Pfarrer
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Eintrag #1 vom 12. Jul. 2003 16:24 Uhr
Daniel Vokuhl
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hallo,
ich möchte gerne einen Pfarrer darstellen aus der Zeit um 1180 in einem Dorf das sehr begütet war, wer kann mir sagen wie er gewandet war und was er so bei sich trug.
Widego von Gittelde
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Eintrag #2 vom 12. Jul. 2003 18:26 Uhr
Carsten Baumann
Vielleicht hilft dies hier ja für das erste weiter:
Weltgeistliche (Säkularkleriker) im Hochmittelalter
von Hans F. Blaß
Prolog:
Der Mensch im Mittelalter definierte sich über den Glauben, bzw. über seinen - glaubensbedingten - Platz in der göttlichen Ordnung. Dieses war im christlichen Abendland in aller Regel der christliche Glaube. Das Alltagsleben war von der Religiosität durchdrungen (dies beinhaltet ebenso volksreligiöse wie amtkirchliche Inhalte), was sich unter anderem in häufigem Gebet, in Alltagshandlungen - wie Grußformeln und sonstiger Bezugnahme auf religiöse Elemente, Heiligenkult, "Bilderstöcken" usw. ausdrückte. Ebenso wie in der Verehrung und Hochachtung gegenüber dem Klerus, in jeglicher Gestalt.
Die Intensität des religiösen Lebens erfasste im 12. Jahrhunderts neben den Ordensgeistlichen auch den Weltklerus. Das gemeinsame Leben nach einer bestimmten Regel wurde ein Ideal für die Seelsorger und konnte auch den höheren Klerus für eine Reform gewinnen. Unter dem Schutz der Päpste bildeten sich so zahlreiche, miteinander höchstens lose verbundene Gemeinschaften, deren Stifte unter den Bischöfen standen. Auch einzelne Benediktiner- und Benediktinerinnenklöster wandelten sich zu Stiften um. Die Augustiner - Chorherrenstifte pflegten in der ersten staufischen Zeit oftmals eine eigene, von der aufkommenden Scholastik noch unbeeinflusste Theologie.
Grundherrschaft, konnte in den deutschen Gebieten des Mittelalters sowohl ein weltlicher als auch ein geistlicher Eigentümer ausüben. Nicht unbeträchtliche Teile bäuerlich genutzten Landes befanden sich immer auch in der Hand einer Abtei oder eines Bistums. Der Grundbesitz der Kirche war jedoch nicht gemeinschaftlich zusammengefasst, sondern blieb in dem Besitz einer Abtei oder eines Bistums.
Die Kirche war und blieb eine große Institution des gesellschaftlichen Lebens neben der Adelsherrschaft.
Hierarchie und Struktur
Die Ausbildung der Geistlichen vollzog sich im Normalfall durch eine Art Lehre bei den Ortspfarrern, die auch Kandidaten aus den Familien auswählten. Nur die größeren Städte leisteten sich Domschulen mit einem geregelten Ausbildungsgang.
Bei den Weltgeistlichen finden wir eine erstaunlich breite Palette von Ausprägungen vor: Sie reichen vom "Einfache - Leute - Priester", dem "kleinen" Dorfgeistlichen, der eine vom Gutsherrn unterhaltene Eigenkirche versorgte. Der Dorfgeistliche war in der Regel schlecht ausgebildet. Er verstand es gerade die elementarsten liturgischen Handlungen vorzunehmen. Es handelt sich oft um einen einfachen Mann, der in seiner Kindheit eventuell als Ministrant bei der Eucharistiefeier geholfen hat und anschließend, nach einigen Unterweisungen in sein Amt entlassen wurde. Auch Unfreie konnten sich mit der Erlaubnis ihres Grundherrn einem geistlichen Amt zuwenden. Ihr Sozialprestige lag dann erheblich über dem des einfachen Bauern. Bei der Einsetzung eines Pfarrers in die Eigenkirche des Grundherrn war dessen Zustimmung nötig.
Der städtische Stiftskanoniker, konnte falls er nicht gemäß den ursprünglichen Regeln (als regulierter Chorherr) in einer Stiftsgemeinschaft lebte, in der Stadt ein großes Haus mit Gesinde bewohnen und von seelsorgerischen Aufgaben praktisch ganz freigestellt sein.
Neben den Herrschern stehen die Bischöfe des Reiches. Sie sind beinahe Teilhaber ihrer Macht; belehnt mit den Gebieten ihrer Hochstifte, leben sie einen großen Teil des Jahres am Hof. Sie sind an der Wahl des Königs mitbeteiligt, sie salben und krönen ihn, sie sind die Ratgeber und Kanzler der Herrscher. Die Bischöfe sind Diplomaten, Heerführer und Geschichtsschreiber der Herrscher. Ihre Stellung im Reich wird immer einflussreicher, schließlich wird sie verfassungsrechtlich abgesichert. Friedrich II. muss ihnen für die Wahl seines Sohnes Heinrich (VII.) zum deutschen König in den Privilegienbriefen von 1220 so viele Rechte einräumen, dass sie nunmehr den weltlichen Fürsten im Reich gleichgestellt sind. Aus den "Reichsbischöfen" werden die Geistlichen Fürsten. Einer von ihnen, Engelbert von Köln, wird vom Kaiser zum Vormund seines Sohnes und zum Reichsverweser bestellt. Im Denken der Zeit fielen Ausbreitung des Reiches und Verbreitung des Evangeliums, christliche Mission und neue Organisation der Kirche zusammen. In der Missionierung des Ostens fand der Deutsche Orden eine neue Aufgabe. Die Bistümer waren für die Seelsorge der dorthin zahlreich eingewanderten deutschen Bauern verantwortlich.
Neben den Bischöfen hatten die ßbte, die Reichsäbte vor allem, die Klöster und die Orden ihren festen Platz im Gefüge des Heiligen römischen Reiches.
Die Erzbischöfe entstammten dem Hochadel, neben ihren vielen Aufgaben geriet das geistliche Amt oft zu einer Nebensache. An den großen kirchlichen Feiertagen, hielt jedoch in der Regel ein Erzbischof den Gottesdienst für die Herrscherfamilie. Da für den hohen Klerus der Zölibat galt, hatten sie keine Nachkommen, zumindest keine legitimen. Die Nachfolge bei hohen Kirchenämtern musste immer wieder neu bestimmt werden; zwar besaßen die Domkapitel ein formelles Wahlrecht, nahmen es jedoch mit letzter Entschiedenheit nicht wahr. Maßgeblich blieb der Personalvorschlag des weltlichen Herrschers.
Hohe Kleriker waren fürstengleich und hielten Hof wie Fürsten. Sie vertraten die Ekklesia triumphans, die triumphierende Kirche. Die Macht, also auch die geistliche Macht, wurde über Insignien und Darstellung nach Außen auch durch aufwendige, prunkvolle Kleidung zur Schau gestellt. Bischofskirchen und Domschätze vermitteln einen weiteren Eindruck der Pracht, die der Hohe Klerus entfaltete.
Von besonderer Bedeutung ist auch die enge Verzahnung von Adel und Amtskirche. Es wird kaum eine adlige Familie gegeben haben, die nicht mindestens eines ihrer Mitglieder im kirchlichen Dienst untergebracht hatte.
Kleiderordnung
Zahlreiche Textilfragmente legen immer noch Zeugnis von der einst reichen Ausstattung der weltgeistlichen Oberschicht ab. Gut erkennbar ist oft die reiche Ornamentierung und die kunstvolle Webtechnik. Kostbare Leinenstoffe sind ebenso überliefert wie Seidenstoffe. Kostbare Stickereiarbeiten sind auf den verschiedenen Dalmatika, Alba, Pluvialen, Gürtel und Reliquienbeutel nachweisbar. Zahlreich, sind seidene Pontifikalstrümpfe überliefert.
Das Bischofsornat wurde jedoch nur bei Weihehandlungen angelegt. Die Alltagskleidung wird individuell unterschiedlich getragen worden sein. Das Mönchshabit konnte ebenso angelegt werden wie weltliche Kleidung.
Bei Kriegshandlungen, wappneten sich die Bischöfe ebenso, wie ihre Ritter.
Bei der Kleidung der weltgeistlichen Priester sind wir im Augenblick auch auf Vermutungen angewiesen. Von den Weltgeistlichen wurde ein größerer und aufwendiger Kleiderluxus erwartet, ob das aber das tragen eines Mönchshabits ausschließt, kann nach meiner Quellenlage nicht beantwortet werden.
Pfründe
Unter einer Pfründe verstand man ein geistliches Amt, das Anspruch auf Abgaben der Gläubigen enthielt. Das Amt war mit einer Vermögensausstattung, Land und laufende Einnahmen ausgestattet. Diese Einnahmen bestanden aus Abgaben der Bevölkerung, den "Zehnt". Der zehnte Teil aller Einkünfte war an die an die Kirche zu entrichten. Des weiteren auch Gebühren für Taufe, Heirat, Beerdigungen etc. Der Zehnt bildete die Lebensgrundlage der Geistlichen. Im Regelfall wurden diese Abgaben für vier Zwecke verwendet: Ein Teil für den Ortsgeistlichen, ein Teil für den Bischof, ein Teil für die Kirchenbauten und ein Teil für die Kirchenarmen, d.h. für die Klöster und die Scholaren an den Schulen.
Die Einnahmen der Pfründe oder eines kirchlichen Benefiziums konnten unterschiedlichen Umfangs sein.
Der Pfaffenbegriff:
Noch im 12. Jahrhundert zielte der Pfaffen- oder Klerikerbegriff eher auf die Beschreibung des Bildungszustandes (also ein litteratus - ein Schriftkundiger zu sein) ab, als primär auf die Weihe als Priester. So firmieren verschiedene mittelhochdeutsche Dichter unter der Bezeichnung "Pfaffe", obwohl sie eindeutig aus nichtgeistlichen Bezügen stammen.
Unterschiede zwischen Welt- und Ordensgeistlichen
Ordensgeistliche, sowohl eremitisch als auch zönobitisch (gemeinschaftlich), lebten ausgenommen - der neuen Bettelorden des 13. Jahrhunderts, kontemplativ und von der Außenwelt relativ abgeschlossen. Sie waren einer Regel und einem festen Tagesablauf unterworfen.
Weltgeistliche - sind einer Diözese, (einem Bistum) oder einer ähnlichen kirchlichen Gebietskörperschaft zugeordnet. Entgegen dem Ordensgeistlichen betreiben sie Seelsorge und scheinen an keinen festen Tagesablauf gebunden zu sein.
Aufgaben
Zu den Aufgaben des Weltklerus gehört das Spenden der Sakramente. Seit dem 12. Jahrhundert steht eine Siebenzahl, dieser, zwischen einem Spender und einem Empfänger vollzogenen Kulthandlung fest. Taufe und Firmung dienen der übernatürlichen Heiligung. Die Bußsakramente (Beichte) und Krankensalbung bzw. die letzte ßlung dienen der Vergebung der Sünden. Die Priesterweihe und Eheschließung schließlich, dienen dem übernatürlichen Gemeinschaftsleben, während die Eucharistie, die zentrale Kulthandlung der Kirchengemeinschaft ist.
Die Geistlichen bedienen sich religiöser Zeichen und Handlungen, der Segnung und der Salbung. Fürbittgebete sollen den Empfängern die Gnade Gottes vermitteln. Als Sakramentarien werden geweihte Gegenstände wie Altar und Kelch verwendet und des weiteren auch heilige ßle.
Der Geistliche als Pfarrstelleninhaber
Wenn es hoch kommt, hatte ein Pfarrstelleninhaber eine Klosterbildung. Zu belegen ist, dass die Prämonstratenser bereits im 13. Jahrhundert Pfarreien inne hatten.
Ansonsten wird er häufig seine Bildung in einer "Pfarrschule" erlangt haben.
Die Domschulen bildeten wahrscheinlich nur für ihren eigenen Bedarf aus. " Für die breitere Bildung der Geistlichkeit gilt folgendes: "Im Laufe des 9. und 10. Jahrhunderts schaffen und unterhalten die Klöster sowohl eine innere als auch eine äußere Schule, wobei die eine der Ausbildung der künftigen Mönche und die andere der Ausbildung der Laien und des weltlichen Klerus dient". Allerdings lässt sich "… sicherlich von 800 bis 1100 von einem Vorherrschen der klösterlichen Bildung sprechen, während danach die Dom-, Kathedral-, Stifts-, und zuletzt die Pfarrschulen an Bedeutung gewinnen. Pfarrschulenbildung wurde durch den Pfarrer, der die Pfarrstelle in der Gemeinde innehatte, vermittelt.
In den Domschulen sollten künftige Bischöfe, Priester und Lehrer für die umliegenden Bistümer ausgebildet werden. Die Leiter der Domschulen waren oftmals angesehene Gelehrte des Reiches.
Weltgeistliche mit universitärer Bildung dürften im 13. Jahrhundert im deutschen Sprachraum nahezu gar nicht ins Gewicht fallen. Personen mit universitärer (geistlicher) Bildung hat es dann eher unter den großstädtischen Pfarrern und Kanzlisten gegeben. Als ein Beispiel mag Albertus Magnus - "Albert der Große" gelten.
Alltagsleben
Die eigene Versorgung der Unterschicht der Kleriker in den kleinen Pfarreien wurde durch Eigenanbau gewährleistet. Auf dem Pfarrland wurden Gärten mit Kohl-, Gemüseanbau, und Obstbäumen, eventuell sogar ein Getreidefeld angelegt. Geflügelhaltung ist anzunehmen aber nicht nachweisbar. Die weitere Versorgung kam als Hilfe aus der Bevölkerung. Fische wurden aus den umliegenden Gewässern gefischt.
Die Oberschicht der Geistlichen entstammte in der Regel dem Adel und führte einen aufwendigen, höfischen Lebensstil.
Hofgeistliche
ßber die Hofgeistlichen wirkte die Kirche entscheidend auf die höfische Gesellschaft ein; nahm Einfluss auf die Entwicklung höfischer Regularien, auf die Normen und Sitten an den Höfen.
Die Hofkleriker nahmen eine Fülle verschiedener Aufgaben war; der Hofarzt war in der Regel ebenso Kaplan wie der Hofarchitekt und der Prinzenerzieher, und auch die diplomatischen Missionen wurden vielfach Angehörigen des geistlichen Standes übertragen. Das Personal der Hofkapelle war zum Teil identisch mit dem der Kanzlei, den Notaren und Schreibern, in deren Händen, unter der Leitung des Kanzlers, der gesamte Schriftverkehr des Hofes lag".
Bei den Hofgeistlichen ist ebenfalls von klösterlicher Bildung auszugehen. Dies bedeutet, dass die "Hofkapelle" aus den ‘Schulen’ der Klöster - insbesondere der Hausklöster - der Adligen, akquiriert wurde. Es kann davon ausgegangen werden das die Geistlichen, die für den Dienst am Hofe bestimmt waren, gar nicht unbedingt mehr in die klösterliche Gemeinschaft aufgenommen wurden, sondern vorher einen Dispens bekamen. Eventuell wurde der Dispens auch später erteilt.
Oft gab es im 13. Jahrhundert enge räumliche Verbindungen zwischen Hof und Stift bzw. Kloster.
Hausklöster nannte man Klöster die auf dem Grundbesitz der großen Adelsfamilien gebaut wurden (auf ihrem Eigenbesitz) und über den diese Familien weltliche Herrschaftsrechte, in Form der Vogtei, behielten. Solche Klostergründungen dienten nicht nur frommen Zwecken sonder waren neben den Burgenbau und der Städtegründung, ein herrschaftliches Instrument zur Erschließung des Landes. Oft befand sich das Grabgelege der Stifterfamilie in einen Hauskloster oder in einer Stiftskirche. Die Geistlichen beteten für das Seelenheil der Verstorbenen und um das Totengedächtnis lebendig erhalten
Aus den Hausklöstern stammten vielfach die Kapläne und Hofgeistlichen (manchmal auch ßrzte, Architekten, Baumeister und Lehrer).
Mönche mit Funktionen an Höfen wurden in der Regel von den Hausklöstern oder den Stiftskirchen der Stifterfamilie übernommen.
Die Kanzlei
Im 12. Jahrhundert begann man zunehmend Rechtsakte schriftlich festzuhalten. Die Entwicklung von Kanzleien begann am Königshof und wurde dann auch von den geistlichen und weltlichen Fürsten übernommen.
Für die Einführung eines geregelten Schriftbetriebes an den großen Höfen wurden Geistliche benötigt, die an kleineren Höfen oft mehrere Funktionen wahrnahmen.
Als Geschichtsschreibung wurde oft die Gründungsgeschichte der adligen Familie in Auftrag gegeben und von den Geistlichen niedergeschrieben.
Ab dem 12. Jahrhundert bildete sich ein geregelter Schriftbetrieb an den Fürstenhöfen heraus.
Die Fürstenkanzleien des 12. und 13. Jahrhunderts darf man sich nicht als gut organisierte Behörde vorstellen. In den meisten Fällen gab es dort nur einen Notar (notarius), der nicht selten auch als Schreiber tätig war, oder ein bis zwei Schreiber beschäftigte.
Bei der Auswahl und Bestellung ihrer Notare konnten die Fürsten vielfach auf ihre Hofkapläne zurückgreifen. Ebenso wie Kanzler am Kaiserhof, in deren Händen die Leitung der Reichskanzlei lag, überwachten die Notare am Fürstenhof nicht nur den gesamten Schriftverkehr, sondern wurden auch zu anderen vertrauensvollen Diensten herangezogen, vor allem zu diplomatischen Missionen. Dafür wurden sie dann mit hohen kirchlichen ßmtern belohnt.
Die Ausfertigung von Urkunden bildete nur einen Teil des Aufgabenbereiches der neu eingerichteten Kanzleien, und wohl nicht den wichtigsten. Es wurden Urbare (Aufstellungen der Einkünfte und Besitztümer), Lehenbücher, Amts- und Geschäftsbücher, Rechnungsbücher und Steuerverzeichnisse verfasst.
Als berühmte Beispiele von Reichskanzlern, die jeweils auch wichtige Diplomaten des Reiches waren, gelten Rainald von Dassel (unter Friedrich I. von Hohenstaufen) und Hermann von Salza (unter Friedrich II. von Hohenstaufen).
Die erzbischöflichen Hofkapelläne hatten den Bischof bei der Erfüllung seiner liturgisch-geistlichen Aufgaben zu unterstützen; sie wurden mit Verwaltungs- und Gesandtschaftsaufgaben betraut, mussten ihren erzbischöflichen Herrn auf Reisen und Kriegszügen begleiten und waren in ihrer Eigenschaft als "Kanzleibeamte" nicht zuletzt für die Ausfertigung der erzbischöflichen Urkunden zuständig.
Beispiele der Formulierung von Urkunden:
"datum et actum anno domini 1234 in vigilia beati Remigii" oder in Kombination von beiden "datum anno domini 1243 feria tertia post Cantate" oder ein deutschsprachiges Beispiel: "gescheen und gegeben anno domini 1244 den fünften sontag nach pfingsten" oder ein französisches Beispiel: "ce fut l’an de grace nostre signour 1251 le jour de la feste St. Andre ou mois de Novembre" etc.
Gräfliche Kanzleien sind für das 13. Jahrhundert nicht überliefert und über Kanzleien auf kleinen und mittleren Burgen schweigen die Quellen ebenfalls.
Zölibat
Im Jahre 1139 wurde auf der Lateransynode das Zölibat durchgesetzt. Priester durften nun nicht mehr heiraten. Für alle Weihegrade oberhalb des Subdiakonats -Diakone, Priester, Bischöfe -, galt das Zölibat. Die Forderung der Enthaltsamkeit galt nicht für Altardiener; wer die heiligen Gefäße nicht berührte, brauchte sich nicht zu enthalten.
Mit der Zölibatsverpflichtung hielt man es im Mittelalter jedoch nicht allzu genau. Die Mehrzahl der Priester lebte trotz allen päpstlichen Ermahnungen mit einer Frau zusammen, was ihnen sogar gegen eine geringe Zahlung an den Bischof offiziell erlaubt war.
In der Ostkirche wurden keine täglichen eucharistische Gottesdienste angeboten, so bestand auch kein Anlass für die Altardiener ständige Enthaltsamkeit zu fordern, der Beischlaf war nur für die Tage des Altardienstes untersagt. Dem orthodoxen Popen steht deshalb die Ehe frei.
Epilog
Im "germanischen" Mittelalter arbeiteten kirchliche und staatliche Institutionen eng zusammen. Im 10. Jahrhundert erhob sich im Einklang mit der Cluniazenser Reform eine mächtige Opposition, die die Kirche und insbesondere die Geistlichkeit aus der Abhängigkeit von weltlichen Instanzen und Interessen zu lösen suchte, um sie gleichzeitig für ihre eigentlichen Aufgaben frei zu machen. Das Wormser Konkordat kam am Ende des Investiturstreites über einen Kompromiss nicht heraus, so dass weiter Auseinandersetzungen unvermeidlich waren. Ein erstarktes Papsttum unter Innozenz III. (1198 - 1216) erhob den Alleinherrschaftsanspruch über Kirche und Staat.
Die Kirche, als sichtbare Erscheinung großer, romanischen Kirchenbauten durchdringt Zeit und Kultur der Staufer.
Unter der Kirche verstand man die Christenheit, die christianitas, das Reich Gottes, eine Idee und ihre Verkörperung. Sie wurde in eins gesetzt mit dem "Heiligen Reich", wie es zu Beginn der Regierungszeit Barbarossas erstmals genannt wurde, als die große Gemeinschaft, als eine große Gemeinschaft, die mit der Ausgliederung in zwei Häupter ihren Ausgleich gefunden hatte.
Die Frömmigkeit der Stauferzeit hat viele Merkmale. Als erstes wäre die biblische Ausrichtung zu nennen. Die Botschaft der Evangelien wird in zahlreichen Evangeliaren für den liturgischen wie für den privaten Gebrauch niedergeschrieben. Aus allen Schichten kommen die Aufträge zur Herstellung der Evangelienbücher, von Heinrich dem Löwen wie von den einfachen Leprosenseelsorger Albert von Haigerloch. Immer wieder werden auf den Buchdeckeln die Evangelistensymbole sichtbar. Die Erklärung der Heiligen Schrift steht im 13. Jahrhundert hoch in Kurs. Die große Zahl der noch vorhandenen Psalterien aus dieser Zeit erweist ihren Gebrauch nicht nur in den Klöstern, sondern auch an den Fürstenhöfen.
Der schlichte Bericht der Evangelien, dazu die Kenntnis vom Heiligen Land, die in den Kreuzzügen gewonnen wurde, machten das Leben Christi so anschaulich, wie es nie zuvor erfasst wurde. An diesen ganz Mensch gewordenen Christ richtet sich nunmehr das Gebet.
Zusammengestellt von Carsten Baumann und Hans Blaß
Siehe auch:
Hierarchie der Geistlichen Hans Frerich Blaß und Carsten Baumann anno 2001
Quellenangaben:
Der Klerus in der höfischen Gesellschaft (Der Hofgeistliche) Carsten Baumann
Höfische Kultur Joachim Bumke
Brockhaus Lexikon
Das Zeitalter der Christenheit: Einblicke in das Leben der hochmittelalterlichen Christenmenschen
Thomas Ruster in Das Hohe Mittelalter Taschen Verlag
Formulierung von Urkunden
Nicolaj Thon, zitiert aus einem Thread in der TV im Tempus - vivit
Katalog: Die Zeit der Staufer, Band I, II, III, und V.
Die Kanzlei Friedrich Barbarossas, Heinrich Appelt, Katalog: Die Zeit der Staufer, Band V
Die Kirche oder die Christenheit, Hermann Tüchle, Katalog: Die Zeit der Staufer - Band III
Das Bischofsornat, Die Ordenstracht Hans Frerich Blaß anno 2000
Hierarchie der Geistlichen Hans Frerich Blaß und Carsten Baumann anno 2001
Hof (curia) und höfische Lebensführung (vita curialis) als Herausforderung an die christliche Theologie und Frömmigkeit Klaus Schreiner
In: Höfische Literatur Hofgesellschaft Höfische Lebensformen um 1200
HG Gert Kaiser und Jan-Dirk Müller STUDIA HUMANIORA Droste, 1986
Backmund, Norbert: Geschichte des Prämonstratenser Ordens Morsak Verlag, Grafenau, 1986.
Frank, Isnard Wilhelm: Kirchengeschichte des Mittelalters. Patnos Verlag, Düsseldorf, 1984.
Werner, E., Erbstößel, M.: Kleriker, Mönche, Ketzer. Das religiöse Leben im Hochmittelalter.
Le Goff, Jaques (Hg): Fischer Weltgeschichte Band 11. Das Hochmittelalter. Fischer Verlag, Frankfurt a.M., 1965
Heinrich Pleticha (Hg) Bertelmann Lexikon Verlag, Band 5, Kaiser und Kalifen, Gütersloh 1996
Ornamenta Ecclesiae (Katalog) Kunst und Künstler der Romanik in Köln
Kleiderordnung:
Funde aus dem Grabe Siegfrieds von Westerburg (1274-97) aus der Münsterpfarre Bonn, im Rheinischen Landesmuseum Bonn.
Das Grab Siegfrieds von Westerburg im Bonner Münster, Manfred Peter Koch
in "Der Name der Freiheit 1288 - 1988"
Erhalten sind, Stoffreste eines priesterlichen Ornates, dazu eine erzbischöfliche Mitra, eine goldene Schmuckscheibe mit Emailmalerei, ein goldener Fingerring mit eingesetztem Edelstein, ein weiterer Edelstein ohne den dazu gehörigen Ring.
Die Textilfragmente legen immer noch Zeugnis von der einst reichen Ausstattung ab. Gut erkennbar blieb die reiche Ornamentierung und die kunstvolle Webtechnik. Der schlichte dreieckige Zuschnitt der Mitra entspricht auch anderen bekannten Beispielen und Darstellungen der zweiten Hälfte des 13. Jh. (Vergleiche Grab 19, Bremer Dom). Pontifikalhandschuhe mit Medaillons auf dem Rücken der Handschuhe.
Weitere Beigaben sind Kelch, Patene und Bischofsstab.
Gruß von Carsten
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Eintrag #3 vom 22. Sep. 2003 20:45 Uhr
Daniel Vokuhl
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Kann mir wirklich niemand helfen?
Ist es ok wenn ich als Priester ein weißes Untergewand und darüber dann einen ßberwurf so wie Ihn die römisch-katolischen Priester heute noch tragen anziehe? Oder was trugen sie?
Trug ein Priester auch eine Mitra oder nur der höhere Klerus?
PS: Karen aus Göttingen melde dich bitte mal bei mir habe dir schon mehrere eMails geschrieben aber dein Filter schmeist sie wohl raus. An gottlos1977 [at] aol [dot] com ja ich weiß schon wieder eine neue :-)
Widego von Gittelde
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Eintrag #4 vom 22. Sep. 2003 23:46 Uhr
Dr. Frank Dierkes
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Nun Daniel, es gibt noch viel mehr zu wissen und zu lernen, bevor man sich an diese Darstellung begeben sollte:
1. Stelle einen Presbyter (= Priester) nur dar, wenn du dich auf diese Rolle richtig einlassen willst. Wenn man bedenkt, dass der Rang des Presbyters der erste Rang der höhreren Weihen ist, man die niederen Weihen (vom Pförtner/Ostarius über den Exorcist, den Messhelfer/Akolythen und den Diakon) aber dafür abgelegt haben muss, wird klar, welch umfassendes klerikales Wissen ein Prieser haben konnte, wenn er z.B. in einer Domschule ausgebildet wurde.
Problem ist nämlich, dass die Szene nicht noch einen Lotterpfaffen gebrauchen kann, dafür aber viele gute Klerikerdarsteller.
2. Für die korrekte Darstellung heißt es zunächst:
Lesen, Lesen und nochmals Lesen! Auch Besuche
in diversen Klöstern, Domschatzkammern, UB´s
und Priesterbedarfsläden ( wwwchristliche-artikel.de) sind Pflichtprogramm.
3. Weitere Fragen:
Wurde dein Priester uppn Dörp ausgebildet, in einer Domschule, in einer Klosterschule (welcher Orden leitete die Klosterschule) oder von Chorherren?
4. Was du dir anschaffen solltest:
Das Graduale Romanum, das Vesperale Romanum, das Buch für Oblaten, das Gotteslob, das
alte Laudate (Gotteslob auf Latein), ein Mess-
lektionar (Regieanweisungen für Messen), die
Schott-Messbücher für das Herrenjahr, einen
Kathechismus, einen Liturgischen Kalender und eine Bibel.
5. Darüber hinaus wenn du soweit bist, diverse Gerätschaften: Einen Weihrauchschwenker mit Schiffchen, eine Paternosterschnur oder einen Paternosterkranz (was davon, hängt von der zeitlichen Einordnung ab), dann noch eine weiße Tischdecke für den Altar, einen Ambo oder eine Buchauflage, Weihrauch, Gefäße für Weihwasser, Wein und Oblaten - von der gesamten Restausrüstung mal abgesehen.
6. Gehe auf die Seiten von wwwchristliche-artikel.de, und fang an zu weinen, ob der horrenden Preise der Gewandungen und Gegenstände. Für den Anfang mag eine weiße Albe über halblangem Leinenhemd mit einer entsprechenden, ärmellosen Tunika reichen. Für den Kirchendienst bieten sich fürs erste dann Stolen an (die sind weitaus billiger als Caseln). Finger wech von Mitren, du stellst keinen Bischof dar!
7. Lerne laut, artikuliert und flüssig predigen. Schreibe dir nach den Maßgaben vor dem 2. Vatikanischen Konzil zuerst einfache Andachten und gehe erst dann zu Feldmessen und weiteren Tätigkeiten über. Die Erfahrung lehrt, dass sich Messen NICHT improvisieren lassen (Gottlob), ansonsten sie in wildem Marktsprech enden und mehr als lächerlich wirken.
8. Lerne Demut und Geduld, denn viele der sog.
Neo-Heiden in der deutschen Szene sind zwar
peinlich, können aber mit ihren unqualifizierten Kommentaren sehr lästig sein.
9. Mache dich darauf gefasst, dass du - wenn du
gut darstellst - von Menschen auf das Thema
Blasphemie angesprochen wirst. Lerne daher das
Kirchenrecht, damit du weißt, was du darfst
und was nicht.
10. Mache dich auch darauf gefasst, dass du - wenn du gut darstellst - mit der Zeit mit deiner
Rolle verwechselst wirst bzw. mit ihr so ver-
wächst, dass dir Menschen Dinge erzählen, die
du garnicht erfahren wolltest.
Wenn das alles zusammenkommt, dann kannst du sicherlich mit der Zeit einen guten Weltgeistlichen darstellen.
Viel Glück dabei. Vielleicht sieht man sich mal.
Frank
+ Benedictus. Pater Hermann (OSB), Cellerar de Werdensis
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Eintrag #5 vom 23. Sep. 2003 13:18 Uhr
Nikolaj Thon
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… ist ja eine bemerkenswerte e-mail-Adresse für einen Priesterdarsteller … Doch das nur nebenbei.
In der Sache kann man nur unterstreichen, was Frank sagte: Es gibt wahrlich genug lächerliche Figuren, die meinen, irgendetwas oder irgendwen "Mittelalterliches" darzustellen und in Wirklichkeit nur eine beklagenswerte Karikatur davon liefern; dies gilt für Ritter und Adelige, aber es gilt leider besonders für die Darstellung der Geistlichkeit.
Und hier ist es besonders unentschuldbar, denn - ich habe dies schon mehrfach betont - wohl kaum ein Gebiet des mittelalterlichen Lebens ist so umfassend erforscht, ist auch quellen- und realienmäßig so gut bezeugt wie das kirchliche und religiöse Leben. Nur ein Beispiel dazu: Wir haben eine Fülle an erhaltenen Sakralgeräten, besonders Reliquiaren, Kreuzen, Kelchen aus fast allen ma-lichen Jahrhunderten, aber nur relativ wenige weltliche Gerätschaften aus der gleichen Zeit; wir haben eine ganze Reihe originaler sakraler Textilien (s.u.) aus dem HMA, aber kaum weltliche Kleidungsstücke usw. usf..
Nun also konkret zu der hier angeschnittenen Frage: Was braucht ein Priesterdarsteller, wenn es denn eine ernsthafte Sache sein soll?
Zuerst einmal, und da stimme ich Frank wieder ganz und gar zu, viel Hintergrundwissen, denn die Rolle der Religion, des Glaubens und der Kirche im MA ist von der heutigen doch deutlich unterschieden, wie der sehr gute Text in Carstens Beitrag (danke!) schon deutlich gemacht haben sollte.
Dabei muss es nicht immer die hohe akademische Theologie sein, denn die besaß ein so genannter "Leutpriester", also ein Priester mit einer Art "praktischer Ausbildung" als "Handwerksberuf", d.h. jemand, der bei einem anderen Pfarrer im Wesentlichen gelernt und nicht an einer Kloster-, Dom- oder (ab dem 13. Jh.) gar Hochschule Theologie studiert hatte, auch nicht. Damit soll aber keineswegs gesagt sein, dass er nicht ein reiches religiöses und vor allem liturgisches Wissen hatte. Um es mit einem Beispiel wieder zu sagen: Wer nicht die philosophisch-theoretische Theologie des Thomas von Aquin im Kopf hatte, der aber bestimmt die praktisch-pastorale des Caesarius von Heisterbach. Und eine von beiden sollte man schon beherrschen …
Kommen wir zu den liturgischen Büchern: Hier möchte ich Frank doch ein wenig widersprechen, denn die von ihm genannten Ausgaben geben sämtlich den Stand der Zeit frühestens nach dem Trienter Konzil (Meßbuch Pius V. und andere Ausgaben der Zeit) wieder. Der tridentinische Ritus unterscheidet sich vom ma-lichen aber in einigen Bereichen deutlich. Man müsste, will man hier wirklich korrekt sein, schon sich die Mühe machen, nach (heute zumeist zu wissenschaftlichen = liturgiegeschichtlichen Zwecken erfolgten) Editionen der ma-lichen Texte zu suchen. Solche gibt es aber durchaus!
Ansonsten ist es natürlich schon ein Schritt in die richtige Richtung, die tridentinischen Texte statt der postvatikanischen zu benutzen; allerdings wäre es mit der Benutzung der von Frank empfohlenen Ausgaben des 19. Bzw. frühen 20. Jahrhunderts (z.B. "Laudate" was übrigens kein lateinischer Vorgänger des "Gotteslobs" ist, sondern die im wesentlichen deutschsprachige Gesangbuchausgabe des Bistums Münster vor dem II. Vatikanum), trotzdem so, als benutze man einen Landsknechts-Becher aus dem 30-jährigen Krieg statt eines heutigen Plastikbechers und sage, das sei nun ma-lich ….
ßhnliches gilt für die genannten Webseiten von Paramentenwerkstätten und Kirchenausstattern und ihre Angebote: Auch hier handelt es sich um neuzeitliche Produkte, deren Schnitte, vor allem Materialien etc. nur sehr bedingt auf das MA übertragen werden können - sicher wesentlich mehr als bei weltlicher Kleidung, aber keineswegs umfassend. Selbst bei Ordenshabiten, die sich teilweise im Schnitt nur relativ wenig geändert haben, sind ja die Materialien (Baumwolle oder gar Trevira statt Wolle etc.) verschieden …
Doch zur Grundfrage zurück: Wir müssen klar unterscheiden zwischen der Alltags-, ggf. der Chor- und der liturgischen Gewandung, wie sie zu einem bestimmten Gottesdienst (Messfeier, Stundengebet, Sakramentenspendung etc.) getragen wurde (bzw. wird). Hier brauchen wir nicht viel spekulieren, denn der immer noch unübertroffene Liturgiegeschichtler Joseph Braun hat uns vor vielen Jahrzehnten mit seinem Standardwerk zur Geschichte der liturgischen Gewandung (wie mit einem weiteren zur Entwicklung des Altars!) eigentlich alle notwendigen Informationen gegeben. Man muss den Wälzer nur mal durchstudieren! (ßbrigens auch ein Rat an alle, die sich mit weltlicher Kleidung beschäftigen, denn es ist m.E. wenig wahrscheinlich, dass man bestimmte Webtechniken, Arten der Strumpf- und Schuhfertigung nur für Pontifikalgewänder verwandt haben soll, aber nicht auch - zumindest - für die Prunkgewänder des weltlichen Adels!). Dort findet man alles, was zur Fertigung bzw. Nachgestaltung liturgischer Gewänder an Informationen benötigt wird.
Doch darf ich noch einmal unterstreichen: Liturgische Gewänder sind Gewänder für den Gottesdienst. Wenn also hier gesprochen wurde von einem langen weißen Gewand, gemeint ist wohl die Albe, und darüber dem "Umhang", den auch heute katholische Priester tragen, gemeint zu sein scheint entweder die Kasel oder das Pluviale, dann handelt es sich eindeutig um solche liturgischen Gewänder für den Gottesdienst (wobei allerdings wohl im MA von Seiten der Bischöfe und ßbte [!!!], wenn wir denn den bildlichen Quellen Glauben schenken, die Pontifikalgewänder, einschließlich der ihnen [!!!] gebührenden Mitra und Pastorale, auch immer dann getragen wurden, wenn der weltliche Herr, König oder Fürst seine Regalien benutzte).
Auf der Straße - und erst recht in einem Markttreiben (!) - stolzierte der Priester und sogar der Bischof nicht in liturgischen Gewändern herum; hier wurde wohl bis ins hohe MA von Seiten der Weltgeistlichkeit (Zwischenbemerkung: Nach ma-licher Theologie gehören zu den niederen Weihen Ostiarier, Exorzisten und Lektoren, bereits der Subdiakon wird wie der Diakon und der Priester zu den höheren Weihen gezählt, der Bischof dann eigens) noch eine Kleidung getragen, die der der Laien, besonders derjenigen "ähnlicher" Stände wie Juristen, ßrzte usw. im Schnitt gar nicht so unähnlich war, sondern am ehesten in der Farbgebung differierte (dunklere Farben, teils schwarz), während die Orden ja die bekannten Habite trugen.
Was die Frage nach der Sinnhaftigkeit und Erlaubtheit der Darstellung liturgischer Akte in einer MA-Präsentation angeht, so wäre dies ein eigenes Thema, da hier - wie ich schon einmal in einem anderen Zusammenhang in dieser Rubrik der Taverne - zu berücksichtigen ist, zu welchem Zweck und in welchem Kontext das geschieht. Dazu verweise ich aber jetzt erst einmal auf den anderen Thread.
Aber doch noch eine Anmerkung: Es mag sein, dass ich recht viele Fachtermina gebraucht habe; das bereue ich auch nicht, denn wenn man hier in der Taverne von einem Darsteller militärischer Sachverhalte erwartet, dass er die verschiedensten Helm- und Schwertformen mit ihren genauen Begriffen kennt (und diese auch diskutiert), kann es sicher einem Klerikerdarsteller zugemutet werden, sich auch in die Terminologie seines Gebietes einzuarbeiten.
Wem das zu kompliziert ist, wer aber trotzdem die innere und unstillbare Berufung zur geistlichen Darstellung verspürt, dem steht immer noch der Weg zum Laienbruder (Konversen) eines Benediktiner- oder Zisterzienserklosters offen: Da braucht er nicht viel Theologie können, hat eine klar bestimmte Gewandung und muss eigentlich nur eine Tugend voll beherrschen: die des Gehorsams!
Gruß Nikolaj
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Eintrag #6 vom 23. Sep. 2003 13:36 Uhr
Thorsten
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Nur mal ne interessierte Frage,
wurde bei den Weltgeistlichen eigentlich Tonsur getragen? Nicht daß ich aufgrund meiner natürlichen Gegebenheiten auf meine alten Tage eine klerikale Darstellung anstreben wollte … ;-)
Thorsten
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Eintrag #7 vom 23. Sep. 2003 14:08 Uhr
Karen Thöle
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Tut mir leid, daß ich mich so lange nicht gemeldet habe. Wird aber nachgeholt. Versprochen!
Zivilkleidung: Ich schließe mich meinem Vorredner an. Dürfte erst mal das Wichtigste sein, was Du brauchst. Je nachdem, wo Du Deinen Kleriker ansiedelst, entscheidet sich die Frage des "Kleiderluxus". Die Bücher, die ich bisher gewälzt habe, haben zu dem Thema nicht viel hergegeben, aber der grundsätzliche Lebensstil scheint sich bei den "Leutpriestern" nicht sehr von ihren Schäfchen unterschieden zu haben. Für den Dorfpriester käme dann ähnliche Kleidung in Frage wie für einen Bauern, für den Kaplan eines Adligen höfische Kleidung… Bei den Details kann sicher jemand Anders besser helfen; Du sagtest irgendwo, Dir geht es ums späte 12. Jahrhundert; in der Zeit bin ich nicht so fit.
Wenn Du das hast, solltest Du die Frage angehen, ob Du überhaupt eine Messe darstellen/zelebrieren dürftest. Das Ganze wurde hier schon mal ausführlich durchgekaut (z.B. "Klerikale Darstellung auf M.A. Märkten", hier in der Rubrik "Orden und Glauben"). Erkundige Dich, welche Möglichkeiten die Kirchen sehen, einen Gottesdienst oder einen Teil davon durchzuführen, wenn Du kein "berufsmäßiger" Priester oder Pastor bist. Die evangelische Kirche z.B. hat die Möglichkeit, daß jemand als Lektor oder Praedicant einen Gottesdienst abhält. Ich weiß aber nicht, wieviel Arbeit es macht, sich auf die entsprechenden Prüfungen vorzubereiten, und wieviele Freiheiten man dann hat. Prinzipiell ist aber die evangelische Liturgie von der mittelalterlich-katholischen nicht so weit entfernt, so daß es also möglich wäre, die entsprechenden deutschsprachigen Teile durch die entsprechenden mittelalterlichen lateinischen zu ersetzen.
Lege Dir eine Engelsgedult zu im Gespräch mit den entsprechenden Stellen. Nicht alle verstehen auf Anhieb, was Du machen möchtest, viele haben (verständlicherweise) Vorbehalte gegen "gespielte" Religion oder gegen "Lotterpfaffen" auf einem "Spectaculum". Ich selbst hatte vor kurzem eine sehr anstrengende und sehr frustrierende Unterhaltung mit zwei studierten katholischen TheologInnen, denen ich davon erzählt hatte, daß ich in Torgelow und Wünnenberg Stundengebete gesungen hatte.
Wenn Du einen wie auch immer gearteten Modus vivendi gefunden hast, der Dir ermöglicht, einen Gottesdienst oder Teile daraus durchzuführen, brauchst Du die oben erwähnte liturgische Kleidung und liturgisches Gerät. Dommuseen haben fast immer auch sowas in ihrer Ausstellung, empfehlen kann ich aber auch das mehrbändige
"Ornamenta ecclesiae: Kunst und Künstler der Romanik; Katalog zur Ausstellung des Schnütgen-Museums in der Josef-Haubrich-Kunsthalle; [Hugo Borger zum 60. Geburtstag gewidmet]/ hrsg. von Anton Legner"
Gibt es z.B. in Göttingen in der Bibliothek des Seminars für Deutsche Philologie. (Das ist eine Einladung!)
So, und wenn Du das alles geschafft hast, ist es wirklich nur noch ein Klacks, die Liturgie für den entsprechenden Sonntag zusammenzubekommen. Ich kann mal schauen, daß ich hier mal den grundsätzlichen Ablauf einer mittelalterlichen Messe reinstelle. Ansonsten gibt es jede Menge erhaltene Sakramentare, Evangeliare, Antiphonale oder aus dekadenteren Zeiten auch Vollmissale, in Editionen, in Faksimiles, oder vor Ort (z.B. hier in Göttingen: Vollmissale des späten 14. Jahrhundert). Wenn Du dann so weit bist, kann ich Dir erklären, wie Du mit den entsprechenden Büchern umgehst, oder Dir bei den entsprechenden Texten helfen. Aber das geht hier vor dem Computer leider nicht.
Bis denn
Karen Thöle
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Eintrag #8 vom 23. Sep. 2003 14:19 Uhr
Nikolaj Thon
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… das Zeichen der Aufnahme in den Klerikerstand war (und ist), erhielt natürlich auch der Weltpriester bei derselben die Tonsur; allerdings wurde sie - übrigens auch im Kloster - keineswegs jeden Morgen oder auch nur jede Woche nachrasiert, sondern eher in größeren Abständen, und sicher bei einem Dorfpriester noch seltener als bei einem Kanoniker an der bischöflichen Domkirche …
Trotzdem, die Tonsur ist das grundsätzliche Zeichen der Zugehörigkeit zum geistlichen Stand, die natürlich Verpflichtungen (je nach Land ab dem 11.-13. Jahrhundert z.B. den Zölibat), aber auch erhebliche Vorteile mit sich brachte, z.B. das Privileg (benefitium clerici), nicht vor einem weltlichen Gericht angeklagt zu werden, sondern lediglich vor dem bischöflichen, das i.d.R. selbst bei größeren Verbrechen wie Mord keine Todesstrafe verhängte, sondern etwa Klosterhaft - sicher auch nicht immer das Gesundeste (man wählte dazu oft entlegene und arme Klöster!), aber im Vergleich dazu, dass größere und kleinere weltliche Herren, denen die Blutgerichtsbarbeit zustand, oft schon bei Diebstählen die Todesstrafe verhängten, auch wieder tröstend.
Also: Wer einen Kleriker darstellen will, muss natürlich eine Tonsur tragen (aber es gibt ja auch einige unter uns, die die "tonsura naturalis" = Glatze ihr eigen nennen, und wo nichts ist, kann man auch nichts mehr rasieren!)
Gruß Nikolaj
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Eintrag #9 vom 23. Sep. 2003 15:32 Uhr
Thorsten
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Danke Nicolai!
Thorsten
(mit tonsura naturalis ;-)
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Eintrag #10 vom 24. Sep. 2003 00:35 Uhr
Daniel Vokuhl
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Erstmal danke für eure Artikel.
Ich bin lernwillig und möcht sehr gerne einen Geistlichen darstellen, ich glaube ich fang erstmal ganz unten an.
Das erste überwindbare Hindernis ist das ich von den Katoliken keine ahnung habe da ich Protestant bin. Ich werde aber betimmt viele Bücher lesen, kommt ja sowieso die kalte Jahreszeit. Werde mal mich umhorchen ob es noch Bücher von meinem Großonkel gibt, der ist Dr. in Theologoie.
Kann ich bei jemanden in "Lehre" gehen der mir dabei helfen kann ein "Priester" zuwerden?
Ich hoffe Karen kann mir unter die Arme greifen.
Widego von Gittelde
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Eintrag #11 vom 24. Sep. 2003 22:23 Uhr
Dr. Frank Dierkes
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Danke Nicolaj,
an deine Kenntnisse kommt man einfach nicht heran (Neid).
Meinst du mit dem praktisch-pastoralen Werk von Caesarius von Heisterbach sein "Dialogus miraculorum", also seine Lehrtexte für Novizen oder noch ein anderes Buch? Taugt die ßbersetzung von Nicolaus Nösges? Wo bekomme ich die (die Suchmaschine vom Herderverlag reagiert nicht).
Bei T. von Aquin meinst du sicher die Summa Theologiae….ALLE DREI BßCHER (samt Zusätzen)!? Ich bin ja schon einiges gewohnt aber ich muss sagen, dass mich alleine sein Gottesbeweis ziemlich angestrengt hat und ich mir irgendwie vorkam wie eine Person aus dem Buch "Der Name der Rose".
Nun, dann muss es wohl sein. Ich drucke mir den Text aus dem Net jetzt so nach und nach aus und werde ihn lesen. Wenn ich während des Studierens geistig ein wenig abdrehe, bitte ich, es mir nachzusehen….
Frank
+ Benedictus. Pater Hermann (OSB), Cellerar de Werdensis
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Eintrag #12 vom 25. Sep. 2003 13:13 Uhr
Nikolaj Thon
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ja ganz rot, lieber Frank, ob Deiner lobenden Worte - und lasse dahingestellt, wie weit sie wirklich zutreffen, denn erst mal muss ich einen Fehler in meinem langen Eintrag korrigieren: Bei den niederen Weihe habe ich den Akolythen vergessen aufzuführen; es sind natürlich vier (Ostiarier, Exorzist, Lektor - und der übersehene Akolyth). Das ist also zu korrigieren.
Man sieht, langsam fängt die Altersvergesslichkeit an … und insofern braucht man mich sicher nicht zu beiden … ;-).
Doch nun zu Cäsarius & Co.: Natürlich war in erster Linie der "Dialogus" gemeint, aber auch die anderen Werke des gleichen Autors sind ganz interessant.
Ein Link mit umfassenden Literaturangaben zu Cäsarius(auch der diversen dt. ßbersetzungen) ist: wwwuni-trier.de/uni/fb3/geschichte/cluse/bib_caes.htm
Welche ßbersetzung man vorzieht, ist z.T. auch individueller Geschmack (die aus dem 19. Jhdt. sind einfach etwas "blumiger") …
Und was den Divus Thomas angeht: Nun, die gesamte "Summa" braucht man sicher nicht der Reihe nach durchstudieren; eine Auswahlausgabe tut es sicher für den Anfang (und eine ganze Zeit lang) auch … Wichtig ist m.E. aber eben, den so genannten "Scholastischen" Stil der Theologie dieser Zeit zu verstehen - und Dein Hinweis auf den "Namen der Rose" ist da völlig berechtigt. Es ist ein anderes Herangehen an die Materie als weitestgehend bei der heutigen Theologie.
Mit guten Wünschen Nikolaj
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Eintrag #13 vom 14. Nov. 2003 16:42 Uhr
Thomas Jetzfellner
Hi,
also ich spiele mit dem Gedanken einen bajuwarischen Priester darzustellen. Ich hab mir jetzt mal einen Ausstellungskatalog bestellt("Die Bajuwaren" - ich hoffe ich bekomme es im Laufe der nächsten woche) kann mir evtl. jemand detailliertere Informationen zu dem Thema geben bzw. mit eine vernünftige Literaturempfehlung geben. Vielleicht stellt ja jemand bereits so etwas da und kann mir ein paar Tips geben.
Hier noch die Detailinfos zwecks wann und wo:
Zeit: wie gesagt 590
Ort: Südbayern
Darestellung: Bajuwarischer Priester
Im Detail interessiert mich primär die Grundausstattung …. der Rest kommt dann schon so nach und nach. Zudem wären Infos über "modische Details" wie Haar und Barttracht wichtig. Verwendetes Material für Klamotten (ok ich denk mal reine wolle) und wie die Kleidung vernäht war (Kappnaht etc.) - ich denke mal da werd ich dem Ausstellungskatalog nicht so fündig werden.
Ok vielleicht lösen sich ja einige Fragen ja auf wenn die den Katalog hab - obwohl dieser bestimmt nicht der Weisheit letzter Schluss ist.
PS: Vielleicht gibts ja einen münchner bajuwaren ;o) evtl könnte man sich ja bei Gelegenheit mal treffen
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Eintrag #14 vom 21. Nov. 2003 12:34 Uhr
Karen Thöle
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Hallo Thomas!
Grundsätzlich ergeben sich für Deine Priesterdarstellung um 590 ähnliche Fragen wie für eine Priesterdarstellung in späteren Jahrhunderten: Willst Du den "Beruf" eines Priesters auch darstellen, also eine Messe zelebrieren, und unter welchen Voraussetzungen kannst Du das tun? Was gibt es für die liturgische, was für die nichtliturgische Kleidung eines Priesters zu beachten? Darüber haben wir oben ja schon einiges geschrieben.
Kompliziert werden könnte die Sache, wenn Du tatsächlich eine Messe/einen Gottesdienst durchführen möchtest, allerdings dadurch, daß die sog. "gregorianische" Liturgie, für die es im Hoch- und Spätmittelalter unzählige Quellen gibt, im 6. Jahrhundert noch gar nicht existierte (zumindest wahrscheinlich nicht in Bayern).
Zumindest für die Sakramentare (in denen die in der Messe verwendeten Gebete aufgezeichnet wurden) weiß ich, daß es um diese Zeit regional unterschiedliche Traditionen gab: Die gallikanische (im Frankenreich), die ambrosianische (in Mailand), die mozarabische (in Spanien) - und die römische. Die römische Liturgie war durch die von Rom ausgehende Missionierung auch schon in England eingeführt worden, und als die Franken, erst unter Pippin, dann besonders unter Karl dem Großen, sich stärker an Rom orientierten, ließen sie (bzw. Karl) auch die Liturgie ihres Reiches vereinheitlichen, indem sie überall die römische Liturgie einführten. (Da man fälschlicherweise annahm, Papst Gregor sei ihr alleiniger Erfinder, wird sie ab diesem Zeitpunkt "gregorianisch" genannt.)
Leider weiß ich nicht, welche dieser Traditionen für Deine gewählte Region in Frage kommt. Vielleicht gibt es sogar liturgische Handschriften aus Deiner Zeit und Deinem Gebiet, aber da bin ich aus dem Kopf etwas überfragt. Ansonsten müßtest du wissen, von wo aus Dein Gebiet missioniert wurde und wie die politischen Abhängigkeiten sind.
Außerdem weiß ich nicht, inwieweit Messen nach diesen Sondertraditionen rekonstruierbar sind (ein Sakramentar allein z.B. reicht nicht aus für eine gesamte Messe). Was aber sicherlich geht, wäre eine Modifizierung der (rekonstruierbaren) gregorianischen Messe nach Quellen z.B. des 9. Jahrhunderts mit den Teilen, die sich für Deine Sondertradition nachweisen lassen.
Bis denn
Karen Thöle
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Eintrag #15 vom 22. Nov. 2003 12:30 Uhr
Nikolaj Thon
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… sieht es um Studien und auch Texteditionen zur frühen Liturgie gerade des bayrischen Raumes gar nicht aus, vor allem dank der Publikationen des
Institutum Liturgicum Ratisbonense und seines - leider verstorbenen - Leiters Dr. Klaus Gamber. Ich führe hier nur die wichtigsten Editionen zum Missale bzw. Sacramentarium an:
- Fasc. 1 Niceta von Remesiana, Instructio ad Competentes, 1964, VII, 181 S. 12,00 -
- Fasc. 2 Nicetas de Remesiana: Sermones nuper reperti, T. 1, 1965, 136 S. 10,00 -
- Fasc. 3 Ordo antiquus Gallicanus, 1965, 62 S. 5,00 -
- Fasc. 4 Sacramentarium Gregorianum, T. 1, 1966, 160 S. 11,00 -
- Fasc. 5 Nicetas de Remesiana: Sermones nuper reperti, T. 2, 1966, 120 S. 10,00 -
- Fasc. 6 Sacramentarium Gregorianum, T. 2, 1967, 80 S. 8,00 -
- Fasc. 7 Nicetas de Remesiana: De lapsu Susannae, 1969, 139 S. 12,00 -
- Fasc. 8 Sacramentarium Arnonis. Die Fragmente des Salzburger Exemplars, 1970, 112 S. 11,00 -
- Fasc. 9 Missale Beneventanum von Canosa (Baltimore, Walters Art Gallery, MS W6), 1972, 194 S. 14,00 -
- Fasc. 10 Sacramentarium Gelasianum Mixtum von Saint-Armand, 1973, 142 S. 15,00 -
- Fasc. 11 Quecke, Hans: Die Briefe Pachoms, 1975, 118 S. 30,00 -
- Fasc. 12 Gamber, Klaus: Das Bonifatius-Sakramentar und weitere frühe Liturgiebücher aus Regensburg , 1975, 122 S. 23,00 -
- Fasc. 13 Manuale casinense. (Cod. Ottb. Lat. 145), 1977, 172 S. 18,00 -
- Fasc. 14 Cantiones Germanicae im Regensburger Obsequiale von 1570, 1983, 113 S. 10,00 -
* Fasc. 15 Das Sakramentar-Pontifikale des Bischofs Wolfgang von Regensburg. (Verona, Bibl. Cap., Cod. LXXXVII.), 1985, 483 S. 34,00 -
Hinzu kommen noch die ebenfalls sehr wichtigen Studien.
Sowohl die Textausgaben wie die Studien sind zu beziehen beim:
"Institutum Liturgicum Ratisbonense" / "Liturgiewissenschaftliches Institut der Diözese Regensburg"
St. Petersweg 11-13, 93047 Regensburg;
Postfach 11 02 28, 93015 Regensburg,
Telefon Leiter: (0941) 59532-2518
Telefon Sekretariat: (0941) 59532-2513
Ich denke, damit ist jeder, der einige Vorstellungen zu Gottesdienstformen von der Spätantike zum FMA gerade im alpenländischen Raum sucht, erst einmal hinreichen bedient (und länger beschäftigt!).
Gruß Nikolaj
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Eintrag #16 vom 22. Nov. 2003 21:20 Uhr
Dr. Frank Dierkes
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Nicolaj, Nicolaj….
….ich muss dich - als alten Pädagogen - tadeln:
Du sollst doch die Schüler abholen, wo sie stehen und sie nicht immer gleich totschlagen.
Im Ernst:
Ich habe mich gefreut, mal wieder einen Eintrag von dir zu finden. Manchmal wünschte ich mir, dass ich mehr Zeit zur Verfügung hätte, alles zu lesen, was du mir je empfohlen hast und noch mehr Zeit, das alles dann auch umzusetzen.
Grüße
Frank
+Pax. Pater Hermann ab Monastre Werdensis (OSB)
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Eintrag #17 vom 25. Nov. 2003 17:11 Uhr
Karen Thöle
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Hallo Nicolai!
Wow! Das ist wirklich eine lange Liste! Wir hatten hier in Göttingen mal ein Seminar über mittelalterliche Sakramentare, haben uns aber auf die beschränkt, die es in Göttingen als Faksimile gab.
Kannst Du zufällig nachvollziehen, wann die Bücher aus der Bücherliste entstanden sind, also vor den Karolingern oder nach Karl dem Großen? Macht für die Rekonstruktion einer Messe im bayrischen Raum vielleicht schon einen Unterschied.
Und was die gesungenen Teile anbelangt: Da bleib ich weiterhin skeptisch. Zumindest die Melodien der gallikanischen Liturgie lassen sich nicht so einfach wiederherstellen. Ich weiß allerdings nicht, in welcher Tradition die Liturgie in Bayern um 590 stand…
Bis denn
Karen Thöle
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Eintrag #18 vom 26. Nov. 2003 10:33 Uhr
Nikolaj Thon
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Hallo Karen,
die meisten der von Msgr. Gamber edierten Texte sind eindeutig vorkarolingisch und reichen bis in die Spätantike zurück.
So wird Niketas von Remesiana der Wende des 4. zum 5. Jh. zugeordnet (* um 340/50 in Dacien, von 366/7 bis nach 414 Bischof von Remesiana, heute Bela Palanka in Serbien).
Das Sacramentarium Gregorianum ist nach heutiger Forschung auf ca. 625 zu datieren.
Jünger, aber immer noch vorkarolingisch ist das »Sacramentarium Gelasianum«, ein pseudonymes römisches Meßbuch, das wohl nicht von Papst Gelasius I. stammt, dem es namentlich zugeschrieben wird, wenn auch eine Anzahl liturgischer Texte darin geht auf ihn zurückgeht. Das Werk, dessen älteste Handschrift aus der Mitte des 8. Jahrhunderts stammt, enthält in drei Büchern: 1. Meßgebete für die Zeit von Weihnachten bis Pfingsten, 2. für die Heiligenfeste und den Advent und 3. für die Sonntage und besonderen Anlässe mitsamt dem Kanon. Der Festkalender und die Namen der Heiligen sind mit liturgischem Gut aus der Zeit nach Gelasius, zum Teil gallischer Herkunft, erweitert.
IN Bayern war sehr wahrscheinlich ein eigener alpenländischer Typus des Gottesdienstes heimisch, der sich eher an den wirklichen römischen bzw. besonders den ambrosianischen Ritus anlehnte als an den fränkischen.
Details dazu in der zitierten Literatur.
Was den Gesang angeht: Bis wir Originalaufnahmen der mittelalterlichen Musik auf CD entdecken (;-), tappen wir im Dunkel. Auch, was heute als gregorianischer ma-licher Gesang gilt, ist eine Rekonstruktion des 19. Jahrhunderts (Solesmes). Nur wenige ältere ßberlieferungen haben sich erhalten (z.B. in einem Ort am Mittelrhein!) bzw. sind glaubwürdig rekonstruiert worden. Doch dazu mehr nur, wenn wirklich von Interesse!
Mit guten Wünschen Nikolaj
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Eintrag #19 vom 26. Nov. 2003 19:52 Uhr
Karen Thöle
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Hallo Nikolaj!
Vorkarolingisch! Das ist eine gute Nachricht! Dann bin ich schon gespannt, ob ich demnächst die erste Rekonstruktion einer Messe um 590 miterleben kann. Ladet mich ein, wenn Ihr so weit seid! Denn wenn die vorkarolingische Messe in Bayern tatsächlich an den römischen bzw. ambrosianischen Ritus angelehnt ist, sehe ich die Chancen nicht schlecht stehen.
Was die Melodien anbelangt: Klar gibt es da Unsicherheiten, Interpretationen. Aber der Weg, wie man zumindest zu der heute in Göttingen praktizierten Rekonstruktion des "gregorianischen" Gesangs gekommen ist, leuchtet mir zumindest ein (Vergleich von Fassungen mit Neumen ohne Linien mit späteren Fassungen mit Neumen auf Linien, Anwendungen der Buchstaben, deren Bedeutung auch in Traktaten beschrieben ist)…
Auch wenn ich niemandem raten würde, mit dem Brustton der ßberzeugung zu sagen "Das hat man um 590 so gesungen", wenn man in Wirklichkeit eine Kreuzung einer neumierten Handschrift aus dem 10. Jahrhundert mit einer Handschrift mit Notenlinien aus dem 11. Jahrhundert vor sich hat - es ist zumindest keine freie Improvisation.
Bis denn
Karen Thöle
PS: Gregorianik in Göttingen:
wwwcantando-praedicare.de
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Eintrag #20 vom 23. Jan. 2004 13:45 Uhr
Karen Thöle
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Zur liturgischen Kleidung habe ich ja im Thread "Die mittelalterliche Messe" (gleiche Rubrik) schon einiges geschrieben.
Was hier allerdings angesprochen - und mehr oder weniger ungeklärt belassen - wurde, ist die Frage nach der Alltagskleidung mittelalterlicher Priester. In dem schon im anderen Thread zitierten Buch (Geschichte der liturgischen Gewänder des Mittelalters oder Entstehung und Entwicklung der kirchlichen Ornate und Paramente in Rücksicht auf Stoff, Gewebe, Farbe, Zeichnung, Schnitt und rituelle Bedeutung nachgewiesen und durch zahlreiche Abbildungen erläutert von Fr. Bock, Bonn 1859-1871, in drei Bänden) habe ich dazu etwas gefunden, was vielleicht weiterhelfen kann:
Unter der Bezeichnung "Talar" oder "Sutane" beschreibt Bock auf S. 322-327 in Bd. 2 ein Kleidungsstück, was zur Alltagskleidung des Priesters gehören soll. Es soll bis zu den Knöcheln gehen, das Material ist Wolle, evtl. Halbseide. Es gibt zwei Formen, entweder insgesamt weit, oder aber am Oberkörper eng und mit Knöpfen und am Unterkörper weit (hier zeigt sich meiner Meinung nach die modische Entwicklung des 14. Jahrhunderts). Die gewöhnlichen Priester tragen schwarz (ab wann das gilt, sagt er nicht); es gibt für bestimmte Personengruppen auch rote oder violette "Talare".
ßber die Kleidung der Priester äußeren sich mehrere Konzile:
Concil zu Metz, 888: Kleriker sollen keine Waffen und keine Laiengewänder (wörtlich: "mantellos sine cappa") und Laien keine Priestergewänder (wörtlich: "cappa") tragen. (Was diese Begriffe nun konkret bedeuten, müßten uns die FMA-Experten besser erklären können.)
Concil von Rheims, 1148: Es wird gefordert, daß die "Verschiedenheit und der Reichtum der Farben von der geistlichen Tracht ferngehalten werden solle".
Concil von Avignon, 1209: Den Priestern wird befohlen, geschlossene lange Gewänder zu tragen, verboten werden ihnen helle Farben und Seidenstoffe.
Concil von Tours, 1230: Es wird gefordert, "dass die Geistlichen im gewöhnlichen Leben nicht anders erscheinen sollen "nisi in cappis clausis vel in mantellis; clausa etiam habeant supertunicalia"". (Ich wage hier noch nicht, eine Interpretation reinzustellen, was diese geschlossenen "cappis" oder "mantellis" oder "supertunicalia" sind, die die Prieser tragen sollen.)
Concil von Paris, 1428: "Vor allem verbieten wir Allem und Jedem, Tuniken zu tragen von rötlicher oder grünlicher Farbe, die unten und oben mit Purpurstreifen verbrämt, und solche, die mit zu grossen Schleppen versehen sind, auch verbieten wir die zu grossen umgeschlagenen Halskragen, dessgleichen die allzugrossen und geschweiften Aermel; aber auch jene untersagen wir, welche sich durch allzu grosse Kürze oder Länge bemerklich machen, dessgleichen auch die, welche von rückwärts oder von vorne höher als bis auf die Kniee aufgeschlitzt sind." (Bock gibt den lateinischen Text, den er hier übersetzt, auch im Wortlaut wieder.)
Zumindest für die etwas späteren Beispiele kommt es mir vor, als ließen sich zwei Tendenzen herausschälen: Kein Kleiderluxus, keine Mode einerseits, keine allzu "offenherzige" Kleidung andererseits, also nicht zu kurz, nicht geschlitzt, sondern "geschlossen" (was immer das im Kontext bedeutet). Daß diese Forderungen überhaupt auf einem Konzil beraten und für wichtig genug gehalten worden sind, auf Pergament verewigt und abgeschrieben zu werden, läßt aber noch einen anderen Schluß zu: Es muß zumindest in Einzelfällen vorgekommen sein, daß Priester die falsche Kleidung getragen haben. Die konnten dann allerdings, unter Verweis auf diese Beschlüsse, evtl. auch ßrger bekommen.
Bis denn
Karen Thöle
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Eintrag #21 vom 12. Jun. 2004 15:18 Uhr
Hallo!
Bock spart leider ein bisschen an genaueren zeitlichen Eingrenzungen, habe ich den Eindruck… Er schreibt, Pfarrer hätten auch im Alltag Talar/Sutane getragen; seit der Zeit Innozenz’ III. (er meint den zweiten dritten, nehme ich an :-) ) trügen Kardinäle einen roten Talar. Daraus würde ich jetzt schließen, dass ich als Pfarrer mit einem (nicht roten oder weißen, aber evtl schwarzen) Talar als Alltagskleidung seit Anfang des 13. Jhd nicht falsch liege. Aber er bringt keinerlei Belege und geht auf unterschiedliche Formen, die sich im Lauf der Zeit entwickelt haben, nicht ein. Ob evtl. Kardinäle schon Talar trugen, als die Pfarrer das noch nicht taten, erwähnt er auch nicht, deshalb bin ich jetzt immer noch nicht viel schlauer als vorher…
Kennt von euch vielleicht jemand einen Beleg (spätes 13. bis Mitte 14. Jhd, am besten die geknöpfte Form)?
Gruß,
Sebastian
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