
Eintrag #26 vom 24. Okt. 2004 01:43 Uhr
Oliver Hauss
Bitte einloggen, um Oliver Hauss eine Nachricht zu schreiben.
Sollte vielleicht sagen "ohne ausgeprägte Schriftkultur". Die Tatsache, dass ein Volk eine Schrift hat, heisst noch nicht, dass sie für bestimmte Beschreibungen verwendet wird.
Bewertung:
Eintrag #27 vom 24. Okt. 2004 13:29 Uhr
Stefan Sacharjew
Bitte einloggen, um Stefan Sacharjew eine Nachricht zu schreiben.
Ich habe mich wohl falsch ausgedrückt. Die Theorie besteht darin, aus dem Beleg (der Edelmann zum Beispiel) Rückschlüsse auf vorhergehende Praktiken zu schliessen. Ich verwehre mich gegen den Gednaken, daß im Mittelalter alles vergessen und negiert wurde, was in der Antike bekannt war. Das ist Humbug, den dir frühe Neuzeit und die Geschichtsschreibung des 19, Jhd. verzapft haben. (Meine Meinung)
Godehard von Nyenhove
Bewertung:
Eintrag #28 vom 24. Okt. 2004 13:57 Uhr
Jens
(Nachname für Gäste nicht sichtbar)
Bitte einloggen, um Jens eine Nachricht zu schreiben.
_Belegen_ und nicht nach Spekulationen.
Oliver: Womit wir wieder bei "negierenden Belegen" wären, und über das Thema wurde bereits an anderer Stelle ausführlich diskutiert.
Für mich gilt: kein Beleg, keine Existenz.
Gruss, Jens
Bewertung:
Eintrag #29 vom 24. Okt. 2004 14:46 Uhr
Oliver Hauss
Bitte einloggen, um Oliver Hauss eine Nachricht zu schreiben.
Jens
>_Belegen_ und nicht nach Spekulationen.
Spekulieren tust du genauso. Und du belegst genausowenig.
>Für mich gilt: kein Beleg, keine Existenz.
Das ist eine Hypothese deinerseits, die du erst selbst belegen müsstest. Und bei organischen Materialien hat sie rein gar nichts mit einer soliden Grundlage zu tun. Deine Argumentation heisst nicht mehr und nicht weniger, das alles, was verrottet ist, nicht existiert hat.
Bewertung:
Eintrag #30 vom 24. Okt. 2004 19:44 Uhr
Laura
(Nachname für Gäste nicht sichtbar)
Bitte einloggen, um Laura eine Nachricht zu schreiben.
Hi Oliver,
Esca würde bestimmt auch Bilder oder eindeutige Texte als Belege gelten lassen, und die verrotten nicht…
So wie du argumentierst, gibt es alles für das es keinen Gegenbeweis gibt. Das macht deutlich weniger Sinn, darüber sind sich vermutlich alle Reenactor einig! Also gilt meiner Meinung nach für alle, die ernsthaft eine historisches Bild abgeben möchten: keine sichtbaren Tätowierungen.
Gruß, Laura
Bewertung:
Eintrag #31 vom 24. Okt. 2004 21:28 Uhr
Oliver Hauss
Bitte einloggen, um Oliver Hauss eine Nachricht zu schreiben.
>Esca würde bestimmt auch Bilder oder eindeutige Texte als Belege gelten lassen, und die verrotten nicht…
Selbstverständlich verrotten die. Aber ich habe mich ausdrücklich auf Völker mit wenig ausgeprägter Schriftkultur bezogen.
>So wie du argumentierst, gibt es alles für das es keinen Gegenbeweis gibt.
Nein, das ergibt sich mitnichten aus meiner Argumentation, denn ich habe explizit gesagt, dass die verantwortungsbewusste Antwort ist, dass man keine Aussage treffen kann.
Wir wissen, dass es Tätowierungen vorher gab. NICHT dass man Existenz annimmt.
Aber: Wir wissen, dass das Wissen vorher vorhanden war, wir wissen, dass das Wissen hinterher vorhanden war. Daher:
>Das macht deutlich weniger Sinn
Ockhams Rasiermesser besagt, dass wir keine unnötig komplizierten und unbelegten Annahmen machen sollen. Die einfachste Annahme aber ist, dass das Wissen kontinuierlich vorhanden war, wir es aber aufgrund der weniger ausgeprägten Schriftkultur temporär nicht nachweisen konnten. Nicht das Wissen, sondern die Nachweisgrenze hätte sich verändert -und letztere Veränderung kann problemlos anhand der Gesamtanzahl potentieller Quellen untermauert werden.
Wer aber behauptet, dass dem nicht so ist, muss einen plausiblen Grund aufführen, warum das Wissen flächendeckend verschwand. Ohne einen solchen Grund ist die Behauptung, eine ßnderung habe stattgefunden, nicht zu halten.
Es macht also keinesfalls mehr Sinn, einfach Abwesenheit anzunehmen, sondern im Gegenteil, es macht weniger Sinn, da die nötigen Annahmen keineswegs plausibler sind.
>darüber sind sich vermutlich alle Reenactor einig!
Tut mir leid, Laura, aber das sehe ich nicht als maßgeblichen Standard an. Es geht hier um die Frage, was man behaupten kann, zu wissen, mithin um Erkenntnistheorie. Wieviele Reenactors beschäftigen sich damit?
>Also gilt meiner Meinung nach für alle, die ernsthaft eine historisches Bild abgeben möchten: keine sichtbaren Tätowierungen.
Das mag deine Meinung sein. Meine Meinung ist, dass wer "nein" sagt, weil er meint, sich mit "ich weiss nicht" einen Zacken aus der Krone zu brechen, genauso dazuerfindet wie der, der einfach "ja" sagt. Es gibt keinen qualitativen Unterschied, denn beide postulieren eine Sicherheit, die sich nicht in den Belegen widerspiegelt. Wer es nicht übers Herz bringt, Nichtwissen zuzugeben, betreibt keine saubere Recherche. Egal, in welche Richtung er unbelegte Annahmen macht.
Gruß,
Oliver
Bewertung:
Eintrag #32 vom 24. Okt. 2004 21:30 Uhr
Oliver Hauss
Bitte einloggen, um Oliver Hauss eine Nachricht zu schreiben.
bei
"Wir wissen, dass es Tätowierungen vorher gab. NICHT dass man Existenz annimmt." ist die erste Hälfte zu streichen und die zweite direkt als Zusatz zum Vorangegangenen zu sehen…da hat ein Cut&Paste nicht so funktioniert wie er sollte…
Bewertung:
Eintrag #33 vom 24. Okt. 2004 23:01 Uhr
Stefan Sacharjew
Bitte einloggen, um Stefan Sacharjew eine Nachricht zu schreiben.
>bei
"Wir wissen, dass es Tätowierungen vorher gab. NICHT dass man Existenz annimmt." ist die erste Hälfte zu streichen und die zweite direkt als Zusatz zum Vorangegangenen zu sehen…da hat ein Cut&Paste nicht so funktioniert wie er sollte…
Damit hast du soeben auch die Tätowierungen des ßtzis verneint.
Prima, wenn alle Reenactor so sind, brauch ich mich nicht mehr zu wundern. Dann bleib ich lieber Student, und Mittelalterfuzzi.
Godehard von Nyenhove
Bewertung:
Eintrag #34 vom 24. Okt. 2004 23:08 Uhr
Oliver Hauss
Bitte einloggen, um Oliver Hauss eine Nachricht zu schreiben.
>Damit hast du soeben auch die Tätowierungen des ßtzis verneint.
Huh? Mit einer Fehlerkorrektur habe ich die Tätowierungen des ßtzis verneint? Ich habe sie mitnichten verneint.
Tu mir einen Gefallen und LIES was da steht bevor du antwortest.
Bewertung:
Eintrag #35 vom 25. Okt. 2004 00:18 Uhr
Jens
(Nachname für Gäste nicht sichtbar)
Bitte einloggen, um Jens eine Nachricht zu schreiben.
Hier geht’s aber nicht um Erkenntnistheorie und so nen Kram, sondern was man sinnvoll darstellen kann ;)
Und wenn ich da keine positiven Belege habe, kann ich es nunmal nicht als erwiesen ansehen und nutzen, ob’s nen negativen Beleg gibt, oder nicht.
(Ich sag nur: Flugmaschinenthread)
Vlt. solltest Du deine Nase mal aus den Büchern nehmen und _darstellen_, dann begreifst Du vlt. endlich mal, wovon die Leute hier im Forum reden ;)
Gruss, Jens
Bewertung:
Eintrag #36 vom 25. Okt. 2004 02:31 Uhr
Oliver Hauss
Bitte einloggen, um Oliver Hauss eine Nachricht zu schreiben.
Esca, ich könnte hier jetzt eine länger Abhandlung schreiben -tatsächlich habe ich sie schon geschrieben-, aber ich bekomme immer mehr den Eindruck, dass jedes Wort verschwendet ist. Du sagst, ich sollte mein Nase aus den Büchern nehmen. Ich halte es für sinnvoller, sich erst theoretische Grundlagen anzueignen, bevor man sich in die Praxis stürzt. Dein letzer Post illustriert ziemlich gut warum. Ich glaube nicht, dass du auch nur verstanden hast, dass du im zweiten Abschnitt deinen ersten widerlegt hast, oder dass der Flugmaschinenthread nur unterstreicht, warum du falsch liegst. Da aber schon mein letzter Beitrag bei dir kein Gehör fand, sehe ich es nicht als erfolgversprechend an, zu versuchen, es dir zu erklären.
Gruß,
Oliver
Bewertung:
Eintrag #37 vom 25. Okt. 2004 06:07 Uhr
Beate
(Nachname für Gäste nicht sichtbar)
Bitte einloggen, um Beate eine Nachricht zu schreiben.
Stefan schrieb in Eintrag 27:
Ich verwehre mich gegen den Gednaken, daß im Mittelalter alles vergessen und negiert wurde, was in der Antike bekannt war.
Sicher wurde nicht alles vergessen, aber doch sehr vieles!
Von einer kontiunierlichen Weiterentwicklung kann in der Geschichte doch keine Rede sein. Und ich meine hiermit nicht nur den technischen Standart, sondern auch Sitten und Gebräuche, die ja wesentlich von der Religion geprägt werden.
Gruß, Beate
Bewertung:
Eintrag #38 vom 25. Okt. 2004 11:20 Uhr
David Seidlitz
Bitte einloggen, um David Seidlitz eine Nachricht zu schreiben.
Hallo,
ich denke hier handelt es sich - wie so oft- um ein Verständigungsproblem. Oliver sagt doch nichts anderes, als das, daß nichtvorhanden sein von Belegen noch lange nicht dazu reicht um fundiert behaupten zu können das es sowas nicht gegeben hat. Das ist wissenschaftlich gesehen korrekt. Man weiß es eben nicht genau. Wie man innerhalb der Darstellung darauf reagiert steht auf einem anderen Blatt. Was nicht klar belegbar ist, sollte man entweder nicht verwenden, oder es explizit betonen. Wer glaubt denn, daß alles was wir heute belegen können, und wir für unsere Darstellung benutzen, daß gesamte Formenspektrum einer Epoche/ Zeitstellung reflektiert?
Damit keine Mißverständnisse entstehen: natürlich sollte man nur Belegbares verwenden, aber verbal sollte man nichts wofür es keinen stichhaltigen Grund gibt (Stichwort Kartoffeln) pauschal negieren.
Gruß,
David
Bewertung:
Eintrag #39 vom 25. Okt. 2004 11:39 Uhr
Stefan Deuble
Bitte einloggen, um Stefan Deuble eine Nachricht zu schreiben.
nach oben / Zur Übersicht
ßpfel, Birnen und Kokosnüsse im Vergleich
So, jetzt rutscht mir mal der SozPäd raus …
Ihr Lieben, vor allem Jens und Oliver! Bevor das hier weiter entgleist möchte ich bemerken, daß erstens Oliver schlüssig und intelligent argumentiert und zweitens Jens natürlich recht hat (Eintrag 35 Abs. 2).
@ Oliver: Es geht in diesem Forum gewöhnlich mehr um die Darstellbarkeit als um die hypothetische Existenz irgendwelcher vergangenen Zustände. Jedenfalls hat es sich in den letzten fünf Jahren in diese Richtung entwickelt. Deswegen bitte ich Dich um Verständnis dafür, daß diese gewachsene Zielrichtung nicht durch ein, zwei Beiträge umkippt, die sich damit beschäftigen, wie man korrekt mit Spekulation umgeht. Das führt hier oft zu Mißverständnissen und sollte eher in einem eigenen Thread angeboten werden. Weil es ja ein übergeordnetes Thema ist, und es wenig Sinn macht, damit beliebig viele Sachthreads zu torpedieren.
Der für die "ernsthafte" Darstellung gewachsene Grundsatz "Kein Fund - Keine Darstellung" hat trotz des theoretischen "absence of proof is no proof of absence" seine Berechtigung. Und ein wunderschönes Beispiel dafür ist genau dieser Thread: Tätowierungen bei Wikingern". Weil, bester Oliver, was bringt es denn dem DARSTELLER, wenn er weiß, daß die Abwesenheit von Tätowierungen nicht belegbar ist? Kann er mit dieser Informationen zum Tattoo-Laden gehen und sagen: stech mir bitte ein Muster in der und der Art? Mit einem leeren Blatt Papier als Vorlage? Und dann hat er, Ockham sei Dank, eine für seine Darstellung brauchbare Tättowierung? Weil theoretisch möglich, und das Gegenteil nicht erwiesen? Würdest Du Dir auf einer solchen Grundlage ein vikingoides Fantasiebild stechen lassen? (Oder eine Ledertasche aus handgeschlachtetem und mundgegerbtem Zirbelschwein liebevoll von Hand nähen, oder Wolle spinnen und weben und einen Kapuzenpulli draus nähen …)
Und ein Jahr später entdeckt man dann einen tättowierten Wikinger, und Du traust Dich die nächsten 40 Jahre nicht mehr in die Darstellung, weil Dein Bildchen eben doch etwas daneben war?
Du merkst, daß es für die teure und liebevolle Ausstattung einer Darstellung eben etwas engere Grenzen braucht, als nur die theoretisch mögliche Existenz von irgendetwas. Egal wie richtig die Theorie sein mag, sie ist nicht ohne weiteres PRAKTIKABEL. Der Rest bleibt dann Streiterei um die Grenzen, und als Quintessenz blieb dann eben eine Leitlinie übrig: kein Fund - keine Darstellung. Daß dieser Satz viel zu plakativ ist, um eins zu eins anwendbar zu sein, ist auch wahr. Aber als Richtungsgeber ist er hervorragend.
Weil eine Argumentationslinie "kein Fund - jede Darstellung" sehr gefährlich wäre. Es gibt natürlich Leute, die sich Mühe geben, die Möglichkeiten durch INTELLIGENTE SPEKULATION einzugrenzen und auch aus dem Nichts Sinnvolles zu schöpfen. Das passiert auch bei den Beleglücken von Leuten, die am liebsten nur Ausgegrabenes rekonstruieren würden. Aber es gibt leider auch im Umfeld dieses Hobbies genügend Leute, die sich dann wenig Mühe geben, sondern ihren Emailkochtopf nicht damit begründen "wir ham nix anderes aufm Dachboden gefunden", sondern herumstreiten: "bloss weil man Emailtöppe nich gefunden hat, kanns die ja doch gegeben ham!" Und diese Leute werden nie in den Genuss kommen, mal in einem zeitlich passenderen Equipment näher ans Ziel ihrer romatischen Zeitreise zu kommen. Usw.
Ich hoffe, daß dieser Ausflug genügt hat, damit Du verstehst, wie es dazu kommt, daß sich hier immer wieder Leute in Ihren mühsam erkämpften Standpunkten angegriffen fühlen, wenn Du mit völlig korrekten, aber sehr verunsichernden Argumentationen ankommst. Verunsichernd, weil sie einer Fraktion Munition liefern, die hier erst nach langen und dummen Wortschlachten den Rückzug angetreten hat. Die Springerstiefelkostümsaufritterfraktion nämlich. Und einige haben sich einst bekehrt und fühlen sich dann an alte Wunden erinnert und reagieren umso emotionaler auf Deine Beiträge.
Vielleicht kannst Du das alles ein wenig berücksichtigen, und übergeordnete Themen, die jedes einzelne Thema angehen könnten, bitte nicht jeweils als Springteufelchen aus der Kiste lassen, sondern gesondert diskutieren. Oder eben mitteilen. Zum Beispiel unter dem Titel "Educated Guess - Die Spekulationen der Authentiker".
Und falls es so einen Thread denn geben soll, passt der Löwenanteil meines off-topic Ausbruchs besser dort als hier hin.
Viele Grüße,
PS: wie sehen denn die Bemalungen der Wikinger aus? Egal ob gestochen oder lackiert? Gäbe es denn überhaupt Vorlagen, die man umsetzen könnte?
Stefan
Bewertung:
Eintrag #40 vom 25. Okt. 2004 11:44 Uhr
Stefan Deuble
Bitte einloggen, um Stefan Deuble eine Nachricht zu schreiben.
@ David: ich merke, man kann es auch kürzer formulieren.
Grüße,
Stefan
Bewertung:
Eintrag #41 vom 25. Okt. 2004 12:36 Uhr
Jens
(Nachname für Gäste nicht sichtbar)
Bitte einloggen, um Jens eine Nachricht zu schreiben.
….an Stefan und David für die Ausformulierung dessen, von dem ich hoffte, dass Oliver es durch sorgfälltiges Studium dieses Forums mal selber bemerken würde ;)
Natürlich beweisst die Abstinenz von Hinweisen nicht das Nichtvorhandensein, aber in der historischen Darstellung ist das ziemlich irrelevant, daher auch mein Satz (man beachte die Formulierung und Eingrenzung! "_für mich_ gilt: kein Beleg, keine Existenz").
Es ist wie es ist- zwischen theoretischer Geschichtswissenschaft und Darstellung liegen halt doch einige Welten.
Daher steht meine Empfehlung an Oliver, sich doch mal mit der Darstellung an sich zu beschäftigen, bevor er in ein ihm scheinbar fremdes Feld so energisch hineinpustet ;) , und meine Erkenntnis, dass bislang nix die Verwendung von Tatoos im Kontext mittelalterlicher historischer Darstellung unterstützt, jedenfalls nichts, was mir hier oder woanders zu Ohren kam.
Falls jemand _Fakten_ hat, die das zu ändern vermögen, bitte, her damit. ;)
Gruss, Jens
Bewertung:
Eintrag #42 vom 25. Okt. 2004 13:47 Uhr
Oliver Hauss
Bitte einloggen, um Oliver Hauss eine Nachricht zu schreiben.
>…an Stefan und David für die Ausformulierung dessen, von dem ich hoffte, dass Oliver es durch sorgfälltiges Studium dieses Forums mal selber bemerken würde ;)
Ich glaube nicht, dass du dir über die Implikationen des von ihnen gesagten im klaren bist.
>Natürlich beweisst die Abstinenz von Hinweisen nicht das Nichtvorhandensein, aber in der historischen Darstellung ist das ziemlich irrelevant, daher auch mein Satz (man beachte die Formulierung und Eingrenzung! "_für mich_ gilt: kein Beleg, keine Existenz").
Dann hat das aber über dich hinaus KEINERLEI Relevanz, und erlaubt dir keinesfalls, herablassend Leute anzufahren, die, was deine beiden Vorredner durchaus zubilligen, für sich selbst eine andere Herangehensweise erwägen. Die Tatsache, dass du gängige wissenschaftliche Praxis für dich kategorisch ausschliesst, spricht aber für sich selbst.
>Es ist wie es ist- zwischen theoretischer Geschichtswissenschaft und Darstellung liegen halt doch einige Welten.
Falsch. Sie sind zwei Seiten einer Medaille, und wer wie du glaubt, ohne eine auskommen zu können, der kommt auch bei der anderen auf keinen grünen Zweig.
>Daher steht meine Empfehlung an Oliver, sich doch mal mit der Darstellung an sich zu beschäftigen, bevor er in ein ihm scheinbar fremdes Feld so energisch hineinpustet ;)
Sorry, Jens, aber solide Recherche ist für mich kein fremdes Feld, und man muss sich nicht mit Darstellung auskennen -zumal du wild und unbelegt über meine Erfahrung auf diesem Feld spekulierst- um schlechte Recherche zu erkennen.
Es mag in deinen Schädel nicht hineingehen, aber Darsteller zu sein qualifiziert dich nicht zur Qualitätsabschätzung der Interpretation von historischen Quellen.
DU bist derjenige, der in ein dir völlig fremdes Feld "hineinpustet".
>und meine Erkenntnis, dass bislang nix die Verwendung von Tatoos im Kontext mittelalterlicher historischer Darstellung unterstützt, jedenfalls nichts, was mir hier oder woanders zu Ohren kam.
Und meine Erkenntnis, dass du einfach nicht begreifen WILLST, wie man überhaupt belegt, und wie man eine Interpretation unterstützt.
Wie schon gesagt -jedes Wort verschwendet.
ICH danke Stefan und David für vernünftige Kommentare zu dieser Diskussion, auch wenn ich nicht mit jedem Punkt übereinstimme. Es ist keineswegs meine Absicht, Springteufel zu spielen, und ich denke auch, dass ein separater Thread -vielleicht in der Recherche-Abteilung, oder wo würde der sonst reinpassen?- angebracht wäre. Der Punkt hier war lediglich Jens’ leider typischem herablassend-aggressiven Versuch des Aufzwingens seiner eigenen Auffassung und ‘Methodik’ entgegenzutreten.
Bewertung:
Eintrag #43 vom 25. Okt. 2004 14:23 Uhr
Bitte einloggen, um eine Nachricht zu schreiben.
BEIDE woanders kloppen ?
Wie die Beleglage aussieht, ist nun eingermaßen klar.
Daß ihr beide wohl nie auf einen grünen Zweig kommt, leider auch.
Daß dieses Thema darüber leider verstorben ist, steht zu befürchten.
Also bitte, wenn ihr euch über Interpretation von Quellen und Lücken fetzen wollt, macht dazu nen Thread auf.
Wenn ihr euch beleidigen wollt, machts das unter euch.
Wenn ihr rein die Quellenlage von Tätowierungen diskutierne wollt, das dann gerne hier.
Gruß, Ivain
Bewertung:
Eintrag #44 vom 25. Okt. 2004 15:02 Uhr
Ranes Haduwolff
Bitte einloggen, um Ranes Haduwolff eine Nachricht zu schreiben.
Grüß Euch,
…also mal Schluß mit den Kindereien. Gibts Belege für die Wiki-Tattoos? Nein. Also Nein.
Also auch keine Tattoos in der Darstellung. Ist doch gaaaaannnz einfach. Kein Grund zum Streiten.
Jetzt aber die Frage…gibts überhaupt Belege für Tätowierungen im Europa des Mittelalters?
Und sind diese Belege sicher, d.h. sind es gestochene Körperbilder oder Körperbemalungen?
Welche Muster? Farben? Wo, wer, wie und warum vor allem?
Z.B. kirchlich, um die Zugehörigkeit zu einem Orden zu manifestieren?
Ars Militia - Euer Haduwolff
Bewertung:
Eintrag #45 vom 25. Okt. 2004 16:09 Uhr
Ameli
(Nachname für Gäste nicht sichtbar)
Bitte einloggen, um Ameli eine Nachricht zu schreiben.
Hallo,
um Hadus Frage aufzugreifen nach Farbe und Motiven:
- Bäume, Figuren in dunkelgrün, grün oder blauschwarz
- von den Fingernägeln bis zum Nacken
Aus einer englischen ßbersetzung (Smyser, H.M. "Ibn Fadlan’s Account of the Rus with Some Commentary and Some Allusions to Beowulf." Franciplegius: Medieval and Linguistic Studies in Honor of Francis Peabody Magoun, Jr. eds. Jess B. Bessinger Jr. and Robert P. Creed. New York: New York University Press. 1965. pp 92-119.)
Okay, auch hier steht das Wort "tattooed", wie gesagt im englischen Text - leider weiß ich nicht, welches Wort genau im arabischen Urtext dafür verwendet wurde und wie die direkte ßbersetzung ist….
Gruß
Ameli
Bewertung:
Eintrag #46 vom 27. Okt. 2004 16:55 Uhr
Timo Krisch
Bitte einloggen, um Timo Krisch eine Nachricht zu schreiben.
Hallo,
mit ein paar kurzen Kommentaren ein paar Links dazu:
1. British Tattoo History Museum
wwwtattoo.co.uk/history.htm
Noch eine "Tätowiererseite" - aus Dänemark. Bezieht sich bei den Wikinger"tattoos" halt auf angesprochenen Ibn Fadlan.
Soweit mal drei Beispiele.
Timo aka Timotheus von Falkenbach
Bewertung:
|