Eintrag #1 vom 20. Okt. 2008 07:33 Uhr
Heino Ude
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Müssen Graupengerichte immer sauer schmecken?
Ich habe da mal eine Frage und zwar: müssen besagte Graupengerichte immer sauer schmecken? Immer wenn ich einen mittelalterliches Graupengericht bekomme hat es einen säuerlichen Geschmack. Ich habe dann immer das Gefühl, dass es "umgekippt" ist ..
ein "ratloser" Heino / Hergils
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Eintrag #2 vom 20. Okt. 2008 10:00 Uhr
Dirk Prösch
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Moin…
Ich weiß jetzt nicht ob es im Mittelalter üblich war Graupengerichte säuerlich zu kochen, aber generell muß es nicht so sein. Ich persönlich bin kein Fan der säuerlichen Gerichten und wenn ich zum Beispiel eine Graupensuppe koche ist sie würzig und nicht sauer…
LG
Mad Jack
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Eintrag #3 vom 20. Okt. 2008 10:25 Uhr
Heino Ude
Ja, alle von mir gefundenen Rezepte sagen auch nichts über Essig …. aber wenn ich es bei anderen essen ist immer sauer angesagt .. darum bin ich ein wenig verwundert.
Grüße
Heino / Hergils
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Eintrag #4 vom 20. Okt. 2008 10:54 Uhr
Timm
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Verlasse dich niemals auf Sekundärquellen, auch nicht auf kulinarische… ;o)
Gruß,
Timm
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Eintrag #5 vom 20. Okt. 2008 12:06 Uhr
Beate
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Kennt jemand einen Nachweis für Graupen im Mittelalter?
Meines Wissen gibt es Graupenmühlen nämlich erst seit dem 17. Jhd.
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Eintrag #6 vom 20. Okt. 2008 12:11 Uhr
Andreas Pilz
Dann haben im Mittelalter Graupengerichte nach gar nichts geschmeckt, da die Graupen erst seid dem 17. Jhd. belegt sind. Da wäre erstmal Klärungsbedarf, bevor man sich Gedanken über die Zubereitung macht.
Edit: Beate war schneller
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Eintrag #7 vom 20. Okt. 2008 14:47 Uhr
Roland Lorenzen
Suppen mit Stärkeeinlage kippen generell schnell um. Einmal mit nem unsauberen Probierlöffel abgeschmeckt und schon kann es zu spät sein. Wenn also nicht expliziert Essig oder ein anderes Säuerungsmittel drin ist, würde ich die Finger von einer sauren Supee lassen…….schudder……
gruß,
Roland
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Eintrag #8 vom 20. Okt. 2008 16:34 Uhr
Heino Ude
Ich habe es gewusst … schon immer … meine Nase hat mich also nicht getrogen ..
FAZIT: KEINE GRAUPEN FßR HERGILS !
Danke !
Gruß
Heino / Hergils
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Eintrag #9 vom 20. Okt. 2008 23:01 Uhr
Andreas Pilz
Oh ja, mir ist eine Angedickte Bohnensuppe mal in ca. 4 Stunden umgekippt. Lustig sowas beim Gähren zuzuschauen..
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Eintrag #10 vom 20. Okt. 2008 23:43 Uhr
Roland Lorenzen
Herrliches Thema!
schöne Farb und Soundeffekte erzielt man auch mit Kohlsuppen. Einfach mal ausprobieren, Kohlsuppe kochen, Löffel ablecken, in die noch warme (nicht heisse!)Suppe stecken und abwarten. Nur essen sollte man das Ganze dann nicht mehr…….
Prost Mahlzeit!
Roland
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Eintrag #12 vom 21. Okt. 2008 21:14 Uhr
Andreas
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Graupe oder nicht Graupe, das ist hier die Frage
Also ich als Akademiker, der sich nunmehr seit fast 7 Jahren mit mittelalterlicher Ernährung, Küche und Kochkunst beschäftigt, kann zum Thema nur sagen: Wieso immer Graupen?
Mir ist kein mittelalterliches Rezept bekannt (natürlich kenne ich viele, aber nicht alle), in dem Graupen verwendet werden. Unzermahlenes, weichgekochtes Getreide oder Schrot, Gries, Dunst und Mehl in verschiedenen Korngrößen schon, Graupen nicht. Nach meiner Auffassung hat sich die Graupe in den Anfangszeiten von Reenactment, Living History, Marktelalter etc. pp. durch die Hintertür eingeschlichen. Zum einen musste damals von der Klamotte über Ausrüstung und Auftreten alles möglichst "urig" und rustikal sein. Die Graupe erfüllt diese Anforderungen optimal. Außerdem waren Graupen auch in den 80ern relativ leicht zu beschaffen. Mit ganzem Getreide, Schrot und Gries sah es da schon etwas anders aus, das war bestenfalls im Reformhaus oder Bioladen zu haben. Mittlerweile haben diese Getreideprodukte - Dank Fitnessküche und verstärkter Nachfrage nach Bioprodukten- ihren Weg in fast jeden etwas besser sortierten Supermarkt gefunden. Zudem neigt der neuzeitliche durchschnittliche deutsche Mitbürger (auch ich) dazu, seine Getreidegerichte eher etwas kerniger und bissfester zu bevorzugen, wodurch ganzes oder nur leicht verschliffenes (Graupen) Getreide, dass nicht so schnell matschig wird, bevorzugt wird. Die Engländer machen es übrigens mit ihrem dort hochgeschätzten und nicht aus der Ernährung wegzudenkenden morgendlichen Poridge-Mus (extrem verkochte Haferflocken oder direkt aus überall massenweise zu bekommendem Hafermehl oder -schrot) mittelalterliche gesehen genau richtig. Auch wenn man in Erwägung ziehen könnte, dass es schon damals verschiedenen Geschmäcker gab und die ein oder andere Hausfrau oder einzelne Köche ihr Essen bissfester bevorzugten, dürfte vorige Behauptung auf den Großteil der mittelalterlichen Bevölkerung zutreffen (alles nur Gewöhnungssache, wenn man erstmal seit Kindesbeinen an nichts anderes gewohnt ist, hat man kein Problem damit).
Das einzige mir bekannte Rezept (wohl aber nicht das einzig überlieferte) für einen Getreidebrei (Grütze) aus geschrotetem Weizen, stammt aus einer englischen Handschrift des 13. oder 14. Jahrhunderts (Curry on Inglysch, IV 1). Es handelt sich dabei um ein Gericht aus der höfischen Küche mit Weizenschrot und diversen teuren Zutaten wie Safran etc. Einfache Gerichte aus Getreide jeglicher Art sind, wie fast alle Gerichte aus ärmerem Milieu, nur äußerst selten überliefert worden und wenn, dann meist in einer aufgemotzten, für die (hoch-) adlige Tafel passenden Form.
Die mittelalterliche Mühlentechnik war durchaus schon soweit entwickelt, dass man vom leicht angemahlenen Getreide über Schrot und Grieß bis hin zum feinsten weißen Weizenmehl alle möglichen Feinheitsgrade erreichen konnte. Zudem, wie übrigens in oben genanntem Rezept angegeben, befand sich in fast jedem mittelalterlichen Haushalt mindestens ein Mörser, in dem alles mögliche und unmögliche, darunter auch Getreide, zerstampft und zerrieben werden konnte, d.h. es ist keine Mühle oder Graupenmühle notwendig, um gröbere Feinheitsgrade zu bekommen.
Zum Vierten würde auch ich von sauren Grützen, Breien, Graupengerichten die Finger lassen, wenn mir der Koch nicht glaubhaft versichern kann, dass da Essig, Wein, Zitronensaft oder eine andere saure Zutat drin ist oder das Getreide von naturaus einen säuerlichen Geschmack hat. Dabei ist einschränkend zu sagen, das bestimmte Getreide von sich aus leicht säuerlich oder bitterlich schmecken können (z.B. Gerste oder Roggen) und für manche Gerichte das Getreide absichtlich angegoren werden kann.
Zum Fünften habe ich es bisher noch nicht geschafft ein Bohnen-, Getreide- oder Kohlgericht in weniger als einem Tag zum umkippen zu bringen, wenn nicht gerade 30 Grad oder mehr im Schatten herrschte. Ein abgeschleckter Löffel kann zwar den Verfall beschleunigen, aber da wir öfter mal mit angeschlecktem Löffel den Tag über von unseren übrig gebliebenen Sachen naschen, kann ich glaubhaft versichern, dass zum Verderben einer Mahlzeit sehr viel mehr gehört als ein paar Tröpfchen Spucke. In manchen Gegenden Afrikas kauen die Frauen stundenlang auf dem Getreide herum um es mit Speichel zu versetzen um eine alkoholische Gärung zur Bierherstellung in Gang zu bringen, d.h. ein abgelapschter Löffel ist zwar eklig und kann zum umkippen eines Essens führen, dazu braucht es aber auch noch Zeit und eine höhere Umgebungstemperatur.
Viel schlimmer ist es, wenn man seine Lebensmittel falsch lagert. Keine Kühlung oder keine permanente Erhitzung über Feuer, Verwendung von Zinn, Kupfer, Bronze, Messing, Schmiede- oder Gusseisen als Löffel, Aufbewahrungsgefäß oder Kochtopf können sehr schnell zum Verderben von Lebensmitteln führen. Läßt man fett- und säurehaltige Lebensmittel mehrere Stunden, über Nacht oder gar mehrere Tage in Kontakt mit einem der oben genannten Metalle kommen, kann man sich schnell eine Schwermetall-, Grünspan- oder Lebensmittelvergiftung einhandeln. Ich werde selten ernst genommen, wenn ich vor falschem Kochgerät warne und habe schon einige Diskussionen zum Thema Diffusion von Schwermetallen in Lebensmittel geführt, will es aber mit einer letzten Bemerkung bewenden lassen: Vorsicht bei Buntmetallgeschirr und "töpfen. Man weiß sehr selten, was alles in der Legierung enthalten sein könnte und die Gefahren einer Vergiftung werden nur allzu oft unterschätzt oder ignoriert.
Schöne Grüße,
Andreas
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Eintrag #13 vom 23. Okt. 2008 15:56 Uhr
Andreas Pilz
für den interessanten Beitrag. Gerade der Hinweis auf die Problematik von Buntmetallgeschirr kann nicht oft genug gemacht werden, weil es auch viel zu oft mit "Das haben unsere Vorfahren ja auch überstanden" abgetan wird.
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Eintrag #14 vom 24. Okt. 2008 10:36 Uhr
Andreas
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"Das haben unsere Vorfahren ja auch überstanden"
Genau das ist die Frage. Haben die es wirklich überstanden? Neben Krankheiten, Ernährungsproblemen, giftigen Unkräutern im Getreide, mangelhafter Hygien, hoher Kindersterblichleit und ähnlichem dürfte gerade die Toxizität von Buntmetall- und Bleiverbindungen in Metallgerät und bleiglasierter Irdenware (Ja auch da, denn das Blei ist mit Nichten inaktiv gebunden und kann sehr leicht aus den Glasuren und Legierungen gelöst werden)schuld am geringen Durchschnittsalter unserer Ahnen. ES wäre schon lange an der Zeit, dass sich in der Forschung mit diesem Aspekt mal jemand auseinander setzt, aber bisher erscheint es eher als Randerwähnung wenn es um Umweltbelastungen aus Menschen historischer Zeiten geht.
Nebenbei gesagt hatte ich selbst bisher nur eine leichtere Lebensmittelvergiftung und die trat auf einer nicht mittelalterlichen Feier auf und wurde von einem Gericht ausgelöst, das jemand anderes gekocht hatte.
(Wenn ein Admin. das lesen sollte, bitte nicht verschieben, bestenfalls eine Kopie in einem anderen Thema [z.B. über Buntmetallgeschirr, Glasuren, …] einstellen)
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Eintrag #15 vom 24. Okt. 2008 10:45 Uhr
Andreas
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Da hat sich doch der Fehlerteufel eingeschlichen. Es soll natürlich:
"…unserer Ahnen sein." und "…auf Menschen historischer Zeiten" heißen.
Schöne Grüße,
Andreas
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Eintrag #16 vom 24. Okt. 2008 12:03 Uhr
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Nö, verschieben werde ich nicht, aber ich bitte darum, die Diskussion über Buntmetallgeschirr - idealerweise unter Einbeziehung der dort bereits genannten Punkte - in den passenden Threads weiterzuführen.
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Eintrag #17 vom 24. Okt. 2008 16:58 Uhr
Andreas Pilz
Aber ich denke, daß Thema des Threads selbst hat sich ja erledigt: Keine Graupen vor dem 17. Jhd. nachweisbar, also keine Zubereitungsmöglichkeiten im Mittelalter..
Thread könnte also Dicht gemacht werden..
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