Lederwerkzeug
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Eintrag #1 vom 14. Jan. 2008 18:08 Uhr
Tobias
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Hallo alle miteinander!
Wo bekomme ich authentisches Werkzeug zur Be/Verarbeitung von Leder her und wie sieht es aus?
Bisher nähe ich am liebsten im Sattlerstich mit Sattlergarn aus Leinen, oder ich nähe mit Lederflechtband mit einer Nadel aus Federstahl, an der man das Band einklemmen kann. Geschnitten wird das Leder von mir mit einem Cuttermesser oder wenn es dünner wird auch mit einer Schere. Mit dem Nassnähen habe ich bisher keine Erfahrungen gemacht.
Welche Nadeln wurden denn im HMA benutzt?
Meine Stahlnadeln sind wahrscheinlich nicht "a", aber eine Knochennadel ist relativ dick und dazu geht sie schnell kaputt wenn man bspw. die Nadel mit einer Zange durch die vorgestochenen Löcher zieht.
Wie und mit welchen Werkzeugen wurde punziert?
Gruß
Tobias
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Eintrag #2 vom 14. Jan. 2008 19:55 Uhr
Anke Podschwadek
Hallo Tobias,
Als Erstes würde ich mich in Museen, Handschriften, Fundkatalogen (Bibliotheken) etc. kundig machen und dann zum Schmied deines Vertrauens pilgern, wenn du dir Werkzeug machen lassen willst.
Ansonsten arbeiten viele mit einem Halbmondmesser, Ahle und Bronzenadeln. Diese bekommst du direkt im Netz, bei vielen Schuster oder Sattler.
Mittelalterliche Werkzeuge für den Lederer wären da noch u.a.: Scherdegen, Schabemesser, Glättsteine, Walkschlegel, Schwalbenschwanz, Schuhmacherhammer etc.
Punzieren kannst du (mit Wasser benetztes) Leder mit Eisenstempeln.
Zur Lederverarbeitung gibt es auch einige anständige Bücher in Bibliotheken, in denen man gut schmökern kann.
Viele Grüße
Anke
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Eintrag #3 vom 15. Jan. 2008 06:09 Uhr
Claus Winhard
Hallo Tobias,
das (Nadel-)Mittel der Wahl zum Ledernähen war damals (wie heute bei traditionellen Schuhmachern auch noch) die Wildschweinborste. Wenn Du eine Zange brauchst, um die Nadel durch die mit der Ahle vorgestochenen Löcher zu ziehen, dann sind Deine Löcher zu klein, die Wildschweinborste mit eingepichtem Zwirn (Leinen oder Hanf, gepicht oder gewachst) muß sich mit der Hand durchziehen lassen.
Lederbänder als Nahtmaterial sind mir aus dem Mittelalter nicht bekannt, lediglich als Zierelemente bzw. im Zusammenhang mit Flechtwerk.
Zum Schneiden empfiehlt sich ein Halbmond (meist mit Dorn auf mittelalterlichen Abbildungen zu sehen, so z.B. im Hausbuch der Zwölfbruderstiftung, 15./16. Jh.) plus einige kleine Messer (ähnlich den heutigen Cuttermessern).
Die Ahle sollte keinesfalls eine Schneidahle sein, sondern eine Rundahle. Damit lassen sich die Collagenfasern des Leders auseinandertreiben ohne zu reißen, d.h. das Loch schließt sich nach dem Nähen zu großen Teilen wieder.
Mehr Werkzeug braucht es eigentlich nicht…
Meine 5 Cent.
Liebe Grüße,
Claus Winhard
AG Hochmittelalter
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Eintrag #4 vom 15. Jan. 2008 07:55 Uhr
Timm
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Kleine Ergänzung zu Claus Ausführungen:
Unter den Lederfunden aus Schleswig finden sich einige Messerscheiden, bei denen Lederbänder zum Nähen verwendet wurden. Allerdings spielt der zierende Aspekt neben dem funktionalen da eine große Rolle. In der Regel stabiler sind Nähte mit Zwirn natürlich auch.
Den Hinweis zu den Schleswigfunden in Bezug auf Locheisen und auf die Londonfunde in Bezug auf Ledermesser habe ich dir ja bereits per Mail geschickt.
Gruß,
Timm
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Eintrag #5 vom 15. Jan. 2008 08:34 Uhr
Ulrich Busse
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Schau Dir mal die Siegel der Schuhmacherzünfte an, da sind die einschlägigen Werkzeuge abgebildet. Das Siegel der Berliner Schuhmacherzunft enthielt z.B. ein Halbmondmesser mit Dorn schon im späten 13. Jahrhundert.
Grüße aus dem Havelland
Ulli
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Eintrag #6 vom 15. Jan. 2008 17:59 Uhr
Tobias
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Danke für die vielen Posts. Mit den Infos kann ich wirklich arbeiten.
Getz heißt es Geld sparen und Werkzeug kaufen.^^
Wo bekommt man den Wildschweinborste zum nähen her und wie wird damit konkret gearbeitet?
Ich behandel meinen Zwirn lieber mit Bienenwachs als mit Pech.
Gruß aus der Grafschaft von der Mark
Tobias
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Eintrag #7 vom 15. Feb. 2008 20:52 Uhr
Tony Schöndorfer
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Was die Wildschweinborsten angeht, da habe ich auf Arbeit was rumliegen, was wir sowieso niemals verwenden. Wenn du willst, kann ich dir da gerne mal was zum probieren zukommen lassen. Meld dich einfach mal,wenn Bedarf besteht.
Allerdings näht es sich damit vollkommen anders, und man braucht da so einen speziellen Knoten um die Borste mit dem Zwirn zu verbinden.
Es gibt aber auch solche Nadeln aus dünnem Draht (die werden m.M.n. auch Borsten genannt). Man nehme einen schön dünnen Draht (etwa 18cm), knickt ihn in der Mitte und lötet die Enden auf ca 5cm zusammen. Eine Möglichkeit, die es auch schon im MA gegeben haben könnte (hab aber keine Belege)
Ich nähe fast nur mit diesen Dingern… geht wirklich gut… grad was Tunnelstiche usw. angeht.
Falls du übrigens noch auf der Suche nach jemandem bist, der dir ´nen guten historischen Halbmond und anderes Werkzeug bauen kann, sag einfach mal bescheid, ich wüsste da jemanden ;-)
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Eintrag #8 vom 23. Feb. 2008 21:36 Uhr
Norbert Schuller
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Hallo,
so ein eingepichter Faden mit Schweinsborste (auch von Hausschweinen) heißt in Fachkreisen Pechdraht. Wenn Du Frau Google danach fragst, erfährst Du mehr. Eine kleine Anleitung mit Bildern habe ich einmal bei wwwflinkhand.de/forum/viewtopic.php?t=224 eingestellt.
Lie Grü,
Norbert
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