"Ritterliche" Ausstattungsarten
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Eintrag #1 vom 23. Mai. 2002 19:11 Uhr
Carsten Scheffer
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Hm,irgendwie verwirrt mich das Thema Ritter und Ihre Ausstattung.
War es zu Pflicht als Ritter der Zeit um 1220 Vollkette (Mantel/Angearbeitete Haube/Beinlinge etc.)zu tragen oder gab es auch "Arme" Ritter die diesem Schema nicht entsprachen.
Wir hatten letztlich dieses Thema in unserer Stammtaverne.Ich kann mir schlecht vorstellen,das jeder,wirklich jeder,Ritter in Vollkette bei Kriegszwecken rumlief.
Nun,die meisten Abbildungen sprechen dagegen.Es sind aber meistens Adelige etc. Was ist jedoch mit dem niederen Rittern ???
Eine Verschuldung,nur um die "Standart"-Ausrüstung zu erhalten scheint mir unlogisch.
Herr Hagen von Scutemere
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Eintrag #2 vom 24. Mai. 2002 01:04 Uhr
Jonas Radtke
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hallo carsten,
glaube kaum, daß das tragen der rüstung viel mit "pflicht" oder "sitte" zu tun hat.
du mußt bedenken, daß der kettenpanzer nicht als dekorations- oder statussymbol getragen wurde, sondern als schutz im kampf. die rüstung eines ritters ist quasi seine lebensversicherung.
und wenn jener nur ein fünkchen verstand hat, wird er es tunlichst vermeiden ohne diesen schutz (kette) in die schlacht gegen schwer gepanzerte gegner zu reiten, andernfalls wird er sofort geschnetzelt wie ne currywurst.
die bewaffnung und ausrüstung eines ritters war für diesen oberste priorität. jeder wird darauf bedacht gewesen sein, diese möglichst auf dem militärisch aktuellstem stand zu halten um im kampf nicht zu unterliegen, ist doch logisch.
wer arm wie ne kirchenmaus war, konnte normalerweise auch kein ritter werden, allein die langwierige ausbildung kostete schon ne menge geld… und das mit der verschuldung war sicherlich damals wie heute gang und gebe.
fazit: ein ritter ohne besitz an bewaffnung und ausrüstung ist kein ritter!
semper fîdelîs - immer treu!
jonas
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Eintrag #3 vom 24. Mai. 2002 06:02 Uhr
Wir sollten mit Begriffen wie Ritter oder Adel sehr vorsichtig um gehen. Diese sind nur als pauschale Hilfswörter zusehen, um in der Historie gesammte Zusammenhänge darzustellen. Von einer erblichen Klasse der Ritter und des Adels im ministralen Bereich kann eigentlich erst ab der frühen Neuzeit gesprochen werden mit der Organisation der Ritterschaften und der Installation der ritterschaftlichen Kantone ab dem späten 15./frühen 16.Jh. Erste Entwicklungen in diese Richtungen sind erst mit der Verleihung des sogenannten Lehensartikels ab der Mitte des 14.Jh. zu erkennen. Dieser mündete dann in vielen Fällen später in einer Adelsbestättigung.
Die Person des Ritters im HMA ist untrennbar in Zusammenhang mit dem Lehen als wirtschafliche Grundlage zusehn. Besonders die Einführung des Ligischen Lehens (Land gegen Waffendienst) machte die Entstehung der ministralen Ritterschaft erst möglich. Die Aufgaben die sich aus der Lehensannahme ergaben waren klar umrissen. Aus dieser Pflicht ergab sich ein logischer Zwang zur Rüstung um den Waffendienst beim Lehensherr nachzukommen. Die fiskalischen Pfründe ergaben sich aus dem Lehen.
Fazit: nix Rüstung nix "Ritter" (zumindest im HMA)
Tschüß, Olaf
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Eintrag #4 vom 24. Mai. 2002 08:11 Uhr
Joachim Meinicke
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Doch Carsten! Eine Verschuldung, nur um die "Standart"-Ausrüstung zu erhalten scheint Dir zwar unlogisch, ist aber üblich gewesen.
Aber: Rüstung ist ja nicht gleich Rüstung. Auch damals gab es teure und günstige Angebote verschiedener Qualität, genau so, wie Du heute, um Dich von A nach B zu bewegen, einen Porsche, aber halt auch einen gebrachten Lada kaufen kannst.
Teure Rüstungen wurden aber nicht nur wegen der besseren Schutzwirkung angeschafft, es ging damals fast mehr als heute, darum, zu protzen und zu glänzen. Duby beschreibt sehr schön, daß es für einen Ritter nicht wichtig (und ehrenvoll) war, möglichst viel Geld anzusammeln. Viel wichtiger war es, die Kröten möglichst schnell unters Volk zu bringen, z.B., indem man seine Freunde aushielt. Dadurch mehrte sich der Ruhm. Um es kurz zu machen: Ritter konnten in der Regel nicht wirklich mit Geld umgehen, würde man heute sagen.
Aber zum Rüstungsstandard. Darüber habe ich auch schon oft und lange nachgedacht und recherchiert. Leider fallen mir für das HMA momentan keine detaillierten Auflistungen ein, wie sie im SMA ja schon üblich waren, wo man sehr schön nachlesen kann, wer was trug (und zu tragen hatte!!!). Persönlich gehe ich z.B. davon aus, daß (trotz Verschuldung) ein kleiner märkischer Ministerialer (auch Ritter) im HMA nicht die gleiche Rüstung wie ein Adliger besessen haben dürfte. Ich weiß aber nicht, ob der Unterschied z.B. in fehlenden Kettenbeinlingen oder nur in unterschiedlicher Qualität festzumachen ist. Vielleicht trug man ja auch etwas veraltete, zumindest umgearbeitete Rüstteile? Es gibt z.B. viele Stimmen auch unter Archaologen, die behaupten, daß man ein falsches Bild liefern würde, wenn man eine Schlacht im Jahre X nachstellt und alle Ausrüstung vom Jahre X tragen würden. Realistischer wäre X- ca. 10-20 Jahre. Hier muß noch geforscht werden.
Aber, der Ritter hatte wehrtechnisch Verpflichtung gegenüber seinem Lehnsherren. Dazu zählte m.E. nach auch das gerüstete Erscheinen im Ernstfall. Ohne Rüstung ist jedenfalls nicht.
Schönes Thema für einen Thread übrigens. Gefällt mir.
Grüße
Joachim
Marca brandenburgensis AD 1260
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Eintrag #5 vom 24. Mai. 2002 08:31 Uhr
Lieber Joachim,
Deinen Einlassungen kann ich nur zustimmen aber nicht für das HMA. Die von Dir beschriebenen Zustände beziehn sich auf das SMA. Von einer großflächig einsetzenden Verschuldung kann man meines Erachtens erst ab der großen Lebensmittelkrise Mitte des 14.Jh. sprechen, als die Einnahmen aus den Naturalgeschäften dramatisch einbrachen. Die städtischen Profite stiegen in dieser Zeit ungleich stärker als die Jahrzehnte zuvor. Vorallem der Verfall der Fleischpreise war dramatisch. Erst dadurch setzt eine Verschuldung beim ministralen Adel ein.
Tschüß, Olaf
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Eintrag #6 vom 24. Mai. 2002 08:53 Uhr
Uli Gasper
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Moin!
Wie funktionierte denn das anscheinend vorhandene Verschuldungssystem? Als Geldgeber kommen doch eigentlich nur Landesherren oder Juden in Frage. Letztere dürften wohl Sicherheiten verlangt haben, gesetzt den Fall der Ritter wird in der Schlacht zum Totalabschreibungsobjekt.
was die Rüstteile betrifft- im Funcken wird beschrieben, das sich Soldaten oft mit umgearbeiteten veralteten Rüstzeug behalfen, über Ritter speziell stand dort meines Wissens nur bedingt was.
Was Ausrüstung angeht- gabs nicht schon recht früh bei Heeresaushebungen Richtlinien was der einzelne Kämpfer mitzubringen hatte?
gruß, uli
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Eintrag #7 vom 24. Mai. 2002 11:07 Uhr
Ulrich Scheunemann
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Gott zum Grusse !
Für die Frage wie eine minimum Bewaffnung eines "Ritters" aussah sollte man eine Primärquelle hinzuziehen. Der Sachsenspiegel und die damit resulttierende Heerschildordnung gibt darüber Auskunft. Es gibt dort eine Stelle (Im Kapitel Lehensrecht) die sich mit der zu stellenden Bewaffnung eines Lehensmannes befasst. Ich meine mich erinnern zu das dort aufgeführt wird was genau an Ausrüstung zu stellen ist. Habe die Quelle leider nicht im Büro. Werde aber mal in nächster Zeit reinschauen. Was eine Verschuldung betrifft ist meiner Meinung nach auch im Sachsenspiegel geregelt.
Ulrich Scheunemann
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Eintrag #8 vom 24. Mai. 2002 13:59 Uhr
Joachim Dittrich
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tagchen,
Finanziell minderbemittelte Ritter trugen, sofern sie sich keine moderne Rüstung leiten konnten, gelegentlich die Asrüstung ihres Vaters auf. Ein schönes beispiel dafür ist Dietrich III. v. Bickenbach zu Hohenberg/Wern (seit 1413 genannt). Er war stets in geldnot, hatte ein lausiges Burglehen (Schildeck/Rhön) und starb um 1447. Sein Grabepitaph zeigt ihn in einer Rüstung, die für das späte 14. Jh./Anfang 15. Jh. modern gewesen sein mag, aber nicht mehr dem Standart um 1440 entsprach.
Beispiele gibt es auch in zeitgenössischen Ritterepen.
Aber vorsicht: Dies ist kein Freischein zum benutzen eines Wiki-schwertes im HoMi nach dem motrto "mein Urururopa war abba Wikinger un´das Schwärd is´noch gut…".
Da das kriegswesen das handwerk eines ritters war, sah er zu, sich die zu seiner Zeit moderne Ausstattung zuzulegen, man wollte ja schließlich vor Mann wie Frau gut dahstehen. Man berücksichtige bei der Frage des Rüstungsstandarts auch das ritterliche Selbstbewußtsein jener Zeit.
"geharnischte" Grüße
Achim v. Hohenberg gen. de Clavis
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Eintrag #9 vom 24. Mai. 2002 15:01 Uhr
Carsten Scheffer
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Leider gab es bisher nur nette Anregungen.Mehr leider nicht! Den Sachsenspiegel habe ich bereits schon ins Auge gefasst.
Was mich interessieren würde ist ausserdem noch das Thema Abbildungen.hat einer von Euch da was anzubieten???
Herr Hagen von Scutemere
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Eintrag #10 vom 24. Mai. 2002 19:18 Uhr
Thorsten
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Moin Carsten,
leider sind uns relativ wenig militärische Regularien überkommen - und was rüber kam hatte leider auch keine bunten Bilder.
Es gab schon zu karolingischen Zeiten in den Kapitularien genaue Hinweise, wie ein Panzerreiter des Heerbannes auszusehen hatte - schließlich wurden die meisten Reiter ja von anderen Adeligen und Kirchenoberen ausgestattet und die Könige hatten sicher starkes Interesse daran, daß die gesandten Kämpfer einen gewissen Mindesstandard erfüllten.
Regelrechte Ordonnanzen ab es erst sehr spät - afaik waren die burgundischen Ordonanzkompanien des späten 15. Jhjds. die ersten Truppen, die eine Standardisierung der Ausrüstung verlangten.
Was auch eine gute Möglichkeit ist, wäre die Assissen der verschiedenen Herrscher zu durchforsten, die oft schon recht genau wußten, wie ihre Truppen auszusehen hatten.
Ein gutes Beispiel sind für mich die Assissen von Robert the Bruce, die in Schottland für das gesamte 14. und auch den Anfang des 15. Jhdt. galten - leider kenne ich da aber nur die Ausstattung eines Infanteristen (Beckenhaube, Gambeson, Panzerhandschuhe, Schwert, Schild und Spieß) - ich denke aber die Ritter werden dementsprechend besser ausgestattet sein. Ich erinnere mich, daß z.B. auch Edward I. eine ähnliche Assisse herausgegeben hatte - da muß man halt mal nachforschen.
Ein weiteres Beispiel - an das man sich in etwa halten kann - sind die Ausstattungsvorgaben der diversen Orden. Ist war nicht direkt mein Thema, doch ich erinnere mich, daß z.B. der Deutsche Orden explizit genau beschrieben hatte, was ein Ritterbruder oder sergeant zu tragen hatte.
Man kann also schon davon ausgehen, daß eine gewisse Vereinheitlichung im Ausrüstungsstandard der Truppenteile im gesamten Mittelalter vorhanden war - dabei gab es sicher Unterschiede in Qualität und Aktualität der Rüstungsteile. Sollte ein belehnter Ritter mal nicht die Ausrüstung aufbringen können (weil er sie z.B.im Turnier verzockt hatte), so war es hoffentlich beim nächsten Heerbann sein Lehnsherr, der ihm Ausrüstung zur Verfügung stellte, um den Ansprüchen des König/Kaisers/Oberbonzen zu genügen…
Sollte sich ein Defizit in der Ausrüstung dauerhaft zeigen, so denke ich, wurde die "Lehensfrage" gestellt ;-))
Bis denn
Thorsten
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Eintrag #11 vom 24. Mai. 2002 20:13 Uhr
Gabriele Klostermann
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Hi,
das ist zwar etwas Off-Topic, aber wurde ja hier schon angesprochen (vielleicht in einen neuen Thread umziehen…?)
Was ich aus den Sponheimer Regesten (Zeitraum ca. 1280 - 1340) entnehmen kann ist folgendes:
Oh ja, man war verschuldet - und wie.
Um sich Geld zu beschaffen, konnte man sich das von seinen "Untergebenen" (also Lehnsmannen) leihen und dann z.B. in Form einer Art von "Rente" (z.B. eine Weingülte) zurückzahlen.
Oder man trug einem seiner Lehnsherren (man muss ja nicht glauben, dass das immer nur einer sein konnte) ein Stück seines eigenen Landes zum Lehen an (auf?). Dafür bekam man dann auch Geld und ggf. noch andere Leistungen.
Und dann waren da, wie vorher schon erwähnt, noch die Juden, die ja meistens einer Obrigkeit unterstanden (z.B. dem Erzbischof von Trier), bei denen man sich Geld leihen konnte.
(Und wenn das alles nichts half, hat man dann diese "Obrigkeit", die noch dazu der eigene Lehnsherr war, einfach entführt, ein Lösegeld erpresst und sich die Schulden bei den Trierer Juden streichen lassen… ;-))
Solche Geschäfte wurden als Vertrag abgefasst und besiegelt. Dabei wurden möglichst alle Eventualitäten schriftlich festgelegt (was passiert, wenn der Schulder stirbt, u.ä.). Juristische Feinheiten sind durchaus keine neuzeitliche Erfindung.
Jedenfalls haben sich eben nicht nur die "armen" einfachen Ritter Geld geliehen, sondern auch Grafen u.ä. Letztendlich dürfte das hoch bis zum König(Kaiser) gegangen sein (siehe Fugger).
Die mittelalterliche Juristerei, abseits von Strafverfolgung und so, scheint jedenfalls ein sehr interessantes Thema zu sein, dem leider kaum Beachtung geschenkt wird.
Viele Grüße
Gabriele
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Eintrag #12 vom 28. Mai. 2002 08:49 Uhr
Joachim Meinicke
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Verschuldung im HMA / Sachsenspiegel / Ritterorden
Hallo Olaf,
natürlich setzte die Verschuldung mit all ihren Mißständen erst so richtig im SMA ein, war aber auch im HMA schon Thema. Gabriele führte das ja schon dankenswerterweise an, auch, daß es sich ja nicht um nur um Geld drehen mußte. Z.B. verschuldeten sich man sich ja auch gerne für die Teilnahme an einem Kreuzzug. Oder das schon angesprochene Auslösen, wenn man bei einem Turniere gefangen genommen wurde. Aber wir schweifen ab.
Kennt jemand die angesprochene Stelle im Sachsenspiegel? Ulrich, hast Du inzwischen nachgeschlagen?
Ich glaube aber nicht, daß wir dort eine sehr detaillierte Auflistung finden werden, die gar bis zu den Einzelteilen der Rüstung heruntergebrochen ist.
Aber die Idee mit den Orden klingt erfolgsversprechender. Ich kann mich z.B. an eine detaillierte Auflistung bei den Templern erinnern, was jeder einzubringen hat. Dabei sollte man aber nicht vergessen, daß nicht jeder arme Bursche bei den Ritterorden reinkam. Der Standard wurde dort ganz bewußt sehr hoch gehalten. So dürften auch diese Quellen wieder nur bedingt brauchbar sein, da sie keinen Rückschluß auf die Ausrüstung eines armen Ritters zulassen. Ganz im Gegenteil.
Grüße
Joachim
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Eintrag #13 vom 28. Mai. 2002 19:58 Uhr
Christoph Bitter
Hallo Leuts!
Ich bin der Meinung, daß ein ritterlicher HMA-Vasall oder Aftervasall sich nicht unbedingt verschulden mußte. Als Vasall hat er Länder, Dörfer, Weiler. Nun, ich würde versuchen einen Schmied in mein Dorf einzubringen, der mir dann alle Waffen und alles andere herstellen kann.
Den Eisenlieferanten könnte ich dann mit dem Ertrag meines Lehens abfinden. Das dies natürlich nicht allen möglich war, ist mir klar. Das die Ritter wie auch die Könige meißt verschuldet waren, ist mir klar. Aber wäre das nicht die einfachste Lösung?
Gruß
v. Arlen
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Eintrag #14 vom 29. Mai. 2002 07:49 Uhr
Joachim Meinicke
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Hallo Christoph,
so einfach ist die Sache nun leider nicht. In der Regel wurden handwerkliche Tätigkeiten in den Dörfern von den Bauern selbst im Rahmen des Hauswerks erledigt. Man geht davon aus, daß eigenständige Handwerker in HMA Dörfern eher selten waren und daß sie sich - wenn überhaupt - in erster Linie in solchen Dörfern ansiedelten, die Sitz eines Adligen (nicht zwingend eines Ritters) waren. Dann kommt noch hinzu, daß Schmied ja nicht gleich Schmied war (ist). Ich bezweifle stark, daß der durchschnittliche Dorfschmied in der Lage war, hochwertige Waffen oder Rüstteile herzustellen. Die Ansiedlung solch eines Spezialisten aber dürfte für den kleinen Ritter oder Ministerialen nicht möglich gewesen sein. Denn, womit sollte er diese allseits begehrte Fachkraft denn aufs Land locken, wenn der eigentliche Absatzmarkt woanders liegt (Vergleich zu heute sei gestattet). Da hätte er schon etliche Männer unter Waffen halten müssen, damit die Rechnung aufgeht.
Gruß
Joachim
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Eintrag #15 vom 29. Mai. 2002 13:44 Uhr
Ruth
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Das sagt der Sachsenspiegel zur Heeresausrüstung:
Im ersten Buch ist von der Erbregelung nach dem
Tode des Mannes erwähnt, welche Anteile der Heeresausrüstung die Frau dem Erben übergeben muß.
Dabei ist die Rede von seinem Schwert, seinem besten Streitroß bzw. Pferd mit dem Sattelzeug, sowie von der besten Rüstung, die der Mann zu Lebzeiten trug.
Dazu kommt der sogenannte Heerespfühl, dabei wird das Bett und ein Kopfkissen genannt, ein Leinentuch und ein Tischlaken, zwei Waschschüsseln und ein Handtuch. All diese Dinge gehören nach allgemeinem Brauch zur Heeresausrüstung, wie sie "Rechts wegen zur geben ist".
Die Abbildungen der Heidelberger Handschrift des Sachsenspiegels (als Beispiel) zeigen den Heerespflichtigen immer in voller Kettenrüstung, also Kettenhemd, -Haube und -Beininge, darüber Waffenrock und Schwertgürtel, als Waffe immer das Schwert und zum Teil die Lanze.
Gerade am Heerespfühl mangelt es ja häufig in der Darstellung…. ;-)
Ruth
Eike von Repgow - Der Sachsenspiegel. Hrsg. C. Schott, Mannesse Bibliothek der Weltliteratur, Zürich, 1996
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Eintrag #16 vom 29. Mai. 2002 18:51 Uhr
Gabriele Klostermann
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Hi allerseits,
das mit der Ansiedlung eines Schmieds ist zwar eine gute Idee, die Realität sah wohl aber eher so aus, dass die Lehnsherren im HMA seit dem Aufblühen der Städte ein echtes Problem mit der Landflucht hatten. Da sind die Schmiede eigentliche eher "weggelaufen" als dass sie sich haben ansiedlen lassen… ;-)
Viele Grüße
Gabriele
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Eintrag #17 vom 29. Okt. 2002 20:22 Uhr
Ingo Kammeier
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Hallo.
Ich weiß, das in diesem Thread schon lange nichts mehr geschrieben worden ist, ich hoffe aber trotzdem, daß der eine oder andere ihn noch verfolgen wird.
Zum Thema :Lehen=Waffenpflicht möchte ich folgendes sagen. Es gab im HMA verschiedene Arten eines Lehens von denen nur ein paar mit der Pflicht der Waffenhilfe verbunden waren. Ich möchte hier nun nicht alle Arten des Lehens aufführen, sondern nur den einen, den - waffenplichtigen-.
so wird in den französichen Quellen über eine bestimmte Art des Lehens gesprochen (fief de haubert), wobei es sich um ein Lehen des Vasallen handelte, der zum Waffendienst eine vollständige Ausrüstung stellen muß, zu dem auch ein Panzerhemd gehört, (hier wird nur von einem Panzerhemd gesprochen). In England scheint es diese besondere Art des Lehens auch gegeben zu haben. Dort heißt sie "feodum militis", und im deutschen Reich "beneficium castrense", beneficium castellanum (wobei sich das letztere auf einen Vasallen bezieht, der auf der Burg seines Herrn die Burghut versieht).
Also, nicht jedes Lehen verplichtete zum Waffendienst, sondern nur eine bestimmte Art des Lehens.
Als weiteres
Wenn wirklich Waffendienst verlangt wurden, dann nur unter genau geregelten Bedingungen; so wurde etwas die ßberlassung der Burg an den Herrn oder Waffenhilfe gegen einen ganz bestimmten Feind vereinbart . Der Waffendienst erfuhr also eine
erstaunliche Einschränkung und verschwand teilweise sogar völlig.(1)
Desweiteren gab es keine DIN-NORM im Mittelalter, sprich jeder, der in den Krieg zog (wobei das gerade im Deutschen Kaiserreich die wenigsten waren) - hat sich nach seinen Verhältnissen
ausgerüstet, und wenn er sich keine volle Ausrüstung leisten konnte, dann hat er das genommen, was erbezahlen konnte.
(1)die beiden aufgeführten Beispiele stammen aus L.Cassan und E. Meynial,Cartulaire de l’ Abbaye d’Aniane, Nachzulesen in Francois Louis Ganshof, Was ist das Lehnswesen?
Gruß Ingo
Gruß Ingo
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Eintrag #18 vom 29. Okt. 2002 21:46 Uhr
Christoph Bitter
Stimmt, eine solche gab es nicht im HMA.
Allerdings wurde schon von dem waffenfähigen Vasallen zumindest ein Speer (5 Kriegsknechte) erwartet. Wie gesagt, erwartet!
Heute können wir wohl kaum noch nachvollziehen, ob das jeder Vasall konnte. Aber unterhalb vom Speer anzusetzen wäre reine Spekulation, da nicht beweisbar.
Wie der Speer, also die 5 Kriegsknechte, ausgestattet waren, hing tatsächlich von dem Vasallen ab. Manche hatten gute Rüstkammern, andere gaben ihren Bauern Knüppel oder anderes in die Hand und konnten ihnen auch nicht die geringste Rüstungsart bieten.
Gruß
v. Arlen
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Eintrag #19 vom 29. Okt. 2002 22:03 Uhr
Roland Schulz
Gut Ingo, einigen wir uns vielleicht darauf, daß in der spätstaufischen Epoche um 1240/1250 dennoch der überwiegende Teil der Ritter einen Hauberg besaß? ;-)
Ich beziehe mich hierbei auf die Abbildungen der Zeit, in denen ich keinen Nachweis auf den Ritter "Leichtgewicht" finden kann, bin aber immer bereit einen gegenteiligen Beweis als solchen natürlich zu akzeptieren.
(P.S. : Dies ist der Rest einer laaaangen Diskussion im Chat vorige Nacht!) ;-)
Gruß,
William de Mornay
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Eintrag #20 vom 29. Okt. 2002 23:08 Uhr
Christoph Bitter
muß ich mal fragen:
William, was ist ein Hauberg?
Gruß
v. Arlen
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Eintrag #21 vom 29. Okt. 2002 23:41 Uhr
Alexander Melis
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Also der Brockhaus führt in die Irre, der schreibt was vom Holzschlagplatz.
William meint wohl einen Kettenpanzer. Ist übrigens interessant, wieviele verschiedene Namen der bekommen hat. Hauberg habe ich auch schon als als Abwandlung von frz. hauberge irgendwo gesehen, ansonsten Haubert, Halsberge, etc.
Ganz andere sprachliche Herkunft: Brünne.
Hat jemand mehr, wenn es geht mit Quelle (lechz)?
Alex Melis
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Eintrag #22 vom 30. Okt. 2002 00:00 Uhr
Roland Schulz
Der Ausdruck Hauber(g,c) bezieht sich meines Wissens auf einen Ringelpanzer (Kettenhemd) mit angesetzter Haube, meist auch mit Fäusteln.
Gruß,
William de Mornay
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Eintrag #23 vom 30. Okt. 2002 13:52 Uhr
Ingo Kammeier
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Brünne/Hauberg/Haubert und was es sonst noch alles gibt
Hallo,
der Begriff Brünne=Hauberge usw. bezieht sich, in erster Linie auf ein Panzerhemd, welches aus kleinen Eisenringen besteht - über die Form sagt der Begriff erstmal nichs aus. So taucht der Begriff "fief de haubert" (die Erklärung dazu findet ihr in meinen letzten Eintrag) in Frankreich (hauptsächlich in der Normandie) schon im 11. Jahrhundert auf, und wenn man den Abb. auf dem Bayeux-Teppich glauben darf, dann gab es dort noch keine angesetzten Fäulinge und es muß noch nicht einmal lang gewesen sein - wie man es bei den sächsischen Brünnen -10. 11. Jahr- (in diesem Fall wird oft von Brünnen gesprochen) sehen kann.
Gruß ingo
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Eintrag #24 vom 30. Okt. 2002 18:52 Uhr
Uli Gasper
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Moin!
Bitte korrigiert mich, wenn ich falsch liege.
Brünne=
Hemd/ Wams aus solidem Material wie Leinen oder Leder, auf die zur Verstärkung Ringe oder Platten meist aus Metall aufgenietet wurden. Wurde dann auch Ringbrünne genannt. Es soll wohl auch Brünnen mit daraub befestigten Ketten (nicht Kettengeflecht) gegeben haben.
Hauberg=
Kettenhemd mit daran befestigter Haube.
Alternativ: Holzlagerplatz, der Platz wo man das Gehauene Holz barg, d.h. sicher aufbewahrte
Halsberge=
eiserner Kragen, der unter SMA Helmen, z.B. Schaller den Hals vor von unten geführten Stichen schützte.
gruß, uli
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Eintrag #25 vom 30. Okt. 2002 21:34 Uhr
Christoph Bitter
mit meiner Frage eigendlich keine Diskussion über Brünnen starten. Die Antwort von William hat mir völlig genügt.
Die Grundfrage in diesem Thread ist doch eine ganz andere. Können wir damit fortfahren?
Gruß
v. Arlen
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Eintrag #26 vom 31. Okt. 2002 00:05 Uhr
Alexander Melis
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Cristoph hat Recht, mir sind die etymologischen Pferde durchgegangen.
Gruß
Alex Melis
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Eintrag #27 vom 30. Sep. 2003 14:00 Uhr
Magdalena Wohlgemuth
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Hallo Jungs,
indem ich grad eine Arbeit über die Schlacht von Worringen (1288) schreiben muß und da über einige interessante Sachen gestolpert bin…
Also: alles Folgende bezieht sich auf ca. 2. Hälfte 13. Jahrhundert.
Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal zwischen Ritter und Sergent ist, daß der Ritter min. 3 Pferde hat (Reittier, Lasttier, Schlachtroß), der Sergent eher nur eins. Bewaffnung ist eher zweitrangig, ein Sergent kann u.U. besser gerüstet sein als ein Ritter. Hauptangriffswaffe ist die Lanze, symbolisch sehr wichtig natürlich das Schwert. Beim Ritter ist im Gegensatz zum Sergenten auch noch das Pferd oft gepanzert (beim S. nur in Ausnahmefällen).
Zitat: "Im übrigen steht ihnen [den Sergenten] alles zu, was die Ritterbrüder haben, mit Ausnahme eines Roßpanzers, den sie nicht haben, ferner des kleinen Zeltes und des Kessels. Sie können jedoch ein Panzerhemd haben ohne Panzerärmel, außerdem Eisenhosen ohne Schuhe sowie einen Eisenhut." Aus der Ausrüstungsvorschrift des Templerordens.
Er erwähnt übrigens nichts davon, daß ein Ritter außer einem Knecht/Knappen noch viel Anhang mitbringen muß.
Steht natürlich noch einiges mehr drin, wen´s interessiert der kanns ja selber lesen.
ßbrigens noch wegen der Diskussion unten: was mir inzwischen auch schon sehr oft untergekommen ist; erblich ist (und auch erst ab dem HoMi) nicht das Ritter sein an sich, sondern die Berechtigung bzw. Möglichkeit, zum Ritter zu werden. Und bei weitem nicht alle, die Ritter hätten werden können, sind auch welche geworden.
Daraus folgt für mich: wenn ich denn nun schon mal Ritter werde dann ja wohl nur mit der erforderlichen standesgemäßten Ausrüstung.
Das ist jetzt alles aus dem Buch von Ulricht Lehnart (ja, der der auch das Klamottenbuch geschrieben hat), welches heißt:
Die Schlacht von Worringen 1288, Ut.:Kriegsführung im Mittelalter (erschienen 1993)
Einige Angaben hab ich auch in anderer Literatur so gefunden. Allerdings habe ich das Gefühl, daß Lehnart seine Angaben (insb. das mit den 3 Pferden) hauptsächlich aus anderer Sekundärliteratur bezieht, auch wenn er da anscheinend durchaus einiges durchforstet hat. Deshalb meine Frage: was halten die Experten hier davon? Und hat schon jemand anders dieses Buch gelesen?
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Eintrag #28 vom 30. Sep. 2003 14:17 Uhr
Dr. Nicole Schneider
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falls es Dich interessiert, es gibt irgendwo einen "reinen" Sergententhread.
Die von Dir angesprochenen Textpassagen stehen auch in dem "Klamottenbuch" :-) 12hundert-de bis 1320.
Insgesamt ist der Autor meiner Meinung nach ein bisschen mit Vorsicht zu geniessen, da er hie und da schon mal Fehler eingebaut hat (wenn man schon aus dem Viollet le Duc abschreibt, sollte man das zumindest richtig tun. Kann ich sogar belegen.)
Nicole
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