Eintrag #1 vom 02. Jul. 2005 18:01 Uhr
Hallo!
Gerade bin ich (mal wieder) in einem anderen Thread über die Aussage gestolpert, es gäbe in der Szene viel zu viele Lotterpfaffen. Aber ist das so? Es gibt viel zu viele schlechte Klerikaldarsteller, "das ist wahr" (Ernst Fuchs ;-) ). Aber Lotterpfaffen?
Der Ausdruck "Lotterpfaffe" hat ja nun auch schon einige Jahrhunderte auf dem Buckel, gegen eine fundierte Darstellung eines Lotterpfaffen sollte also eigentlich nichts einzuwenden sein. Und soweit ich das überblicken kann, ist die Darstellung fahrenden Scholaren oder sonstwas doch durchaus reizvoll…
Warum also ist mir noch nie ein ordentlich dargestellter Lotterpfaffe über den Weg gelaufen? Ist diese "Rolle" so unattraktiv? Oder hat man Angst vor der evtl. Reaktion der modernen Kirche? Oder habe ich irgendwas übersehen, und die Darstellung ist schwieriger, als ich dachte? Oder gibt es da draußen gute Lotterpfaffendarsteller, die mir bloß noch nicht begegnet sind?
Gruß,
Sebastian
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Eintrag #2 vom 03. Jul. 2005 17:17 Uhr
Dr. Frank Dierkes
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Nun, das kommt ganz darauf an, ob die Person, die einen "echten" Lotterpfaffen darstellen will, auch eben einen Lotterpfaffen im eigentlichen Sinne des Wortes darstellt - und nicht etwa einen "Präfranziskiner-Domiskaner" oder ganz was anderes abscheuliches….
Loderpfaffi ist meines Wissens nach ein Begriff für fahrende Kleriker auf der Suche nach einer Anstellung, abgebrochene und sich auf wanderschaft befindliche Theologiestudenten niederer Weihegrade, die sich als Vaganten durch das Leben schlugen. In der mir zur Verfügung stehenden Literatur werden sie oft mit Spielleuten in einem Atemzug genannt.
Hierzu die Belege:
Lotter
Wortklasse: Maskulinum
Erklärung: Taugenichts, Herumtreiber, Gaukler, Vagant, der idR. eine geminderte Rechtsstellung besitzt.
sprachliche Erläuterung: altenglisch loddere (Bosw.-Toller 645), auch latinisiert: lotricos omnimodo, vagos scolares cum longa coma inhibemus 1256 Bayern/MGConst. II 604 (vgl. Lotterpfaffe I); zur Etymologie vgl. DWB. VI 1210.
vgl. Bube (II), Freihart, Gaukler, Geiler, Lediggänger (II 1), Lotterer.
Lotterpfaffe
Wortklasse: Maskulinum
Lotterpfaffe (I)
Erklärung: Geistlicher, der als Lotter herumzieht.
Belegtext: loterpfaffen mit dem langen hare und spilleut, di diu wip mit in furent uzzerhalb ir pfarre, di sint uz dem fride
Datierung: 1256 Fundstelle: MGConst. II 600
Faksimile - digitalisiert im Rahmen des Projekts dMGH
Datierung: 14. Jh. Fundstelle: VerhNdBayern 22 (1882) 161
Im übertragenen Sinne konnte "Lotterpfaffe" noch bedeuten:
II)
Erklärung: übtr. im Handwerkswesen: verheirateter Geselle.
Belegtext: [die] frembden, beweibten gesellen …, die sie lotterpfaffen nennen, aber auch so anderswo meister gewesen, sich mit weib und kind alhier niederlassen, vnd vor gesellen arbeiten wollen
Datierung: 1540 Region/Autor/Textsorte: Breslau Fundstelle: ZDPhil. 59 (1935) 125
Datierung: 1587 Fundstelle: MittFreiberg 23 (1886) 29
Dem Wort nahe stehen noch die Begriffe: Lotterer, Lotter, Lotterbube, lottern und Lotterei.
Theologisch können Lotterpfaffen schnell in den Verdacht kommen, Häretiker zu sein.
Es handelt sich also um eine Darstellung, welche die Gefahr mit sich bringt, im Rollenspiel geprüft und abgeurteilt zu werden.
Grüße
Frank
+Pax. Vikar Hermann ab Wigbolde Bilrebeke
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