Eintrag #1 vom 28. Aug. 2002 08:58 Uhr
Ameli
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Hallo,
beim Bilder studieren (Perikopenbuch Heinrichs 2. und Evangeliar Ottos 3.) fielen mir Eigenheiten in der Beinkleidgestaltung auf:
Die meisten Männer (weltliche, kein Klerus) tragen Stiefel und Hose. Bei einigen sind auf dem Schienbein bis zum Knie (Saumkante Oberbekleidung) kleine Pünktchen in regelmäßigen Abständen und eine parallele Linie gezeichnet. Meistens trifft dies bei roten Beinkleidern zu, vereinzelt auch bei andersfarbigen.
Wie muß ich das interpretieren?
Sind das vorne zu knöpfende Gamaschen, die in den Stiefel gesteckt werden?
Oder ist das eine Längsverzierung?
Für "künstlerische Freiheit der Farbgebung" halte ich es nicht…
Bisher bin ich immer vom "Klassiker" Hose, Beinwickel, Schnürung ausgegangen.
Bilder gerne auf Wunsch per Mail, es wäre schön, wenn mir jemand helfen könnte.
Gruß
Ameli / Elisabeth von Tannenberg
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Eintrag #2 vom 28. Aug. 2002 09:12 Uhr
Andrew Van Ross
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Hi Ameli,
Frag’ doch mal unseren Timm. Der ist ja Spezialist für dieses Gebiet. Und zum Thema "Beinkleider" hat er sich auch schon Gedanken gemacht.
Grüsse,
Andrew
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Eintrag #3 vom 28. Aug. 2002 12:50 Uhr
Knut Schneider
Liebe OttonInnen,
ich habe ebenfalls lange über das charakteristische Muster gerätselt und bin zu folgendem Ergebnis gekommen:
Die Punkte entstehen durch die frontal gelegene Naht, deren Faden an den Einstichstellen beim Umschlagen zu sehen ist. Die umgeschlagenen Schnittkanten näht man einfach mit einer geraden Naht auf der jeweiligen Seite von innen fest. Dies erhöht den Tragekomfort (keine Knubbel-Bildung) und ergibt die paralellen, gerden Linien.
Im Versuch hat sich gezeigt, daß dies bei den fertigen Beinlingen tatsächlich einigermaßen wie auf den Abbildungen aussieht, wenn man sie knacke-eng schneidert und sehr dickes, farblich kontrastierendes Wollgarn nimmt. Notfalls die Naht nochmal genau nachnähen.
Schönen Gruß
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Eintrag #4 vom 28. Aug. 2002 13:09 Uhr
Ameli
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Hallo Knut,
danke für die Antwort. Sind das dann die ersten Belege für Beinlinge?
Oder kamen die noch früher auf?
Gruß
Ameli / Elisabeth von Tannenberg
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Eintrag #5 vom 28. Aug. 2002 23:49 Uhr
Timm
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Moin,
ich sehe das ähnlich wie Knut.
Ich denke, es handelt sich um Beinlinge mit der entsprechenden Naht.
Jedoch befindet sich diese m.E. nicht frontal auf dem Schienenbein, sondern um ca. 45° zur Beinaußenseite gedreht.
Untermauert wird diese These durch die beiden erhaltenen Beinlingpaare, die im Salierkatalog beschrieben und abgebildet sind. (Ich komme leider z.Z. nicht an meine Literatur, meine jedoch, dass das eine Paar aus dem Grab Heinrichs des zweiten und das andere aus einem Bischofsgrab stammen, beide jedoch aus der ersten Hälfte des 11.Jh.. Sind meines Wissens auch die frühesten eindeutigen Belege für Beinlinge, abgesehen von den Fragmenten aus Haithabu.)
Diese sind nicht komplett geschlossen, sondern überlappen am Oberschenkel und werden mit 2 angenähten Bändern seitlich an der (hypothetischen) Bruche angenestelt.
Habe meine so genäht, und es funktioniert recht gut.
Klassisch sind die Schnürungen unterhalb des Knies, da die nun aber m.E. bei Beinlingen am ehesten Sinn machen. Daher schließe ich mal gewagt auf eine weite Verbreitung von Beinlingen, zumindest in den höheren Kreisen.
Für Beinwickel gibt es auch vereinzelte Bildbelege, jedoch sind die eher die Ausnahme.
Für Hosen ohne Füßling gibt es als Beleg eine absolut eindeutige Taufszene, sowie die Abbildung Heinrich des Zänkers (der trägt sogar Socken…).
Mit genauen Quellenangaben kann ich mangels Literatur leider im Moment nicht dienen.
Pax, Timm
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