Kleidung des einfachen Volkes ab/ um 1250
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Eintrag #1 vom 02. Jun. 2003 09:48 Uhr
Gundra Siepermann
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Hallo Ihr,
was trug z.B. ein Bauer/ Bäuerin im Sommer? Wohl kaum Kleidung aus Wolle oder? Insbesondere interessiert mich natürlich die Frau.
Danke.
Grüsse Gundra
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Eintrag #2 vom 02. Jun. 2003 11:32 Uhr
Thorsten
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Ich denke, den üblichen Dreiklang: Wolle, Leinen, Hanf. Es kann zwar sein, daß Wolle recht warm ist, sie hat jedoch auch einige gute, klimatisierende Eigenschaften, die es ermöglichen, sie auch im Sommer zu tragen (Wie´s heutzutage noch von den Tuareg in der Sahara praktiziert wird ). Weiterhin hat man als Bauer/Bäurin auch seltener eine Sommer- oder Winterkollektion zur Verfügung gehabt ;-)
Ich bin jetzt nicht so der Fachmann für 1250, doch ich meine mich an keine Darstellungen erinnern zu können, die nicht auf ein Wollkleid bei Frauen hinweisen. Aus dem SMA dagegen kenne ich ein zwei Abb. (z.B. Stundenbuch des Duc de Berry), die darauf hinweisen, daß bei starker, körperlicher Arbeit auch Leinen, Hanf oder weiße, leichte Wolle - Wolle muß ja nicht zwingend ein schweres, gewalktes Tuch sein - getragen wurde. Ich kann mir zumindest vorstellen, daß man vor dem Hitzeschlag schon mal auf das Unterhemd zurückgegriffen hat - das ist jetzt aber ohne Beleg! Männerabb. in "Unterwäsche", z.B. beim Dreschen, gibt es dagegen auch im HMA einige.
BTW: wenn Du Dich entscheiden solltest, ein Leinen- oder Hanfkleid zu tragen, sieh zu, daß der Stoff ungefärbt ist. Leinen zu färben war schwierig und auch sehr teuer und ziemlich sicher außerhalb der Reichweite der größten Teile der Bauernschaft.
Hoffe ich konnte einige Ansätze geben - hier sind hoffentlich noch ein paar HoMis, die dezidierter Antwort geben können.
Bis denn
Thorsten
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Eintrag #3 vom 02. Jun. 2003 12:43 Uhr
Sylvia Crumbach
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Warum keine Wolle?
Ich kann mir nicht vorstellen, daß Frauen bei Wärme in Unterwäsche (Unterkleid) herumgelaufen sind. Für das SMA gibt es Darstellungen von Frauen bei der Feldarbeit barfuß mit gerafften Röcken, aber mit Ober- und Unterkleid.
Vergleichsbeispiele aus der frühen Neuzeit scheinen auch für Wollkleidung Sommers wie Winters zu sprechen.
Im Museum Düppel wird Leinenkleidung als Bauernkleidung getragen, es gibt auch eine Ausarbeitung zu den Hintergründen der rekonstruierten Bauernbekleidung, die ich im Moment leider nicht an der Hand habe. (wird vom Museum herausgegeben). Vielleicht hift das weiter.
Sylvia
Projekte zur lebendigen Geschichte
PS.
Ich vertrete nicht die Meinung, daß es "Spaß" macht die Wolle im Sommer zu tragen :-))))
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Eintrag #4 vom 02. Jun. 2003 13:03 Uhr
Ulrich Busse
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Wichtig für die Beantwortung der Eingangsfrage ist m.E. die Verfügbarkeit. Schafe als Wolllieferanten waren wohl gerade im ländlichen Bereich jederzeit verfügbar.
Hanf und Flachs bedürfen bestimmter Verhältnisse im Hinblick auf Klima und Bodenbeschaffenheit. Das spricht schon gegen allörtliche Verfügbarkeit.
Leinentuch war daher vielerorts nur als Handelsgut erhältlich, das auch wegen der aufwändigen Herstellungsweise nicht eben billig war.
Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte dürfte die Verwendung von Wolle als Kleidungsstoff weitaus überwogen haben, insbesondere im ländlichen Bereich und für ßberbekleidung. Vielleicht war Schweißgeruch im HMA noch kein Makel … ?! ;-)
Es lohnt sich sicher auch eine Recherche, ob Flachs oder Hanf in der gewählten Darstellungsregion signifikant angebaut wurde. In dem Fall ist vielleicht auch etwas für die örtlichen Landwirte abgefallen …
Ulli
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Eintrag #5 vom 02. Jun. 2003 13:34 Uhr
Thorsten
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Moin, ich noch mal,
soweit ich mich an die Düppelschriften erinnere, hatten Brandenburg und Umgebung wohl einen florierenden Flachs- und Hanfanbau (wobei Hanfgewebe die preiswerteren und qualitativ schlechteren waren), wie´s woanders aussah weiß ich jetzt nicht so genau, doch kann man dazu Forderungskataloge der Kloster checken, die ja meist ziemlich genau gesagt haben, was sie von Ihren Bauern haben wollten. Soweit ich mich erinnere, war auch hier in Westfalen schon recht früh Flachsanbau verbreitet, wenn auch der starke Boom erst im 16. Jhdt. begann …
Das mit der allüberall so einfach zu bekommenden Wolle möchte ich auch nicht so zwingend unterschreiben. Ich bin zwar kein Agrarhistoriker, doch gerade mit der starken Parzellierung im späten HMA (gerade im Altsiedelland) und der stetigen Verringerung der Allmenden-Flächen kann ich mir nicht vorstellen, daß es in jedem Dorf - auch dort regional verschieden - genug Schafe gab, um selbst den Eigenbedarf zu decken. Von dem Kleinpächter oder Hintersassen, der auf einer Viertelhufe oder weniger gesessen hat, ganz zu schweigen.
Es wird zumindest ein Anteil an Binnen- und Tröpfelhandel o.ä. vorhanden gewesen sein, um die Grundversorgung an Wolle zu gewährleisten. Die Dorfgemeinschaften im HMA waren ja nicht mehr vollkommen autarke Gebilde sondern waren mehr und mehr in die regionale ßkonomie mit einbezogen.
Thorsten
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Eintrag #6 vom 02. Jun. 2003 14:20 Uhr
Ulrich Busse
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Hi Thorsten,
an die Düppelschriften erinnerst Du Dich wohl richtig (wobei ich den Terminus "florierend" jetzt nicht beurteilen kann).
Hinsichtlich der Verfügbarkeit von Wolle habe ich mich vielleicht etwas pauschal ausgedrückt. Ich meinte natürlich nicht, dass jedermensch genügend Schafe hielt, um seinen Eigenbedarf zu decken. Die Grundversorgung mit Wolle konnte jedoch in Mitteleuropa - anders als mit Flachs - im wesentlichen regional befriedigt werden.
Ulli
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Eintrag #7 vom 03. Jun. 2003 12:54 Uhr
Gundra Siepermann
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Danke erstmal für die Antworten.
Also normalerweise trage ich natürlich einen Untergewand aus Leinen und ein ßbergewand aus Wolle ;o)
Mir ist nur am Sonntag aufgefallen, das mir schon so ganz schön warm darin wurde, ohne das ich körperlich gearbeitet hätte, wie z.B. Getreideernte. Daher meine Frage, ob man auch bei körperlicher Arbeit im Sommer/ Hochsommer als Frau so gekleidet blieb, zumal es ja genügend Abbildungen von Männern bei der Feldarbeit nur in Bruche gibt.
Werde jetzt aber mal versuchen rauszubekommen, wie verbreitet Leinen bzw. Wolle in meiner Gegend war.
Grüsse Gundra
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Eintrag #8 vom 21. Jul. 2009 15:55 Uhr
Frank
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Ich benutze den Thread einfach mal für eine kleine Frage, bzgl. einer einfachen Klamotte.
Ich möchte mir einen einfachen Satz Kleidung machen, der keine Luxus aufzeigt.
Dazu habe ich mir in den einschlägigen Werken besonderst die Monatsblätter und die Bauern angesehen.
Wir haben also:
Bruche - grobes, gebleichtes Leinen oder sogar nur naturgraues?
Leibhemd - grobes, gebleichtes Leinen oder sogar nur naturgraues?
Beinlinge - wollweiße, naturgaue bzw. braune Wolle - als Gegensatz zu meinen anderen Beinlingen, würde ich diese eher "schlappriger" und mit Steg machen.
Kittel - kurz, knapp Oberschenkel, max. 1 Gere an den Seiten und eventl. am Arm - Wolle. Stoff: ? helles Blau? fahles Blau?
Nun zur eigentlichen Frage, wo ich mehr Rat bräuchte.
Zum einen würde ich mir eine Kappa mit direkt angesetzter Kapuze machen. Aus einem Loden, gegen Wind, Wasser, Kälte.
Zum anderen liegen hier aber 3 m naturgraue Wolle rum. Ein sehr dicker, grober Stoff. Etwas kratzig, aber warm.
Da ich keine Bildquellen kenne, folgende Frage:
Das Prinzip Zwiebel:
Ich mache mir aus der Wolle einen dicken Überkittel, den ich bei entsprechenden Temperaturen anziehe. Nicht eng, sondern durchaus etwas weiter. Gegen die Kälte.
Spricht da etwas dagegen?
Leibhemd - Kittel - dicker Kittel - Kappa
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Eintrag #9 vom 23. Jul. 2009 13:38 Uhr
S. Katinka Richter
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Sommer:
Dieses Beispiel ist nur etwas über hundert Jahre alt, also lange nicht mehr Mittelalter, aber es zeigt, wie unterschiedlich Vorstellungen von Sitte und Anstand zu unseren Ansichten heute sind.
Um 1900 trug man auch im Hochsommer Unterwäsche plus Oberkleidung. Und stand damit am Kohleherd und kochte oder ging zur Feldarbeit. Gewöhnung macht sicher viel aus, um die Wärme zu ertragen. Aber es wäre für eine Frau anstößig gewesen vor Öffentlichk mehr als die halben Arme zu entblößen.
Meine Urgroßmutter bekam als Kind einmal von ihrer Mutter Schläge, weil sie ihre langen, schwarzen Wollstrümpfe beim Spielen bis zu den Knöcheln heruntergeschoben hatte und man eine Handbreit Bein hatte sehen können.
Leinen, gebleicht oder ungebleicht:
Ungebleichtes Leinen wird mit jeder Wäsche heller. Und wenn du es vielleicht nach dem Waschen noch in der Sonne auf der Wiese ausgebreitet trocknest, ist es bald fast weiß.
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Eintrag #10 vom 23. Jul. 2009 16:00 Uhr
Claudia
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Mit unseren modernen Waschmitteln wird Leinen beim Waschen schnell heller, das stimmt. Das sieht bei historischer Handwäsche (selbst mit Abkochen) allerdings ganz anders aus. Da hilft nur Wiesenbleiche. Ich würd also für eine sehr einfache Kleidung schon ungebleichtes Leinen verwenden.
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Eintrag #11 vom 24. Jul. 2009 10:41 Uhr
Frank
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Hallo Katinka, hallo Claudia.
Das mit dem Leinen kenne ich.
Aber: Sämtliche Abbildungen zeigen auch bei Bauern weiße Bruchen. Oft auch rote oder blaue kurze Kittel.
Aber wie sieht "natürliches" Leinen eigentlich wirklich aus? Dieses braun/meliert dieses komische Bege?
Meine Hauptfrage ging auch eher zum Prinzip der Zwiebel und einen dicken warmen Kittel drüber.
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Eintrag #12 vom 24. Jul. 2009 17:05 Uhr
Claudia
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nein, ungebleichtes Leinen geht mehr ins Graue (gelegentlich mit einem Stich ins Beige, aber nicht viel). Das Beige entsteht entweder durch teilweise Bleiche (die Grauanteile verbleichen offenbar zuerst), das kann auch bei alten Flachszöpfen durch lange Lagerung sein, oder aber die modernen Leinenstoffe werden extra künstlich auf diesen Ton gefärbt. Wenn man mal ein paar Vergleichsstücke gesehen hat, erkennt man, was teilgebleicht und was künstlich nachgefärbt ist. Sorry, besser ist das nicht erklärbar, man muß es wirklich gesehen haben.
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Eintrag #13 vom 27. Jul. 2009 12:00 Uhr
Frank
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Ich habe mir am WE mal wieder die Bußkleider der Hl. Elisabeth und der hl. Klara angesehen, bzw. die Stelle als der Stoff und die Webart beschrieben werden.
Dort spricht man von naturweißen Fäden (glaube Kett, bin mir aber nicht sicher) und naturbraunen bis rotbraunen Fäden (glaube Schuß, bin mir aber nicht sicher), welches dann den weiß/braunen, leicht melierten Stoff ergibt.
Gibt es zu solchen Stoffen mehrere Auswertungen? Wie waren diese Stoffe verbreitet? Kann man durch die Mischung verschiedener Garne aus der Wolle verschiedenfarbiger Schafe dies erreichen?
Wie ist der Stoff dann preislich einzuschätzen? Wäre dies ein Anzeichen dafür, das der Stoff eher qualitativ minderwertig und damit günstig war?
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Eintrag #14 vom 25. Mrz. 2011 15:12 Uhr
Raphaela
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Hallo!
Ich bin mit meiner Frage hoffentlich richtig hier, auch wenn es nur die xtausendste Anfängerfrage ist. Ich möchte gern eine Bäuerin darstellen. Frau/Tochter eines Hirten oder Waldarbeiters, also relativ arm. Zeitrahmen (leider)gaaanz weit ausgeholt so ab 1300-13Ende? Raum wäre nördliches Ba-Wü,Nähe Weinsberger Kreuz^^ So, ein einfaches Unterkleid aus Leinen habe ich schon genäht. Jetzt würd ich gern mit dem "Darüber" anfangen. Das wäre dann eine Cotte? Aus Wolle? Einen Surcot (oder ähnliches) hatten nur eher höhere Stände, oder lieg ich da falsch? Was kann ich stattdessen darüber ziehen? Eine Cappe und einen ärmellosen Überwurf (wie soll ich das beschreiben) um die Cotte nicht zu sehr zu verdrecken? Im Winter ein Schaffell um die Schulter?
Hab mich mit der Suchfunktion durch viele Threads gelesen, auch ander Seiten zu Rate gezogen, wenn ich aber auf dem Holzweg bin, wär ich echt froh um Korrektur und Kritik. Und natürlich Hilfe =)
Vielen Dank!!!
Liebe Grüße
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Eintrag #15 vom 25. Mrz. 2011 15:56 Uhr
Jens
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Lass das Schafsfell weg, dann bist du auf dem richtigen Weg. Leinenhemd/-kleid, Kleid aus Wolle, wenn kalt zweites Kleid drüber und/oder ne Cappa, ansonsten Haube, Gürtel, Strümpfe, Schuhe.
Surcot = Adel ist etwas zu pauschal, grundsätzlich gibts halt ein paar Kleiderformen, die sich kombinieren lassen, und nicht bei Arbeit hindern täten; den Begriff "Surcot", ohnehin französisch, und "Überkleid" bedeutend, kann man auch nicht zwingend auf alles, was über dem Kleid getragen wurde, anwenden.
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Eintrag #16 vom 26. Mrz. 2011 22:36 Uhr
Raphaela
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vielen Dank für die Korrektur!!
Dann werd ich mich an das Kleid aus Wolle und an eine Cappa machen. Haube, Gürtel, Strümpfe, Schuhe muss ich mir dann auch besorgen bzw. selber machen.
Super, Danke für die schnelle Antwort!
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Eintrag #17 vom 06. Apr. 2011 15:33 Uhr
Frank
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@ Jens
Schaffell geht schon. Bei Hirtendarstellung während ihnen der Engel erscheint und die Geburt des Messias verkündet. ;-)
Da fällt mir grade ein. Meine ale Frage zur Zwiebel wurde nie beantwortet.
Ich habe mir aber einen weiten Kittel aus gräulicher dicker Wolle bis zu den Oberschenkeln gemacht. Dritte Schicht und frühs zum schnell reinschlüpfen und aufs Örtle rennen perfekt.
Gruß
Frank
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