Messerklingen aus Feilen herstellen!
Einträge 1 bis 15 (von insgesamt 15 Einträgen)
Eintrag #1 vom 18. Jul. 2005 10:30 Uhr
Heiko Marquardt
Bitte einloggen, um Heiko Marquardt eine Nachricht zu schreiben.
Wie sind eure Erfahrungen zu diesem Thema.
Ich habe in letzter Zeit mal herumprobiert und zum Beispiel Messerklingen aus alten Feilen per Flex und Bandschleifer herzustellen. Im Prinzip klappt es auch, die Dinger sind schön scharf, allerdings ist das ja doch recht Zeitaufwendig (vor allen Dingen das Teil immer wieder abkühlen) da ich die Feilen bis dato im \"Urzustand\" verwendet habe.
Jetzt habe ich mal eine Feile mit dem Actylenbrenner aufgeglüht und abkühlen lassen, dadurch ist die Feile wesentlich weicher geworden und leichter zu bearbeiten.
Anschließend habe ich versucht das Messer zu härten, das Ende vom Lied war das es extrem spröde war.
Beim härten bin ich wie folgt vor gegengen: Die Klinge zum glühen (rotorange) gebracht (mit dem Acetylenbrenner) und anschließend in ßl geschwenkt. Dann die Klinge mit Schleifpapier sauber gemacht und mit einer Lötlampe angelassen bis die Klinge einen Braunroten Schimmer bekommen hat. Im Prinzip müsste diese vorgehensweise ja ruichtig gewesen sein, wieso ist die Klinge dann zerbrochen?
Viele Grüße
Bewertung:
Eintrag #2 vom 18. Jul. 2005 13:21 Uhr
Christian G.
Moin,
eine entsprechende detaillierte Anleitung (insbesondere zum Anlassen der Feile) gibt’s hier:
und weiter geht’s dann hier:
Meine Feile vom Flohmarkt liegt schon im Keller - nur die Zeit habe ich noch nicht gefunden.
Gruß,
Christian
Bewertung:
Eintrag #3 vom 18. Jul. 2005 13:22 Uhr
Arno Eckhardt
Bitte einloggen, um Arno Eckhardt eine Nachricht zu schreiben.
Hallo Heiko
1. wenn Du eine harte Feile bearbeitest, genügt gelegentliches Kühlen eigentlich nicht. Das gibt zwar noch ein Messer, aber keines, welches durch seine Leistung den Aufwand rechtfertigen würde.
2. Der zweite Ansatz war besser, aber das Härten ist natürlich schwierig. Besonders Feilenstahl wird zuweilen zu einer echten Herausforderung.
3. Soweit Du das Härten und Anlassen beschrieben hast, ist es halbwegs o.k. NUR:
- Wenn die Glühtemperatur zu hoch war, würde das den Bruch erklären.
- Wenn die Härtetemperatur zu hoch war, könnte das eine Erklärung für den Bruch sein.
- Wenn Du die Anlasstemperatur nicht lange genug gehalten hast (min. 1/2 h), könnte das den Bruch erklären.
- Wenn Du die Feile beim Bearbeiten stellenweise überhitzt hast, kann das Probleme beim Härten (Spannungen, Risse = Bruch) geben.
- Die Anlasstemperatur war viel zu hoch! Feilen lässt man zwischen 180 und 190 °C an. Da sind noch lange keine Farben sichtbar. Mach `s daheim in Muttis Backofen, direckt nach dem Härten (keine Stunde warten!) und am besten 3 mal ca 15 Minuten (zwischendurch in Wasser abschrecken).
Euer Traumschmied
Bewertung:
Eintrag #4 vom 18. Jul. 2005 14:19 Uhr
Arno Eckhardt
Bitte einloggen, um Arno Eckhardt eine Nachricht zu schreiben.
Hallo Ihr
Mit Vorsicht zu genießen!
- Man lässt NIE in den blauen Bereich an, denn da ist das Härte/Zähigkeitsverhältnis besonders schlecht (man bezeichnet das als "Anlassprödigkeit).
- ERST Normalisieren, DANACH Weichglühen als Vorbehandlung zum Härten!
- Direkt nach dem Härten anlassen! Der Ofen sollte schon vorgeheizt sein. Gerade bei Feilenstahl hat man höchstens 5 Minuten Zeit, die harte Klinge in den Ofen zu bringen, wenn man die Leistungsfähigkeit des materials voll ausschöpfen möchte (um 63 HRC bei voll ausreichender Zähigkeit).
Da die Feilenstähle Härteannahmen bis zu 67 HRC haben, können sonst die auch nach dem Abschrecken noch laufenden Umwandlungen im Gefüge zu Rissen führen. Aus demselben Grund ist es auch nicht ratsam, im Glasharten Zustand gleich nach dem Abschrecken zu schleifen, denn auch das gibt Spannungen und erhöht die Rißgefahr.
Wie gesagt: Feilenstahl ist sehr Kitzelig…
Euer Traumschmied
Bewertung:
Eintrag #5 vom 19. Jul. 2005 07:31 Uhr
Heiko Marquardt
Bitte einloggen, um Heiko Marquardt eine Nachricht zu schreiben.
Danke Arno, Du hast mir sehr geholfen!
Viele Grüße
Bewertung:
Eintrag #6 vom 21. Jul. 2005 09:35 Uhr
Christian G.
Arno,
danke für die Details. (Warum können Dinge nicht auch mal einfach sein? ;-) ) Da werd’ ich mich wohl auf eine Kauf-Klinge verlegen - wenigstens weiss man dann, was man hat.
Cheers,
Christian
Bewertung:
Eintrag #7 vom 21. Jul. 2005 10:30 Uhr
Heiko Marquardt
Bitte einloggen, um Heiko Marquardt eine Nachricht zu schreiben.
Naja Christian, wenn es einfach wäre, wäre es auch nicht so spannend.
Also bei mir hat es jetzt mit dem Messer geklappt!
Viele Grüße
Bewertung:
Eintrag #8 vom 21. Jul. 2005 14:12 Uhr
Timm
(Nachname für Gäste nicht sichtbar)
Bitte einloggen, um Timm eine Nachricht zu schreiben.
Moin,
warum muss es immer was recycletes sein?
Nehmt doch für den Anfang einfach einen netten C45 Stahl.
Den gibts beim Landmaschinenschlosser eures Vertrauens und kostet zwischen 1,50 und 3- pro Kg…
Das ist ein Wasserhärter den man bei Kirschrot prima härten kann.
Relativ historisch korrekt ist er auch, da einfache C-Legierung.
…am besten find ich die Metallverformer, die auf spezielle Marken schwören: "Ich nehme nuuuur BMW-Blattfedern!" Oder: "Möglichst aaaaaauuuuuuussschließlich Kettenbolzen von russischen 08/15 Panzern nehmen, aber blooooooooß nicht die von der 1943er 7er Serie verwenden, die haben ein schlechtes Karma!"
…und beim Verarbeiten nicht vergessen, bei Vollmond eine tote Katze über die Freidhofsmauer zu werfen! ;o)
Pax, Timm
Bewertung:
Eintrag #9 vom 21. Jul. 2005 20:26 Uhr
Arno Eckhardt
Bitte einloggen, um Arno Eckhardt eine Nachricht zu schreiben.
Hallo Ihr
Freut mich sehr zu hören, das es jetzt geklappt hat! Herzlichen Glückwunsch. Du hast jet wahrscheinlich ein Messer, aus dem du bei jedem gekauften einen Span schneiden kánnst (vorausgesetzt, Du hast nach der Wärmebehandlung nur noch "nass" geschliffen.
Der C 45 ist ein guter "Anfängerstahl", denn er verzeiht viele Fehler. Aber er gibt keine überdurchschnittlichen Ergebnisse (Max. Härte nach dem Anlassen 55 bis 58 HRC nach Wasserhärtung) Aber er neigt eben kaum zu Rissbildung, ist leicht zu bearbeiten und gut zu bekommen…
Es ist in der Tat ganz erstaunlich, was einem manche Schmiede so an Bären aufzubinden versuchen. Wie ich aber kürzlich erst im Thread "Qualität von Schaukampfwaffen" vermerkt habe, ist dies leider oft nur ein Zeichen für mangelndes Fachwissen. Erstaunlicherweise schaffen es aber selbst solche Schmiede manchmal, ein gutes Messer zu machen. Muß wohl an der toten katze liegen ;-)
Wie dem auch sei: Wer Fragen hat, soll ruhig fragen, ich werde mich bemühen, schnell und hilfreich zu antworten. Was hätte ich dafür gegeben, wenn ich solche Hilfestellung gehabt hätte…
Euer Traumschmied
Bewertung:
Eintrag #10 vom 22. Jul. 2005 07:20 Uhr
Heiko Marquardt
Bitte einloggen, um Heiko Marquardt eine Nachricht zu schreiben.
Ich habe mal gehört das manche einen Magneten zur Hand nehmen um die richtige Temperatur des Stahles zum härten festzulegen.
Wie verhält sich das denn damit?
Viele Grüße
Bewertung:
Eintrag #11 vom 22. Jul. 2005 07:21 Uhr
Heiko Marquardt
Bitte einloggen, um Heiko Marquardt eine Nachricht zu schreiben.
Was bedeutet "normalisieren"
(Wann kommt mal Tante "Edit" in die Taverne?)
>;o)
Viele Grüße
Bewertung:
Eintrag #12 vom 22. Jul. 2005 09:06 Uhr
Arno Eckhardt
Bitte einloggen, um Arno Eckhardt eine Nachricht zu schreiben.
Hallo Heiko
Das mit dem Magneten ist ein guter Trick, um die Härtetemperatur zu überprüfen: Um sich durch Abschrecken in Martensit umwandeln zu können, muß das Stahlgefüge zunächst in sog. Austenit überführt werden. Dies geschieht i.d.R ab etwa 720°C. Die eigentliche Härtetemperatur liegt meist noch etwas darüber (800 - 860 °C).
Nun ist Austenit unmagnetisch, während alle anderen Stahlgefüge magnetisch sind. Wenn man also den Moment abwartet, ab dem ein Magnet am heißen Werkstück nicht mehr haftet, und danach noch ein paar Sekunden weiter erwärmt, ist man ziemlich nah dran.
Normalisieren:
Das ist eine Art "Reparieren" des Stahlgefüges. Wird ein Stahl z.B. durch Schmieden oder Walzen verformt, kommt es häufig zu "Fehlern" im Gefüge, die sich auf die Martensitbildung ungünstig auswirken würden (z.B. Zeilengefüge, Grobes Korn o.ä.).
Diese Lassen sich durch Normalisieren beseitigen:
Man erhitzt kurz unterhalb der Austenitisierungstemperatur (der Magnet sollte also gerade noch haften) und kühlt das Werkstück dann zügig, aber nicht schroff ab (bei Messerklingen z.B. durch "Fächeln" an der Luft).
Hierbei werden auch Spannungen abgebaut, was dem Verzug entgegenwirkt. Das Gefüge wird dabei aber nicht, wie oft Vermutet, wirklich härter, da sich dabei bei un- und niedriglegierten Stählen noch kein Martensit bilden kann. Eine leichte Härtezunahme ist dennoch häufig festzustellen, die hängt aber mit der verfeinerung und gleichmäßigen Ausrichtung des Gefüges zusammen.
Gerade bei "schwierigen" Kandidaten wie etwa Feilenstahl oder nach dem Schmieden sollte man das immer machen (dauert nur ein paar Minuten und verringert das Ausschussrisiko erheblich).
Danach wird Weichgeglüht:
Man erhitzt das Werkstück knapp über die Austenitisierungstemperatur (Magnet haftet nicht mehr) und hält es vorsichtig ein paar Minuten auf dieser Temperatur. Anschließend lässt man es GANZ LANGSAM abkühlen. Am besten geht das, indem man es in einen Eimer mit lockerer Papierasche steckt und, je nach Geometrie, ein paar Stunden sich selbst überlässt. Dabei werden nicht nur Spannungen abgebaut, sondern auch die Karbide (Eisen-Kohlenstoffverbindungen) werden feiner im Stahl verteilt, was zu einer gleichmäßigeren Durchwärmung beim Härten und damit zu einer gleichmäßigeren Härteannahme führt. Das Härtegefüge wird außerdem feinkörniger (vorausgesetzt, man glüht nicht zu lange und nicht zu heiß sonst wird `s Grobkörnig). Spannungen bauen sich dabei zuverlässig und fast vollständig ab, was den Verzug minimiert.
Was hat das jetzt mit dem "Mittelalter" zu tun?
Ich glaube nicht, das das Normalisieren bekannt war, denn diese Zusammenhänge sind recht komplex und ohne moderne Analysetechniken nicht zu durchschauen.
Das Weichglühen jedoch ist sicherlich bekannt gewesen. Es lässt sich in der Praxis leicht nachvollziehen, wie die Härte dabei deutlich abnimmt und das Stück die Wärme gleichmäßiger leitet, sowie der Härteverzug nach dem Glühen geringer ausfällt.
Das Normalisieren wurde, älteren Textquellen zufolge, oft eher "zufällig" gemacht, indem man mehrfach gehärtet hat, was zumindest ähnliche Effekte bewirkt, aber auch enorm Ausschussträchtig ist. Deshalb ist man heute weitgehend davon abgekommen.
Den Trick mit dem Magneten hat man umgangen, indem meist bei stockdunkler Nacht gehärtet wurde, also bei immer gleichen Lichtverhältnissen, was eine genaue Einschätzung der Härtetemperatur über die Glühfarbe ermöglicht (mit etwas ßbung natürlich).
Euer Traumschmied
Bewertung:
Eintrag #13 vom 09. Aug. 2005 10:18 Uhr
Norbert Schuller
Bitte einloggen, um Norbert Schuller eine Nachricht zu schreiben.
Liebe Schmiede,
so viel ich weiß sind alle neueren Feilen eingesetzt. Das heißt, nur eine relativ dünne Schichte außen hat den nötigen Kohlenstoffgehalt, um eine hohe Härte zu erreichen. Der innere Kern ist aus zähem Material, wird aber auch bei sorgfältiger Wärmebehandlung nicht sehr hart.
Also zum Herumschleifen lieber alte Feilen nehmen, wenn man halbwegs brauchbare Ergebnisse will!
Lie Grü,
Norbert
Bewertung:
Eintrag #14 vom 09. Aug. 2005 18:45 Uhr
Arno Eckhardt
Bitte einloggen, um Arno Eckhardt eine Nachricht zu schreiben.
hallo
Sorry, das stimmt so nicht!
Es gibt und gab schon immer aufgekohlte Feilen, das ist richtig.
Moderne Feilen sind aber meist nicht aufgekohlt. Das Risiko ist meiner Erfahrung nach bei älteren Feilen größer, eine Einsatzgehärtete zu erwischen.
Fragt nötigenfalls bei den Herstellern nach, die geben u.U. Auskunft oder macht vorher einen "Blindhärteversuch" mit einem Stück abgeschliffener, leicht ausgeschmiedeter Feile.
Euer Traumschmied
Bewertung:
Eintrag #15 vom 10. Aug. 2005 19:44 Uhr
Norbert Schuller
Bitte einloggen, um Norbert Schuller eine Nachricht zu schreiben.
Auch gut, dann wars nur zufällig bei mir so. Jedenfalls sollte man drauf schauen!
Lie Grü,
Norbert
Bewertung:
|