Eintrag #1 vom 03. Mai. 2009 13:31 Uhr
Alf Leue
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Hallo!
Kurze Vorstellung von mir: Ich heiße Alf Leue, 41 Jahre alt, wohne in Schweden und sitze an einem historischen Roman, der hauptsächlich in Deutschland um 1500 spielt. Meine Frage ist, wo ich Bildinformationen über die (Aus-)Rüstung der Stadtwachen und Büttel jener Zeit erhalten kann.
Vielen Dank für Eure Infos!
Gruß aus Schweden
Alf
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Eintrag #3 vom 03. Mai. 2009 14:31 Uhr
Alf Leue
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Was es alles gibt! Klasse Tipp, vielen Dank.
Gruß, Alf.
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Eintrag #4 vom 03. Mai. 2009 17:08 Uhr
Andre Henning
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Hallo Alf,
Worum wird’s denn in dem Roman gehen? Deine Frage klingt zunächst mal sehr unbedarft und erweckt den Eindruck, der Stempel "Historischer Roman" sei an dieser Stelle - wie leider viel zu oft - völlig unangebracht. Bitte, bitte belehre mich eines Besseren.
MfG,
André
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Eintrag #5 vom 04. Mai. 2009 07:21 Uhr
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
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Ich frag mich gerade ob es irgendwelche Hinweise auf "Stadtwachen" um 1500 gibt. Söldner und auch Ritter in städtischen Diensten, keine Frage. Auch Aufgebote der Stadtbürger für den Verteidigungsfall, aber die gerne verwendete Vorstellung einer bewaffneten Polizeitruppe die unnerhalb der Mauern für Ordnung sorgt ist mir so noch nie begegnet.
Was den Verweis auf Imareal angeht, so ist der zwar generell sehr brauchbar nutzt einem für die Ausrüstung eines städtischen Söldners so gut wie gar nichts. Zum einen ist kaum zuzuordnen was auf diesen Bildern nun den Städter darstellen soll und zum anderen ist grad bei bewaffneten die Bildsprache ein größeres Problem. Auf nahezu allen religiösen Darstellungen sind diese in eine bunte Mischung aus realen Vorlagen und orientalisierenden Phantasiekostümen gekleidet. Weltliche Darstellungen idealisieren dagegen gerne den Ausrüstungsstand. Realistischere Darstellungen z.B. von Grabmälern findet man wiederum bei dem Stand nicht.
Wenn man glaubhaftere Bildquellen wie z.B diese:
upload.wikimedia.org/[
]/Hausbuch_Wolfegg_51v_52r1[
] oder auch Textquellen heranzieht kommt ein sehr ambivalentes Bild heraus. Da hat es reiche Städte die sich hervoragend ausgerüstete Söldner leisteten oder im Falle eines Heerzuges viel Geld investierten um zumindest den Eindruck zu erwecken und andere die im Notfall eher Aufgebote ihrer Bürger verwendeten deren Ausrüstung eher veraltet war.
Schöne Grüße
Andrej
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Eintrag #6 vom 04. Mai. 2009 08:56 Uhr
Jens
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Hallo,
Doch, die gibt es, in Nürnberg z.B. in jedem Fall ab dem 14ten Jahrhundert gescihert, in den Nürnberger Hausbüchern sogar mit Bild:
Büttel, Gerichts- und Stadtdiener, Viertelmeister oder Fronboten kenne ich auch aus anderen Städten, z.B. Köln, Regensburg, ich erinnere mich auch noch eine größere Anzahl anderer Städte, habe mir deren Namen und die zugehörigen Publikationen aber nicht notiert.
Vergleiche hierzu "Hüter der Ordnung: Bürger, Rat und Polizei in Nürnberg im 15ten und 16ten Jahrundert" von Andrea Bendlage und Peter Schuster in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg.
Nun darf man sich darunter jetzt aber keine waffenstarrenden Soldaten vorstellen- was auch angesichts des täglichen Dienstes sowohl überzogen als auch wenig praktikabel ist - schließlich ist es im Gegensatz zur gängigen Meinung zumindestens im späten Mittelalter weder üblich, noch akzpetiert, dass Leute überall mit ner Waffe rumrennen, Nichtbürger gleich garnicht. Vielmehr musas man sich einen Büttel als ein mit Knüppel und Seitenwaffe bewaffneten Mann in recht alltäglicher Kleidung vorstellen. Ich erinnere mich auch an die Verwendung von Stangenwaffen mit stumpfen Aufsatz, dafür habe ich jetzt aber keine Quelle, in der Hinsicht sollte man nochmal genauer recherchieren.
Was Söldner und Bewaffnete zum Schutz der Stadttore in Friedenszeiten, und dem Schutz der Stadt im Ernstfalle angeht, ist es wieder eine andere Sache: da hat es in Nürnberg sowohl fremd angeworbene Söldner, scheinbar vor allem "Schützen" (wobei dieser Begriff auch gerne recht breit ausgelegt wurde), als auch Bürger, denen in Friedenszeiten ein "Wehrgeld" gezahlt wurde, das im Ernstfalle erhöht wurde, und die verpflichtet waren, regelmässig zu üben.
In Nürnberg wurden Teile der Schützen wohl noch als zusätzliche Ordnungshüter eingesetzt (sic!).
Das sollte man aber für jede Stadt individuell recherchieren, und kann es nicht über einen Kamm scheren.
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Eintrag #7 vom 04. Mai. 2009 09:25 Uhr
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
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Sowas kenne ich auch, nur entspricht das halt auch nicht der gängigen Vorstellung von bewaffneten Stadtwachen am besten mit Helm und Helmbarte wie sie in diversen Filmen z.B. zu sehen sind. Solche Büttel hat es vermutlich in allen Städten gehabt als Organ des Stadtrates oder einer sonstigen Verwaltung.
Schöne Grüße
Andrej
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Eintrag #8 vom 04. Mai. 2009 09:41 Uhr
Dirk Hülsemann
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hallo,
in Soest wird gerne das Nequambuch (Nichtsnutzbuch) des 14. jahrhunderts für verschiedene Rechtshandlungen herrangezogen. Hier das Wippen,
images.google.de/imgres?[
](Soester_Nequambuch).JPG&imgrefurl=
commons.wikimedia.org/wiki/File:Wippe_(Soester_Nequambuch).JPG&usg=__HtnUPJpu5bsRsY0hdFkOgH1uM3c=&h=2205&w=1628&sz=537&hl=de&start=1&tbnid=o-Vvu5tAQHMWfM:&tbnh=150&tbnw=111&prev=/images?q=wippen%2Bsoest%2Bnequambuch&gbv=2&hl=de&sa=G rechts die Büttel und Gerichtsleute
Leider nur 14. Jahrhundert
Gruß Dirk
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Eintrag #9 vom 04. Mai. 2009 10:20 Uhr
Tobias
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Hallo,
interessantes Thema!
Wie Jens schon sagte, war die Organisation der Exekutiven in den Städten durch die jeweiligen Stadtrechte geregelt. Zwar ähneln sich die Stadtrechte bestimmter Landstriche oft, bzw orientieren sich aneinander, jedoch gab es immer eine große Zahl von Sonderbestimmungen, die sich dazu dann noch zT jährlich ändern können.
Um mal den Norden zu repräsentieren:
In Lübeck war die Situation in der zweiten Hälfte d. 15Jh in etwa folgendermaßen (mit Leitbildfunktion auf andere Städte des Hanseraumes):
Nächtlicher Ordnungsdienst: Wird organisiert von den Anwohnern. So musste jede Straße eine festgelegte Anzahl von Ordnern stellen, mit je einem Straßenhauptmann. Unterstellt waren diese den Quartiershauptleuten, einem je Viertel. Diese Positionen waren wohl begehrt, und hatten eine gewisse politische Brisanz. Der Wachdienst in den Straßen, wurde jedoch scheinbar als lästige Pflicht angesehen, die im Laufe des 15.JH immer öfter auch an bezahlte Stellvertreter abgegeben werden konnte. Hieraus bildet sich später wohl der Beruf des Nachtwächters.
Bei Alarmrufen, hatte jeder Bürger bewaffnet auf die Straße zu eilen.
In Kriegszeiten hatte jedes Viertel/Straße genaue Instruktionen, welchen Teil der Mauer sie zu besetzen hatten/Instand halten mussten.
ZT noch je Amt/Gilde weitere Organisationseinheiten.
Bewaffnung: Jeder Bürger musste Waffen und Rüstung bereithalten. Handwerksmeister mussten ihre Gesellen ausrüsten. Ein zentrales Zeughaus gab es hier in dem Sinne noch nicht, die Ämter(Gilden) hatten jeweils eigene Regelungen. Die Mindestausrüstung variiert stark. Die Bürgerwehr Lübecks galt aber wohl als vergleichsweise gut ausgebildet und ausgerüstet.
Frohnerei: Mitten in der Stadt gelegen. Der Stadtbüttel/Frohn und seine Knechte sind am ehesten mit einer Polizei zu vergleichen. In der Frohnerei sind auch Gefängniszellen und ein Raum für das peinliche Verhör.
Können auch stark bewaffnet auftreten.
Stadtdiener, Gerichtsdiener, Ratsdiener: ZT. identisch mit Büttel, zT. wohl auch anderweitig bezahlte Ordnungskräfte. Hier ist die Zuordnung schwierig, bzw. zeitlich wechselnd.
Leider fallen in diesen schwammigen Bereich wohl auch die Torwachen.
Zumindest in den Anfangszeiten der Stadt, wurde der Tordienst auch von der Bürgerwehr organisiert. Ich muss hier leider eine Wissenslücke zugeben ;-)
Stadtreiter: Lübeck hielt sich ein kleines stehendes Heer. Die Stadtreiter, auch "Outridder", waren für den Einsatz außerhalb der Stadtmauern zuständig, zB in der lübschen Garnison in Mölln, usw.
Gut ausgebildet, gut bewaffnet, gut bezahlt.
Wohl häufig berittene Armbrustschützen.
Zt. eingekauft, aber wohl auch zeitweise/teilweise besetzt von den Söhnen des Stadtpatriziats (Offiziere?), wie man anhand einiger Textstellen vermuten muss.
Quellen: Lübecker Burgspraken, bzw Stadtverordnungen.
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