Persönliche Hygiene und Körperpflege
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Eintrag #1 vom 13. Dez. 1999 15:30 Uhr
Andreas Sturm
Hi! Ich weiß, ich bin derzeit etwas omnipräsent hier - das muß am Wetter liegen - aber verzeiht mir bitte noch einmal! ;o) Wir sprachen anderenorts gerade davon, dass wir mehr "Normalität" in das Reenactment bringen sollten. Nun, Normalität, Alltag beginnt bei Kleinigkeiten, die man nicht einmal mehr beachtet und deshalb auch nicht in die Betrachtung mit einbezieht. Deshalb an dieser Stelle einmal ganz praktisch ein Brainstorming zum Thema "Persönliche Hygiene und Körperpflege" im Laufe der Jahrhunderte. Selbst keine Ahnung, möchte ich gerne hier das wesentliche zum allgemeinen Nutzen zusammentragen. Immer dürfte eigentlich KEIN ernsthafter Reenactor auf dieses Basiswissen verzichten können - besonders wenn er das so viel gepriesene "Nacherleben" realisieren will. Relevant sind also alle Fragen wie z. B. Zahnpflege, Rezepte für Parfüme, Maniküre, benutzte Hilfsmittel, sozialer Hintergrund, Sittennormen, etc. Dabei sollte auch immer die praktische Bedeutung für uns als Reenactors berücksichtigt werden. Wenn entsprechend gehaltvolle (durch Quellenbelege gesicherte) Informationen zusammenkommen, könnten wir sicherlich am Ende einen nützlichen Beitrag für die Bibliothek extrahieren. Einen Handzettel der Körperhygiene sozusagen… *g* Frisch ans Werk! Andreas
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Eintrag #2 vom 13. Dez. 1999 15:42 Uhr
Dietrich
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Moin zusammen. Es gibt eine Gürteltasche mit Inhalt, die im 15. Jhd. einem Kölner Bürgermeister gehört hat; der Mann wuerde übrigens enthauptet. Schlechte Geschäftsführung? Zum Inhalt dieser Tasche gehörte auch ein Hygiene- Kombinationswerkzeug aus Holz, bestehend aus Zahnbürste, Ohrlöffel und Zahnstocher. Die Tasche liegt in einem Kölner Museum, ich muß aber nachreichen, in welchem. Außerdem gibt es in England (Quelle muß ebenfalls nachgereicht werden) ein kleines Messingwerkzeug, bestehend aus Pinzette (zum Ausrupfen von Nasen- und Ohrhaaren), Ohrlöffel und Zahnstocher.
Dietrich
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Eintrag #3 vom 13. Dez. 1999 15:58 Uhr
Andreas Sturm
Bei den Kosemtik-Sets kann ich helfen. Die finden sich in Egan, Geoff. Dress accessories c.1150 - c.1450: Medieval finds from excavations in London 3. London: HMSO, 1991. ISBN: 0-11-290444-0. S. 378. Solche Kosemetik-Instrumente wurden im 13. und 14. Jh. in zahlreichen verschiedenen Formen aus Bein, Kupfer, Bronze und Messing hergestellt. ßbrigens finden sich in dem selben Buch auch noch diverse Kämme und Spiegel - recht nützlich. Andreas
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Eintrag #4 vom 13. Dez. 1999 21:26 Uhr
Matthias Doettlaff
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Hallo alle! Ohrlöffel, Kamm und Pinzette gehören auch zu den eisenzeitlichen Bestandteilen der Kleidung. In Schleswig-Holsteinischen Landesmuseum Schloß Gottorf in Schleswig sind einige Sets ausgestellt (die Halle mit dem Langboot aus dem 6. JH) Grußvoll, Matthias Topasius, der Zauberwercker
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Eintrag #5 vom 13. Dez. 1999 22:42 Uhr
Frank Moser
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Und was ist mit Zähneputzen?
Frank
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Eintrag #6 vom 14. Dez. 1999 08:23 Uhr
Silvia
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Zum Zähneputzen kann ich nichts sagen, dafür zitiere ich von Adolf Waas ´Der Mensch im deutschen Mittelalter´ Kapitel Bauern S. 81 ff ´Auch in diesen einfachen Lebensverhältnissen fehlte es keineswegs an Körperpflege. Schon Tacitus berichtet, daß die Germanen gern und viel badeten, vor allem in den Flüssen und bächen. Diese Sitte hat sich auch das ganze Mittelalter über erhalten. Zu Hause kennt man das Wannenbad in kreisrunder ´Bütte´ und das Dampfbad. Das Bad zu Hause war eine regelmäßige Einrichtung. Besondere Badstuben vor allem für das Dampfbad, gab es allerdings nur in den etwas wohlhabenderen Bauernhäusern. Wahrscheinlich war man im ganzen Mittelalter reinlicher als in der Zeit des Rokoko, wo oft genug Puder und Parfum die fehlende Sauberkeit überdecken mußte. so war es von jeher eine Selbstverständlichkeit auch in Bauernhäusern, daß dem ankommenden Gast nach einem anstrengenden Ritt oder nach einer Wanderung zunächst ein bad bereitet wurde. wie hoch man das Baden einschätzte, ergibt sich auch daraus, daß, als die im 10. jahundert sich verschärfende Askese von den Mönchen den Verzicht auf ein Bad für bestimmte Frist fordert, das als eine dem Fasten gleichschweres Sich-Versagen galt. Die später errichteten Badstuben waren mancherorts auch auf dem Land vorhanden, wie einige Weistümer beweisen (Grimm, Weistümer II, S. 630;VI, S. 232). Unter den Hailmitteln stehen immer die Bäder vornehmlich die in heißen Quellen, an führender Stelle.´ Wer kann mir etwas über Weistümer sagen??? Gruß Aisling
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Eintrag #7 vom 14. Dez. 1999 09:18 Uhr
Jörg Bellinghausen
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Moin zusammen! Ingo hat mir eine Zeichnung von einer "Multifunktionszahnbürste" geschickt, an der ebenfalls Ohrlöffel und Zahnstocher (aus Bein?) befestigt waren. Das Original liegt wohl in Lübeck. Zahnsalz gab es damals wie heute, ein Stück Süßholz tut es zur Not auch. Kernseife (mit oder ohne ätherische ßle wie z.B. Lavendel) und Schwämme gibt es in jedem Bioladen bzw.Drogerie zu kaufen, ist m.W. auch belegt (keine Unterlagen im Büro, kann es deshalb nicht genauer sagen). Soviel auf die schnelle . Idee: Das Deutsche Hygiene-Museum in Dresden weiß mit Sicherheit noch mehr. Wer nimmt Kontakt auf? Soll ich oder fühlt sich jemand anders berufener?
Jörg
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Eintrag #8 vom 14. Dez. 1999 09:56 Uhr
Andreas Thiel
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Körperhygiene richtete sich aber auch nach der Jahreszeit. So gab es z.B. die Empfehlung, im Winter nicht zu häufig die Haare zu waschen - um Erkältungserkrankungen zu vermeiden. Es gibt hier einige Quellen, auf die in einem Buch verwiesen wurde das ich neulich gelesen habe. Diese Quellen geben Tips zum Thema Gesundheit und Hygiene. Aus einem solchen Brief mit 3500 Versen kommt auch der allseits bekannte Ratschlag: Nach dem essen sollst Du ruhen, oder tausend Schritte tun. Ich nehm mir das Buch heute Abend noch mal zur Brust und schaue nach, was sonst noch so drinsteht. Gruß Andreas
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Eintrag #9 vom 14. Dez. 1999 09:59 Uhr
Andreas Sturm
Wenn Du dich so anbietest Jörg… *g* Oder haben wir hier erst mal einen Dresdener, den wir als Pfadfinder vorschicken können? Hygienmuseum klingt jedenfalls so, als hätten wir die richtige Adresse für das Thema gefunden. :o)
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Eintrag #10 vom 14. Dez. 1999 21:32 Uhr
Carsten Baumann
Eine ZAHNPFLEGE, im heutigen Sinn, hat es - zumindest ich Hochmittelalter - meines Wissens nur in einem sehr eingeschränkten Maße gegeben! Die Ernährung beschränkte sich ressourcenbedingt (dies variiert natürlich schichtenspezifisch und regionsabhängig) auf Obst, Gemüse, Getreide und auf sonstige Wald und Feldfrüchte. In geringem Umfang wurde dieses "Sortiment" ergänzt durch Fisch (je nach Region) und Fleisch (was den niedrigen Ständen nur sehr wenig zugänglich war. Vgl.: BORST, OTTO: "Alltagsleben im Mittelalter" oder GOETZ, H.W.: "Leben im Mittelalter!". (Moment, geht gleich weiter!)
Gotes gruoze entbeitet Euch Pater Anselm
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Eintrag #11 vom 14. Dez. 1999 21:47 Uhr
Carsten Baumann
Die in unserem Klima heimischen Obst- und Gemüsearten hatten längst nicht die hohe Zuchtstufe erreicht, auf der sie sich, bereits im Mittelalter bekannte Obst- und Gemüsearten, wie z.B. ßpfel, Birnen, Kohlarten und Mohrrüben, heute befinden. Sowohl für Obst als auch für Gemüse gilt: Sie waren grobfaserig, "spelzig", holzig und besaßen mehr ungenießbare als eßbare Bestandteile. (Bei HERRMANN, BERND: "Mensch und Umwelt im Mittelalter", kann man beispielweise nachvollziehen, wie sich die Möhre von Mittelalter bis zur Neuzeit verändert hat.). ßhnliches gilt auch für den Apfel und die mittelalterliche Birne, die dermaßen holzig war, daß Hildegard von Bingen dringend vor deren Verzehr, in roher Form, warnte (DR.WIGHARD STREHLOW: "Das Hildegard v. Bingen Kochbuch"). Diese grobfaserigen Nahrungsmittel besaßen natürlich die Eigenschaft, die Zahnzwischenräume nahezu perfekt zu säubern. Und blieb mal etwas dazwischen hängen, wurde es mit spitzen Gegenständen (Zahnstochern) entfernt. (Ich bin gleich wieder da!).
Gotes gruoze entbeitet Euch Pater Anselm
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Eintrag #12 vom 14. Dez. 1999 22:07 Uhr
Carsten Baumann
Immer wieder wirft mich der Server ´raus…. . So, was ich noch sagen wollte: Der "Mangel" erwies sich bei folgendem Umstand als Segen: Die heimischen Obst- und Gemüsearten waren arm an Fruchtzucker, (raffinierter) Zucker als Süßungsmittel entfiel. Selbst Honig war nicht immer für jeden zugänglich. Somit hatte Karies kaum eine Chance! ßbrigens: SALZ als Zahnreinigungsmittel im Mittelalter? War es dafür nicht zu selten, zu teuer und als Nährmittel und "Gewürz" zu kostbar?
Gotes gruoze entbeitet Euch Pater Anselm
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Eintrag #13 vom 15. Dez. 1999 00:02 Uhr
Andreas Thiel
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Also, Thema Zahnpflege: "Am Morgen spült man den Mund und reibt die Zähne mit einem Lappen, vielleciht unter Zutat von Salz, Alaun oder einem kreidigen Zahnpulver ab. Da dies Pulver aber häufig zu harte Bestandteile enthielt, die den Zahnschmelz verletzten, und da das Brot unzählige kleine Steinpartikel enthielt, die von Mühlsteinen herrührten und zu einer starken Abnutzung der Kauflächen führten, dürfte es mit den Zähnen im Mittelalter mehr schlecht als recht bestellt gewesen sein; >>Zahnbrechen<< war dann die letzte Hilfe. Aus den Bildnissen des Mittelalters kommen sie uns immer wieder entgegen, die zahnlosen Münder der alten Weiber und der Greise." (Quelle: ebenfalls "Alltagsleben im Mittelalter", Otto Borst, ISBN 3-458-32213-2) Gruß Andreas
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Eintrag #14 vom 15. Dez. 1999 00:15 Uhr
Sascha Sturm
Tach! Für die Zeit des Großen Kalle ist der Gebrauch von Zahnpulvern durch Benediktinermönche belegt, im Lorscher Arzneibuch finden sich verschiedene. Gewonnen wurden die Mittel aus verbrannten und geriebenem Bimsstein, Asche von weißem Blei (wohl eher nicht zu empfehlen) oder verbrannten Schweineknochen. Das Arzneibuch ist von Lorsch aus an die Ottonen gegeben worden, so daß diese Kunde wohl auch den Hochadel erreicht haben sollte. Wie diese "Scheuermittel" allerdings genau eingesetzt wurden geht aus dem Text nicht hervor. Herzlichen Gruß Sascha
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Eintrag #15 vom 15. Dez. 1999 00:21 Uhr
Andreas Thiel
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Und noch im Nachtrag der Quellenauszug zu meiner Anmerkung von heute Mittag: "…Dagegen ist der schon im 12. Jhdt. verfaßte sogenannte Aristotelesbrief des spanischen Juden Johann von Toledo mit seinen Anweisungen zum rechten Essen und Schlafen auch in Deutschland auf offene Ohren und >>geneigte Leser>Post coenam stabis aut passus mille meabis<< (Nach dem Essen sollst Du ruhn, /oder tausend Schritte tun)." Da haben wir es also… Allerdings sind diese Empfehlungen an hochgestellte und reiche Persönlichkeiten gerichtet und geben sicher nicht exakt die gängigen Gepflogenheiten der "normalen Durchschnittsbevölkerung" wieder. Einem Bauern des Mittelalters in Ermangelung eines Arztes "frohen Sinn, Ruhe und Mäßigkeit beim Essen" zu empfehlen wäre wahrscheinlich einem Todesurteil gleichgekommen - für den der die Empfehlung aussprach ;o) Gruß Andreas
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Eintrag #16 vom 15. Dez. 1999 00:23 Uhr
Andreas Thiel
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Und noch im Nachtrag der Quellenauszug zu meiner Anmerkung von heute Mittag: "…Dagegen ist der schon im 12. Jhdt. verfaßte sogenannte Aristotelesbrief des spanischen Juden Johann von Toledo mit seinen Anweisungen zum rechten Essen und Schlafen auch in Deutschland auf offene Ohren und "geneigte Leser" gestoßen. König Alexander, der Adressat des Briefes, soll nach dem Aufstehen ein wenig wandeln, die Gliedmaßen angemessen und gleichmäßig strecken und das Kopfhaar kämmen. Darauf soll er gute Kleider anziehen und die Zähne und das Zahnfleisch mit wohlriechenden Rinden abreiben. Beim Essen soll er aufhören, ehe er völlig gesättigt ist. Noch mehr als der Aristotelesbrief wurde in Deutschland das Regimen Arnolds von Villanova (gest. 1311) benutzt, übersetzt und nachgeahmt. Hier ist der Adressat der König von England, der , falls es ihm an ßrzten fehle, drei Mittel an ihre Stelle treten lassen solle: frohen Sinn, Ruhe und Mäßigkeit beim Essen. Der Vers 365 dieses dreieinhalbtausend Verse umfassenden Werkes enthält das berühmte "Post coenam stabis aut passus mille meabis" (Nach dem Essen sollst Du ruhn, /oder tausend Schritte tun)." Da haben wir es also… Allerdings sind diese Empfehlungen an hochgestellte und reiche Persönlichkeiten gerichtet und geben sicher nicht exakt die gängigen Gepflogenheiten der "normalen Durchschnittsbevölkerung" wieder. Einem Bauern des Mittelalters in Ermangelung eines Arztes "frohen Sinn, Ruhe und Mäßigkeit beim Essen" zu empfehlen wäre wahrscheinlich einem Todesurteil gleichgekommen - für den der die Empfehlung aussprach ;o) Gruß Andreas
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Eintrag #17 vom 15. Dez. 1999 00:25 Uhr
Andreas Thiel
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Sorry Leute, bei Posting Nr.15 hat es mir irgendwie den Text zerbröselt…Posting Nr.16 ist vollständig. *räusper* 15 könnte bei Gelegenheit gelöscht werden… *dusselig grins*
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Eintrag #18 vom 15. Dez. 1999 02:56 Uhr
Matthias Doettlaff
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Hallo alle! Zahnbürsten sind mir nirgends begegnet, aberin einem Medizinbuch der Renaissance las ich folgendes: "Die Zäne wunderbarlich weiß zu machen. Nimm weissen Marmelstein/Fischbeyn/weiß Corallen/Sal gemmae, gemein Saltz/gebrannt Gummi masticis, die schaln von Citrinatöpffel/eins soviel als deß andern / mach ein subtil puluer hierauß/mitmit disem reibe alle morgen dein zäne / darnach wäsch sie mit weissem Wein/darinn ein wenig Canels inn gesotten ist. Die Zäne vnd Zanfleisch zustärken. Ist auch fast gut die zäne gerieben mit Aceto scillitico, das ist/Meerzwiebel essig/ein tüchlin hierinn genetzt / bekompt dem zanfleisch saft wol/sterckt die wurtzeln der zäne/macht sie hart/daß sie nicht wackeln / bringt auch einen guten athem im mund. Auf ein andere weise die zäne weiß zu machen. Brenne ein wasser von ii. theil Armoniac, vnd Sal gemmae, vnd ein drittheil als viel Alauns/reib die zäne mit diesem wasser/ ein tüchlin darinn geweycht. Fürn stinckenden Athem. Wäsch das Maul innwendig offt mit Essig vnd wasser / darnach masticier oder kewe ein gute weil das Gummi Mastix, Vber ein weil hernach spül das maul mit wein/darinn Enißsamen und Nägelin / gesotten sey. Kompt aber der stanck und böse geruch / von wegen eines faulen oder löchrichtigen Zans/ist nit bessers dann außbrechen. Regiment im zanweh vnd stinckenden munds sich zu halten. Man sol allwegen nach essens den mund mit reinem milchwarmen wasser wäschen/das zanfleisch vnnd zäne wol reinigen vom wust vnn von haupt fallenden flüssen / Morgens nüchternist es auch gut den mund zu wäschen /vnn die zäne mit eim Salbeien blat reiben / oder auch miteiner Pomerantzen schalen oder Citrinat / Auch mit Näglin/oder Muscatenpuluer/ die zäne reiben. Man soll vermeiden die Milchwerck /rohe vnd vnzeitige frücht /alle sauretige ding/vnn was hart zubeissen/Auch alle speiß/so hart zuverdauen ist." (Quelle: "Practicierbüchlin Außerlesener Artzeneystück" von D. Ioan. Dryandrum [Dr. Johannes Dryander]; Faksimile der Ausgabe von 1589 [1. Auflage 1527], Antiqua-Verlag, Lindau, 1979; S.56f) Soweit also unser Arzt aus der Renaissance (1500 - 1550). Und was lehrt uns dieses unbequem lesbare Neuhochdeutsch? Das was einige andere hier schon angerissen haben: Die Zähne werden mit getränkten Tüchern oder Kräutern, bzw. Harzklumpen (Mastix) geschrubbt. Das Kauen der Harzklumpen wird auch empfohlen (erinnert das nicht irgendwie an die Werbung im Fernsehen?). Im "Regiment" spricht der Arzt vom Reinigen der Zähne vom Wust und vom Speichel, was für die kombinierte Anwendung von Zahnstocher und Tuch spricht. Auch reibt man sie mit speziellen Pulvermischungen blank. Diese dürften für den Normalmenschen weder im Mittelalter noch in der Renaissance erschwinglich gewesen sein (ebensowenig wie Gummi Mastix oder Essig sizilianischer Art oder die erwähnten Zitrusfrüchte), enthalten sie doch in erster Linie zerpulverte (Halb-)Edelsteine. Diese sind ein hervorragendes Schleifmittel und wie Karneol oder Korallen mit besonderen Heilkräften versehen. Beide verwendete man auch zur Wundheilung. Vom Gebrauch dieser Mischungen würde ich langfristig abraten, da sie den Zahnschmelz sehr stark zerschmirgeln, was dessen Haltbarkeit deutlich reduziert. Wie man reiben soll, wird nicht erwähnt, aber ein Tuch mit der Mischung zu bestreuen ist sicherlich effektiver, als mit dem blanken Finger zu scheuern. Kräuterbeimischungen sind auch heute noch sehr modern, wobei da lediglich der Salbei von den alten Rezepturen geblieben ist. Anis, Nelken und Muskat tauchen heute nur noch in den Hausmitteln bei Zahnschmerz auf, da sie eine lokal betäubende Wirkung haben (zumindest Nelken und Muskat). Dryander erwähnt sie ja auch zur Anwendung bei Zahnschmerzen. Mal sehen, was sich sonst noch finden läßt… Grußvoll, Matthias Topasius, der Zauberwercker
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Eintrag #19 vom 15. Dez. 1999 10:25 Uhr
Jürgen Trautmann
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Bloß mal so am Rande aus dem Decamerone: Liebespaar im Garten. Er will besseren Atem, reibt sich die Zähne mit einem Salbeiblatt; quillt kurz danach unmäßig auf und stirbt. Sie kommt in Mordverdacht. Bei einem Lokaltermin ist sie mittlerweile schon so dusselig geworden, daß sie bei der Schilderung der Ereignisse (Und dann is er SO hierhin gegangen, und dann hat er SO ein Blatt vom Strauch gebrochen, und dann hat er sich SO damit die Zähne geriebargh) tragischerweise ebenfalls stirbt. Nachforschungen ergeben (Mit anderen Worten, der Salbeistrauch wurde aus der Erde gerissen), daß in den Wurzeln des Strauches eine große, dicke, fette, schleimige, eklige, … Kröte sitzt. Nachdem sich mal wieder keiner traut, das Untier jagdgerecht zu erlegen, wird ein Holzstoß errichtet und das Vieh verbrannt. Fazit: Lieber`n faulen Atem als nen aufgequollenen schwarzen und vor allem toten Leib. Alsdenn Jürgen (der momentan den Basilikumtopf anstiert)
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Eintrag #20 vom 15. Dez. 1999 22:15 Uhr
Frank Moser
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Hallo Aisling, zur Frage: Was ist Weistum (Eintrag Nr.6) Aufzeichnung des herkömmlichen dt. Gewohnheitsrechts. Die eigentliche ßberlieferung der W. setzt, wenn auch fränk. Volksrechte (z.b. lex salica) auf W. beruhen, erst im HochMA ein. Die meisten W. stammen aus dem 15. und 16. Jh., ihr Verfall beginnt mit dem Eindringen des röm. Rechts. Neben den bäuerlichen Weistum, gab es kirchliches und städtisches W. Auch das ma Reichsrecht kennt W. z.b. Rhenser Weistum 16.7.1338. (Regelung der Kurfürsten für das Reichsrecht und Wahlrecht der Kurfürsten, grenzte die päpstliche Bestätigung aus, Zurückweisung jeder Einmischung des Papsttums in die dt. Königswahl. Sprach sich damit für König Ludwig den Bayern aus, der vom Papst 1324 gebannt wurde, weil er ohne päpstliche Einwilligung (Approbation)kaiserl. Herrschaftsrecht in Italien beanspruchte. Aus: dtv, Wörterbuch zur Geschichte 2.Bd., 1983
Frank
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Eintrag #21 vom 16. Dez. 1999 07:43 Uhr
Joachim Meinicke
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Vielleicht kennen einige von Euch die monatlich erscheinende Taschenbuchreihe "Museum" (bei westermann). In der Ausgabe "Knochenhauer - Amtshaus Hildesheim" fand ich ein Foto mit ßberresten der Almersbadestube (14. Jh.). Im einzelnen Schüssel, Schere, Schropfköpfe, 2 Schermesser mit sehr ungewöhnlichen Klingenformen, Kämme und einen Spielstein. Aus dem Text hierzu: Nur die wenigsten Bürgerhäuser besaßen um 1500 ein eigenes Badezimmer. Dafür gab es 5 öffentliche Badestuben, die ein Ort der Körperpflege, aber auch der Geselligkeit, oftmals sogar der ungezügelten Sinnesfreude waren (ich bin keusch, ich bade nie). Gegen Gebühr konnte jeder Baden, der nicht vom Aussatz befallen war. Man nimmt an, daß die Hildesheimer wie die Bewohner anderer Städte auch, oft und ausgiebig badeten. In Nachlaßinventaren (16. + 17. Jh.) sind wiederholt Badekappe, Badebeutel und Bademantel aufgeführt. Die Aufsicht über öffentliche Badestuben gehörte zur städtischen Gesundheitsfürsorge. Es grüßt Joachim Iltiskäfig Meinicke
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Eintrag #22 vom 16. Dez. 1999 10:55 Uhr
Matthias Doettlaff
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Hallo alle! Zum Baden gibt es recht viele Darstellungen, vorwiegend aus dem späten Mittelalter. War es damit so ungewöhnlich, daß es in Bildern überliefert wurde, oder "einfach nur" hinreichend wichtig? Das weiter unten zitierte Buch des Johann Dryander enthält einen nicht geringen Teil seines Zeitgenossen Hieronymus Bock (1498 - 1554). Dieser gibt einen Kalender an, der verzeichnet, wie man seinen Körper zu pflegen hat, um nicht krank zu werden. Auf die täglichen Kleinigkeiten, wie Ohren kratzen, Zähne putzen etc. geht er nicht ein. Das Baden aber wird besonders empfohlen: "Im Hornung [Februar] soll mann auff dem Deumen lassen / mitDiagridischer Artzeney purgieren / vnnd ins warm bad gehen / darinn sich wol erwärmen vnnd erschwitzen / vnd folgends nach außgang desselben/guten wein trincken." Für den März bis Mai werden ebenfalls warme Bäder empfohlen. "Wintermonat. In diesem Monat pfleget das Geblüt grob vnn dick zuwerden / darumb soll man viel Zimmet inn der Kost vnndTrancke brauchen/ die Badstuben man beruhen lassen / aber die Leberader mag man eröffnen / unnd zuzeiten schrepffen." Aha, im November ist also Badeverbot. Ob das mit der Erkältungszeit zusammenhängt? Denn von November bis Jannuar hält Bock das Baden nicht für gut oder erwähnt sie nicht explizit. Ein paar Seiten zuvor schreibt er, daß diese Monate viele "presten" mit sich bringen und listet dann typische Erkältungsbeschwerden und grippige Symptome auf. Wann und wie oft die Leute tatsächlich gebadet haben, kann ich nicht beurteilen. Bock ist einer der berühmtesten ßrzte seiner Zeit und hält es offenbar nicht für nötig, anders als Dryander an zahlreichen Stellen, Rezepte in einer Ausfertigung für Arme und eine für Reiche (welche natürlich besser ist…) aufzuschreiben. Aber ich will hier nicht zu tief in die Medizin abrutschen. Grußvoll, Matthias Topasius der Zauberwercker
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Eintrag #23 vom 18. Dez. 1999 21:12 Uhr
Carsten Baumann
Eine schöne (beinahe noch) hochmittelalterliche Abbildung dazu findet sich in der "Manessischen Liederhandschrift" (Anf. 14. Jahr.), in der Jakob von Warthe gezeigt wird.
Gruß von Carsten
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Eintrag #24 vom 18. Dez. 1999 21:47 Uhr
Andreas Thiel
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Hallo Mathias, das einschränken der Badegepflogenheiten im Winter paßt gut zusammen mit meiner Info, daß man es mit dem Haarewaschen im Winter nicht übertreiben soll. Ich denke hier wurde tatsächlich in erster Linie versucht, Erkältungskrankheiten zu vermeiden. Gruß Andreas
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Eintrag #25 vom 07. Jan. 2000 13:12 Uhr
Dietrich
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Moin zusammen. Mir wurde vor einiger Zeit noch ein sehr schönes Argument dafür geliefert, daß im MA regelmäßige und gründliche Reinigung von Körper und Kleidung üblich gewesen sein muß; zu meiner Schande muß ich gestehen, daß ich nicht mehr weiß, von wem und in welchem Zusammenhang. Die Medizin des MA arbeitete zur Diagnostizierung von Krankheiten in erster Linie mit Sinneseindrücken, also Aussehen, Geschmack und- Geruch. Nach der damals gültigen Theorie der Säfte und Miasmen äußerte sich eine Krankheit unter anderem durch das Auftreten schlechter Gerüche (was ja de facto auch so ist). Also: Wer schlecht riecht, ist (oder wird) krank. Was also tun, um den krankhaften Geruch zu verhindern oder wieder loszuwerden? Ab in die Wanne!
Dietrich
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Eintrag #26 vom 07. Jan. 2000 14:13 Uhr
Andreas Sturm
Hmm, klingt lustig und zugleich einleuchtend… *g* Falls sich in nächster Zeit hier nichts neues ergibt (besonders in Bezug auf das Hygienemusuem), werde ich im Laufe des Februars versuchen eine Zusammenfassung für die Bibliothek zu schreiben. Oder findet sich dafür in der Runde vielleicht jemand, der auch im realen Leben etwas mit Medizin und Hygiene zu tun hat? Oder wenigstens mehr Ahnung als ich? ;o)
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Eintrag #27 vom 16. Jan. 2000 19:21 Uhr
Mirjam Ruppel
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Na, wenn wir schon beim Thema sind: "Die Geschichte der Menstruation ist eine Geschicht voller Missverständnisse…!" Wer hat irgendwo eine Quelle, aus der zu diesem Thema mehr hervorgeht? Angeblich soll schon zu Zeiten der Römer viel mit Schwämmen gearbeitet worden sein. Aber bei uns sind warme Meereküsten dann ja doch eher knapp, was hat also die Bäuerin von nebenan gemacht, um nicht davonzuschwimmen.
Scorpia
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Eintrag #28 vom 16. Jan. 2000 19:52 Uhr
Udo Brühe
Wie sieht´s denn mit der Reinigung involvierter Krperbereiche nach dem Stuhl/Waldgang aus? Wie wurde sich da beholfen?
Udo
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Eintrag #29 vom 17. Jan. 2000 21:17 Uhr
Angharad Beyer
Hallo Scorpia, genaue Quellen zu deiner Frage, die wohl alle Frauen interessieren dürfte, sind wahrscheinlich nicht zu finden. Irgendwo habe ich gelesen, daß Frauen während ihrer Regel irgendwie geartete Hosen (Bruchen, Wickelhosen?) trugen, um Leinenläppchen, Moospolster, Wollbüschel o.ä. saugfähiges Material zu fixieren. Vielleicht kann frau sich zur Klärung dieser Frage auch auf volkskundliche Quellen stützen - wie mach(t)en es Naturvölker?
Richildis de Schwerdtlauken
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Eintrag #30 vom 04. Feb. 2000 20:29 Uhr
Mirjam Ruppel
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Kann leider keine schriftlichen Quellen nennen, aber bei vielen Küstenvölkern sind Schwämmchen wirklich sehr verbreitet. Und die Dinger sind echt sehr praktisch, sofern du fließend Wasser zum Ausspülen zur Verfügung hast… Und in vielerlei Hinsicht viel, viel, viel bequemer zu tragen…
Scorpia
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Eintrag #31 vom 13. Feb. 2001 19:51 Uhr
Stefan Breu
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Wie schaut es denn mit den Nägeln aus? Gab es schon kleine Nagelscheren ? Oder hat einem der Bader die Nägel mit einer Art Hufmesser abgeschnitten ? Fingernägel reißen ja aus und brechen ab, bei der arbeitenden Bevölkerung. Und der Adel? knabberte oder ließ knabbern? Und die Zehen? Bin ich ja gespannt
Stefan
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Eintrag #32 vom 22. Feb. 2002 11:24 Uhr
Alexandra Bernau
Hallo zusammen,
was mich mal interessieren würde, ist, wie sah es eigentlich mit der Entfernung von Körperbehaarung aus. Heute ist es hauptsächlich bei Frauen ja relativ verbreitet, sich Achsel- und Beinbehaarung zu entfernen, teils aus hygienischen (schwitzen) teils aus optischen Gründen.
Wie wurde das nun "damals" gehandhabt? Wars egal, weil es unter der Kleidung ja eh niemand sah? Falls man/frau sich rasierte, was wurde benutzt- Rasiermesser oder was-weiß-ich?
Fänd ich mal ganz interessant, wenn jemand näheres dazu weiß…?
Liebe Grüße, Stella
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Eintrag #33 vom 22. Feb. 2002 23:07 Uhr
Christoph Bitter
Hallo Alexandra!
Rasiermesserfunde vom HMA sind sehr selten. Bei Fulda hat aber eine kleine Stadt ein noch kleineres Museum, in dem ein solches Messer ausgestellt ist. Es stammt aus einer Burg dort aus der Nähe. Sieht eigendlich aus wie ein Brotmesser, vorne jedoch nicht Spitz sonder wie bei einem Fleischermesser gerade abgeschnitten.
Gruß
v. Arlen
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Eintrag #34 vom 23. Feb. 2002 09:57 Uhr
Ranes Haduwolff
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Grüß Euch,
…im Hochmittelalter war Rasieren und sehr grosse Reinlichkeit angesagt. Das Baden hatte einen besonderen gesellschaftlichen Stellenwert, und war selbst für den einfachen Menschen alltäglich, was sich erst im SMA geändert hat.
Es war weder was zotiges noch lüsternes dabei, im Gegenteil.
Die Frauen und ihre Körperbehaarung. Bei den realiv wenigen Abbildungen nackter Körper aus dem HMA waren nie die Scham- Brust- und Achselhaare zu sehen. Weder bei Mann noch bei Frau.
Daraus herzuleiten, daß die Leute sich ganz rasiert haben, mag weit dahergeholt sein, aber auf den Stichen und in den Stundenbüchern des 14./15. /16. Jhdt. ist bei Frauen nie auch nur ein Anzeichen von Behaarung zu sehen. Und bei der "Realisierung" der kleinsten Details in dieser Epoche kann man davon ausgehen, daß glatte Haut da als Ideal galt, auch auf dem Hügel der Venus…
Man denke an Heute: Schon Schulmädchen rasieren sich an allen Ecken, und auch beim jungen Mann wird die Brustbehaarung schnellstmöglich entfernt. Haare als Zeichen von Wildheit, Ungepflegtheit und iiihhhbääää… warum soll das damals anders gewesen sein?
Euer Haduwolff
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Eintrag #35 vom 23. Feb. 2002 21:53 Uhr
Christoph Bitter
Hallo Hadu!
Kam das Baden nicht erst so richtig durch die Kreuzzugsheimkerer auf?
(Von wegen bei den Moslems kennengelernt?)
Gruß
v. Arlen
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Eintrag #36 vom 25. Feb. 2002 19:42 Uhr
Karen Thöle
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Komplett rasiert? Ich bin skeptisch, inwieweit die Bilder als Quelle herhalten, egal wie detailliert. Ebenfalls Verweis aufs 20. Jahrhundert: Bei Aktbildern wurde früher der Unterschied zwischen Kunst und Pornographie darin gesehen, daß bei dem einen eben keine Schamhaare zu sehen waren, bei dem anderen schon. Seit wann es diese Unterscheidung gibt, weiß ich nicht. Aber: Da frage ich mich, ob die Maler im Mittelalter wirklich realistisch abbilden wollten oder nicht.
Genug der Miesmacherei. Gehen wir doch mal ins Spätmittelalter, 15. Jahrhundert. Die Zeit der Hennins und Hörnerhauben. Da ist überliefert, daß - zumindest für den Adel - bei den Frauen eine hohe Stirn als attraktiv galt. Deshalb wurden die Stirnhaare ausgezupft bis an den Haubenrand. Also, ich finds nicht schön, aber jedem das Seine…
Bis denn
Karen Thöle
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Eintrag #37 vom 03. Jul. 2002 22:22 Uhr
Timo Krisch
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Hallo zusammen,
habe einige Zeit gewartet, ob noch jemand etwas dazu schreibt - jetzt tu ich das einfach mal.
Hinweis: bezieht sich auf die Frauen ;o)
Primo:
Nachweislich wurden der Haaransatz an der Stirn ausgezupft, da eine hohe Stirn dem Schönheitsideal entsprach.
Ebenso wurden - höchstwahrscheinlich - die Augenbrauen zu einem schmalen Bogen(strich) zurechtgezupft.
Secundo:
Entfernte Behaarung im Bereich der Achseln und Scham ist für die Antike charakteristisch. Da das Schönheitsideal der Antike im Mittelalter nicht mehr galt - und erst während der Renaissance wiederentdeckt/kopiert wurde -, ist wohl anzunehmen, daß eine derartige Epilation/Rasur eher nicht vollzogen wurde.
Doch Vorsicht ist auch bei dieser Aussage geboten!
Denn Tertio:
Es gab während des Mittelalters einige Berührungspunkte mit dem Orient (UND DAS NICHT NUR WßHREND DER KREUZZßGE!!!).
In der orientalischen (v.a. islamischen) Welt lebte das angesprochene Ideal der Antike weiter.
Und von dort ist einiges - und das nicht erst in der Neuzeit - in den Okzident "zurückgeschwappt".
Vor allem für die Frauen von Stand (Adel) sollte es dann doch interessant gewesen sein, sich jener Körperbehaarung zu "entledigen".
Leider läßt sich das Ganze wohl kaum mit irgendwelchen Quellen belegen und wird ewig im Reich der Vermutungen/Hypothesen bleiben. Denn hier geht es um Bereiche des Körpers, über welche damals KEINESFALLS OFFEN gesprochen wurde.
Vielleicht gibts ja Leute, die das besser wissen, vielleicht aber interessierts die meisten auch eher weniger.
Trotzdem viel Spaß bei weiteren Nachforschungen und Diskussionen. MA Grüße!
Timo
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Eintrag #38 vom 04. Jul. 2002 10:48 Uhr
Jürgen Trautmann
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Es gibt einen allgemeinen Einzelfall dank Usama ibn Munqid aus dem ersten Jahrhundert der Kreuzzüge:
(Tut mir leid, bloß ßbersetzung da)
…Ein anderer, ßhnlicher Fall wurde mir von einem Bademeister mit Namen Salim aus Ma’arra erzählt, der in einem Bade meines Vaters angestellt war: "Ich eröffnete in Ma’arra ein Bad, um mir damit meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Ein Ritter aus Franken -sie mißbilligen es, wenn jemand im Bad einen Schurz um die Hüften trägt- kam herein, streckte die Hand aus, riß mir meinen Schurz von den Hüften und warf ihn fort. So sah er, daß ich mich vor kurzem in der Schamgegend rasiert hatte. "Salim!" rief er; ich näherte mich, und er streckte seine Hand nach meiner Blöße aus: "Salim!" rief er aus, "großartig! Bei meiner Seel’, mach das auch bei mir!" und legte sich auf den Rücken. Er hatte an der Stelle Haare so lang wie ein Bart. Ich rasierte ihn also, er berührte die Stelle mit der Hand, fand sie schön glatt und sagte: "Salim, bei meiner Seel’, tu das gleiche bei der Dama!" Dama heißt in ihrer Sprache Herrin, das heißt seine Frau. Er befahl einem seiner Pagen: "Sag der Dama, sie soll kommen!" Der Page ging, kam mit ihr zurück und brachte sie herein; sie legte sich auf den Rücken, und er sagte: "Mach es so, wie du es bei mir gemacht hast." Ich rasierte das Haar, Während ihr Mann dabeiblieb, um mich zu beobachten. Dann bedankte er sich bei mir und entlohnte mich für meinen Dienst. …
ßbersetzung aus
Francesco Gabrieli
Die Kreuzzüge aus arabischer Sicht
Bechtermünz Verlag
Augsburg 1999
Wobei die Benutzung von Dama bei mir eher gen Frankreich deutet. Auf der anderen Seite ists die Verdeutschung einer italienischen ßbersetzung aus dem Arabischen.
Alsdenn
Jürgen
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Eintrag #39 vom 04. Jul. 2002 22:59 Uhr
Timo Krisch
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… ich glaub, ich hab Alzheimer - oder arbeite zuviel oder sonstwas Schlimmes ;o)
Klar. Jetzt, wo Du das erwähnst, fällts mir wie Schuppen aus den Haaren… äh, von den Augen natürlich.
Den hatte ich ganz vergessen; habs mal in einem Sammelband arabischer Literatur aus dem MA gelesen. Stand dort im Kapitel "Was ich an den Franken und ihrem Verhalten eigenartig fand" (oder so ähnlich).
Danke für die Erinnerung.
Mit MA Gruß - und ein wenig verwirrt…
T.
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Eintrag #40 vom 13. Jul. 2002 15:55 Uhr
Thomas Schrenk
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Hallo zusammen,
Das mit den Finger und Zehennägeln würde mich
wirklich brennend interessieren (Die Frage
wurde ja weiter unten schon mal gestellt ).
Hat vielleicht irgen Jemand eine Abbildung
von einem MA-Nagelkürzungsgerät?Ich hab so ein
Ding schon mal irgendwo gesehen,sah aus wie
ein Zahnstocher mit hinten einer ßse dran
und vorne V-förmige Schneide (Schwalbenschwanz-
form ,aus Eisen/Stahl.Kennt Jemand irgend welche
Funde dazu ?
Gruß Thomas
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Eintrag #41 vom 23. Mrz. 2003 22:45 Uhr
Stephen Pajer
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Mal was ganz einfaches: Ich suche Belege für Rasiermesserformen aus der 2ten Hälfte des 13ten Jahrhunderts und aus Mitte des 10ten Jahrhunderts. Beide sollten wenn irgend möglich aus dem ostösterreichischen Raum stammen, also Pannonien (um 950 Magyarisch, um 1270 Teil des Reichs)
Sollten für beide Zeiten keine Belege lieferbar sein, nehm ich auch alle anderen Funde oder Illustrationen, die ihr so findet und stoppel mir was adäquates zusammen.
Danke,
Stephen
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Eintrag #42 vom 24. Mrz. 2003 07:59 Uhr
Joachim Meinicke
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nach oben / Zur Übersicht
thread Badespaß im MA - Kultur und Sitten
Hallo, Stephen, ich stellte die fast gleiche Frage vor einiger Zeit schon im thread "Badespaß im MA - Kultur und Sitten", Eintrag 9. Schau bitte dort mal nach, da hatte sich einiges angesammelt.
Unrasierte Grüße
Joachim
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Eintrag #43 vom 25. Mrz. 2003 20:25 Uhr
Lisa & Manfred Wolber
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Moin,
unter wwwca1310.de/persaust/rasier.htm gibt es Abbildungen mittelalterlicher Rasiermesser
Beste Wünsche
Manfred
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Eintrag #44 vom 26. Mrz. 2003 07:53 Uhr
Joachim Meinicke
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Wenn man sich den ersten Link durchliest, kann Rasieren damals nicht wirklich Spaß gemacht haben.
Die Frage ist auch, wiw wurden diese Messer nachgeschliffen? Theoretisch (!) hätte man ja wie bei den neuzeitlichen Modellen einen Lederriemen dazu benutzen können. Abbildungen gibt es vermutlich dazu nicht, oder?
Und gibt es inzwischen eigentlich jemand, der funktionstüchtige (!) Repliken herstellt? Man könnte das Rasieren gut als Programmpunkt bei Vorführungen mit einbauen.
Gruß vom überzeugten Naßrasierer
Joachim
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Eintrag #45 vom 26. Mrz. 2003 08:20 Uhr
Arno Eckhardt
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Hallo Ihr
da war es wieder, dieses Vorurteil mit dem schlechten Stahl. Und da bin auch schon ich, um damit aufzuräumen!
Also:
Ich weiß nicht, woher der Verfasser der Seite von Link Nr. 1 aus aus dem vorletzten Beitrag seine Informationen bezogen hat, aber was da über die Metallurgie steht ist schlicht Humbug. Es gab bereits fast seit Beginn der Eisenzeit höchstwertige Stähle und das entsprechende "Know how" um deren Herstellung und Verarbeitung.
Zugegeben: Ein Rasiermesser ist nicht ganz einfach zu machen. Aber ich traue das letztlich auch dem Dorfschmied zu, wenngleich nicht unbedingt in vollendeter Qualität.
Schärfen:
Eine Sache wurde in der Verlinkten Seite schon angesprochen: Eine Art "Dengeln" wie bei einer Sense, wobei durch Kaltverfestigung die Schneide auch gleich härter wird. Geht übrigens nicht mit "dreckigen" Stählen (Risse), aus denen die Messer ja angeblich gewesen sind…
Anschließend denke ich, wird wohl schon so einen Art Streichriemen aus Leder benutzt worden sein.
Abbildungen dazu kenne ich leider keine.
Mich erinnert die Sache übrigens mal wieder an die Geschichte mit dem Mythos Bronzerasiermesser, die mir eine Bekannte Studentin erzählt hat: Während einige Archäologiestudenten in der Vorlesung ebenfalls lautstark behaupteten, es sei gar nicht möglich, sich mit Bronzemessern zu rasieren, meinte der Prof nur trocken: Warum? Das habe ich heute morgen erst gemacht…(wohl im Sinne von: So wie jeden Morgen).
Auch hier gilt: Es gibt Bronze und Bronze. Und es gibt Schärfmethoden und Schärfmethoden…
Man muß halt wissen, was man tut, dann geht´s auch.
Schon das Schärfen eines Rasiermessers erfordert Monatelange ßbung. Wenn das ein Laie "mal probiert", muß er sich über schmerzhafte Effekte nicht wundern…
natürlich bleiben unsere modernen Doppelklingensuperflutschihochglanzspezialstahlhyperrasierer angenehmer in der Anwendung. Aber soooo schlimm war´s mit dem Messer auch wieder nicht.
Viel Spaß beim ßben!
Euer Arno
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Eintrag #46 vom 26. Mrz. 2003 14:27 Uhr
Andreas Sturm
… entsteht für mich gerade die Replik eines Fundes aus dem 13. Jahrhundert. (Sorry Stephen, nix österreichisches, sondern aus Schleswig)
Im Laufe des Sommers wird sich dann zeigen, ob sich das Ding im Einsatz bewährt.
Bei größerem Interesse stelle ich dann einen "Erfahrungsbericht" auf unserer Website im Netz. :o)
Andreas
Rete Amicorum - Geschichte greifbar gemacht!
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Eintrag #47 vom 27. Mrz. 2003 08:07 Uhr
Joachim Meinicke
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Somit also herzlich willkommen im Club der Rasierer. Und wenn man Arno glauben mag, kann man nur hoffen, daß der Hersteller sein Handwerk nicht nur versteht, sondern solche Klingen auch schon öfter angeschliffen hat. Nicht, daß das in einem Blutbad endet.
Joachim
Marca brandenburgensis - die sauscharfe Geschichte der Mark im 13. Jh.
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Eintrag #48 vom 28. Mrz. 2003 01:35 Uhr
Lisa & Manfred Wolber
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@ Joachim:
In der Tat dürfte Rasieren bzw. rasiert werden im MA kein Vergnügen gewesen sein: Wie spätmittelalterliche (vorher war die Wiedergabe der Person mehr idealisierend denn realistisch) Gemälde zeigen, nahmen Portraitierte selbst für die Sitzung beim Maler nicht unbedingt eine Rasur in Kauf, was dennoch ihnen und ihrem Stand keinen Abbruch tat. Als Beispiele seien hier nur genannt: Robert de Masmines (1430) und ‘Mann mit den Nelken’, beide in ihrer Stoppelbärtigkeit im Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie.
Weitere Hinweise ergeben sich aus mönchischen Traditionen:
In den Regeln Benedikts und in den älteren Mönchsordnungen wird das Rasieren nicht erwähnt, zu Beginn des 9. Jahrhunderts war die Rasur in den Klöstern jedoch bereits allgemein üblich. In den Klöstern unterschied der Bart im allgemeinen die »fratres barbati« genannten Laienbrüder von den geweihten Priestermönchen. Einzelne Orden wie die Kartäuser schrieben jedoch auch den Laienbrüdern die Bartlosigkeit vor. Allerdings rasierten sich die Mönche nur in längeren Zeitabständen. Rasierten Sie sich im 10. Jahrhundert noch alle 12 oder 15 Tage - in der Fastenzeit noch seltener -, verlegte man im 11. Jahrhundert die Rasur vor besondere Feiertage. Später wurden 20 Rasurtermine pro Jahr festgelegt. Aber selbst dies empfanden die Mönche als zu häufig und besonders im Winter als lästig und beschwerlich, weshalb Petrus Venerabilis (um 1092-1156), Abt von Cluny, die Zahl der jährlichen Rasurtage auf 14 herabsetzte. In den neuen Orden der Zisterzienser und Kartäuser rasierten sich die Mönche an sechs oder sieben vorgeschriebenen Terminen im Jahr noch seltener. Nach heutigen Maßstäben hätten die mittelalterlichen Mönche kaum als rasiert gegolten, wurden aber zu ihrer Zeit gleichwohl so angesehen.[Frank Gnegel: Bart ab. Zur Geschichte der Selbstrasur. Köln: DuMont, 1995]
Hieraus kann man ableiten, dass rasiereen nicht zu den Besonderen Genüssen und Vergnüglichkeiten zu zählen war.
ßhem, Nachschleifen mit einem Lederriemen … geht auch bei modernen Rasiermessern nicht ;-)
Schleifen ist eine materialabhebende Technik. Geschliffen werden Rasiermesser wie alle anderen Schneidwaren auf bzw. mit einem Stein. Beim Schleifen werden feinste Metallfasern ‘ausgezogen’: unter dem Mikroskop sieht eine frisch geschliffenen Schneide schartig und zackig aus, sie hat ‘Zähne’. Das so genannte Abziehen einer Schneide, was meist auf Leder gemacht wird, macht aus einer solchen ‘Säge’ erst eine erträgliche Klinge. Das stellt jedoch sehr hohe Anforderungen an die Qualität des Klingenmaterials. Im Gebrauch, also durch die Rasur wird die geglättete, abgezogene Klinge wieder schartig. Nur diese mikroskopischen Scharten bzw. Spitzen werden durch das Abziehen so weit begradigt, dass man sich wieder ohne übermäßige Hautreizung rasieren kann. Eine Schärfung im Sinne von Verdünnung der Schneide findet beim Abziehen auf dem Leder *nicht* statt.
@ Arno:
Zugegebenermaßen sind die metallurgischen Quellen auf meiner Seite nicht angeführt. Aber ich reiche sie hiermit nach:
Prof. Georg Bindhart: Kulturgeschichtliches über das Rasiermesser. Solingen: Messer und Schere vom 1. Mai 1927, dazu: Die Schneide des Rasiermessers. - Hier sind auch Mikroskopaufnahmen der verschiedenen Klingenmaterialien zu finden.
Ferner mit Fotos der kristallinen metallurgischen Materialstrukturen: Ing. Kolberg, Fachschule Solingen, 1931.
Wieso sind die auf unserer Seite gemachten Aussagen zur Metallurgie "schlicht Humbug"
Wo steht auf unserer Seite etwas von "schlechtem Stahl" Wer bestreitet, dass unsere Vorfahren eine Menge Ahnung von der Herstellung und Verarbeitung von Stahl hatten? Auf unserer Seite habe ich ausdrücklich geschrieben dass Rasiermesser "häufig vom ortsansässigen Schmied hergestellt wurden". Für mich ist ist auch nicht nachvollziehbar, an welcher Stelle nun "dreckige" Stähle ins Spiel kommen. Auf unsere Seite kann sich dieser Begriff also nicht beziehen. Bist Du sicher, dass Du auf unserer Seite warst?
Auf die einzige Einschränkung, die ich dort bezüglich der Stahlqualitäten gemacht habe, gehst Du jedoch nicht ein: Eine generelle Schleifbarkeit von mittelalterlichem Stahl habe ich nie verneint. Ich habe geschrieben, dass damalige Stähle für die besondere Art des Schleifens für einen *schabenden* Schnitt in aller Regel nicht geeignet waren.
Noch mal zur Verdeutlichung:
Beim schabenden Schnitt wird die aufliegende Schneide schabend flach über die Haut geführt. Der schabende Schnitt verlangt nach einer dünnen und glatten, festen und dabei doch elastischen Schneide, die sich den Unebenheiten der Gesichtshaut anpasst. Beim ziehenden Schnitt, wird die Schneide z. B. durch das Brot oder das Fleisch geführt; die Klinge kann unflexibel sein. Die Materialanforderungen an den Stahl für den Schliff für einen ziehenden Schnitt sind also deutlich geringer.
Sowohl die in meinem Besitz befindlichen mittelalterlichen Rasiermesser als auch weitere Exponate u. a. aus dem Bestand des Klingenmuseums Solingen zeigen absolut *keine* Spuren eines Schärfungsschliffs. Das gleiche gilt übrigens noch für ‘moderne’ Messer (19. Jh.) aus dem afghanisch-pakistanischen Raum.
Die metallurgischen Kenntnisse, für einen schabenden Schnitt geeignetes Klingenmaterial gezielt herzustellen werden von mir für den Beginn des 14. Jahrhunderts nach wie vor bestritten.
Solltest Du belegbare Gegenargumente zu dieser Aussage haben, die es rechtfertigen, meine Aussagen als ‘schlichten Humbug’ zu bezeichnen, bin ich gerne bereit, stets aus nachvollziehbaren Quellen dazuzulernen. Jedoch ist für mich diese nackte Behauptung, dass das entsprechende "Know how" vorhanden gewesen sei, letztlich wenig hilfreich.
Als Sohn eines Kunstschmiedes empfand ich, auch wenn ich selbst nie in diesem Beruf gearbeitet habe, bislang Deine Beiträge als fundiert. Deshalb dachte ich eigentlich, dass wir in diesem Themenkomplex über das Stadium, ‘dass die ja damals auch nicht blöde waren’, inzwischen hinausgewachsen wären.
Beste Wünsche
Manfred
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Eintrag #49 vom 28. Mrz. 2003 08:01 Uhr
Joachim Meinicke
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Ich danke für Deinen aufklärenden Eintrag, Manfred!
Jetzt ist mir auch die Verwendung des Lederbandes klarer geworden.
Was ich für mich persönlich nur bedingt nachvollziehen kann, ist die Häufigkeit der Rasur. Ich habe einen starken Bartwuchs, müßte mich theoretisch 2x am Tag rasieren. Je länger ich warte, als desto unangenehmer empfinde ich persönlich die Rasur. Warte ich damit eine Woche oder so, ist es ein verdammt hartes Stück Arbeit und die Klinge danach im Eimer. Aber das ist halt mein persönliches Empfinden.
Falls das nicht zu sehr vom Rhema abschweift, würde ich mich über eine Art kurze "Bedienungsanweisung" für den Umgang mit einem Rasiermesser sehr freuen. Mein Opa konnte es mir leider nicht mehr erklären.
Gruß
Joachim
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Eintrag #50 vom 28. Mrz. 2003 08:25 Uhr
Lisa & Manfred Wolber
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Hallo Joachim,
die gleichen Fundstellen weisen darauf hin, dass sich sehr früh bereits eine ‘Vorrasur’ mit der Schere etablierte. Diese sowohl, um den Bart zu formen, als auch um die Klingenrasur weniger unangenehm zu gestalten.
Beste Wünsche
Manfred
Bewertung:
Eintrag #51 vom 28. Mrz. 2003 09:52 Uhr
Andreas Sturm
Ich kann mich Manfred da aus der praktischen Erfahrung heraus anschließen. Zwar bin ich glücklicherweise vor übermäßigem Bartwuchs verschont worden, aber dafür ist meine Haut recht empfindlich.
Deswegen praktiziere ich schon lange die Methode, mich nicht täglich, sondern in größeren Abständen zu rasieren.
Zur Vorrasur benutze ich dann zwar keine Schere, sondern einen Langhaarschneider, aber der Effekt ist deutlich: Die Klinge wird geschont, die Rasur geht leichter von der Hand und es kommt zu weniger "Hautirritationen".
Rasieren selbst mit Wochenabstand ist kein Problem.
Andreas
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Eintrag #52 vom 28. Mrz. 2003 10:24 Uhr
Arno Eckhardt
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Hallo Ihr
Zunächst einmal bitte ich um Entschuldigung für meine zugegebenermaßen etwas harte Wortwahl (Humbug…) Ich wollte niemanden angreifen.
Das Problem ist, das sich der Betreffende Text auf Deiner Seite so liest, als hätte es kein gutes Material gegeben (ganz allgemein). Und das stimmt nicht.
Ich möchte mir gerne die besagten Schliffbilder ansehen können, um lernen zu können und Dich deshalb bitten, mir wenn möglich einen oder Zwei Scans per Mail zukommen zu lassen. Das Thema interessiert mich brennend und ich bin gerne bereit zuzugeben, im Unrecht gewesen zu sein, wenn die Schliffbilder mit Deinen Aussagen in Einklang zu bringen sind.
Was Die Rasur selbst betrifft, so habe ich nicht behaupten wollen, das sie besonders angenehm gewesen sein soll. Ich konnte mir nur nicht vorstellen, das es soooo schlimm war. Ich habe mich selbst schon mit dem Messer rasiert und bin auch sonst "Naßrasierer". Ich weiß, das ich dabei auch Fehler gemacht habe. Und das war in der Tat nicht so angenehm, wie eben modernes Gerät. Allerdings gehört eben auch eine gewisse Erfahrung dazu und ich unterstelle unseren Vorfahren, diese gehabt zu haben. Dann müßte sich doch der Schmerzfaktor eigentlich auf ein Minimum reduzieren lassen, oder?
Ist das nicht auch der Hauptgrund, weshalb noch vor wenigen Jahrzehnten der Friseur auch Rasierte? Der mußte schließlich die meiste Routine entwickelt haben oder?
Vorrasur mit der Schere macht natürlich absolut Sinn.
Wie ist das aber mit der Haut? Passt die sich nicht auch häufigerem Rasieren an und reagiert dann weniger empfindlich? Das wäre auch eine mögliche Erklärung für unsere stöhnenden Mönche…
Euer Arno
Bewertung:
Eintrag #53 vom 28. Mrz. 2003 10:54 Uhr
Lisa & Manfred Wolber
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erst alles bis zum Ende lesen, Manfred ;-))
U. a. wird die Rasur auch in unserer Präsentation thematisiert. Aber da gibt es noch einige bisher nur unzufriedenstellend geklärte Punkte. Deshalb kann ich nicht verantworten, eine rasur /vorzuführen/.
Joachim, ich fürchte Dein Großvater wäre Dir hinsichtlich der mittelalterlichen Rasur keine große Hilfe gewesen; es sei denn, Du wolltest die Rasur, wie sie in der Form und mit diesen Mittelen erst seit Beginn des 20. Jahrhunderts ausgeführt wurde, den Besuchern nahe bringen.
Ich werde nichts hier ins Forum posten, weas nicht hieb- und stichfest belegbar ist und von dem hinterher der ein oder andere behauptet, es sei so und nicht anders gewesen, denn es habe ja schliesslich in T-V gestanden.
@ Arno: Ich werde sehen, was sich mit den Scans machen lässt, ich besitze selbst leider nur (einigermaßen miserable) Fotokopien. Bitte hab’ aber etwas Geduld, ich habe momentan erheblichen beruflichen Stress, und Brötchen für die Family verdienen hat Vorrang.
Beste Wünsche
Manfred
Bewertung:
Eintrag #54 vom 28. Mrz. 2003 10:59 Uhr
Arno Eckhardt
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Hallo Nochmal
Habe ich vergessen:
ich wurde nach Belegen für die Behauptung, die Materialqualitäten seien allgemein besser gewesen, als allgemein angenommen gefragt.
Ich beziehe mich dabei auf die Herstellungsmethodik, dem Reinigen durch wiederholtes Falten und Feuerschweißen.
Wir haben inzwischen Zahlreiche metallurgische Untersuchungen zu diesem Thema durchgeführt und sind zu den folgenden Schlüssen gekommen:
Ab dem Stadium des Faltens und Schweißens, ab dem das Material halbwegs homogene Eigenschaften zeigt, ist bereits ein Reinheitsgrad (bezogen auf P und S) erreicht, der dem moderner Stähle gleich kommt. Grobe Verunreinigungen, von denen man immer wieder hört, sind in Originalen selten zu finden und wenn, dann zumeist nicht unbedingt mitten in der Schneide. Diese würde dabei auch schon beim Schmieden selbst kaputt gehen und somit erst gar nicht der Verwendung zugeführt werden.
Wird weiter "Raffiniert", werden die modernen Stähle an Reinheit sogar noch übertroffen (p- uns S Werte von unter 0.003% sind da die Regel, übrigens selbst bei qualifizierter Verwendung von Steinkohle!). Auch manche (unerwünschte) Stahlbegleiter lassen sich durch das Raffinieren entfernen. das geschieht fast automatisch beim Schmieden, wenn der Schmied keine elementaren Fehler macht.
Soweit ich informiert bin, war die letzten paar tausen Jahre das "Raffinieren" von Schachtofenluppen die gängiste Methode der Stahlgewinnung.
Vor ein paar Wochen brachte Stefan Deuble den Ansatz zu bedenken, das auch Windfrischverfahren bereits den Römern bekannt gewesen sein durften. Somit könnte ich mir tatsächlich auch das vorhandensein weniger reiner Stahlsorten vorstellen (zumal auch weniger "sauber" raffiniert werden kann). Allerdings habe ich noch keine echten Beispiele (Untersuchungen mit entsprechenden Schliffbildern) gefunden, die deutlich verunreinigte Stähle bei KLINGEN zeigen (bei Alltagsgegenständen kann der Fall anders liegen, da hier die Leistungsanforderungen nicht so hoch sein müssen)
Deshalb bin ich auch so scharf auf entsprechende Bilder und Untersuchungen. es gibt da wenig Material drüber und es ist längst nicht alles untersuchenswerte untersucht worden. Bisher präsentiert sich mir aber ein aus der Praxis bestätigtes Bild, das das Vorhandensein auch Rasiermessertauglicher Stähle fast seit dem Beginn der Eisenverarbeitung nahe legt.
Zu Unseren Untersuchungen:
Derzeit Liegen noch etwa 10 Ausstehende Materialproben unterschiedlicher Damaste und Raffinierstähle aus meiner Werksatt bei der Uni Tübingen. Einige Schliffbilder habe ich bereits vorliegen. (ich warte schon seit Wochen auf die komplette Zusammenstellung. Wird demnächst kommen)
Quantitative Analysen wurden u.a. per Elektronenmikroskop und Spektralanalyse durchgeführt.
Bisher haben sich alle aus der Theorie bereits zu erwartenden Vorstellungen bestätigt, gerade was den Reinheitsgrad angeht.
Die Leistungsfähigkeit zu prüfen bedarf noch einiger weiterer Versuche, wird allerdings aller wahrscheinlichkeit ebenfalls den jeweiligen Erwartungen entsprechend ausfallen.
Unsere Untersuchungen an Einer Spatha aus dem 7. Jhdt, die Untersuchungen von Hr. Moritz Paysan am Landesmuseum Stuttgart über die "Knollenknaufschwerter" und die Arbeiten Von Dr. Stefan Mäder an ebenfalls Frühmittelalterlichen Saxen und Schwertklingen zeigen ebenfalls höchste Materialqualitäten.
Alles in allem:
Das "Know how" war da ;-)
Nochmal bitte Entschuldigung wegen meiner "Unfeinen" Ausdrucksweise. es ist eben mal wieder mit mir durchgegangen.
Euer Arno
Bewertung:
Eintrag #55 vom 30. Mrz. 2003 17:12 Uhr
Lisa & Manfred Wolber
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Das Wochenende habe ich genutzt, die gewünschten Aufnahmen für Arno fertig zu machen und die gemachten Aussagen kritisch unter die Lupe zu nehmen:
Nun sehe ich ein, dass der Begriff ‘metallurgisch’ von mir sowohl auf unserer Seite als auch hier im Thread offensichtlich zu lax gehandhabt wurde:
Ich habe nie bestreiten _wollen_, dass unsere Altvorderen in der Lage waren, gutes Material herzustellen. Dennoch _könnte_ man den Eindruck bekommen, ich hätte die Stahlqualität für schlecht gehalten. Diese Aussage war von mir nie beabsichtigt, denn dass es so nicht so gewesen sein kann, dürfte spätestens klar sein, seit Peter Johnsson im April 2002 seine Schwertreplik dem Klingenmuseum Solingen und die dazu gehörende Dokumentation der ßffentlichkeit übergab. Hier wurde sehr deutlich, dass das Mittelalter gute Klingenstähle herzustellen in der Lage war.
Mein Fehler lag darin, in den Texten mit ‘Metallurgie’ die komplette Metallbearbeitung umfassen zu wollen, also u. a. auch die Schärfung der Schneide.
Um die wohl aus meiner persönlichen Denkweise resultierenden Irritationen in Zukunft zu vermeiden, habe ich den Text auf der kritisierten Seite inzwischen geändert.
Somit muss ich in Konsequenz auch mein Statement korrigieren:
Ich bestreite weiterhin (bis zum Nachweis
des Gegenteils), dass es bis ins Hochmittelalter
üblich war, Rasiermesser zu schleifen.
Die Klingen waren scharf geschmiedet.
Die (zumindest mir) bekannten mittelalterlichen Rasiermesser zeigen - soweit erkennbar - Spuren einer geschmiedeten Schneide, Hinweise auf einen Schliff habe ich nicht finden können. Daraus folgt, dass Rasiermesser bis ins hohe Mittelalter eine geschmiedete und keine geschliffene Schneide hatten.
Die aus meinem Statement resultierende Frage ist nun:
Wenn wir ja unterstellen können, dass die
materialtechnischen Voraussetzungen grundsätzlich
gegeben waren, warum hat man dann Rasiermesser
_nicht_ aus schleiffähigem Stahl hergestellt
bzw. warum hat man diesen bei Rasiermessern
Wie Arno schreibt, dürften Qualitätsanforderungen bei Alltagsgegenständen nicht so hoch gewesen sein. Die Ergebnisse seiner Untersuchungen - vielen Dank für die Informationen - , die sich ja wohl auf Waffenmaterial beziehen, dürften also kaum ohne Weiteres auf solche Artikel wie Rasiermesser übertragbar sein.
Das offenbar vorhandene Knowhow darf m. E. nicht zu dem Schluss verleiten, dass es auch in jedem Fall und für jeden Artikel angewandt wurde.
Beste Wünsche
Manfred
Bitte an die Admins:
Da die Diskussion kaum noch mit dem Thema "Persönliche Hygiene und Körperpflege" in direkte Verbindung zu bringen ist, wäre ein Verschieben in Thread 1289 m. E. sinnvoll.
Manfred
Bewertung:
Eintrag #56 vom 30. Mrz. 2003 18:48 Uhr
Thomas Schlosser
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Hallo Leute
Um noch mal was zum eigentlichen Thema zu sagen.
Ich kann jetz nicht mit Belegen von Funden oder Quellen aufwarten sondern nur von persönlicher Erfahrung sprechen.
Was das schneiden von Finger- und Fußnägeln angeht; einfach mit einem scharfen Messer abschneide!! O.K. es ist eher ein abschnitzen, aber es funktioniert, mit etwas ßbung, recht gut. Da auch in der einfachen Bevölkerung eigentlich immer ein schafes Messer zu verfügung war, kann ich mir das zum Nägelschneiden recht gut vorstellen. Es funktionier ja auch!
Ob es bei höher gestellten Personen etwas anderes gab, das kann ich nicht sagen!
Thema Süßholz zur Zahnpflege: Woher kahm es(Pflanze/region)und wie verbreited war es vermutlich. Ich habe Süßholz am Stück zuhause, verwende es auch auf märkten, aber weis nicht so recht ob es um 1250 möglich war??
Danke schon mal im vorraus!
Thomas
Bewertung:
Eintrag #57 vom 31. Mrz. 2003 07:49 Uhr
Joachim Meinicke
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Hallo Manfred,
da hast Du mich falsch verstanden. Ich meinte keine Anleitung für den Umgang mit mittelalterlichen Rasiermessern, sondern mit neuzeitlichen (deswegen auch der Verweis auf meinen Großvater), da Du Dich mit dem Thema ja anscheinend beschäftigst. Tempus-vivit beschränkt sich ja nicht nur aufs Mittelalter.
Kannst mir ja bei Gelegenheit und Lust&Laune ein mail schicken.
Gruß
Joachim
Bewertung:
Eintrag #58 vom 31. Mrz. 2003 10:18 Uhr
Arno Eckhardt
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Hallo Ihr, Hallo Manfred
Schön, das sich das Mißverständnis so ruhig hat klären Lassen.
Außerdem Sorry, das wir schon wieder so weit vom eigentlichen Thema abgewichen sind. ich stell mich ja schon in die Ecke:-)
Sollen wir evtl. die Metallurgische Seite der Rasiermesserthematig woanders diskutieren oder hier weiter machen? Mir sind da nämlich schon noch ein paar Kleinigkeiten zu eingefallen…
Euer Arno
Bewertung:
Eintrag #59 vom 11. Jul. 2003 14:34 Uhr
Nikolaj Thon
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Hier eine © dpa - Meldung vom 11.07.2003 11:38 Uhr:
Quedlinburg (dpa) - Bei Grabungen in Quedlinburg (Sachsen-Anhalt) ist eine der ältesten Zahnbürsten Europas entdeckt worden. «Die schätzungsweise 250 Jahre alte Zahnbürste wurde im Keller eines Barock-Palais in der Innenstadt gefunden», sagte Archäologe Oliver Schlegel in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Der Fund sei schon deshalb höchst interessant, weil bislang angenommen wurde, Zahnbürsten seien in Europa erst ab 1850 in Gebrauch gewesen.Die neun Zentimeter lange Zahnbürste besteht aus zwei Teilen, dem Borstenkopf und dem Stiel. Das Material ist Schweinsknochen. «Der Borstenkopf ist relativ lang, und die Bohrungen sind noch deutlich zu erkennen», sagte Schlegel. Anstatt Zahncreme, die erst Anfang des 20. Jahrhunderts aufkam, hätten sich die Menschen damals mit selbst angerührten Pulvern die Zähne geputzt.«Am Fundort der Bürste wurden unter anderem auch 100 Austernschalen entdeckt, was auf wohlhabende Leute schließen lässt», erklärte der Archäologe. Immerhin hätten in der damaligen Zeit eher Reiche Zahnprobleme gehabt. Grund seien ihre Essgewohnheiten gewesen, zum Beispiel ein größerer Anteil an zuckerhaltiger Nahrung.Bereits vor mehreren tausend Jahren nutzten unsere Vorfahren Schlegel zufolge Zweige, um sich die Zähne zu säubern. Im Mittelalter wurden, wenn überhaupt, kleine Läppchen und lauwarmes Wasser zum Säubern der Zähne benutzt.Die erste richtige Zahnbürste wurde 1498 von einem chinesischen Kaiser benutzt und bestand aus Schweineborsten in einem Griff aus Knochen. Das Modell mit den Tierborsten erfreute sich auch in Europa bald großer Beliebtheit. Doch weil sie so teuer war, mussten ganze Familien oft ein und dieselbe Bürste benutzen. Erst 1938 führte das Unternehmen DuPont Nylonbürsten ein.
Gruß Nikolaj
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Eintrag #60 vom 11. Jul. 2003 14:51 Uhr
Hermann Oppermann
@ Joachim:
Für eine ausführliche Anleitung zum Nassrasieren kann ich:
nur empfehlen.
Nassrasur herrscht!
Schalom!
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Eintrag #61 vom 17. Jul. 2003 08:01 Uhr
Joachim Meinicke
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Prima link! Und Fotos historischer Rasiermesser auch jenseits der Neuzeit gibt-s gratis gleich mit dazu.
Danke!
Joachim,
von
Marca brandenburgensis AD 1260
Märkisches Leben zur Zeit der Askanier
wwwbrandenburg1260.de
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Eintrag #62 vom 17. Jul. 2003 08:51 Uhr
Lutz Schmidt
Hi Leute,
Sensen wurden früher ‘gedengelt’ um sie zu schärfen. Durch die Kaltverformung der Klinge beim ‘dengeln’ wird die Schneide nicht nur scharf, sondern auch (etwas) härter, also spielt vermutlich die Metallbaschaffenheit nicht _so_die_ Rolle_ (denn damit bekommt man sogar recht weichen Baustahl _halbwegs_ hart!)
Natürlich geht das mit einem härteren Stahl vermutlich noch besser.
Die Schneide wird dann nur noch kurz mit dem Schleifstein abgezogen um sie zu egalisieren und zu entgraten. Dabei hinterlässt der Schleifstein nur ganz geringe, kaum sichtbare, Spuren, genau an der Schneidenkante (welche bei Bodenfunden möglicherweise durch die Korrosion nicht mehr sichtbar sein mögen).
Ich denke es ist vorstellbar, dass man mit Rasierklingen früher ebenso verfuhr.
Das würde die "scharf geschmiedeten" Schneiden erklären….(und ist eben von den Sensen her, ja eine durchaus übliche Technik)
Denn ich glaube nicht daran dass man eine Rasierklinge, jedesmal wenn sie stumpf wurde, neu ausgeschmiedet hat. Wenn nämlich der Griff dran ist, wird’s relativ schwer die Klinge zu glühen ohne dass der Griff dabei draufgeht!
Das Dengeln wird kalt ausgeführt, und hinterlässt eben sehr ähnliche Bearbeitungsspuren…
Da Sensen ebenso wie Rasierklingen scharf sein müssen, und aufgrund der Abnutzung häufig nachgeschärft werden müssen, denke ich dass sich die Annahme dieser Technik des Dengelns auch für das Schärfen von Rasierklingen übertragen lässt.
Grüße
Lutz
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Eintrag #63 vom 11. Mai. 2006 08:53 Uhr
Sven Wolfgang Pfeifenberger
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Rasierschaum und andere Annehmlichkeiten?
Hallo Zusammen,
ich bin auf der Suche nach konkreten Informationen bzw. Literaturhinweisen über alle möglichen Arten von Pflegeprodukten (Rasiercreme,Umschläge, Rasierpinsel????) rund um die Rasur im Zeitraum zweite Hälfte 15tes JHD.
Alles, was ich bisher über Quellenhinweise und das www finden konnte waren entweder Infomationen über den Beruf und Stand des Baders oder diffuse und quellenlose Hinweise über "Pottaschseife" oder "Kräutersalben" bzw. "Becken in denen die Seife zu Schaum geschlagen wurde".
Für alle Hinweise dankbar,
Sven
Sven W.P.
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Eintrag #64 vom 11. Mai. 2006 17:10 Uhr
Hallo!
Helfen könnte dir:
Schgör, Ingeborg: Hygiene und Körperkultur im Mittelalter und zu Beginn der Neuzeit. Dipl. Arb. Innsbruck 1998
Per Fernleihe aus der UB-Innsburck(A)oder der OeNB Hauptapteilung Heldeplatz.
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Eintrag #65 vom 13. Mai. 2006 18:30 Uhr
Sven Wolfgang Pfeifenberger
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Andreas,
ich bin Montag an der Uni und werd mal sehen, wie schnell ich die Literatur bekomme!
Sven W.P.
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Eintrag #66 vom 14. Mai. 2006 00:01 Uhr
Kein Problem. Poste falls du ergebnisse hast. Würd dir auch helfen mittels einscannen, da ich Leute kenn die in Innsbruck studieren. Weis nciht wie kompliziert(und teuer) die Fernleihe nach Deutschland ist. Allerdings bin ich die nächsten zwei Wochen in Schottland auf EX.
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