Normannenhelme mit festem Nackenschutz?
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Eintrag #1 vom 28. Jun. 2005 12:32 Uhr
Ingo Ludwig
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In einigen Filmen (ja ich weiß, Hollywood ist Sch… - aber darum geht es hier jetzt ausnahmsweise nicht) sind "normale" Normannenhelme zu sehen, die neben dem üblichen Nasenstreifen zum Schutz auf der Gesichtsseite einen ähnlich dimensionierten und ganz leicht nach hinten abgewinkelten "Nackenschutzstreifen" (ohne Gelenk, also starr wie Nasal) haben.
Kennt jemand Funde, Belege, Bilder usw. von solcher Art Nackenschutz, gab es soetwas wirklich oder ist das wieder mal eine reine Erfindung der Filmindustrie?
Gruß, Ingo
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Eintrag #2 vom 28. Jun. 2005 19:56 Uhr
Joachim Dittrich
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Hi Ingo.
Ein Waffenknecht auf dem Klosterneuburger Altar (Datierung auf 1181) in ßsterreich trägt einen Nasalhelm mit hinten am Helm befestigte Lederlamellen aufweisen.
Anderes ist mir bislang nicht bekannt.
Achim v. Hohenberg gen. de Clavis; ie genôte
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Eintrag #3 vom 03. Jul. 2005 15:59 Uhr
Dennis Klothen
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auf dem bayeuxteppich sind helme zu sehen die so interpretiert werden könnten- also nasal vorn und hinten. da sich das im feldversuch aber als vollkommen unpraktisch erwiesen hat wird angenommen das ein nasal am helmrücken als nackenschutz eher ausgeschlossen werden kann und er wird gemutmaßt, dass das auf dem bayeuxteppich einfach nur ineinandergestapelte helme sind.
ein bekannter hat sich das nackennasal nachträglich abgeflext, weil damit einfach nicht zu kämpfen war
gruß dennis
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Eintrag #4 vom 03. Jul. 2005 21:52 Uhr
Ingo Kammeier
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Hallo,
zu Achims Quelle möchte ich noch eine norwegische Holzschnitzerie aus dem 12.c, nachfügen.
Gruß
Ingo
Ingo Kammeier
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Eintrag #5 vom 03. Jul. 2005 23:50 Uhr
Jonas Radtke
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Hallo,
mir ist kein eindeutiger Beleg für einen festen Nackenschutz bekannt. Bei den Schnitzereien der norwegischen Stabkirche handelt es sich wahrscheinlich um eine bewegliche Konstruktion, ähnlich dem an diesem Helm der schwedischen Vendelzeit: tgorod.ru/contentimage/vendel/ultuna_left.jpg
Einen Nackenschutz in Form eines fixierten Metallstreifens halte ich für zu riskant, ein Stoß vor den Kopf, ein ungünstiger Sturz - und der eigene Helm bricht einem das Genick. Es ist nicht mal möglich, mit so einem Teil den Kopf in den Nacken zu legen um nach oben zu schauen. (Deshalb habe ich den meinen auch vom Helm entfernt.)
Eine Nackendeckung, an einem Schanier befestigt, würde diese Risiken bei äquivalenter Schutzwirkung auschließen bzw. minimieren.
Gruß, Jonas
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Eintrag #6 vom 04. Jul. 2005 01:17 Uhr
Joachim Dittrich
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der Helm der Holzschnitzerei zeigt ja ein Nackeneisen, das eine sehr weite Neigung vom Körper weg zeigt, was ein hochschauen freilich ermöglichte. Sinn machte ein festes Eisen wenig, könnte auch ein mißlungener und demzufolge kurzlebiger Versuch gewesen sein, den Nacken zu schützen. Beweglich wäre durchaus denkbar, aber bislang noch nicht belegt.
Achim v. Hohenberg gen. de Clavis; ie genôte
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Eintrag #7 vom 04. Jul. 2005 03:09 Uhr
Roland Schulz
Tragen dann die handvoll berittenen, die auf dem Teppich mit einem solchen (möglicherweise) starren "Hals-Schutz" zu sehen sind also ineinander gestapelte Helme, Dennis?
Oder wie meinst du das nun?
Ich möchte das weder ausschließen noch für wahrscheinlich annehmen, daß es diese "Achterhelm-Nasal" waren, was die Zeichner/Sticker/Schnitzer darstellen wollten.
Aber ich halte so ein Ding, wenn es kürzer ist als der Nasenschutz vorn, und schräg vom hinteren Helmrand absteht, sogar für einen relativ guten Nacken, bzw. Halsschutz. Auch eine Art "Ableiter" Funktion könnte ich mir gut vorstellen.
Der Streifen am Hinterhelm muss halt so kurz und/oder so abgewinkelt sein, daß er dem Träger Bewegung erlaubt und nicht zu einer Behinderung wird.
Beides halte ich für machbar, WENN die DInger tatsächlich so angebracht wären, wie sie gezeichnet sind, schräg und kurz.
Gruß,
Roland
Leben und Handwerk
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Eintrag #8 vom 04. Jul. 2005 08:00 Uhr
Ingo Kammeier
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hallo.
natürlich ist es nicht eindeutig festzustellen, ob es sich hierbei um einen beweglichen oder festen Nackenschutz handelt - defakto wird aber in verschiedenen Abb. (unter anderen auch an einer Reiterfigur des berühmten Lewis-Schachspiels) ein Nackenschutz irgend einer Art gezeigt.
Zu den persönlichen Erfahrungen…ich habe auch einen Helm mit einem festen Nackennasal; und mich stört er nicht. Wobei ich sagen muß, dass er auch einen anderen Winkel als mein Nasennasal hat.
Gruß
Ingo
Ingo Kammeier
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Eintrag #9 vom 04. Jul. 2005 08:28 Uhr
Ingo Kammeier
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Hallo Roland,
die Reiter tragen solche Helme nciht, aber man kann beim Ausbooten sehen, wie die Ausrüstung an Land getragen wird und dort sind Helme - die nicht auf dem Kopf getragen werden - abgebildet, die evtl. zwei Nasal-Nackensal;-) zeigen. Daher die Annahme, dass es sich um übereinander gestapelte Helme handeln könnte.
Noch ein persönlicher Gedanken zu der Schutzwirkung. Ich bin fest der Meinung, dass die Schutzwirkung eines festen Eisenbandes um ein Vielfaches höher ist als die eines bewegelichen.
Abgesehen davon zeigt uns die Geschichte, dass es zu jeder Zeit Helme gab, die sowohl die Bewegung als auch das Sichtfeld stark einschränken.
Gruß
Ingo
Ingo Kammeier
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Eintrag #10 vom 04. Jul. 2005 10:13 Uhr
Joachim Dittrich
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Die Darstellungen des Sigurds (Stabkirche Hylestad) und des Reiters des Lewis-Scahchspieles haben ein längeres bzw. gleichlanges Pendant zum Nasal. Die Nackeneisen sind beide vom Nacken weg gebogen.
Da beide Darstellungen der 1. Hälfte des 12. Jh. angehören, kann das "Nackensal" eine (nicht weit verbreitete?) Sonderform dieser Zeit sein.
Der Bayeux-Teppich zeigt keine dieser Helmformen. Die Helme auf dem Transportwagen kann man nun als Helme mit "Nackensal" interpretieren, mir scheint es aber auch eher so zu sein, daß es ineinander gestapelte Helme sind.
Achim v. Hohenberg gen. de Clavis; ie genôte
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Eintrag #11 vom 04. Jul. 2005 13:34 Uhr
Roland Schulz
@ Ingo und Achim:
Einspruch: Auch einige der Reiter tragen so etwas, das man durchaus als eben diesen Metallstreifen im Nacken deuten kann, schaut mal genau rein, Jungs.
Gerade zum Ende des Teppichs hin, etwa ab "Hic Odo episcopus baculum.." (Hier ermutigt Bischof Odo..)
Gruß,
Roland
Leben und Handwerk
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Eintrag #12 vom 04. Jul. 2005 17:12 Uhr
Joachim Dittrich
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Nuja, unter dem "baculu" wäre einer zu sehen, und auf den beiden Folgeseiten wenigstens 3. Zumindest sieht es unter der Vergrößerung nach den Helmen mit Nackeneisen aus. Na Sapperlöttchen, da muß man wirkich genau schauen ;o)
Achim v. Hohenberg gen. de Clavis; ie genôte
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Eintrag #13 vom 06. Jul. 2005 13:53 Uhr
Ingo Ludwig
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Ich danke allen Beteiligten für diese gute und befruchtende Diskussion sowie für die Hinweise auf Bildquellen, schließe mich der Meinung an, dass ein nach hinten weggebogener fester Streifen durchaus einen effektiven Schutz darstellen kann.
Gruß, Ingo
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Eintrag #14 vom 21. Jul. 2005 10:05 Uhr
Christoph Teubner
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Hallo,
ich bin relativ neu in der ma-szene.Ich möchte gerne einen Normannen um 1066 darstellen. Mein Problem ist das gerne einen Brillenhelm tragen will, aber noch keine belege gefunden hab die in diese zeit passen. der teppich war mir da auch noch keine große hilfe. Ich versuche generell alles selbst herzustellen, da ich mir als Schüler nichts größeres leisten kann, deswegen wäre eine bildquelle, oder ein Hinweis auf eine sehr hilfreich. ich bedanke mich schon mal im voraus. Gruß Christoph
Christoph Teubner
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Eintrag #15 vom 21. Jul. 2005 11:42 Uhr
Roland Schulz
Hallo Christoph,
deine finanziellen Beweggründe in allen Ehren, und ich kann deine Situation durchaus nachvollziehen..
aber es ist dennoch die falsche Herangehensweise in meinen Augen.
Nicht ERST das Equipment anschaffen und DANACH die Belege dafür suchen, sondern besser erst mal Belege sichten und DANN danach das Equipment machen/anschaffen.
Das scheint mir der glücklichere Weg zu sein, meinst du nicht auch?
Nach meinem Wissensstand solltest du dich von einem von beiden verabschieden, entweder vom Normannen oder dem Brillenhelm, beides zusammen wäre wie Napoleon mit Panzern:
Es liegen mehrere Jahrhunderte dazwischen.
Im übrigen ist mir in allen gängigen und nicht gängigen Abbildungen oder Museen/Ausstellungen zum Thema "Normannen, 1066" kein einziger Brillen- , wohl aber massenhaft Nasalhelme aufgefallen.
Halte dich doch an das was es SICHER gab und suche nicht erst nach irgendeiner Ausnahme. Du machst es dir wesentlich einfacher damit. :-)
Gruß,
Roland
Leben und Handwerk
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Eintrag #16 vom 21. Jul. 2005 13:45 Uhr
Christoph Teubner
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Oh, ich meinte damit nicht das ich den helm schon angeschafft hätte oder sowas. Ich wollte nur fragen ob jemand Belege für diesen helm hat, weil er mir gut gefällt, rein optisch, und weil er in einer freien schlacht einfach mehr schutz bietet. Ich werde natürlich auf den nasalhelm umsteigen, wenn der brillenhelm nicht reinpasst. Wenn ich mich recht erinnere, bitte korigiert mich wenn nicht, dann heißt der gesichtschutz aus kette doch Hauberge, oder? Wäre der denn dann in ordnung? Ich weis das auf dem Teppich nur aventails zu sehen sind, aber ich möchte halt die größt mögliche sicherheit, schließlich bin ich ja einsteiger, und noch ziemlich jung(11. klasse). Ich danke dir für deinen ratschlag! christoph
Christoph Teubner
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Eintrag #17 vom 26. Jul. 2005 23:46 Uhr
Hallo Christoph!
11. Jahrhundert ist nicht so meine Zeit und Rüstung auch kein Thema, bei dem ich mich übermäßig gut auskenne. Deshalb weiß ich weder, wie man einen Gesichtsschutz aus Kette nennt, noch ob es Belege für dein Darstellungziel gibt. Mir scheint aber eine grundsätzliche Bemerkung angebracht zu sein (Auch wenn Roland es schon gesagt hat…): Wenn du eine historische Darstellung machen willst, dann solltest du Quellen aus deiner Zeit anschauen und dich bei der Anschaffung/Anfertigung deiner Ausrüstung danach richten, was du dort gefunden hast. Natürlich haben wir alle manchmal irgendwas im Kopf, was wir unbedingt haben wollen und suchen dann verzweifelt nach Belegen (naja, was heißt alle… Ich jedenfalls. Bei anderen kann ich nur vermuten, dass es ihnen auch gelegentlich so geht… ;-) ), aber das ist grundsätzlich der falsche Weg.
Wenn dir die Rüstung eines Normannen um 1066 nicht sicher genug erscheint, hast du eigentlich nur drei Möglichkeiten:
1. Kümmer dich nicht um die Quellenlage und mach einfach Fantasy. Das ist sicher das bequemste.
2. Wechsel die Darstellung. Im späten 14 Jahrhundert gibt es z.B. die Hundsgugel, die ist schon _ziemlich_ sicher.
3. Kämpfe einfach nicht. Das ist die allersicherste Lösung.
Falls dich keine dieser Lösungen begeistern kann, bleibt natürlich immer noch diese: Lerne so gut kämpfen, dass du nicht mehr Rüstung _brauchst_ als sie ein Normanne um 1066 hatte. ;-)
Nebenbei bemerkt: Schaukampfschwerter sind stumpf, insofern glaube ich nicht, dass ein Gesichtsschutz aus Kette die Sicherheit nennenswert erhöhen könnte…
Grüße,
Sebastian
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