Karden und ihre Herstellung
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Eintrag #1 vom 15. Mai. 2001 23:18 Uhr
Silvia
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Hallo! Ich möchte in der nächsten Zeit auf Veranstaltungen zusätzlich zum spinnen, nähen und weben auch das Kämmen der Wolle mit Karden vorführen. Aber ich habe bisher noch keine Anleitung zum basteln Originalgetreuer Karden gefunden. Und die getackerten Dinger, die man überall kaufen kann, sind einfach zu ´neumodisch´. Kennt einer eine Vernünftige Anleitung, bzw. Quellen im Net? Oder hat jemand eine Idee, wie man damals Karden hergestellt hatte? Bitte verwechselt die Karden nicht mit den Hecheln für die Flachsverarbeitung. Ich weiß, das der Name Karde sich von der Pflanze Karde ableitet Ich habe auch schon mal versucht mit dem Kopf der Pflanze Wolle zu kämmen. Es war aber ehr ein Misserfolg. Tschüs Aisling
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Eintrag #2 vom 16. Mai. 2001 01:40 Uhr
Kai
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Dein Mißerfolg ist aber scheinbar genau der Weg, der gegangen wurde! Wenn Du jemanden in, oder bei Berlin wohnen hast, laß Dir mal folgendes Werk aus dem Museumsdorf Düppel mitbringen (leider versenden die nix): FANSA, Mamoun (Red.): "Neues aus dem Mittelalter - Experimentelle Archäologie im Museumsdorf Düppel."; Isensee Verlag, Oldenburg 1996 Ich hab auch noch die Verlagsadresse irgendwo `rumfliegen, kannst Dich ja melden, wenn Du sie brauchst. Naja, dort ist der Nachbau eine Karde im Gebrauch abgebildet. Prinzipiell muß man sich das Ding wie folgt vorstellen: ein langer Mittelstiel, der auch als Griff fungiert, ca. 50 cm lang, daran sind vier Querhölzer befestigt, sodaß sich drei "Fächer" (bzw. sechs, drei rechts und drei links des Mittelholzes) ergeben, in die die Distelkardenköpfe gepackt werden, und es sieht tatsächlich so aus, als ob sie nur eingezwängt wären. In diesem Gerät befinden sich nun im unteren und mittleren Fach jeweils sechs Kardenköpfe (also drei rechts und drei links), nur im obersten Fach sind´s vier (klar, je Seite zwei). That´s it! Schönen Gruß, Kai
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Eintrag #3 vom 16. Mai. 2001 23:06 Uhr
Sylvia Crumbach
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Nach dem Artikel von Anelies Goldmann handelt es sich bei diesem Gerät um ein Rauhgerät zum Anrauhen des fertigen Gewebes. (vergl. Bildtafel aus "Hausbuch der Mendelschen Zwölfbrüderstiftung" 1521) Karl der Große schreibt den Anbau der Kardendiestel für die Pfalzhöfe vor, allerdings wird meines Wissen nach nicht auf die Anwendung eingegangen. Es gibt eine Methode Wolle mit heißen Drahtstiftkämmen zu bearbieten, leider habe ich für diese Technik bisher keine Belege gefunden. (Wird durch den "Hamburger Troß" vorgeführt.) Nach eigener Erfahrung läßt sich gezupfes und gereiniges Vies sehr gut verspinnen. (Deutsche Landschaf und Schnucke) Interessant wären zu wissen seit wann überwiegend Wolle aus Schafschur verwendet wird. Gezupfte Wolle von langhaarigen Rassen soll sich besser spinnen lassen als die geschorene Wolle moderner Rassen, was ich allerdings noch nicht aus eingener Erfahrung bestätigen kann. Sylvia
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Eintrag #4 vom 17. Mai. 2001 01:09 Uhr
Ranes Haduwolff
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Grüß Euch, wegen der "echten " Kardendistel, wende Dich ans Freilichtmuseum Düppel, die haben dieses Gewächst nachgezüchtet, und verwenden es auch….sind nette Leute, die gerne helfen!
Euer Haduwolff
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Eintrag #5 vom 17. Mai. 2001 17:07 Uhr
Stephanie Winhard
Moin Aisling, ich hab in einer alten Kardedistel noch Samen gefunden und in diesem Frühling ausgesät. Sind auch ganz gut angegangen, nur der letzte Regenguß hat sie ziemlich geplättet. Sollten sich die Pflanzen wieder erholen, kannst Du gerne welche abhaben. Ansonsten kann ich auch nur auf die Düppel- Bücher verweisen. Grüße Steffi
Hippodromus
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Eintrag #6 vom 17. Mai. 2001 17:24 Uhr
Patrick Seehaber
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Hallo Steffi. Soll das heissen, Du hast MEINE getrocknete Karderdistel zerbrochen und ihren Samen herausgerissen??? :0) Warte nur ab - alle neu herangewachsenen Disteln gehören folglich mir. Vielleicht darfst Du dann ein oder zwei behalten, weil sie ja in Deinem Garten wachsen… Grüße, Patrick.
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Eintrag #7 vom 17. Mai. 2001 18:11 Uhr
Silvia
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Hallo Patrick hallo Steffi! Wenn ihr eure Unstimmigkeit bzgl. des Besitzstandes beigelegt habe, dann habt ihr schon einen Abnehmer dafür gefunden….. micht. Sind das jetzt nur Rauhgeräte, wie Sylvia geschrieben hat? Was wurde denn sonst zum kämmen der Wolle benutzt? Ich kann mir nicht vorstellen, das im Mittelalter nur gezupfte Wolle verwendet wurde. Gibt es da irgendwelche Quellen??? Neugierig Aisling
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Eintrag #8 vom 17. Mai. 2001 19:26 Uhr
Sylvia Crumbach
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Hallo Aisling, Kardendisteln in *rauhen* Mengen wachsen am der Autobahn A 52 kurz vor der Ausfahrt Lintorf auf dem Lärmschutzwall. Ich habe gestern folgendes vergessen: Es gibt in verschiedenen Befunden mit Dornen (oder Metallzinken) versehene Bretter, die als Fachshechel oder Wollkamm gedeutet werden. Wie beschrieben lassen sich diese erwärmt auch zum Wolle kämmen benutzen. Zur Wollvorbereitung schweigen sich leider die meißten Werke aus. Was Befunde die nach 1200 datieren angeht, bzw. Quellen kenne ich mich leider fast überhaupt nicht aus. Sylvia
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Eintrag #9 vom 17. Mai. 2001 21:08 Uhr
Patrick Seehaber
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Hallo. Zum Kämmen der Wolle meine zwei Pfennig: Das Filzen ist ein altes Handwerk, das einfach ohne "gekämmte Wolle" nicht zu zufriedenstellenden Ergebnissen führt… Meine Erfahrungen (ich habe nun schon des öfteren versucht nur mit gewaschener und gezupfter Wolle zu filzen) zeigen, dass man zwar ein Gewebe herstellen kann, welches aber keine homogene Dicke besitzt und einfach "nicht wirklich taugt". Bei meinem Hut z.B. regnet es oben ein wenig durch :0) Erst durch kämmen der Wolle in EINE Strichrichtung, lässt sich durch bewußtes Versetzen dieser Richtungen ein gleichmäßiges Fliess herstellen, dass sich gut zum Filzen eignet… Obige "Erkenntnisse" beweisen zwar nicht, dass auch im MA so verfahren wurde, lassen es aber stark vermuten… Ich bin jedenfalls davon überzeugt, dass mit Karden Wolle gekämmt wurde. Grüße, Patrick.
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Eintrag #10 vom 18. Mai. 2001 07:52 Uhr
Sylvia Crumbach
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Der Ansatz "Filzen" ist eine gute Idee. Ich werde mal unter Volkkunde weitersuchen. Eventuell sind Vergliech zu Funden aus Kurgan-Hügeln möglich (?) Sylvia
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Eintrag #11 vom 18. Mai. 2001 08:11 Uhr
Patrick Seehaber
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Hallo . Kurgan? Heisst so nicht der Bösewicht aus Highländer I ? Nein, ganz im Ernst - handelt es sich um Textilfunde? Ich kenne den Fund nicht. *neugierig* Patrick.
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Eintrag #12 vom 18. Mai. 2001 11:08 Uhr
Sylvia Crumbach
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Hallo Patrick, Aus Russland liegen verschiedene Nachweise für aufwendige Filzmaterialen aus Hügelgräbern vor. (Details reiche ich bei Interesse gern nach). Befunde von Filz-Teilen (bzw. Fragmenten) könnten auf jeden Fall weiterhelfen. (meißten Untersuchen werden oft erst beim Spinnen richtig genau). Gestern habe ich Proben von (modernem) Kardenband, Vlies und Rohwolle als Vergleich versponnen. In Garn und Zwirn kann ich so allerdings nur die unterschiedlichen Woll-/Schafarten unterscheiden. Leider kenne ich keine Befunde von "echten" (nicht verwebtem) Filzteilen aus den hiesigen Raum. Die russischen Befunde sind zwar sehr schön, ich bin mir aber nicht sicher in welchem Maß man die Techniken auf den hiesigen Raum übertragen kann. (Siehe Beispiel Stricken) Sylvia
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Eintrag #13 vom 18. Mai. 2001 18:52 Uhr
Angharad Beyer
Hi Patrick, Kurgane sind die Grabhügel der Skythen. Dort findet man sehr gut erhaltene Filzarbeiten. Gab in den 80er Jahren mal eine tolle Ausstellung über das Gold der Skythen, hab den Katalog leider gerade nicht im Haus.
Angharad
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Eintrag #14 vom 18. Mai. 2001 19:47 Uhr
Stephanie Winhard
Moin Ihr, Patrick, sei beruhigt. Ich habe Deine Distel nicht zerbrochen, sondern gaaanz vorsichtig die Samenkörner rausgepuhlt. Vielleicht sollten wir bei Gelegenheit trotzdem mal einen Abstecher zur A 52 machen… ;-) Also, Düppel schreibt zur Wollvorbereitung: " Die Bearbeitung des Naturproduktes Wolle erfordert eine vorherige Reinigung, schon um einen Parasitenbefall zu verhindern. Einige Tage vor der Schafschur trieb man früher die Tiere durch fließendes Gewässer, um auf diese Weise relativ gereinigte Wolle zu erhalten. Im Museumsdorf Düppel wird das Wollvlies nach der Schur kalt und ohne Waschmittelzufuhr gewaschen, damit das Wollfett Lanolin als Wetterschutz erhalten bleibt. Danach wird das getrocknetet Vlies mit der Hand gezupft, wobei Unreinheiten, wie z.B. Stroh, herausfallen. Mit Wollkratzern (Karden, Kardätschen) werden die Wollfasern anschließend in eine Richtung geordnet und noch besser aufgelockert. Die derart vorbereitete Wolle ist nun spinnfertig." In einem anderen Artikel heißt es: " … Zur weiteren Veredelung von Wollgeweben nach dem Walken gehört das Rauhen mit Wollkratzern oder Distelkarden. Der dabei entstehende Faserflor muß noch geschoren, d.h. mit großen Scheren weiter behandelt werden. In Haitabu gefundene gerauhte Köpergewebe scheinen für bestimmte Teile der Tracht, z.B. die Obertunika, angeferigt worden zu sein. Aus: Experimentelle Archäologie im Museumsdorf Düppel, 1996 Klingt, als hätte (und könnte) man Kardedisteln für beide Zwecke benutzen. Steffi
Hippodromus
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Eintrag #15 vom 18. Mai. 2001 21:11 Uhr
Sylvia Crumbach
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Nachtrag zu den Filzarbeiten: "Filzstück mit farbiger Applikation eines Drachen in Wolle und Filz" Fund aus Kurgan Nr. 2 von Pasyryk im Bergaltai Ausgrabung durch S.I. Rudenko (1947-1948) Altaier Bergstämme zur Skytenzeit, 5 Jahrh. v. u. Z. Leningrad, Staatl. Ermitage Quelle: Historische Schätze aus der Sowjetunion Ausstellung vom 27.6 bis 28.8 1967, Villa Hügel Essen Nachtrag zu Beitrag 13: Gold der Steppe Archäologie der Ukraine, Wachtholz Verlag Archäologisches Landesmuseum der Christian-Albrechts-Universität Schleswig 1991 (Besonders interessant sind die Ausarbeitungen über Goldlahnfäden) Was ich noch gefunden habe: "Nachdem ßffnen des Vlieses kann die Wolle vor dem Spinnen noch mit verschiedenen Geräten bearbeitet werden, die die Fasern in eine Richtung ordnen. Die heute üblichen Handkarden, mit Nägeln besetzte Holzbretter, sind nicht vor dem 13. Jahrh. u.Z. nachgewiesen. Die Römer kannten flache eiserne Wollkämme von bis zu 35 cm Länge mit langen, ausgeschnittenen Zähnen an einem oder beiden Enden. T-förmige, mit zwei Reihen von Eisenzähnen besetzte Holzkämme wurden paarweise bei den Wikingern und im angelsächischem England des 7. Jahrh. u. Z. benutzt" (Abbildung vorh.) Quelle: Wolle und ihre Verarbeitung von Brigitte Freudenberg aus Kleider machen Leute - Leute machen Kleider Kulturamt der Stadt Hanau 1994 Wenn ich an die im Befund recht häufigen Steilkämme denke, könnte man auch an eine Nutzung zum wollekämmen denken. Kämme (Knochen bzw. Holz mit Metallzinken) sind in Arbeit. Nach einem "Probelauf" werde ich von "Erfolg" berichten. Sylvia
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Eintrag #16 vom 20. Mai. 2001 10:46 Uhr
Silvia
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Hallo! Ich hab da noch was zum Zupfen der Wolle aus keltischer Zeit gefunden: Die Schafswolle wurde entweder ausgezupft oder abgeschoren, mit Scheren, wie sie z.B. aus der Latènezeit gut belegt sind. Das Ausraufen hat, besonders bei primitiven Schafrassen, einige Vorteile. Deren Fell besteht aus steifem, langem Ogerhaar (die sol. Grannen- und Stichelhaare) und dem weicheren, kürzeren Unterhaar - der Eigentlchen Wolle. Das Fell modernerer Schafe enthält eine dritte, mittelfeine Haarsorte und weniger Grannenhaare - ein Erfolg internationeller Züchtung. Durch das Ausraufen konnte das feinere Unterhaar besser gewonnen werden, als durch die Schur, und der regelmäßige Fellwechsel der frühen Schafrassen im Frühjahr erleichterte diese Technik. In einigen Fällen sind bei prähistorischen Fasern noch die Haarwurzeln zu erkennen, was belegt, daß die Wolle ausgerissen wurde. Die Wolle mußte dann wor dem Verspinnen nur noch gewaschen und ausgkämmt werden. Katharina von Kurzynski … und ihre Hosen nennen sie bracas. In diesem Buch wird auch ein mit Löchern versehenes und ehemals wohl mit Dornen besetztes Holzvrett aus der Lüscherzer Kultur des frühen 3. Hahrtausends v. Chr. erwähnt. Es wird spekuliert, daß dieses Brett zum Hechel des Flachses diente, oder als Wollkarde zum Aufrauhen und Verdichten der gewebten Stoffoberfläche (?!?!) verwendet wurde. Da stellt ich mir die Frage, wozu sollte ein bereits fertiger Stoff aufgerauht werden…. Tschüs Aisling
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Eintrag #17 vom 20. Mai. 2001 11:57 Uhr
Stephanie Winhard
Moin Aisling, ein fertiges Stoffgewebe besteht aus vielen kleinen "Löchern", die von den Kett- und Schußfäden umschlossen sind ;-) Mal im Ernst, wenn Du ein Stück Stoff gegen das Licht hältst, erkennst Du, daß das Gewebe nicht dicht ist. Und wo Licht durchscheint, hat auch Wind und Regen eine Chance durchzukommen. Deshalb wurden (und werden) bereits seit der Bronzezeit Gewebe in einer Walke (Düppel nennt hier z.B. einen Walkbrei u.a. aus gemahlener Tonerde und heißem Wasser) bearbeitet, d.h. mit Druck (stundenlanges Treten mit den Füßen), Wärme und Flüssigkeit gewalkt. Dabei quellen die Fasern auf und die einzelnen Haare verfilzen miteinander. Durch die Walke entsteht ein weiches, griffiges Tuch, das durch die Bearbeitung mit Karden noch weiter veredelt wird. Quellen: Moradschweski, G. (1982) Protokoll zum sogenannten Kinderkleid, Manuskript Museumsdorf Düppel. Schlabow, K. (1985) Gewebe und Gewand zur Bronzezeit, Neumünster Whewell, C.S. Filzen und Walken, Ciba Sonderdruck Tidow, K. (1978) Die Wollweberei im 15. bis 17. Jhd. , Neumünster Hägg, I. (1984) Die Textilfunde aus dem Hafen von Haitabu, Ausgrabungen in Haitabu, Bericht 20, Neumünster Angerauhte Stoffe wärmen durch den höheren Lufteinschluß besser (vergleiche hier glattgewebtes Baumwollhemd und Flanellhemd)und es geht ja vorrangig um einen möglichst guten Wetterschutz. Steffi
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Eintrag #18 vom 24. Mai. 2001 20:33 Uhr
Silvia
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Hallo Sylvia! Ich hab bzgl. der Wollkämme noch etwas gefunden: ´Der Thorsberger Prachtmantel von Karl Schlabow´ Förderverein Textilmuseum Neumünster 1965 (der Mantel stammt aus dem 4.Jhd. n.Chr) ´Es ist kaum denkbar, daß dieses mühevolle Aussuchen, Glätten und Ausrichten der Haare nur mit dem heute noch allgemein in der Handspinnerei gebräuchlichen Handkratzen (die dazugehörige Abbildung zeigt zwei Karden, wie man sie heute noch z.B. bei Traub bestellen kann) durchgeführt und erreicht worden ist. Vieleicht wurde es mit einem ähnlichen Gerät wie dem uns aus dem vorigen Jahrhundert überlieferten großen Handwollkamm ausgeführt. Dieser besitzt eiserne Zähne bis über 20 cm Länge, welche vor dem Gebrauch immer wieder angewärmt wurden. Mit einem zweiten Kamm wurden durch die Zahnmaschen die langen Haare der Wolle gezogen, während die kurzen mit allen Unreinheiten zurückblieben. Also ist hier schon zur Gewinnung von glatten Fäden, das Aussortieren von langen und glatten Haaren, ein sogenannter Kammzug angewandt worden´ Für mich stellt sich jetzt nur die Frage, warum wurden die Kämme erhitzt. Lässt sich mit warmen Eisen Wolle besser kämmen? Den zweiten Teil des obigen Textes finde ich aber auch noch interessant: ´Es ist diese Anwendung zur Herstellung von Fäden ein sehr umständlicher Arbeitsweg, dagen führt die Nachricht des Spinnfachmannes Ing. Hentschel, Berlin, zu einer einfachen Arbeitsmethode, die gut zur Eisenzeit Anwendung gefunden haben kann. Folgende Beobachungen konnter er in Nordfriesland bei der Herstllung von besonders glatten Fäden machen. Die Wolle wird nicht, wie sonst üblich, geschoren. Ist die Wolle reif, so werden zunächst die Schafe gewaschen. Nach dem Trocknen wird dann nur die lange Rückenwolle mit der Hand in Faserrichtung zu einem kammzugähnlichen Band aus der Haut ruckweise ausgezogen, indem sich gewissermaßen dachziegelartig ein lockers Haarbündel an das andere fügt. Es ist verständlich, daß man von einem so vorbereiteten, aus glatten und langen Haaren bestehenden Spinnband bei entsprchendem Geschick einen sehr feinen und gleichmäßigen Faden spinnen kann.´ Tschüs Aisling
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Eintrag #19 vom 24. Mai. 2001 20:50 Uhr
Sylvia Crumbach
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Hallo Aisling, ich habe die warmen Wollkämme beim Hamburger Troß vor 2 Jahren ausprobiert. Durch das warme Metall wird die Wolle ganz weich (wie Haare um einen Lockenstab) und läßt sich in eine Richtung ziehen. Die Wolle spinnt sich sehr gut, ist aber mit modernem Kardenband nicht zu vergleichen. Sylvia
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Eintrag #20 vom 24. Mai. 2001 21:16 Uhr
Silvia
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Hallo Sylvia! Und trotzdem haben die es damals geschafft Fäden in einer ´Dicke´ von bis zu 0,2 - 0,3 mm zu spinnen, die gezwirnt die Stärke von 0,5 mm nicht überschreiten. ´Der Thorsberger Prachtmantel von Karl Schlabow´ Förderverein Textilmuseum Neumünster 1965 Hochdorf IV Johanna Banck-Burgess
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Eintrag #21 vom 25. Mai. 2001 10:38 Uhr
Sylvia Crumbach
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Guten Morgen Aisling, Ich hatte neulich das Glück mir ein an einen Metallbeschlag korridierten Stück Leinen in Leinenbindung unter dem Mirkoskop anzusehen. Nach den Meatllbeschlag zu schließen handelt es sinch allerdings um eine sehr reiche Bestattung. Die Stärke der Faden konnte ich nicht genau bestimmen. Von Güte und Feinheit lag das Gewebe bei sehr feinen modernen Leinen, von der Qualität weit über dem og. Bauernleinen, eher bei feiner Tischwäsche. Für die Wurtgrabung "Elisenhof" sind sehr viele Textielfragment nachgewiesen. Leider feht hier eine Angabe der Gran oder Zwirnstärke. Beeindruckend sind die brettchengewebten Bänder und eine unglaublich feines Schleiergewebe. Nach eigenen versuchen sind die Fäden aus sehr "langhaariger" Wolle und mit starkem Drall gsponnen. Die Fäden sind sehr glatt und fein. Das Schleiergewebe ist auf jeden Fall ein außerordentliches Spitzenprodukt!!! Ich glaube, daß schon mehr oder weniger auf dem Schaf oder der Ziege eine "Vorsortieren" der Wolle nach Verarbeitungszweck vorgenommen wurde. Schafe vor der Schur (oder dem Rupfen?) zu waschen ist eine Möglichkeit, die auch bis heute angewandt wird. Will man besonders gute Wolle muß man auch (besonders bei Stallhaltung) auf besonders Sauberkeit und viel Platz für das einzeln Tier achten und aufpassen, im Stall oder draußen, daß die Tiere gut fressen und sich nicht wälzen. Sylvia Quellen Nowak Forkel, Wolle vom Schaf ISBN 3-8001-6401-9 Für die Befunde Eisenhof muß ich (bei Intresse) die Quelle nachreich. Leider fehlt bei meinen Kopien die Angabe :-( (Ich kann Dir, wenn Du magst gern den "Texleilteil" kopieren)
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Eintrag #22 vom 25. Mai. 2001 16:45 Uhr
Angharad Beyer
Hallo Aisling, das von Ing. Hentschel beschriebene Verfahren nennt sich Kardieren und ist als Vliesbildung eine notwendige Vorstufe zum Verspinnen der Fasern. Heute ist es natürlich mechanisiert; man verwendet dazu Walzenkrempel. Das von der Karde gelieferte Band muß durch Strecken verfeinert werden, um die gewünschte Feinheit des Garns zu erhalten. Das Verstrecken erfordert mindestens zwei Klemmlinien (zwei Zylinderpaare) mit unterschiedlicher Umfangsgeschwindigkeit. Hier entsteht das sog. Vorgarn, das schließlich zu Garnen der bekannten Feinheit versponnen werden kann. Aus meiner Beschreibung wird ersichtlich, daß diese Arbeit nicht mehr am Schaf direkt gemacht werden kann und deshalb das Scheren erforderlich ist. Das Arbeitsprinzip jedoch ist unverändert bis heute erhalten geblieben. Quelle: Prof. Dr.-Ing. Grütz, Lehrstuhlinhaber für Fadentechnologie, FH Niederrhein
Angharad
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Eintrag #23 vom 27. Mai. 2001 08:39 Uhr
Sylvia Crumbach
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Hallo Angharad, sicher sind Quellen zur modernen Textiltechnik bei der Betrachtung der Wollverarbeitung genauso interessant wie Vergleichsbetrachtungen bei Völkern in einer ähnlichen Kulturstufe. Aus den Ergebnissen bei der Wollverarbeitung in Düppel geht hervor, daß sich Wolle auch mit deutlich einfacheren Methoden verarbeiten läßt. Ich habe auf eingene Erfahrungen bereits hingewiesen. Zudem müßten sich "Rollen" oder Walzen auch im Befund (zb. Feddersen Wiede) abzeichnen. Sylvia PS. Eventuell ist auch hier eine genau Klärung der diskutierten Gegend und Zeitstellung nötig. So ist es noch eute in Anatolien verbreitet Flockenwolle direkt ab Schaf beim Hüten zu verspinnen. Scheren, die zur Schur hätten Verwendung finden können, sind schon seit der römischen Eisenzeit bekannt (Ich vermeide hier ein Aufzählen der Befunde, Fundorte und Quellen).
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Eintrag #24 vom 27. Mai. 2001 20:09 Uhr
Angharad Beyer
Hallo Sylvia, wohl läßt sich Wolle auch sehr einfach verarbeiten, wie das Beispiel der anatolischen Hirten zeigt. Aus diesen Fäden werden dann wohl aber keine feinen Schleier, sondern eher Kamelstricke gefertigt werden ;-) Deiner Beschreibung nach handelt es sich hier um Streichgarnspinnerei. ßber das Vorhandensein von Scheren seit über 2500 Jahren müssen wir wirklich nicht diskutieren ;-). Es geht ja um die Vorbereitung der Wolle zum Spinnen, und nicht darum, wie man sie dem Schaf abnimmt. Vielleicht ist dir entgangen, daß mein Text sich auf die HEUTIGE, mechanisierte Wollverarbeitung bezog. Mit keinem Wort habe ich geschrieben, daß man vor der Industrialisierung solche Walzen etc. verwendet hätte. Also erwarte ich auch keine archäologischen Funde… Mein Beitrag sollte darlegen, daß zwar die Arbeitsgeräte wechseln, das Arbeits-PRINZIP aber immer das gleiche bleibt. Es gibt für die Wollspinnerei zwei verschiedene Spinnverfahren: die Kammgarn- und die Streichgarnspinnerei. In der Streichgarnspinnerei werden Fasern unterschiedlicher Länge zu gröberen, faserigen Garnen verarbeitet. In der Kammgarnspinnerei werden Fasern gleicher Länge zu glatten, feinen Garnen versponnen. Die Abfolge der Arbeitsprozesse beim aufwendigeren Kammgarnverfahren ist 1. Sortieren der Wolle nach Faserqualitäten. 2. ßffnen der Wolle zu FLOCKEN und Ausscheiden grober Verunreinigungen. 3. Waschen, Entfernen von Schmutz und ggf. Wollfett 4. Trocknen der Fasern. 5. WOLFEN, d.h. Auflösen und Reinigen der Faserflocken 6. Mischen und Schmälzen, d.h. Zusammenstellen der gewünschten Fasern und evtl. Nachfetten. 7. Wiegen, Auflösen des Fasermaterials und Zuführen gleichmäßiger Portionen zum Krempeln. 8. KREMPELN, d.h. Auflösen der Flocken zur Einzelfaser, Ordnen und Parallelisieren der Fasern, Beseitigung von Verunreinigungen, Bilden des Faservlieses. 9. STRECKEN, d.h. gleichmäßig machen der Faserbänder durch Doublieren und Verziehen. 10. KßMMEN, d.h. Aussondern der kurzen Faseranteile. 11. STRECKEN für weitere Vergleichmäßigung. 12. ßbergang zum Verspinnen: Nochmals Strecken zur Verfeinerung. 13. VORSPINNEN, d.h. weiteres Strecken und Verdrehen zum Vorgarn. 14. FEINSPINNEN, d.h. Verstrecken zur endgültigen Feinheit und Verdrehen. Die Schritte 8 und 9 werden unter dem Begriff "Kardieren" zusammengefaßt. Dabei werden immer zwei gegenläufige Krempel (Karden) verwendet, um die Fasern zu parallelisieren. Nicht zu verwechseln mit der Anwendung der Weber-(Distel)karde, die zum RAUHEN von fertigen Stoffen benutzt wurde (und teilweise noch wird)! Hier wird nur eine Karde über das Gewebe geführt. Sinn des Kardierens ist es, ein Faservlies mit möglichst geringen Masseschwankungen zu bilden, denn eine bleibende Parallelisierung der Fasern ist erst beim VERZIEHEN des Bandes möglich. Erst im BAND liegen die Fasern dicht genug beieinander, um durch die Reibung in der - durch den Verzug geschaffenen - gestreckten Lage Halt zu finden. Entscheidend für die Feinheit des Garnes in der Wollspinnerei ist also das Verstrecken der Fasern/des Bandes in der Spinnvorbereitung. Grundsätzlich gilt: Je feiner das Endprodukt (das Garn) werden soll, desto aufwendiger müssen die vorbereitenden Arbeitsschritte sein. Natürlich hat man im Laufe der Jahrhunderte entsprechend den verwendeten Werkzeugen den Arbeitsablauf angepaßt oder verändert. Aber ob Handarbeit oder Maschine, dieser Arbeitsprozeß bleibt im Grundsatz immer erhalten. Praktische Erfahrung ersetzt leider nicht die Kenntnis der theoretischen Grundlagen… Quellen: Prof. Dr.-Ing. Grütz, Lehrstuhlinhaber für Fadentechnologie, FH Niederrhein Eberle, Hannelore [u. a.]. Fachwissen Bekleidung. 3., überarb. Aufl. Haan-Gruiten: Europa Lehrmittel, 1993. ISBN 3-8085-6203-X.
Angharad
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Eintrag #25 vom 27. Mai. 2001 21:48 Uhr
Stephanie Winhard
Hallo Angharad, um mal auf die Ausgangsfrage zurückzukommen: Wenn nun zum Kardieren (nach Deiner Aussage) keine Kardedisteln verwendet wurden, wie sahen die Geräte denn dann aus? Ich kenne moderne Karden (Gummikissen mit abgeschrägten Metalldornen), aber die scheiden ja wohl aus ;-) Steffi
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Eintrag #26 vom 27. Mai. 2001 23:38 Uhr
Silvia
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Hallo Angharad! Mit einfachen Mitteln konnte man damals viel feinere Fasern erarbeiten, als den von dir genannten Kamelstrick. Beispiele habe ich nicht aus dem Mittelalter, aber sie sind aussagekräftig genug : Bronzezeit, Grabhügel von Schwarza, Kr. Suhl: Schleiergewebe aus sehr scharf gesponnenen, ausgesucht langen Wollfasern in lockerer Leinwandbindung. Der Thorsberger Prachtmantel: Eine außergewöhnliche Glätte und Feinheit der Fäden, die in Z-Drehung gesponnen, kaum 0,2 - 0,3 mm stark sind und, in S-Drehung gezwirnt, die Stärke von 0,0 mm nicht überschreiten. Herstellungszeitraum für den Mantel bei zwei Weberinnen: 2 Jahre !!! Das Grab der ´Fürsten´ von Hochdorf Textilien auf der Bronzeliege: 1. Totenabdeckung aus einem ungefärbten, mittelfeinen Gleichgratköper 2/2 2. Blau-rot kariertes Tuch aus einem sehr feinen Gleichgratköper 2/2, in beiden Fadensystemen einfaches Garn in z-Drehung (kleines kariertes Tuch) 3. Band: einfaches Brettchengewebe aus roten und blauen Kettschnüren. 4. Rotes Grabtuch aus einem sehr feinen Gleichgratköper 2/2, jeweils in einem Fadensystem S-Zwirn bzw. einfaches Garn in z-Drehung. 5. Band: gemustertes Brettchengewebe, Kombination von Drehrichtungsmustern der Kettschnüre und einer Köperbindigen Gewebestruktur mit Diagonalgratmusterung. 6. Blau-rot kariertes Tuch aus einem sehr feinem Gleichgratköper 2/2 jeweils in einem Fadensystem S-Zwirn bzw. einfaches Garn in z-Drehung (großes kariertes Tuch). 7. usw. Die Fäden haben eine Dicke von 0,3 (gezwirnt) bis 0,8 mm !!!! Mir ist natürlich klar, daß solch extrem hochwertige Verarbeitung nicht für das gemeine Volk erschwinglich war, aber die Qualität der damaligen Stoffe kann man heutzutage nicht maschinell herstellen, sondern kann sie nur in Handarbeit reproduzieren ´man kann mit einem Spinnrad oder einer Maschine keinen Faden in einer Dicke von 0,15 mm herstellen´ so jedenfalls die Aussage einer Kursleiterin fürs Spinnen im Industriemuseum Cromford in Ratingen (synthetische Fasern ausgenommen) Literatur: … und ihre Hosen nennen sie Bracas Katharina von Kurzynski (1996) Hochdorf IV Johanna Banck-Burgess (1999) Der Thorsberger Prachtmantel Karl Schlabow (1965) Gruß Aisling
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Eintrag #27 vom 27. Mai. 2001 23:42 Uhr
Silvia
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Tja, bei mir hat sich der Fehlerteufel eingeschlichen. Es sollte heißen: Der Thorsberger Prachtmantel: Eine außergewöhnliche Glätte und Feinheit der Fäden, die in Z-Drehung gesponnen, kaum 0,2 - 0,3 mm stark sind und, in S-Drehung gezwirnt, die Stärke von 0,5 mm nicht überschreiten. Tschüs Aisling
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Eintrag #28 vom 28. Mai. 2001 10:34 Uhr
Angharad Beyer
Liebe Aisling, all die von dir genannten Beispiele sind mir schon lange bekannt. Wenn du meinen Text aufmerksam gelesen hättest, wäre dir aufgefallen, daß ich keinesfalls bezweifelt habe, daß man "früher" mit einfachen Mitteln, also der Handspindel, sehr feines Garn herstellen konnte. Aber um diesen letzten Arbeitsschritt geht es hier nicht. Die VORBEREITUNG war aufwendig und unbedingt nötig. Ohne die vielen Arbeitsschritte mit mehrfachem Strecken kommt halt ein Kamel- oder Kälberstrick raus! ;-)))) Deine Frage am Anfang bezog sich auf die Vorbereitung der Wolle zum Spinnen. Dabei hast du die Arbeitsschritte Kämmen und Kardieren durcheinandergeworfen. Der Vollständigkeit halber habe ich die kompletten Vorbereitungsschritte für das Kammgarnspinnen aufgeführt (das einzige Verfahren für feine Wollgarne). Es lesen hier bestimmt noch mehr Leute mit, die sich nicht zu posten trauen und die diese Informationen interessant finden. Ob man die Wolle schert und dann kämmt oder gleich nur die langen Haare auszupft, hängt von der Geduld der betreffenden Frau und des Schafes ab ;-). Der Effekt ist der gleiche. Bei der Handspinnerei kann man sicher manche Arbeitsschritte etwas anders ausführen als in der maschinellen Verarbeitung. Die physikalischen Mechanismen bleiben allerdings bestehen. Viele Wege führen nach Rom…
Angharad
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Eintrag #29 vom 28. Mai. 2001 14:27 Uhr
Sylvia Crumbach
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Hallo Aisling, fein, danke für deinen Beitrag. Für Hochdorf ist ein Gewebe aus Dachswolle (Unterhaar) belegt. Die Unterwolle erinnert vom Griff an Angorakaninchen und ist sehr kurz. Hast Du Erfahrung im Spinnen von "Sondermaterialien" Eventuell wie Flachs feucht verspinnen? Hallo Angharad, die mechanisiere Wollverarbeitung ist sicher sehr interessant. Für welche Zeitstellung kann echtes Kammgarn (entsprechend der modernen Form) angenommen werden? Für welche mechannisierten Verarbeitungsschritte gibt es archäologische Belege oder Erwähnungen in Primärquellen? Für die röm. Kaiserzeit werden Textil-"Manufakturen" angenommen, welche Hinweise auf Gerätschaften gibt es hier? Eine genaue Definition der Zeitstellung und der diskutierten Gegend wäre hier hilfreich. Schließlich verarbeiteten Kelten (D2) Fasern (welche auch immer) anders als flandrische Tucher in der frühen Neuzeit (oder ausgehendes Spätmittelalter :-)) ) Sylvia
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Eintrag #30 vom 28. Mai. 2001 17:27 Uhr
Angharad Beyer
Liebe Sylvia, ich kann mich noch genau daran erinnern, wie ich in einem früheren Leben als bronzezeitliche Frau am dritten Tag nach der Sommersonnenwende das Kammgarnspinnen erfand…
Angharad
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Eintrag #31 vom 29. Mai. 2001 00:11 Uhr
Stephanie Winhard
Moin, Angharad, Deine letzte Antwort war jetzt nicht wirklich nötig, oder? Da ich bisher keine Antwort auf meine Frage bekommen habe, kann ich darauf schließen, daß hier niemand zeitgenössische Bild- oder Schriftquellen hat, aus denen sich das Aussehen von Geräten zum Kardieren der Wolle ableiten läßt? Bleiben also nur moderne Karden oder Eisenkämme? Steffi
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Eintrag #32 vom 29. Mai. 2001 07:04 Uhr
Silvia
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Hallo Steffi! In dem Buch ´… und ihre Hosesn nennen sie Braccas´ gibt es aus der Bronzezeit (ich weiß, es ist nicht deine Zeit, aber besser als gar nichts) eine Abbildung eines mit Dornen besetzten Holzbrettes. Es wird vermutet, daß es zum aufrauhen von Stoffen, bzw. zum kämmen der Wolle verwendet wurde. Ich könnte es am WE einscannen und dir rüberschicken, wenn du interesse hast. Hi Silvia! Ich hab bisher nur Wolle, etwas Flachs, ein wenig Baumwolle und Roßhaar (schweif) versponnen. Dachshaar ist sicher sehr interessant, habe aber noch keine Quelle dafür. Baumwolle ist auch sehr kurzfaserig. Bevor das maschinelle entkernen erfunden wurde, war die Faser noch kurzfaseriger. Man hat im 18. und 19. Jhd. Baumwolle immer in überhitzten Räumen mit hoher Luftfeuchtigkeit verarbeitet, damit sich die Fasern besser miteinander verbinden. Tschüs Aisling
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Eintrag #33 vom 29. Mai. 2001 10:23 Uhr
Sylvia Crumbach
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Hallo Steffi, in meiner Quelle sind die Woll-Kämme zwar beschrieben, aber nicht abgebildet. Was ich habe sind verschiedene Abbildungen von Steilkämmen aus Geweih und Knochen. Die kann ich gern kopieren. Für Abbildungen von Holzkämmen mit Eisenzinken warte ich auf ein Buch aus der Fernleihe :-(. Ich hoffe, dass ich möglichst bald an den Nachbau und das Ausprobieren gehen kann. Sylvia PS. Hat jemand Befundnachweise für Filz im deutschen Raum vor 1200?
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Eintrag #34 vom 29. Mai. 2001 11:30 Uhr
Stephanie Winhard
Moin, ich würde mich sehr freuen, wenn ihr mir das Material zuschicken könntet. Danke schonmal! Ich hab noch einen Hinweis auf die Verwendung von Kardedisteln zum kardieren von Rohwolle gefunden. Zwar keine historische Quelle im eigentlichen Sinne, eher ein Erfahrungsbericht um die Jahrhundertwende: "Vergessene Künste- Bilder vom alten Handwerk" von John Seymour. Auch er spricht eindeutig von auf Holzbrettchen befestigten Weberdisteln, die statt der heute üblichen Nadelbrettchen eingesetzt wurden. Allerdings macht er auch keine Angaben über die Qualität der so behandelten Wollfasern. Steffi
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Eintrag #35 vom 29. Mai. 2001 23:37 Uhr
Angharad Beyer
Hi Steffi, doch, ich fürchte meine letzte Antwort war genauso nötig wie die Postings, die sie herausgefordert haben. :o) Denn eigentlich war ich davon ausgegangen, daß meine werten Mitdiskutantinnen in den Grundlagen der Fadentechnologie genügend fit sind, um die entscheidenden Vorgänge bei der Garnherstellung auf die in der archäologischen Literatur beschriebenen Verfahren zu übertragen und wiederzuerkennen - selbst wenn dazu nicht die heutigen Maschinen, sondern einfachere Handwerkzeuge verwendet wurden. Natürlich muß man ihnen zugestehen, daß diese Aufgabe nicht immer ganz einfach ist, denn - wie bereits mehrfach erwähnt - besteht immer die Möglichkeit, einzelne Verarbeitungsschritte wegzulassen, zusammenzufassen oder in anderer Reihenfolge auszuführen (z.B Sortieren der Fasern durch Zupfen der Schafe, was der Kammgarnherstellung entspricht). Dennoch lassen sich praktisch alle von mir genannten Verarbeitungsschritte in irgendeiner Form im Laufe der Jahrhunderte wiederfinden. Die Darstellungen von ägyptischen Spinnern aus der Zeit um 1900 v. Chr. lassen z.B. das Feinspinnen mit Vorgarn erkennen. Um nun zu deiner Frage zu kommen: In der Mendelschen Zwölfbrüderstiftung ist ein Woll-KßMMER abgebildet. Er benutzt zwei langzinkige, einreihige Kämme. Karden dagegen haben mehrere, hintereinander angeordnete, kurze Zahnreihen. Es ist durchaus richtig, daß man auch Kardendisteln zum Kardieren verwendet hat, jedoch haben sie gegenüber Metallkarden große Nachteile, so daß man Metallzinken in Holz oder Horn als Standard ansehen kann. Solche "Kratzen" begegnen einem auch immer wieder auf Darstellungen. Es wäre vielleicht auch hilfreich, die Begriffe Kämmen und Kardieren endlich mal auseinanderzuhalten. Bei der Gelegenheit ein paar allgemeine Worte zur hier viel diskutierten Feinheit der Garne: Eine Dickenmessung der Garne, womöglich mit der Micrometerschraube, ist aufgrund des textilen Verhaltens (Verformbarkeit, Elastizität und Ungleichmäßigkeit) und des Fehlens eines runden Querschnitts sinnlos. Für eine objektive Bewertung der Feinheit bieten sich lediglich zwei Parameter an: Länge und Masse. Es ist deshalb allgemein üblich, den Quotienten aus Masse zu Länge (Gewichtsnumerierungssysteme DIN 60905) oder Länge zu Masse (Längennumerierungssysteme DIN 60900) zu bilden. Diese Systeme der Feinheitsmessung werden in der Archäologie leider nicht angewendet. Es ist oft auch nicht sinnvoll, da die Fasern/Gewebe durch die Lagerung eine Massen-/Längenveränderung erfahren können. Selbst wenn das Gewebe/Garn gut erhalten ist, ist es schwierig, von kleinen Proben aussagekräftige Meßwerte zu ermitteln. Ein objektiver Vergleich zwischen archäologischen Funden und modernen Textilprodukten fällt mit dieser Methode deshalb schwer. Als eine halbwegs zuverlässige Alternative hat sich die Beurteilung des Gewebes nach der Fadenzahl pro Längeneinheit bewährt. Eine von Andreas Sturm und mir kürzlich durchgeführte Vergleichsstudie an Textilien der Eisenzeit bis ins Frühmittelalter hat dabei keine nennenswerten Unterschiede zwischen den Funden und modernen Stoffqualitäten feststellen können. Die altertümlichen Textilien zeigten zumeist nur ein wesentlich unausgeglicheneres Verhältnis in der Anzahl von Schuß- und Kettfäden pro Längeneinheit (was bei der Herstellung auf dem Gewichtswebstuhl häufig vorkommt). Dennoch sind die damals für Gebrauchs- und Grabtextilien üblichen Gewebequalitäten auch heute im Handel erhältlich.
Angharad
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Eintrag #36 vom 30. Mai. 2001 07:37 Uhr
Sylvia Crumbach
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Hallo Angharad, Hallo Andreas, bleibt meine Frage nach den Befunden von Gerätschaften. Sylvia PS: Ich gehe in meiner Arbeitsweise, vom Befund aus und ziehe dann moderne Vergleichquellen heran. Wie du bereits so schon geschieben hast: Viele Wege führen nach Rom… oder Germania Libera? :-)))
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Eintrag #37 vom 30. Mai. 2001 08:49 Uhr
Sylvia Crumbach
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Nachtrag: Die Diskrepanzen zwischen archäologischer Forschung und "Textiltechnik" nach heutiger Definition werden in dem von Aisling zitiertem Buch "…und Ihre Hosen nannten sie bracas" Eingangs erwähnt. Wir hatten hier im TV den Thread "Wissenschaftl. Arbeiten und Recherce". Ich bin mir sicher, dass ein wichtiger Punkt das Betrachten einer Problematik von verschieden Seiten und auch Fakultäten ist. Eine Beschäftigung mit einem Thema, welchem auch immer, sollte doch die Diskussionsteilnehmer verbinden und nicht trennen. (Zumindest wäre das schön!) Ich glaube fest daran, dass eine Runde mit 5 Teilnehmer und 8 Meinungen nicht zu pers. Diskrepanzen führen muß. Falls sich solche anbahnen, ist ein privates Gespräch vielleicht bessere Weg. Eigentlich sollten wir uns mit Fachkenntnissen und Experimentierergebnissen einiges an Wissen "zusammenspinnen" können. Sylvia, die keine Zanke will PS. Aisling, diesen Beitrag, wie auch den letzten ggf. Löschen! Schon mal Danke!
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Eintrag #38 vom 01. Jul. 2001 19:45 Uhr
Angharad Beyer
Hallo Aisling, zu deinem Posting Nr. 26 ein kleiner Nachtrag. Nachdem ich im Umzugsgewirr den "Keltenfürsten von Hochdorf" in meiner Büchersammlung wiedergefunden habe, hab ich die Abschnitte über die Gewebe mal nachgelesen. ßber die Hanfstoffe steht da zu lesen: "Recht zahlreich fanden sich auch gewebte Stoffe aus Hanfbast. Sie waren aus einfach gezwirnten Fäden von 0,2 - 0,7 mm heutiger Dicke (damals wohl die doppelte Stärke) hergestellt." Aus: Udelgard Körber-Grohne, "Pflanzliche und tierische Reste aus dem Fürstengrab von Hochdorf". In dem Artikel von Hans-Jürgen Hundt "Die Textilien im Grab von Hochdorf" wird mehrfach erwähnt, daß die Gewebereste teilweise so stark zersetzt waren, daß man noch nicht einmal die Drehrichtung der Fäden erkennen konnte. Man kann daher davon ausgehen, daß in den 2500 Jahren seit der Herstellung ein erheblicher Masse- und Volumenverlust stattgefunden hat; die ursprünglichen Garne also wesentlich dicker waren. Zum Vergleich habe ich spaßeshalber mal einen Meßschieber an moderne, maschinengesponnene Garne angelegt. Ein Leinenfaden hatte dabei den Durchmesser von ca. 0,35 mm, ein handelsübliches Baumwoll-Nähgarn von ca. 0,15 - 0,2 mm. Weiteres Fadenzählen gerne per e-mail ;-) Salve,
Angharad
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Eintrag #39 vom 01. Jul. 2001 22:56 Uhr
Hilmar Becker
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Hallo zusammen Ich zähle auch gerne offen Erbsen, und manchmal auch Fäden… Herr Hundt erwähnt (nach ersten ßberfliegen des Artikels) einmal und für ein bestimmtes Gewebe, daß die Drehrichtung der Fäden nicht mehr erkennbar ist. Im selben Artikel erwähnt er aber auch mehrfach, daß sie erkennbar ist, und er erwähnt auch, welche Drehrichtung sie haben. Auch gibt er reihenweise Fadenstärken zwischen 0,2 und 1,0 mm (für Wolle und Leinen) an. Frau Körber-Grohne erwähnt nur Hanfbast. Weiterhin meine ich, mich erinnern zu können, irgendwo gelesen zu haben, "eine Dickenmessung der Garne, womöglich mit der Micrometerschraube, ist aufgrund des textilen Verhaltens (Verformbarkeit, Elastizität und Ungleichmäßigkeit) und des Fehlens eines runden Querschnitts sinnlos." Wo war das nur? ;-) Neuere Untersuchungen der Hochdorfer Gewebe zeichnen ein ähnliches Bild. Gruß von Erbsenzähler Hilmar ----- Literatur: Der Keltenfürst von Hochdorf, Methoden und Ergebnisse der Landesarchäologie, Katalog der Ausstellung, Stuttgart, Kunstgebäude vom 14. August bis 13. Oktober 1985 / Landesdenkmalamt BaWü ISBN 3-8062-0441-1, Stuttgart: Theiss, 1985 Hochdorf (Forschungen und Berichte zur Vor- und Frühgeschichte in BaWü) 4. Die Textilfunde aus dem späthallstattzeitlichen Fürstengrab von Eberdingen-Hochdorf… Johanna Banck-Burgess ISBN 3-0862-1453-0, Stuttgart: Theiss, 1999
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Eintrag #40 vom 02. Jul. 2001 00:21 Uhr
Angharad Beyer
Hi Aisling, hi Hilmar, ich finde es amüsant, wie ihr einerseits jeden Buchstaben von mir umdreht, um mir einen (Flüchtigkeits-)Fehler nachzuweisen, andererseits aber mit euren Gegenargumenten nur meine ursprüngliche These unterstützt - ohne es zu merken! :-) Nicht umsonst habe ich das Wort "spaßeshalber" verwendet. Im vollen Bewußtsein, daß eine Dickenmessung eigentlich sinnlos ist (deswegen wird ja auch die Fadenanzahl pro Längeneinheit gezählt!), habe ich mir eine kleine Meßreihe erlaubt, um einmal handfeste Vergleichswerte für jene Garnstärken zu ermitteln, mit denen ihr hier hantiert. Beispiele aus meinem derzeitigen "Stofflager" (unterschiedliches Leinen ca. 0,15 - 0,35 mm; Kammgarn-Wolle ca. 0,15- 0,3 mm; Nähseide ca. 0,15 - 0,2 mm) zeigen: Die Garnstärken der modernen Maschinengarne stimmen mit guter Näherung mit denen der damaligen feinen Qualitäten überein - wenn man den Massenverlust der Bodenfunde vernachlässigt und den jetzigen Istwert angibt! Wenn man bedenkt, daß Hanf noch verrottungsresistenter ist als Leinen, dürfte der durchschnittliche Schwund bei Leinen noch höher als 50% liegen; die ursprünglichen Leinengarne müssen also noch etwas dicker gewesen sein. Von daher halte ich die in diesem Thread getätigten Aussagen wie folgende weiterhin für nicht haltbar: "… die Qualität der damaligen Stoffe kann man heutzutage nicht maschinell herstellen, sondern kann sie nur in Handarbeit reproduzieren ´man kann mit einem Spinnrad oder einer Maschine keinen Faden in einer Dicke von 0,15 mm herstellen´". Also nochmal sortiert: Heutige Natur-Garne haben die gleiche Feinheit wie die "alten" Garne im Fundzustand. Wenn man annimmt, diese Garne hätten in der langen Liegezeit im Boden keine Veränderung erfahren, wäre hier schon gezeigt, daß man heute mit der Maschine genauso feine Garne spinnen kann wie früher mit der Hand. Nun muß man aber davon ausgehen, daß Garne im Laufe ihres Lebens dünner werden (z.B. fadenscheinige Pullis). Und der 2500-jährige Aufenthalt im Boden geht ihnen nochmal ordentlich an die Substanz, wie zwei Autoren unabhängig voneinander feststellen. Der Rückschluß lautet also, daß ein Garn, das nach dieser langen Zeit 0,2 mm Durchmesser hat, zu seiner Entstehungszeit dicker gewesen sein muß. Und überhaupt ging es in diesem Thread nicht um die Frage, ob man "früher" feines Garn herstellen konnte oder nicht, sondern um die Vorbereitung zum Spinnen eben solch feinen Garns. Aber wir können gerne weiterdiskutieren ;-), nur paßt das dann vielleicht nicht mehr zum Thema und gehört in einen neuen Thread? Oder doch per e-mail? Valete,
Angharad
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Eintrag #41 vom 02. Jul. 2001 08:03 Uhr
Ruth
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Als Ing. der Feinwerktechnik muß ich hier mal einwerfen, daß es nicht sinnvoll ist, Fäden oder ähnliches mit Meßschieber, Micrometerschraube usw. zu messen. Mit welcher Meßkraft denn auch? Wenn ich mich an Längenmeßtechnik richtig erinnere, muß man hier optische Verfahren anwenden, um unverfälschte Meßwerte zu erhalten. Dann aber bitte auch bei 20 °C Raumtemperatur und mit definierter Meßreihe von nicht weniger als 15 Meßwerten mit Gaußscher Verteilung und blablabla. Joachim
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Eintrag #42 vom 02. Jul. 2001 10:08 Uhr
Sylvia Crumbach
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Noch immer ist die Frag nach der Garnvorbereitung offen. Welche Werkzeuge zur Verarbeitung der Rohwolle sind durch Bodenfunde nachgewiesen? (Ich gehe davon aus, dass man auch die Gegend und Zeitstellung berücksichtigen sollte) Für die Antike wird die Wolle zu einem Vorfadenstrang verarbeitet. (optisch den heutigen Karbenband ähnlich) Dieser wird um eine Kunkel geschlungen, das Verspinnen erfolgt mit den bekannten Handspindel. Für die Kunkeln liegen mir verschiedene Nachweise vor. Reguläre Bezugsquellen, Befundnachweise und zeitgen. Abbildungen gebe gern per Mail weiter. Sylvia PS. Das Messen von Fadendicken halte ich auch für problematisch. Nach Vergleichen von handgewebten und handversponnenen Gewebeproben mit frühen Textilspuren ist für die Optik eines Gewebes nicht nur die Fadendicke entscheidend.
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Eintrag #43 vom 03. Jul. 2001 01:04 Uhr
Angharad Beyer
Hi Joachim, danke für deinen Einwurf, der meine Ausführungen zur Sinnlosigkeit der Dickenmessung aus meinem Posting Nr. 35 noch einmal unterstreicht. Da aber leider in diesem Thread bisher nur genau diese Durchmesser zur Beurteilung der Gewebefeinheiten herangezogen wurden, hat es mich gereizt, doch einmal an meinen Stoffen Maß zu nehmen (Herstellerangaben zur Fadendicke existieren dazu ja aus den genannten Gründen nicht, sondern beziehen sich immer auf Längen- oder Gewichtsnumerierungssysteme). Da du gerade die Meßsystematik ansprichst: ich habe die Messungen für dich mit der freundlichen Unterstützung von meinem Lebensgefährten noch einmal durchgeführt. Wir verwendeten einen einfachen Meßschieber. Das Fasergut wurde so zwischen den Schenkeln des Schiebers plaziert, daß der Lichtspalt minimal erschien, der Faden aber immer noch ohne spürbaren Widerstand seitlich herausgezogen werden konnte (dadurch dürfte der tatsächliche Durchmesser unter dem gemessenen liegen). An drei Prüflingen von jeweils 15 cm Länge wurden jeweils 15 Meßwerte aufgenommen. Die Meßstellen wurden durch Zufall bestimmt. Die Raumtemperatur betrug ca. 21 °C… ;o))) Hier die Meßwerte: Meßreihe 1: Leinenzwirn (Nähfaden) 2z/S x(i)={0,3; 0,35; 0,4; 0,3; 0,3; 0,3; 0,3; 0,35; 0,3; 0,3; 0,35; 0,35; 0,3; 0,3; 0,45} mm Der gemittelte Durchmesser des Zwirns beträgt demnach 0,33 +/- 0,01 mm. (absolute Angabe). Der prozentuale Fehler beträgt 3,6%. Meßreihe 2: Schußfaden eines feinen Leinengewebes (einfaches Garn in z-Drehung) x(i)={0,2; 0,25; 0,25; 0,15, 0,3; 0,3; 0,15; 0,25; 0,3; 0,2; 0,2; 0,25; 0,25; 0,2; 0,25} mm Der gemittelte Durchmesser des Garnes beträgt 0,23 +/- 0,03 mm (absolute Angabe). Der prozentuale Fehler beträgt 5,4%. Meßreihe 3: Schußfaden eines Kammgarngewebes, Wollzwirn 2z/S x(i)={0,4; 0,4; 0,25; 0,35; 0,45 0,3; 0,35; 0,4; 0,4; 0,25; 0,35; 0,3; 0,35; 0,4} mm Der gemittelte Durchmesser des Zwirns beträgt 0,35 +/- 0,02 mm (absolute Angabe) Der prozentuale Fehler beläuft sich auf 4,3%. Wie gesagt, diese Meßreihen sind vom technischen Standpunkt eher ein spaßiger Zeitvertreib als eine ernsthafte Messung. Ein Fehler von 5% und mehr läßt eine Messung sehr ungenau erscheinen. Die starken Schwankungen der einzelnen Meßwerte zeigen aber auch ganz deutlich, daß nicht nur die Meßwerkzeuge unzureichend sind, sondern sich das Fasermaterial für eine Dickenmessung durch seine unregelmäßige Struktur und schlecht abgegrenzte Außenkante wenig eignet. Der ganze Spaß diente lediglich dazu, einmal die hartnäckige Mär von den "unerreichten" Textilien alter Zeit ein wenig zu relativieren. Denn trotz aller Unzulänglichkeiten der Methode weisen die Meßwerte in die richtige Richtung. Das zeigt ein paralleler Vergleich der Gewebeeinstellungen (also Fadenanzahl pro Längeneinheit), was zusammen mit anderen Parametern ein wesentlich zuverlässigeres Bild über die Gewebegüte liefert. Es freut mich zu lesen, daß auch die anderen TeilnehmerInnen dieses Threads nun allmählich von der Fadendicke als Kriterium zur Beurteilung der Gewebequalität abzurücken beginnen. Diese Notwendigkeit habe ich ja schon in meinem Posting Nr. 35 angesprochen. Jetzt sollte ich zum Thema Fadendicke aber eigentlich genug gesagt haben - nachdem ich alles mindestens zweimal schreiben durfte ;-) Das ganze wurde IMHO nur deswegen nötig, weil meine Aussage, "OHNE ausreichende Vorbereitung der Fasern kämen beim Spinnen eher Kälberstricke raus als Schleiergarn", mißverstanden wurde… Nun wieder zur Spinnvorbereitung und den verwendeten Geräten: Die bekannte Handkarde läßt sich bei uns durch Bildbelege mindestens ins 13. Jh. zurückverfolgen. Da auch schon vor diesem Zeitpunkt feine Wollgarne hergestellt wurden, ist davon auszugehen, daß diese Wolle bereits auf die eine oder andere Art kardiert, also parallelisiert und gestreckt wurde. Im einfachsten Fall geschah dies schon immer durch die Hand der Spinnerin direkt beim Verspinnen. Dem vorgeschaltete Arbeitsprozesse sind sehr wahrscheinlich, wie Abbildungen von Spinnerinnen mit Vorgarn durch die Jahrhunderte beweisen (ßgypten um 1900 v.Chr., Griechenland 5. Jh. v.Chr., Italien 11. Jh., siehe mein Posting Nr. 35). Wie die benutzen Arbeitsgeräte ausgesehen haben mögen, ist eine andere Frage. Es ist anzunehmen, daß sie eine oder mehrere Reihen von Zähnen oder Stiften besaßen (wobei bei einreihigen Geräten die Unterscheidung zwischen Kämmen und Kardieren schwer fallen mag). Wie Sylvia richtig erwähnt, gibt es dazu einige mögliche Funde aus der Zeit vor 1300, jedoch würde ich die Zuordnung durch Archäologen in solchen Fällen immer mit Vorsicht genießen! Als Beispiel seien nur die zahllosen "Nähnadeln" genannt, die sich allenfalls als Ahlen oder Pfrieme verwenden ließen… ßbrigens ebenso Vorsicht bei Verallgemeinerungen: Die angesprochenen Spinnrocken könnten auch für die Flachsspinnerei verwendet worden sein. Außerdem kann man direkt vom Kunkel/Spinnrocken aus gut vorbereitetes Fasermaterial (z.B. durch Kardieren) auch ohne Vorgarnbildung fein verspinnen. Das ist auch eigentlich der Sinn des Rockens, denn durch ihn hat man beide Hände frei, um der Spindel Fasermaterial zuzuführen (z.B. Abbildung aus Frankreich, 13. Jh.). Das Vorhandensein der Spinnrocken im archäologischen Fundmaterial allein weist noch nicht auf Vorgarn bei der Wollverarbeitung hin. Glücklicherweise sind uns aus dieser Zeit wie oben erwähnt auch Abbildungen erhalten geblieben, die aufgewickeltes Vorgarn erkennen lassen. So, und jetzt hab ich mich oft genug wiederholt… Literatur: R. Pierling. Beiträge zur römisch-fränkischen Geschichte. Krefeld, 1994. F. Cailliaud. Recherches sur les arts et méttiers de L´Egypte. Paris, 1831. Sabine Wolfram. Kleider machen Leute - Leute machen Kleider. Hanau, 1994. Griechische Vase, 5. Jh. v.Chr. British Museum, London. R. Maurus. De universo - 1023. Klosterbibliothek Montecassino, Ms. 132, Bl 364. Handschrift aus dem 14. Jh. Bibliothèque Nationale Paris, Ms. 9106. Manuskript, 14. Jh. British Museum, London. Ms. Royal, 10 E IV.
Angharad
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Eintrag #44 vom 03. Jul. 2001 08:17 Uhr
Sylvia Crumbach
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Zum dieser Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse folgende Anmerkung: Ich habe auf einer Fachtagung am letzten Wochenende die Verwendung von langzinkigen Kämmen zur Vorbereitung der Rohwolle im Experiment vorgestellt. In der Fachliteratur ist eindeutig von Vorfadenbildung Rede, das Ergebnis erinnert aber eher an das modere Kardenband z.B. von Gotlandwolle. Auch wenn im Befund Kunkeln in der älteren Literatur oft noch als Zepter angesprochen werden und für langzinkige Kämme auch andere Verwendungsmöglichkeiten zur Diskussion stehen, bilden die Ergebnisse der Archäologie doch die Grundlage meiner Experimente zur Textilbearbeitung . Vergleiche von einzelnen Fäden moderner maschinell verarbeiteter Fäden (Garne und Zwirne) mit eigenen handgesponnen Fäden oder solchen aus z.B. Bauernleinen haben für die Maschinenware meißt eine völlig andere Optik ergeben. Die selbe Wolle führt beim Verspinnen mit dem Rad schon zu ganz anderen Ergebnissen als beim Verspinnen mit der Handspindel. Wird die Wolle oder der Flachs von hand vorbreitet, sind unterschiedliche Färbungen im Spinngut nicht zu vermeiden, dies ist im fertigen Gewebe sichtbar. (Es gab mal einen Thread zu Thema Stoffe, da wurden diese Unterschiede genau aufgeführt) Ich persönlich bin überzeugt, dass in dieser Frage nur Experimente mit nachgebauten Geräten zur Annäherung an das Thema beitragen können. Was die Feinheit und Gleichmäßigkeit von mit der Fallspindel gesponnener Wolle angeht, habe ich die bisher besten Ergebnisse bei Aisling gesehen. Vielleicht ergibt sich auf dem UT die Gelegenheit einiges auszuprobieren? Sylvia
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Eintrag #45 vom 03. Jul. 2001 10:14 Uhr
Angharad Beyer
Hi Sylvia, mit deinen neuen Anmerkungen bestätigst du ja nun auch meine ersten Postings (obwohl du und Aisling sie damals ja noch heftig angegriffen haben). Es freut mich, daß du nun mit der Annäherung von Seiten der Archäologie zu ähnlichen Ergebnissen gekommen bist wie Andreas und ich mit der parallelen Betrachtung von archäologischer und technischer Seite. Jetzt, wo wir endlich einen gemeinsamen Nenner gefunden haben, können wir sicherlich in einen ordentlichen, fachlichen Disput treten! :-))) P.S.: Wie kommst du gerade auf die Unterschiede in der Optik? Wir waren bisher doch bei den rein objektiv erfaßbaren, physikalischen Kenngrößen. Ich bin eigentlich davon ausgegangen, daß man in diesem hochkarätigen Forum nicht mehr extra auf die möglichen Unterschiede in der Optik hinweisen müßte. Gruß,
Angharad
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Eintrag #46 vom 03. Jul. 2001 11:14 Uhr
Sylvia Crumbach
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Für den optischen Eindruck sind folgende Kriterien entscheidend: Der Glanz eines Fadens, bedingt durch die Länge der Faser etc. Die sichbaren Unregelmäßigkeit in Form und Farbe Die Festigkeit des Material z.B. für den Faltenwurf Bei der Auswahl der Materialien für meine Trachtrekonstruktionen bin ich auf diese "glaubhafte Optik" Als, natürlich laienhafte Einschätzung, angewiesen. Auch die verwendeten ca. 100 Jahre alten handgewebten Leinenstoffe oder die irischen Wollstoffe stellen nur eine Annäherung dar. Meine Versuche mit Wolle und Flachs stellen in dieser Hinsicht keine absolute Größe dar. Würde ich behaupten ein wissenschaftlichglaubhaftes Expertiment zu machen, liefe ich Gefahr, dass mein Mann vor Lachen erstickt. (Als Chemiker mit abgeschlossenem Studium ist er wirklich der schlimmste Kritiker meiner Arbeitsweise). Ich hänge mir den Brotbeutel nicht so hoch. Meine Ausarbeitungen und Versuche sind sicher nett und für den ein oder anderen, auch für den ein oder anderen Fachmann und Experten mit abgeschlossenen Studium, interessant aber mehr sollte man sich als Hobbyist nicht anmaßen. Viel Begeisterung für die Sache ersetzt einfach kein abgeschlossenes Studium. Sylvia, Glasergesellin und Universaldititant
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Eintrag #47 vom 11. Jul. 2001 20:25 Uhr
Sylvia Crumbach
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Hallo! Ich habe einen Fachaufsatz zum Spinnen in der Antike im Experiment von R. Gottschalk gefunden. Das ganze ist definitiv zu lang um alles abzuschreiben. Wenn sich jemand dafür interessiert, kann ich gern eine gescannte Version per mail(oder kopien per Post) verschicken. Sylvia
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Eintrag #48 vom 22. Jul. 2001 10:26 Uhr
Silvia
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Hallo!
Im Infoblatt des Museumsdorfes Düppel über Wollverarbeitung, habe ich den folgenden sehr interessanten Abschnitt gefunden:
…
Meist wurden die ausgesuchten Teile des Vlieses erst durch sorgsames Zupfen zwischen Daumenballen und Fingern beider Hände quer zur Wuchsrichtung der Haare gründlich aufgelockert, auseinandergezogen und dadurch geöffnet, schon damit der nach kurzer Zeit verharzende Wollschweiß die Fasern nicht miteinander verklebte. Bei diesem sehr zeitraubenden Vorgang wurden anhaftende Pflanzenreste (Kletten, Stroh) sowie durch Kot verklebte oder durch Ungeziefer(Schafläuse) verfilzte Haarbüschel entfernt und die Wollfasern gleichgerichtet.
In dieser Weise behandelte Wollfaserbündel lassen sich zwar zu einem durchaus brauchbaren, wenngleich etwas gröberen Garn verspinnen. Auf Grund von Funden aus städtischen Siedlungen derselben Zeit ist aber mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass ie gezupfte Wolle außerdem ‘gekratzt’ wurde, um ein noch ebenmäßigeres, zugleich auch besser gereinigten Wollflor fürs Spinnen zu erhalten. Bei diesem Vorgang wird die gezupfte Wolle zwischen zwei mit kurzen, abgewinkelten Drahtstiften dicht besetzten Handbrettchen (den ‘Kratzen’ oder ‘Karden’ vom lateinischen Wort für Distel abgeleitet) in einer Abfolge entgegengesetzter Bewegungen gekratzt. Dadurch werden die Fasern nach und nach weitgehend entwirrt, gleichmäßig verteilt und einheitlich ausgerichtet. Zuletzt wird die so behandelte Wolle als walzenförmige Locke von den Karden abgestreift. Da das genaue Aussehen der im Mittelalter verwendeten Geräte zum ‘Kardieren’ mangels eindeutiger Funde ungewiß ist, wird die ohnehin nicht einfache Arbeit des Streichens der wolle mit schwach gwölbten, neuzeitlichen Kratzern ausgeführt.
Bereits aus Siedlungsschichten der Zeit um die Jahrtausendwende kennt man Reste von harkenförmigen, aus zwei parallelen Reihen langer Eisenzinken bestehender Geräte.
Sie dienten zum ‘Kämmen’ der Wolle, einem komplizierten kräfteerfordernden Verfahren, bei dem die kurzen von den langen Wollfasern getrennt wurden. Für sich allein weiterverarbeitet, lieferte der langhaarige Wollflor das ‘Kammgarn’, einen Faden mit hoher Zugfestigkeit und Qualität, der für Gewebe besonderer Art verwendet wurde.
…
Jetzt frage ich mich, wie man mit diesen ‘Kämmen’ kurze und lange Fäden voneinander trennen kann.
Tschüs
Aisiling
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Eintrag #49 vom 22. Jul. 2001 21:24 Uhr
Silvia
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Hallo!
Ich hatte die Gelegenheit, einen Blick in das Hausbuch der Mendelschen Zwölfbruderstiftung zu Nürnberg zu werfen. Dort gibt es für diesen Thread folgende relevanten Abbildungen:
Tafel 6V Peter Verber, Tuchrauher, der 132. Bruder aus dem Jahre 1425
Tafel 28 R Frantz ein Rockenmacher, der 61. Bruder aus dem Jahre 1425
Tafel 28 V Cunrad Kemmer, Wollkämmer, der 62. Bruder aus dem Jahre 1425
Tafel 84 V Kuntz sigwein, Tuchscherer, der 171. Bruder aus dem Jahre 1466
Tafel 138 V Hanß Spenfeger Kardenmacher (Kardätschenmacher), der 274. Bruder aus dem Jahre 1523
Die Abbildungen zeigen die Männer in der Ausübung ihres Berufes.
Leider sind auf den mir bekannten Links über die Zwölfbruderstiftung, keine Abbildungen von diesen Berufen vorhanden.
Tschüs
Aisling
Literatur: Wilhelm Treue (Hrsg.) Das Hausbuch der Mendelschen Zwölfbrüderstiftung zu Nürnberg Deutsche Handwerkerbilder des 15. und 16. Jhd.
Experimentelle Archäologie im Museumsdorf Düppel
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Eintrag #50 vom 16. Aug. 2001 18:28 Uhr
Chris Wenzel
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Hallo!
Habe mir grade Eure Diskussion durchgelesen und will nun auch was beisteuern:
Ein "Wollkamm", bestehend aus t-förmigem Holzgriff und eisernen Zinken (einreihig), die auf dem oberen Balken des T, rechtwinklig zum Griff montiert sind, wurde in Terum, Sogn og Fjord, Norwegen gefunden, zusammen mit einer sehr großen Schere. Stammt aus der Wikingerzeit vor 1000. Wo also das Problem mit Fundbelegen vor 1300 ?
P.S. Wie auch aus den Tafeln der Zwölfbrüderstiftung ersichtlich ist, waren die "Karden" aus Diesteln zum anrauhen von Wollstoffen, nicht zum "kardieren" der ungesponnenen Wolle … Siehe auch Textilmuseum Neumünster und Freilichtmuseum Düppel.
Lit.: Vikings - The north atlantic Saga
Smithonian Institution Press, 2000
Grüße, Chris.
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Eintrag #53 vom 22. Jan. 2002 09:42 Uhr
Thomas Schiebel
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Hallo, einen Wollkamm aus der Wikingerzeit kann man auch im Museum Moesgard, DK sehen. Fund und Rekonstruktion. Ein Bild davon ist unter wwwswalin.de/alte_wikis/wollkamm.html
Beste Grüße, Gorm.
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Eintrag #54 vom 11. Mrz. 2002 16:01 Uhr
Angelina Von Borcke
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Hallo,
eine Frage an die Fachleute… Im Thread 48 wurde erwähnt, daß die Rohwolle gelockert werden soll, um zuverhindern, daß der "Wollschweiß verharzt".
Ist das so zu verstehen, daß Wolle nach dem Scheren binnen weniger Tage verarbeitet werden muß z.B. geschorene Wolle vom Vorjahr nicht mehr verwendet werden kann? Dann muß ich ja abwarten bis es wärmer wird….
Grüße, Angy.
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Eintrag #55 vom 17. Mrz. 2002 12:08 Uhr
Angelina Von Borcke
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Hallo,
kennst jemand einen URL, wo man sich im Internet mal eine Hechel anschauen könnte. Hab schon Google bemüht, aber bis jetzt leider nichts gefunden. Oder hat jemand ein Bild, das er mir zukommen lassen kann?
Grüßle.
Grüße, Angelina.
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Eintrag #56 vom 17. Mrz. 2002 15:36 Uhr
Thomas Schiebel
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Hallo Angelina,
Ich habe letztes Jahr Wolle von dem Jahr davor verbraucht. Es wurde also 2000 geschoren. Es lies sich gut verarbeiten. Allerdings waren die Vliese nicht gepresst sondern nur locker aufgerollt. Mir ist keine Verharzung vorgekommen. Dabei lag sie ein ganzes Jahr herum. Ich würde allerdings empfelen nicht so lange zu warten, denn bei einem der Vliese hatten sich schon Motten eingenistet. Bei der nächsten Rohwollieferung werde ich sie zumindestens erstmal bei 30 Grad Reinigen um die Eier der Motte UMZUBRINGEN.:o))
Frohes schaffen Ragna
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Eintrag #57 vom 17. Mrz. 2002 18:29 Uhr
Angelina Von Borcke
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Hi,
zum Thema Motten hab ich in meinem Lieblingsbuch "Spinnen und Färben" von Eunice Svinicki folgendes gefunden:
"…Ungewaschene Wolle, die außergewöhnlich schmutzig ist, sollte nicht längere Zeit gelagert werden. Man wäscht sie, läßt sie trocknen und bewahrt sie in einem Netz auf. Soll sie längere Zeit lagern, legen Sie Mottenschutz dazu. (Wolle ist eine organische Faser und kann an Qualität verlieren, wenn man sie nicht sorgfältig behandelt.)"
Den Rest des Textes, den ich jetzt eh schon eingescannt hab, pack ich unter "Roh-Wolle reinigen".
Grüße, Angelina.
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Eintrag #58 vom 18. Mrz. 2002 10:45 Uhr
Sylvia Crumbach
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Hechel gehören eigentlich zu Flachsverarbeitung. (wahrscheinlich auch zur Verarbeitung anderer pflanzlicher Fasern wie Nessel etc.)
Seit wann Wolle im heutigen Sinne kardiert (unter Verwendung von zwei mit Handkarden mit Drahtauflage) wird ist nicht wirklich klar.
Die Wollverarbeitung in der Antike ist relativ umfassend geklärt. Hier werden Geräte, die den modernen Karden entspreche,n nicht verwendet.
Einfache Kämme wie der von Chris erwähnte, könnten auch nur zum Auflockern der Fasern gedient haben. Mit einem Wollkamm aus Holz lässt sich nicht vorbehandelte Wolle gut trennen und auflocken. Das Vorgarn entsteht dann durch auseinander ziehen und Vorrollen der Fasern, nicht wie heute durch die Bürsten.
Für die eisenzeitlichen Textilen (wie z.B. den Reepsholtkittel) wurde nur feine langfaserige Wolle versponnen. Kurze oder borstige Fasern lassen sich einfach auszupfen oder fallen sogar beim Spinnen von grob gelockerter Wolle einfach heraus.
Aus Wolle einfacher Qualität lassen sich ohne wirklich aufwendige Vorbereitung schon sehr feine und vor allem glatte Fäden spinnen.
Sylvia
Projekt Folgari
Literaturhinweise gerne per Mail.
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Eintrag #59 vom 25. Apr. 2002 13:31 Uhr
ilona.gehlhaar
Hi Thomas,
wenn du in einem Vlies Motten gefunden hast, werden die nicht schon bei der Lieferung drin gewesen sein, sondern sich erst später häuslich eingerichtet haben. Ein frisch geschorenes, sauberes Vlies sollte man entweder sofort verarbeiten, denn auch das Lanolin verändert sich mit der Zeit, oder man wäscht es gründlich, gibt es nach dem Trocknen in einen Baumwollbeutel und lagert es zusammen mit Lavendel. Der Geruch dieser Blumen ist für Fliegen, Mücken, Motten und weitere Tiere dieser Art unangenehm und verhindert somit den Befall deiner Wolle.
Binde einfach eine Handvoll Lavendelstiele mit verblühten Blumen zusammen und hänge sie neben den Beutel (oder von mir aus auch hinein). Das reicht für ein gutes Jahr. Man darf sich aber nicht darauf verlassen, sondern muß die Wolle hin und wieder auf Befall kontrollieren.
Ilona, Marie up Buinithi
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Eintrag #61 vom 25. Apr. 2002 14:51 Uhr
Angelina Von Borcke
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Hi,
nachdem über dieses Thema in der Mailingliste von Spinn.de ausgiebig diskutiert wurde, hat sich folgendes rauskristallisiert:
Wolle, die befallen ist, einpacken, Plastikbeutel evtl mit einem Staubsauger vakuumisieren - und dann ab damit in die Gefriertruhe. Dort ein paar Tage liegen lasse.
Wollvorräte NICHT mit Lavendel (soll es teilweise eher noch schniller machen), sondern mit Neembaumöl (auf einem Wattebausch) schützen:
Umherfliegende Motten (bzw. eben die Männchen) mit einer Pheromonfalle erledigen - dann gehen die Mädels leer aus :)
Und jungfräuliche Empfängnis soll bei Motten selten sein… ;)
Angy.
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Eintrag #62 vom 03. Feb. 2005 21:29 Uhr
Norbert Schuller
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Also mir ist jetzt noch nicht ganz klar:
-) Wurden Kardendisteln zum Kämmen von Wolle benutzt oder nicht?
-) Wenn ja, wie gehts? Wenn ich ein Lattengestell mit Distelköpfen baue, ist ja die Wolle noch nicht fertig. Hat man zwei davon, mit denen man gegeneineinder arbeitet, oder wie oder was?
Liebe Grüße und alles Gute
Norbert
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Eintrag #63 vom 04. Feb. 2005 08:35 Uhr
Sylvia Crumbach
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Hallo Norbert,
das konnte leider noch immer nicht geklärt werden. Was, denke ich, klar ist:
- Karden wurden zu Oberflächenbehandlung von fertigen Tuchen eingesetzt
- Es gibt diverse Möglichkeiten Wolle aufzubereiten ohne Karden zu benutzen.
- Die Zeitstellung und Gegend ist genau zu beachten.
Viele Grüße
Sylvia
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Eintrag #64 vom 07. Feb. 2005 19:37 Uhr
Norbert Schuller
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Das ist ja schon mal was. Ich dachte schon, ich hätte da was nicht richtig mitgekriegt.
Vielen Dank!
Norbert
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Eintrag #65 vom 09. Jun. 2005 13:15 Uhr
Claudia
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Eine sehr schöne Anleitung zum Wollekämmen gibt es hier: wwwfaserfieber.de/wollkamm
Auch wenn mir die verwendeten vierreihigen Kämme bisher noch nirgends begegnet sind (oder kennt jemand Abbildungen?), so sollte das Prinzip bei ein- bzw. zweireihigen Kämmen genauso funktionieren.
Das Anschrauben des einen Kammes am Tisch halte ich auch nicht für historisch - warum sonst sollte er einen Griff haben? Aber mit etwas ßbung hoffe ich, daß es auch geht, wenn man in jede Hand einen Kamm nimmt.
Sehr interessant finde ich das Ausziehen des Kammzuges mit Hilfe der gelochten Muschel. Gibt es sowas im mittelaterlichen Fundgut? Oder auf irgendwelchen Abbildungen? Zeitstellung dabei wäre mir erstmal egal, ich wüßte nur erstmal gern, in welche Richtung man weitersuchen kann.
Gruss, Claudia
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Eintrag #66 vom 09. Jul. 2005 17:56 Uhr
Ella Walther
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Wollkämme,
ich habe diese Wollkämme gebaut. in je 4 Reihen, macht genau 100 Zinken.Dazu den Kasten zum Befestigen.
Das ergebnis der Wolle kann sich sehen lassen.es ist allerdings mit sehr viel Abfall zu rechnen. Eigentlich schade um das Material.Für mich ist das nix. ich werde weiter aus dem flies spinnen.
spinnella
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Eintrag #67 vom 02. Sep. 2005 18:58 Uhr
Gerhard Steidl
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Liebe Freunde,
bei der Suche nach der Weberdistel (Karde) stieß ich auf Eure Seiten mit dem Hinweis auf diese Pflanze, die für Euer Handwerk große Bedeutung hat. Weiß denn jemand, ob sie noch angebaut wird oder muß ich sie selbst als Einzelpflanzen ziehen bzw. am Lärmschutzwall ausgraben? Sie hat nämlich antibiotische Inhaltsstoffe und deshalb möchte ich als Chemiker, der schon etliche pflanzliche Antibiotika gegen Pilze, Bakterien und Parasiten entwickelt hat, diese Pflanze untersuchen, speziell die Wurzeln. Für jeden Hinweis bin ich dankbar.
Weberdistel = Karde = Dipsacus.
Vielen herzlichen Dank
Gerhard Steidl
Gerhard Steidl
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Eintrag #68 vom 13. Sep. 2005 11:00 Uhr
Weberdistel: hohe Bedeutung? Naja. Ich würde nicht unbedingt distel-aufgerauhtes Gewebe tragen, die Stacheln stecken gerne noch im Gewebe…
Irka
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Eintrag #69 vom 28. Jul. 2006 10:40 Uhr
Jens
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Hallo zusammen,
Gibts einen aktuellen Stand? Ich suche nach Hinweisen auf Kardier(kämme) (zur Faserausrichtung) bzw. deren Aussehen pre-1330. Danach lassen sich einfach modern aussehende belegen; ähnlich bei Wollkämmen (also die mit den grossen Stacheln), spätestens ab dem frühen 15ten sieht man sehr modern aussehende.
Gruß, Jens
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Eintrag #70 vom 28. Jul. 2006 16:08 Uhr
Katrin Auer
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Also ich versuche mal zusammenzufassen, allerdings beschränkt sich mein Wissen aufs Frühmittelalter und vor allem auf Wikinger.
1. Zum Vorbereiten von Wollfasern zum Spinnen kann man diese sorgfältig zupfen oder kämmen / bürsten (=kardieren).
2. Lässt sich alleine mit Zupfen eine Qualität erreichen, die man zu den feinen Garnen verspinnen kann, die archäologisch belegt sind? Ich meine: Mit etwas ßbung ja (ich habe mit einem Jahr ßbung immerhin aus selbstgezupfter Wolle etwas Gleichmäßiges, Strickgarnfähiges hingekriegt, und im MA hatten die ja jahrelange Routine). Es ist aber viel einfacher, wenn die Wolle richtig gekämmt bzw. kardiert ist.
3. Um die Fasern wirklich gleichzurichten, braucht man Zinken oder Stifte, die nicht nur die Oberfläche der Locke berühren, sondern in sie hineingehen und auch bei kräftigem Zug nicht brechen. Die Stacheln eines Kardendistel-Fruchtstands sind dafür definitiv zu kurz und nicht stabil genug. Zum gleichmäßigen Aufrauhen sind sie allerdings sehr gut geeignet.
4. Für lange spitze Metallzinken wie für moderne Wollkämme gibt es zahlreiche Belege von verschiedenen Fundorten der Wikingerzeit und -gegend: Birka, Arhus, Haithabu, Dublin, ich meine auch Oseberg. Ich habe irgendwo auch die Rekonstruktion eines sochen mehrreihigen Kammes mit Griff gesehen, weiß aber nicht, auf welcher Fundbasis die Rekonstruktion erfolgte.
5. Wenn man die Wolle allerdings so kämmt wie nach heutiger Technik (andere Methoden sind allerdings denkbar), erfolgt eine Trennung in lange und kurze Fasern. Ich weiß nicht, ob schon mal jemand untersucht hat, wie einheitlich die Faserlänge in den gefundenen Textilien ist.
6. Die Konstruktion von "Karden" im heutigen Sinne ist theoretisch für das FMA denkbar - ich meine damit eine Art "Bürste" mit Drahtstiften /kleinen Nägeln oder evtl. härteren, längeren Pflanzendornen oder -stacheln. Im FMA konnte Draht in allen Dicken hergestellt werden. Die "Borsten" sollten dann so 0,5 bis 1 cm lang sein und auf einem Brett bzw. Griff befestigt sein.
So weit die "Borsten" aus Metall und nicht aus Pflanzendornen waren, müsste es aber eigentlich Funde geben. Sie wären zwar sehr klein, würden aber in auffalender Häufigkeit auftreten - so 100 kleine Drahtstifte eng beieinander würden doch auffallen, zumindest bei moderneren Grabungen, oder? Meines Wissens existieren für das FMA keine solchen Funde.
Mein Fazit: Zu wenig Fakten für die Rekonstruktion von Karden. Also Wolle entweder zuhause mit dem modernen Zeug kardieren, bei der öffentlichen Darstellung aber lieber bei den belegbaren Kämmen bleiben.
Gruß, Katrin / Freydis
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Eintrag #71 vom 28. Jul. 2006 16:31 Uhr
Jens
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Hallo Katrin,
An einer genaueren Beschreibung der "wikingerzeitlichen" Funde der Wollkämme wäre ich sehr interessiert.
Wir haben just nach zahlreichen Bildquellen ab 1330 Wollkarden aus Ahorn, und nach einigen Bildquellen ab 1400 Wollkämme- jeweils mit Vergleich späterer erhaltener Exemplare- versuchsweise rekonstruiert.
Die Kämme sehen wohl just genauso aus, wie die von dir erwähnten pre-1100er.
Was mir nun nicht eingeht, ist, wurde nun pre-1330 mit Karden gearbeitet (ob nun zur einfacheren Verarbeitung auch als Arbeitsschritt vor dem Kämmen, wie es eine Abbildung aus dem 15ten suggeriert, oder pur als Vereinfachung vor dem Spinnen ohne Auskämmen der kurzen Fasern)?
Wenn nein, warum dann plötzlich, wegen des Spinnrades? Wenn doch, welche Hinweise gibt es?
Mich würde es doch ausgesprochen wundern, wenn Wollkämme seit nahezu 1000 Jahren völlig unverändert in Form, Funktion und Anwendung im Gebrauch wären, aber die sehr ähnlich herzustellenden Karden erst im 14ten auftauchten.
Hinweise: Wenn ich von Karden spreche, meine ich _nicht_ diese zum Aufrauhen von Tuch. Herstellung solcher, inklusive Anwendung, kenne ich aus zahlreichen Abbildungen spätestens im 15ten, mit Gestellen für die Disteln. Karden mit Drahtbrosten zum Ausrichten der Fasern des Vlieses vor dem Kämmen oder Spinnen != Karden zum Aufrauhen von Tuch, um erstere geht es mir :-)
Gruß, Jens
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Eintrag #72 vom 03. Aug. 2006 09:37 Uhr
Claudia
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Ich hatte schon mal einen wikingerzeitlichen Fund gesehen. Habe jetzt nach Googeln gefunden, daß es Funde aus York geben soll, ich weiß aber nicht, ob das der Fund war, den ich gesehen hatte.
Gruss, Claudia
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Eintrag #73 vom 03. Aug. 2006 11:03 Uhr
Jens
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Wir haben unsere Rekoversuche nun online gestellt;
wwwdiu-minnezit.de ->Galerie->Haushalt
Karden sind erst ab 1350 drinnen, weil mein frühester Beleg 1330 sind.
Hinweise gerne genommen!
Gruß, Jens
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Eintrag #74 vom 03. Aug. 2006 13:31 Uhr
Claudia
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Das sind die Kämme aus Haithabu:
Gruss, Claudia
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Eintrag #75 vom 21. Aug. 2008 12:15 Uhr
Claudia
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Ich muß meinen vorigen Eintrag korrigieren: Diese Kämme sind nicht aus Haithabu, sondern aus Moesgaard in Dänemark.
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Eintrag #76 vom 15. Apr. 2010 19:25 Uhr
nicole
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Ich moechte vorab erwaehnen dass ich seit ca. 4 Jahren spinne. Ich habe mitlerweile das 3. Spinnrad und ca. 20 unterschiedliche Spindeln. Ich besitze seit ca. 2 Jahren eine Kardiermaschine und habe mich ueber den Gebrauch von Wollkaemmen und Karden (welches unterschiedliche Geraete sind, im Fall dass es jemand noch nicht mitbekommen hat) beschaeftigt.
Ich kann am Spinnrad auch Faeden herstellen die so duenn sind wie mit der Handspindel gesponnen, ich wuerde sogar so weit gehen zu sagen dass niemand in der Lage ist eindeutig zu unterscheiden an welchem der beiden Geraete ein Faden entstanden ist.
Es kommt dabei nicht so sehr auf das Rad an wie darauf wie schnell man tritt und wie schnell man im Vergleich dazu auszieht und wie stark der Einzug eingestellt ist.
Weiterhin gehe ich davon aus, ohne die Fundlage genau zu kennen, dass im Mittelater wahrscheinlich eher Wollkaemme im Einsatz waren als Handkarden. Einfach vom Herstellungsaufwand der beiden unterschiedlichen Werkzeuge.
Wollkaemme kann man auch heute noch mit etwas Aufwand gut selbst herstellen, Anleitungen gibt es jede Menge im Netz zu finden.
Handkarden bestehen, wie schon weiter am Anfang dieses Threads beschrieben (Ich weiss nicht mehr genau von wem) aus einer "Grundflaeche" in Hundebuerstehform und einem draufgetackerten/draufgenagelten/anders befestigten, nennen wir’s mal "Buerstenbelag". Die einzelnen Metalldrahtstuecke die diesen Belag bilden sind ca. 1cm lang und alle an genau der gleichen Stelle um ein paar Grad geknickt.
Handkarden werden bei ihrer Benutzung relativ grossen Kraeften ausgesetzt, und wenn man die einzelnen Drahtstuecke verkantet weil man die Karden nicht genau parallel bewegt verbiegt sich ziemlich schnell etwas.
Daraus folgere ich dass die Dinger im Mittelalter wirklich unverhaeltnismaessig teuer gewesen waeren.
Das ist aber wie gesagt pure Vermutung und ich kann es nicht belegen.
Irgendwo kam die Frage, wie verspinnt man kurze Fasern. Generell kann man sagen dass bei kurzen Fasern ein langer Auszug und jedenfalls fuer das Spinnen von Baumwolle eine sog. Support Spindle verwendet wird/wurde (Indien, Russland) d.h. die Spindel steht in einer Art Schuesselchen und "haengt" nicht in der Luft am Faden.
Beim langen Auszug wird das Garn meist nicht ganz so gleichmaessig wie beim kurzen Auszug. (sucht mal bei Youtube nach "spinning Longdraw", da gibt’s ein paar gute Videos) Das Garn das im langen Auszug gesponnen wird ist ausserdem luftiger und weicher/fluffiger als das dass mit kurzem Auszug gesponnen wird.
Ich muss ehrlich sagen ich lese die Meisten Dinge im Netz auf englisch, daher bin ich mir nicht 100% sicher was Kamm und was Streichgarn ist, auf englisch unterscheidet man Woolen und Worsted. Woolen Garn ist luftiger, waermer und leichter, Worsted glatter, gleichmaessiger und schwerer (Gramm/Meter). Woolen gesponnenes Garn eignet sich gut zum stricken von Dingen die nicht uebermaessig stark strapaziert werden (Pullies, Muetzen, Schals,…) weil das Garn Reibung nicht so gut aushaelt (luftigeres, leichteres (Gramm/Meter) Garn bedeutet weniger Fasern/Quadratzentimeter)
Worsted gesponnenes GArn eignet sich gut fuer Dinge die groesseren Belastungen ausgesetzt werden, Socken fallen mir da z.B ein, eventuell die Buendchen von Pullis.
Woolen wird meist im langen Auszug gesponnen, dabei ist es wichtig dass der Drall bereits beim ausziehen in das entstehende Garn "fliesst", anders funktioniert das naemlich garnicht, die Fasern muessen durch den Drall zusammenhalten, sonst reisst es naemlich beim ausziehen.
Worsted bedeutet quasi das Gegenteil. Der Drall wird erst dann in das entstehende Garn gelassen wenn es auf die gewuenschte Dicke ausgezogen ist und zwar nicht durch loslassen sondern durch an dem entstehenden Garn entlangstreichen.
(Kurze Spinntechnik Erklaerung fuer die die noch nie gesponnen haben. Man haelt in der einen Hand die zu verspinnenden Fasern (Faserhand), in der anderen den bereits gesponnenen Faden (Garnhand). Die Finger der Garnhand halten dabei den Faden im sog. Pinzettengriff fest dass der Drall aus dem bereits gesponnenen Garn nicht in den Faservorrat dringen kann, das ist wichtig, weil man den sonst naemlich ziemlich schnell nicht mehr ausziehen kann.
Die Faserhand bewegt sich nun von der Garnhand weg, waehrend die den Grossteil der Fasern festhaelt, dadurch wird ein kleiner Teil der Fasern zwischen Garn und Faserhand ausgezogen, das wird das naechste Stueck Garn. Je nachdem wie nun der Drall aus dem Garn in dieses Stueck wanderd unterscheidet man das fertige Garn.
Klemmt man mit der Faserhand den Faservorrat mit einem Pinzettengriff (Daumen und Zeigefinger fassen wie eine Pinzette zu) ab und laesst mit der Garnhand los "schiesst" der Drall in die ausgezogenen Fasern und schliesst dabei Luft mit ein (woolen). Klemmt man jedoch mit der Faserhand nun den Faservorrat wie eben beschrieben ab und laesst mit der Garnhand nicht einfach los sondern faehrt, im leicht gelockerten Pinzettengriff am entstehenden Garn entlang, drueckt man quasi die eingeschlossene Luft heraus waehrend man den Drall einbringt. Das so entstandene Garn ist sehr glatt, da abstehende Faserenden quasi mit in den entstehenden Faden gedrueckt werden (worsted).)
Natuerlich gibt es zwischen wirklich woolen und wirklich worsted gesponnenem Garn jede Menge Zwischendinge. Man kann z.B. wenn man den langen Auszug macht, bevor man das Garn aufwickelt noch "nachjustieren und eventuell entstandene dicke Stellen weiter ausziehen sodass ein sehr gleichmaessiges Garn entsteht.
Fuer worsted gesponnenes Garn benutzt man gekaemmte Fasern die alle ziemlich gleich lang (und vor allem lang) sind und schoen parallel liegen, so bekommt man quasi ein maximum an Glaette hin.
Fuer woolen gesponnenes Garn kann man entweder gekaemmte Fasern nehmen oder kardierte. Kardierte Fasern liegen nicht 100% in der gleichen Richtung, da liegt schon mal was quer und es befinden sich nicht nur lange oder gar gleichlange Fasern dabei.
Noch ein paar Worte zum Kaemmen.
Die Kaemme werden heiss gemacht damit das noch vorhandene Wollfett geschmeidiger wird und die Fasern besser aneinander vorbei rutschen. Die Fasern werden auch nicht einfach so von den Zinken genommen nach dem Kaemmen sondern mit einem (engl. Ditz, ich kenne wieder das deutsche Wort nicht) Stueck Holz/Horn/Metall,… in dem sich ein Loch befindet entfernt. Dazu wird ein kleines Stueckchen der Wolle vom Kamm zusammen gezwirbelt und durch das (kleine) Loch gesteckt und dann zieht man an diesen Fasern und bewegt den Ditz dabei am Kamm vorbei um moeglichst alle Fasern nach und nach durch’s Loch zu ziehen. Dabei entsteht so eine Art "Ziegenbart" die man zu kleinen Nestern oder Kugeln zusammenwickelt und die hinterher versponnen werden.
Und ja, das ist unserem heutigen Kardenband sehr aehnlich. Das kommt daher dass auch heute noch industriell hergestellte Kardenbaender durch so ein Loch von der Maschine gezogen werden.
Man kann auch bei kardierten Fasern mit einem Ditz arbeiten. Deb Menz beschreibt die Methode in "Color in Spinning".
Ich koennte hier noch endlos schreiben und ich glaube es hilft keinem wirklich weiter, weil ich oft nicht gut beschreiben kann was ich genau meine. Wenn man doch nur schnell mal zusammen sitzen koennte und zeigen koennte "Guck, hier, so mach ich das".
Ich hab schon viel beim spinnen erlebt, von "Mit dem dicken handgesponnenen Zeug faengt man doch nichts an" Aeh ja, das hier wird Naehgarn, das wuerde ich nu nicht als dick bezeichnen, bis zu anderen Spinner(innen) die mir erklaeren zwirnen braeuchte man nicht, es reicht wenn man einfach zwei Faeden zusammen in ein Knaeul rollt (kann man schon auch machen…), oder die mir Wolle abgeben die sie vom Kardenband _abgeschnitten_ haben "weil das schneller geht" (ok, kann man schon auch machen, aber einfach auseinananderreissen/ziehen geht auch, wenn man die Haende weit genug auseinander haelt dabei). Das Vorurteil auf der Handpindel koenne man garnicht so viel Garn spinnen wie auf einem Rad ist so ne Sache, klar, wenn ich mich eine Stunde ans Rad setze hab ich hinterher mehr Garn als wenn ich eine Stunde mit der Handspindel spinne, aber wenn ich am Tag nur eine Stunde habe um mich ans Rad zu setzen, aber mit meinen Kindern auf den SPielplatz gehe fuer ne Stunde, und vielleicht noch irgendwo ne Runde warte oder einfach beim kochen nebenher zeit habe, beim laufen zum Spielplatz oder zum einkaufen,… und immer meine Spindel mitnehme, dann habe ich am Ende vom Tag an der Handspindel wahrscheinlich mehr Garn hergestellt als am Rad, einfach weil ich die Spindel nun mal ueberall benutzen kann und das Rad nicht.
Ich persoenlich hege ja den Verdacht das der Widerstand gegen das Spinnrad im Mittelalter auch deshalb da war, weil den "Gesetzgebern" klar war dass sie so Frauen ans Haus (und ans Spinnrad) "fesseln" und diese somit nicht mehr fuer andere Aufgaben zur Verfuegung stehen.
So, nu is aber genug :-)
Ich hoffe ich habe dem ein oder anderen was erklaeren koennen und wenn jemand gelacht hat dann sei’s ihm/ihr gegoennt, gute Laune koennt ich grad gut gebrauchen, meine zwei Wichte gehen mir heute bei dem Regen maechtig auf den Keks.
cu
nicole
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