Ritter - Männer in ´´Kleidern´´ !? Hintergründe
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Eintrag #1 vom 24. Okt. 2006 19:36 Uhr
Annette Imort
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Jeder kennt wahrscheinlich den berühmten Ausspruch des Touri-Kindes, während es auf einen korrekt gewandeten hochmittelalterlichen Herrn zeigt: \\\"Mama, warum hat der Mann ein Kleid an???\\\"
Ein Kind, das kürzlich bei uns im Codex Manesse blätterte, hat diesen Spruch noch getoppt, als es feststellte, daß die eine Frau ein Schwert umgegürtet hat (Tafel 23, Herr Rudolf von Rotenburg) und die andere Frau eine Leiter hochklettert (Tafel 11, Graf Kraft von Toggenburg).
Meine Erklärung, daß das Männer seien, wurde mißtrauisch aufgenommen - wenn die fragliche Person lange Kleider trägt, recht lange Locken hat und das (bartlose) Gesicht genauso feingeschnitten ist wie das der \\\"echten\\\" Frauen auf den Bildern - woher soll man dann wissen, was Männlein und Weiblein ist?
Mir ist da zum ersten Mal bewußt aufgefallen, daß vielen Männern in der künstlerischen Darstellung dieser Zeit ein recht feminines Erscheinungsbild gegeben wird und auch die Mode entsprechend darauf abhebt.
Darum nun auch meine Fragen, die ich keinesfalls als Aufforderung zum Herumalbern oder -pöbeln verstanden wissen will:
Wie kam es dazu, daß im HMA die Männerbekleidung so lang (und teilweise der Frauenmode so ähnlich) wurde?
Welche Vor- und Nachteile hat das Tragen solch langer Gewänder für Männer?
Und, last not least: Was empfinden Männer des 21. Jhds., wenn sie in solcher Kleidung herumlaufen, und wie reagieren sie auf die eingangs erwähnte Kinderfrage?
Annette
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Eintrag #3 vom 25. Okt. 2006 18:00 Uhr
Thorsten Seifert
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Ritter - Männer in ´´Kleidern´´ !? Hintergründe
Diese langen Tunicen tauchen bereits in Karolingischen Handschriften auf( 8. und 9 Jhr.). werden da allerdings nur von Personen von sehr hohen Stand getragen. Die Mehrheit der in den Handschriften abgebildeten Personen trägt eine Kuze Tunica. Meines Wissen sind es die frühsten Belege für ein Cottenartiges Kleidungsstück im Mittelalter Mitteleuropas.
Dagobert
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Eintrag #4 vom 26. Okt. 2006 00:29 Uhr
Beitrag anonymisiert
Zu den Vorteilen würde ich mal einfach sagen, dass eine lange Cotte besser vor Zugluft schützt, und somit auch einfach wärmer ist…
was den modischen Aspekt angeht… naja… is möglicherweise ein ähnliches Phänomen, wie heutige unterernährte Männer, die Abdeckstift benutzen, ewig an ihren hässlichen Gel Frisuren rumpantschen, und dann mit einem Rosafarbenen T-shirt herumlaufen, auf dem der Schriftzug "de Puta Madre" (zu deutsch: von einer Huren-Mutter (abstammend)) zu lesen ist… hab ich erst heute wieder in der Ubahn gesehn.
Nein, Spaß beiseite… ich hab keine Ahnung was da die Hintergründigen Mode Aspekte sind… wird sich wohl auch schwer herausfinden lassen, wenn man nicht zufällig eine Modezeitschrift aus dem 15. Jahrhundert findet, wo die Hintergründe solcher Trends beschrieben sind.
Rein theoretisch (find ich aber selber weit hergeholt) wärs evtl möglich, dass es bisschen was mit Prestige zu tun hat… immerhin war ja Stoff alleine schonmal nicht billig… und die Verarbeitung von viel Stoff, braucht auch viel Zeit.
LG, Mathais
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Eintrag #5 vom 26. Okt. 2006 07:55 Uhr
Laura
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Ritter - Männer in ´´Kleidern´´ !? Hintergründe
Hallo,
Um herauszufinden warum Männer lange Cotten tragen, müßte man sich anschauen aus welchem Kleidungstück sich die Männerklamotte entwickelt hat? So ist zB eine Römische Toga (ok -viiiel früher) auch nicht unbedingt sehr kurz! Also, was wurde vorher getragen, bevor diese Cotte in Mode kam?
Dann ist -wie schon erwähnt- ja lange Kleidung noch lang ein Zeichen von Würde und Alter (zB bis ins mindestens in 15. jhd -da sieht man ältere Semester und hochgestellte Personen oft noch mit Knielangen Gewändern, während die die Röcke der Jüngeren kaum den Hintern bedecken)
Man hatte eben -aus welchem Grund auch immer- ein Idealbild ("höfisch" sein; keine körperliche arbeit ausser Jagd, Kampf und Tanz. Musische Betätigung). Und wie Mathias schon gesagt hat, vielleicht wollen sie ja auch Reichtum zur Schau stellen?
Und dann ist da ja immernoch die Mode, die kann manschmal ganz schön unberechenbar sein und auch nicht wirklich Sinn machen… manchmal sind eben Kantige Haudegen in Mode, dann wieder recht androgyne Gestalten (neuerdings "metrosexuelle"*g*) -öfter mal was neues!
Naja, die Frage könnte andersherum ja auch lauten "warum haben Männer überhaupt andere Kleidung als Frauen?"
Gruß, Laura
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Eintrag #6 vom 26. Okt. 2006 08:41 Uhr
Jens
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Einwurf:
Ich gebe zu bedenken, dass die lange Mode nicht die generelle Mode der Männer war, knielange Kleidung (die auch Cotte genannt wird, was nur das _französische_ Wort für das eigentlich _deutsche_ "Kittel" ist, nur so am Rande) wurde parallel fast "immer" getragen, Tunika/Kittelähnliche Kleidung lässt sich schon sehr, sehr sehr früh nachweisen…
Insofern glaube ich nicht, dass man praktische Aspekte für die eher modische lange Bekleidung anführen kann.
Dazu empfehle ich schlicht einen Blick in die Kostümgeschichtliche Forschung, z.B.
Geschichte des Kostüms. Die europäische Mode von den Anfängen bis zur Gegenwart
Erika Thiel
Gruß, Jens
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Eintrag #7 vom 26. Okt. 2006 09:28 Uhr
Alexandra Krug
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Ist es auch nicht so, daß der- oder diejenige, der/die ein langes Kleid oder eine Cotte anhat, eben auch zeigt, daß der Status so gehoben ist, daß damit keine größeren und vorallem schmutzigen Arbeiten zu verrichten sind? Daß man in der Lage ist, für sich arbeiten zu lassen also.
Haben nicht auch reiche Bürgersfrauen im Spätmittelalter zwar im Haus eine Schürze getragen, die allerdings so gebügelt und fein war, daß sie damit jedermann gezeigt haben, daß die Bediensteten die eigentliche Arbeit verrichten?
Und wenn heute Frauen ein langes Abendkleid tragen, dann gehen sie ja auch damit nicht gerade Unkrautjäten im Garten…
Sicherlich ist eine lange Cotte auch mit einem entsprechend vornehmen Stoff verbunden…
Das nur so als ßberlegung.
Viele Grüsse, Alexandra
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Eintrag #8 vom 26. Okt. 2006 10:13 Uhr
Laura
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Alexandra,
Aber die Arbeitenden Frauen damals trugen schon auch lange Kleider. Und im ernst, behindern tut es einen eigentlich nicht. Das moderne Abendkleid ist wohl nicht so ein toller vergleich was die Kleiderlänge angeht.
Gruß, Laura
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Eintrag #9 vom 26. Okt. 2006 11:59 Uhr
Bernd
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Schaut man in andere Kulturkreise, z.B. islamische oder afrikanische, tragen die Männer dort auch heute noch "Kleider" (zumindest die Traditionellen).
Gut, das hat auch mit dem Klima zu tun, aber anscheinend gibt es in diesen Kulturkreisen keine Probleme, "Kleider" zu tragen.
Ein Aspekt _könnte_ sein, daß diese Kleider/Cotten relativ einfache Schnitte sind. Dagegen spricht, daß im HMA die langen Cotten eher von höhergestellten Leuten getragen wurden, welche sich ja durchaus auch kompliziertere Kleidung hätten leisten können - wenn sie denn dagewesen wäre. Man konnte mit viel Stoff protzen und mit teurem Stoff, aber vielleicht war einfach der "Schalter" noch nicht umgelegt für andere Schnitte.
Anscheinend wurde ja im Spätmittelalter der "Schalter" umgelegt, da es dort große modische Umbrüche gab - aber da können sicherlich andere mehr dazu sagen, die sich in dieser Epoche auskennen.
Wenn ich mein Gedächtnis durchwühle, scheint es sehr viele Kulturkreise zu geben, in denen diese oder ähnliche Kleidungsstücke von Männern getragen wurden und z.T. in der traditionellen Kleidung heute noch vorhanden sind (siehe auch asiatischer Kulturkreis).
Frage ist, inwieweit das stimmt (oder ob mich da mein Gedächtnis trügt bzw. ich teilweise Klischees aufgesessen bin) => könnt ihr das bestätigen, gibt es dazu Abhandlungen?
Vielleicht sollten wir uns auch die Frage stellen, warum wir heute keine "Kleider" mehr tragen?
ciao - Bernd
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Eintrag #10 vom 26. Okt. 2006 12:08 Uhr
Jens
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Moin,
Also ich finde das wirklich sehr spekulativ jetzt.
Es gibt zu dem Thema der modischen Entwicklung aus byzantinscher Tradition über das Vertikalstreben der Gotik, die Veränderung der Körperlinie und der daraus resultierenden Zweiteilung des Kostüms bis hin der dem folgenden Umbruch in der Frauenmode im SMA und Frührennaissance schon einiges an Literatur.
Ich gebe speziell zu bedenken, dass lange Kleidung keineswegs eine Erfindung der Mitteleuropäer ist, und wesentlich älter, sowie in zahlreichen Kulturkreisen des angrenzenden Mittelmehrraumes wie darüber hinaus vertreten.
Gruß, Jens
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Eintrag #11 vom 26. Okt. 2006 15:34 Uhr
Katrin Auer
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Mal anders rum gefragt: Warum trugen Männer und Frauen im 20. Jahrhundert eigentlich Hosen?
Was ich damit sagen will: Meines Erachtens hat zwar jedeR eine konkrete Vorstellung davon, welche Bekleidung objektiv sinnvoll oder praktisch ist (angepasst an die Arbeitsaufgabe oder die Sitten), aber es gibt da keine für alle Zeiten gültige allgemeine Wahrheit, welche Bekleidung objektiv die beste ist. Das ist sehr abhängig von den eigenen Sehgewohnheiten.
Ich finde es z. B. interessant, dass Hosen (in unserem Sinne, also in einem Stück mit zwei unten offenen Röhren) zwischen dem späten Frühmittelalter und der Französischen Revolution absolut unüblich waren. Man trug Beinlinge, "Strumpfhosen", später dann Kniebundhosen… und die damaligen Menschen fanden das bestimmt "objektiv" das Praktischste.
Vielleicht empfand man im späten Früh- und im Hochmittelalter ja angesichts der damaligen enganliegenden Beinkleidermode das Zeigen zumindest des oberen Teiles des Beines / Beinkleides auch für Männer als unschicklich, jedenfalls bei hochgestellten Männern? Wäre doch auch eine Theorie…
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Eintrag #12 vom 26. Okt. 2006 16:04 Uhr
Jens
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…zu zeigen empfand man laut mehrfach dokumentierter Verordnungen bei Männern sogar noch im 15ten als unschicklich, wobei man anfing, sich davon zu lösen.
(Nürnberger Kleiderordnung 14tes/15tes)
Gruß, Jens
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Eintrag #13 vom 26. Okt. 2006 22:25 Uhr
Karen Thöle
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Man darf auch nicht vergessen, daß es natürlich im Mittelalter andere Sehgewohnheiten gab als heute. In einer Zeit, in der eigentlich alle Frauen ungefähr bodenlange Kleider trugen, reicht es als Marker der Männlichkeit, daß die Füße und Knöchel deutlich sichtbar sind.
In gewissem Maße sensibilisiert das Hobby Mittelalter, solche Sehgewohnheiten wiederzuentwickeln. Ich hatte vor einer ganzen Weile mein erstes Gewand mal wieder an, und mir fiel auf, daß es etwas zu kurz war, weil ich mir darin "männlich" vorkam. Dabei war es immer noch länger als die langen Röcke, die ich normalerweise trage.
Bis denn
Karen
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Eintrag #14 vom 27. Okt. 2006 13:34 Uhr
Patrick Artner
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Ich hatte bisher das Problem nicht, mag aber auch an meinem Bart liegen ;)
Und ich finde -gerade im Sommer- die Leinencotte angenehmer zu tragen als Jeans und TShirt.
Ach ja, auch ein: "Mama, warum hat die Frau da einen Bart?" kam noch nicht vor, nur um die Frage vorweg zu nehmen.
Padreigh
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Eintrag #15 vom 27. Okt. 2006 15:34 Uhr
Dr. Frank Dierkes
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Ich stelle nun wirklich keinen Riddä dar, aber des öfteren einen Benediktiner im Zeitfenster ca. 1250 aus dem Raum Nordwestdeutschland (NWD).
Die Ordensregel schreibt in meinem Fall vor, welche Bekleidung ich zu tragen habe, wobei darauf zu achten ist, dass die Bekleidung den höchstmöglichen Nutzen bringt, bei geringstmöglichen Kosten. Die jeweiligen Konsuetudines - man könnte es mit "Hausgepflogenheiten" übersetzen - konnten je nach Breitengrad und Klima Kleidungserweiterungen zulassen, die bes. in NWD vornehmlich gegen Kälte schützen sollten (nächtliche Offizien, ausgekühlte Kirchen, nur eine Wärmestube die man 1h/Tag besuchen durfte etc.).
Ein weiterer Aspekt des Habits ist die deutliche Kenntlichmachung, dass man NICHT dem kämpfenden Stand angehört, sondern dem klerikalen Stand. So sind die Kutten/Cotten nicht unbedingt zum Reiten geeignet, sondern müssen dann sehr hoch geschürzt werden (was dazu führte, dass der Mönch auf Reisen der reiten musste, Femoralien = Hosen aus der Kleiderkammer bekam). Effektiv sind die Habite der Priesterbrüder zum Arbeiten unpraktischer, als die kürzeren Habite der Laienbrüder (= Knecht in Kutte).
Frank
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Eintrag #16 vom 30. Okt. 2006 11:28 Uhr
Ameli
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Hallo,
Frank hat da schon den Aspekt der Praktikabilität angesprochen. Lange (Voraussetzung: geschlitzte) Klamotten halten beim Reiten die Beine warm.
Neben der allgemeinen Modeerscheinung, auch den Bauformen, kann ich mir auch ein "künstlerlisch-optisches" Annähern an die verehrte Frau in der Kunst vorstellen. Daher vermutlich auch die femininen, glatt rasierten Gesichtszüge in den Bildern. Wie stark das im realen Leben (vs. idealisierte Abbildungen) durchgezogen wurde, wird wohl offen bleiben.
Krönung des ganzen ist in meinen Augen Herr Ulrich von Liechtenstein, der als "Frau Venus" in Frauenkleidung Turniere ritt und alle seine zu Fall gebrachten Gegner zu seiner Angebeteten schickte um ihr seine Verehrung mitzuteilen. (Ausarbeitung von Ony Wytars anläßlich eines Theaterstückes über Herrn Ulrich).
Gruß
Ameli
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Eintrag #17 vom 30. Okt. 2006 12:32 Uhr
Karen Thöle
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Bei den glatt rasierten Gesichtern hätte ich jetzt eher gedacht, daß das die Jugendlichkeit des Abgebildeten anzeigen, hervorheben oder vortäuschen soll, mit den positiven Aspekten Tatkraft, Geschicklichkeit und der Fähigkeit zu romantischer Verliebtheit, die noch nicht durch frühere Erfahrungen mit der Liebe geprägt ist. Und vielleicht schwingt sogar das Element mit, daß der Bartlose nicht oder noch nicht lange in verantwortungsvoller Position sitzt.
Es gibt beispielsweise in der Manesse auch Bärtige. Die sind dann aber entweder eindeutig alt, oder aber machen auf mich den Eindruck von Abgeklärtheit und Urteilskraft, und sie sind häufig sitzend oder in einer Pose abgebildet, in der sie herrschen, urteilen oder Anweisungen geben, bei sportlichen Tätigkeiten aber eher nicht.
Bis denn
Karen
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Eintrag #18 vom 31. Okt. 2006 10:40 Uhr
Ingo Ludwig
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Kann Karen dabei nur zustimmen und möchte ergänzen, dass auch immer die Motivation des Künstlers resp. des Auftraggebers berücksichtigt werden muss bei der Betrachtung und Bewertung von bildlichen Darstellungen. Das bedeutet, eine sklavische Bindung an die bildliche Darstellung bei der Ableitung historischer Fakten kann sehr leicht in die Irre führen wenn nicht berücksichtigt wird, ob der Künstler nicht vielleicht aus einem bestimmten Grund alle Männer jung und dynamisch, bartlos, schlank und gut gebaut dargestellt hat - betrachtet bitte die Vielfalt an äußeren Erscheinungsbildern heutiger Männer hinsichtlich Körpergröße, Statur und Frisur - auch im Mittelalter wird es diese Variationen gegeben haben, nur wird diese (und wahrscheinlich vieles andere ebenso!!!) nicht in dem betrachteten Bild dargestellt (es ist immer eine künstlerische Verallgemeinerung oder "Gleichmacherei" dabei) - viele kleine Mädchen machen z.B. die Zeit durch ausgesprochen schlanke Prinzessinnen mit kleiner Kone und langen Haaren zu malen (war jedenfalls in meiner Kindheit bei den Mädchen Mode) - doch nicht alle "Prinzessinnen" sahen/sehen so aus, oder?
Hier werden immer wieder Ideale, Wunschbilder (!) dargestellt.
Gruß, Ingo
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Eintrag #19 vom 18. Nov. 2006 17:58 Uhr
David
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….einfach darum zu zeigen "daß man es sich leisten kann" soviel Stoff zu verbrauchen??
Oder um zu zeigen, daß man eben nicht "arbeiten muss" im Sinne von körperlicher, anstrengender Feldarbeit, oder Handwerk.
Der Spruch "Gut betucht sein" kommt doch daher…..
Alles reine Interpretationsache und Vermutung, aber meiner Meinung nach ist fast alles an der hochmittelalterlichen Adelskleidung darauf ausgelegt Farbe und Stoffmenge zu zeigen, auch wenn es teilweise unpraktisch ist - im Gegensatz zum einfachen Volk.
Gruß
David
Interessengemeinschaft Leben um 1250
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Eintrag #20 vom 18. Nov. 2006 19:39 Uhr
Harald Sill
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Dass mehr Stoff die Möglichkeit gibt seinen Reichtum zu zeigen wurde ja schon hinreichend angeführt.
Der Aspekt der Mode ist aber auch schon sehr lange wirksam, udn da man sich durch anderes Kleiden abheben konnte tat man das auch.
Es ist zu beobachten dass das Volk die Tendenz zeigte die höher gestellten in der Kleidung nachzuahmen um sich wiederum durch diese Annäherung von ihren Untergebenen abzuheben.
Das macht es wieder nötig für die Höher gestellten sich von den NAchahmern abzuheben, was eien Triebfede der Mode war.
Das ist aber sicherlich nur ein Aspekt im Topf der Gründe
Harwalt von Biberach
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Eintrag #21 vom 05. Dez. 2006 23:00 Uhr
Lars-Christoph Klein
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Dass die Jungs bartlos sind, kann auch einen ganz einfachen theoretischen Grund haben: Sie sind die männlichen Protagonisten in der Bebilderung einer Liederhandschrift.
In der Forschung gilt (oder galt zumindest noch vor einigen Jahren) die extrem schnelle (und teilweise über das Sinnvolle hinausschießende) Entwicklung der höfischen Kultur nebst aller Verfeinerung und Verkünstelung als Musterbeispiel für ein zivilisatorisches Projekt, welches vorrangig literarisch vermittelt und propagiert wurde. Literatur wurde vorrangig von Frauen getragen, das Zivilisationsprojekt richtete sich vorrangig an Männer, problematisierte bestimmte überwiegend maskuline Verhaltensmuster und bewirkte offenbar tatsächlich einen gewissen Wandel. Ein Beispiel dafür ist die Entwicklung des Begriffes "Ritter", der nur für einen bestimmten - nämlich höfisch korrekt auftretenden - Typus benutzt wird, während für die archaischen Kampfmaschinen (mustergültig: Orilus in Wolframs Parzival, aber auch Parzivals Vater Gahmuret) mit den alten Begriffen "degen" und "helt" belegt werden, so dass dem Rezipienten schon aus der Wortwahl entgegenspringt, dass er es hier mit einem Kerl zu tun hat, der in eine andere Zeit gehört, mit einem Relikt, welches von der gesellschaftlichen Entwicklung überholt wurde.
Was, werdet ihr euch fragen, was hat das jetzt mit den Bärten zu tun? Ganz einfach: Bestandteil dieses Projektes war eben nicht nur erzählende, sondern auch didaktische Literatur, der bekannteste höfisch-didaktische Text ist wohl Thomasins von Zerclaere "Welscher Gast". Und in dem (wie auch in vergleichbaren anderen Texten sowie in der Erzählliteratur) wird explizit darauf hingewiesen, dass man sich sauber rasieren soll, weil man dann angenehmer wirkt (und man soll sich auch den Rost vom Gesicht waschen,wenn man die Rüstung ablegt - vielleicht wäre ein Bart einfach nur ein allzu effektiver Rostfänger gewesen).
Auf jeden Fall verdeutlichen Bartlosigkeit, adrette Locken und "frauenähnliche" Kleidung explizit die Distanz zum archaisch anmutenden "degen" des Heldenliedes. Und vom Illustrator einer Minneliederhandschrift kann man erwarten, dass er diesen Unterschied deutlich macht, so dass Text und Illustration ein stimmiges, in sich geschlossenes Bild ergeben - wie auch andere Texte ihrem Inhalt entsprechend illustriert sein sollten. Ich kenne die Illustrationen des Ambraser Heldenbuches leider nicht gut genug, um aus dem Kopf etwas dazu sagen zu können, aber ein Vergleich wäre sicherlich aufschlussreich und lohnend.
Sam
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