Thema als Feed (RSS 2.0) Thema als Feed (ATOM 1.0) Kampf mit der Lanze zu Pferd/"Eingelegter Stoß"

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Eintrag #1 vom 07. Jan. 2004 12:29 Uhr Florian Treml   Nachricht

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Hallo,
erst neulich kam ich beim diskutieren wieder darauf, irgendwo gelesen zu haben, daß der Stoß mit der Lanze vom Pferd zwischen angewinkeltem Arm und Körper eingeklemmt (=der "eingelegte Stoß")also der Griff der Lanze wie man es sich so von den Rittern im HMA/SMA vorstellt, eigentlich von den Persern/Sassaniden her stammt und erst über die Oströmer/Byzantiner oder sogar erst über die Araber nach Europa gekommen wäre.
Und tatsächlich kenne ich diese Art eine Lanze zu halten aus der Antike her nicht. In der Antike wurde die Hasta (Speer) mittig gegriffen und seitlich oder über den Kopf wie zum Wurf gestoßen, der Contus (eine Lanze) mit beiden Händen am hinteren Ende gegriffen, was auch ein Fechten zuließ, Sonderfälle wie die sehr lange Sarissa wieder mittig mit einer Hand.
Auf dem Wandteppich von Bayeux werden die noch nicht so langen Lanzen aber schon eingelegt gehalten, aber nicht ausschließlich: in der Mehrheit der Fälle sogar werden sie wie in der Antike auch mittig gehalten oder auch noch über dem Kopf gehoben- wie zum Werfen gehalten- geschwungen.
Meine Frage daher: Kommt dieser Griff wirklich von den Persern her, und ab wann ist diese Art des Griffs hier in Mitteleuropa bekannt? Und wie hat man sich die Entwicklung des Lanzenkampfes von der Völkerwanderung her ins Früh/Hochmittelalter vorzustellen?
Hoffend auf Antwort

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Eintrag #2 vom 07. Jan. 2004 14:24 Uhr Claudia Henn  Profil   Nachricht Bitte einloggen, um Claudia Henn eine Nachricht zu schreiben.

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Hm, interessantes Thema.
Leider bin ich nicht so auf Antike spezialisiert und kann hier nur meine Erfahrungen als Reiter wiedergeben.
Einen Lanzenstoß auf die Art durchzuführen das man sie zwischen Arm und Körper einklemmt setzt das Vorhandensein von Steigbügeln voraus. Am besten in Kombination von Galerien am Sattel. Sonst liegt der Reiter beim Aufprall der Lanze einfach mal ganz schnell am Boden.
Diese Voraussetzung schränkt den Gebrauch dieser Technik zumindest mal auf einen Zeitpunkt nach der Einführung des Steigbügels ein.
Werde aber mal zuhause einige meiner Bücher wälzen, glaube mich da an eine Abhandlung zu diesem Thema erinnern zu können.
Claudia turba-delirantium.skyrocket.de

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Eintrag #3 vom 07. Jan. 2004 18:18 Uhr Tilman (Nachname für Gäste nicht sichtbar)   Nachricht Bitte einloggen, um Tilman eine Nachricht zu schreiben.

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Ich wäre vorsichtig damit, irgendein Konzept immer weiter zurück datieren zu wollen. Es gibt eine Menge Entwicklungen, die räumlich und zeitlich nicht direkt miteinander in Verbindung stehen, aber wir heutigen, globalisierten Leutchen suchen überall nach "interkulturellen Vernetzungen". Letztlich ist es wohl so, dass manche Erfolgskonzepte sich immer wieder neu etabliert haben, so sicherlich auch der Lanzenkampf im 11./12. Jh., ohne direkte Vorbilder zu haben.
Zum Stoß mit eingelegter Lanze: Dieser ist nach Experimenten von Marcus Junkelmann wohl auch ohne Steigbügel möglich, sofern man über einen geeigneten Sattel verfügt, der den Reiter auf dem Pferderücken "festzwängt" (Hörnchensattel). Die Versuche bezogen sich auf die - traditionelle - römische Reiterei; ich meine sogar, dass Arrian in seinem Reitertraktat den Stoß mit eingelegter Lanze behandelt.
Ich weiß aber nicht, wie weit man das verallgemeinern kann. Der Steigbügel ist wohl sicher eine Hilfe und war zeitgleich römischen Nachbarvölkern wie den Sassaniden anscheinend bereits bekannt - Hilfstruppen wie (syrische) berittene Bogenschützen setzten ihn möglicherweise auch ein, um sich im Sattel besser umwenden zu können. Die Quellen sind da recht spärlich und mir sind als tatsächliche Lanzenreiter auch nur die contarii bekannt - wegen des Einsatzes des contus müsste man mal byzantinische Quellen konsultieren, da in Ostrom viele Traditionen des Imperium Romanum, m.E. auch die der contarii, weiterlebten und weiterentwickelt wurden.
Der Stolzenberger

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Eintrag #4 vom 08. Jan. 2004 17:29 Uhr Florian Treml   Nachricht

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Werter Moritz, u.a.
ich habe nun ein Bild gesehen, wo ein Reiter von Junkelmanns Truppe im eingelegten Stoß einen großen Sandsack von einem Holzpferd heruntersticht. Dazu habe ich nun gelesen, dass es aus der Kaiserzeit wohl die ersten Darstellungen dieser Angriffsweise in Europa gibt. Diese Reiter waren aber einheitlich noch mit der Hasta bewaffnet und bei einer Länge von 2m bis 2,5m brachte diese Angriffsweise eigentlich nur einen geringen Reichweite-Vorteil gegenüber dem erheblichen Verlust an Flexibilität, gerade mit einer so kurzen Lanze.
Vielleicht setzte sich diese Kampfweise daher nur dort durch, wo längere Lanzen in Gebrauch waren, also auch je nach Gegner und Front.
Der Contus als erste Lanze von über 3,5m Länge in Europa stammt jedenfalls von den Parthern her aber die ersten Contarii in römischen Diensten tauchen erst ab traianischer Zeit auf. Gerade aber für den Contus scheint es sicher belegt zu sein, daß er nicht im eingelegten Stoß sondern immer mit zwei Händen am hinteren Ende geführt wurde?!
Daher zwei neue ßberlegungen: Wenn es nicht vom Steigbügel abhängt, dann vielleicht von der Größe und Qualität der Pferde? Kleine (=römische Pferde) brachten dann vielleicht nicht die Leistung um genügend Wucht für diese Kampfweise zu erzielen, standen größere, stärkere Pferde zur Verfügung - setzte dann diese Kampfweise ein?
Zweitens: Vielleicht lag es an der Verfügbarkeit von Rüstungen. Ein Contarii, Cataphract war sehr schwer gerüstet, während in der Völkerwanderung/FMA wohl der Schild die Hauptschutzwaffe war. Das ermöglichte dann den Spät/Oströmern ohne Schild ihre Lanze mit zwei Händen, auch fechtend zu führen, während in West,Mitteleuropa sich die gleiche Wucht und Reichweite bei Verwendung eines großen Schildes nur im eingelegten Stoß erreichen ließen?
Meinungen hierzu

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Eintrag #5 vom 09. Jan. 2004 11:10 Uhr Markus Single  Profil   Nachricht Bitte einloggen, um Markus Single eine Nachricht zu schreiben.

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Pax allerseits,
vieles deutet darauf hin, dass sich die Veränderung der Angriffstatik in der Mitte der 11. Jahrhunderts vollzogen hat. Der Angriff mit eingelegter Lanze ist nach meinem Wissen vor Mitte - Ende des 11. Jht. nicht zu belegen. Der Teppich von Bayeux zeigt gerade den ßbergang von der einen Technik zur anderen. Erste figürliche Abbildungen liegen vielleicht schon im 11. Jht. an Kathedrale von Angouleme. Können aber auch erst im 12.Jht liegen. Erste literarische Quellen sind um 1100 - 1130 genannt. In der Oxford - Version des Rolandsliedes. In Deutschland ist diese Angrifftechnik erst ab 1170 literarisch bezeugt. Auch in den Beschreibungen von Turnieren findet man Belege für diesen Einsatz. So wird beschrieben, das der franz. Adelige Geoffroi de Preuilly das Turnier erfunden hat (1066). Hier ist das Turnier nach "neuer" Regeln, also nach der "neuer" Angrifftechnik gemeint. Aufgrund der vielen Toden (Erster bezeugter Tode 1095) bei Turnieren, wurde vom Papst Innozenz II. schon 1130 ein Verbot ausgesprochen. In der Admont - Bibel (1080) soll es für diese neue Technik weitere frühe/erste Abbildungen geben.
Weiter ist für den Einsatz mit eingelegter Lanze notwendig, dass der Sattel höhere Sattelbogen bekommt, weiter einen Brustgurt und zwei Bauchriemen (Bumke). Ob die Steigbügel notwendig sind, kann ich nicht sagen, aber sie machen es ungleich leichter im Sattel zu bleiben (Eigene Erfahrung ;-)). Die Lanzen mussten verstärkt werden, da sie sonst beim Aufprall brechen, ohne den gewünschten Effekt erzielt zu haben. Auch diese Entwicklung ist am Teppich v. Bayeux zu erkennen (Keen).
Der Ansatz, dass man "große" Pferde benötigt, würde ich so nicht stehen lassen. Die hochmittelalterlichen Pferde (Streitros, Ors) waren keine Kaltblüter im heutigen Sinne. Sehr beliebt waren Abraber, und Spanische Pferde - wer sie zahlen konnte. Natürlich sollten es schon starke Pferde sein. Ich meine im "the medieval Horse and ist equipment" gelesen zu haben, dass das "ros" oder "ors" eine Risthöhe die ähnlich der Schulterhöhe des Reiters war, gehabt haben soll. Was auf eine Risthöhe von 1,45m bis 1,55m hindeutet. Wenn man dies mit den Abbildungen (M - Bibel, Teppich usw.) vergleicht, kommt es ca. hin.
Insgesamt kann man meiner Meinung nach, nicht vor 1080 von der allgemeine Anwendung des Angriffs mit der eingelegten Lanze im mitteleuropäischen Raum ausgehen. Die weiteren Entwicklungen, an Sattel, Sattelgurt, Lanze usw. sind für diesen Zeitraum belegbar, daher meine Einschätzung.
Quellen: J. Bumke - Höfische Kultur, Maurice Keen - Das Rittertum,
Gruß
Markus - Die Reisecen e.V.

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Eintrag #6 vom 09. Jan. 2004 15:11 Uhr Florian Treml   Nachricht

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Aus der römischen Kaiserzeit gibt es am Bogen von Orange offenbar Darstellungen von Reitern, die ihre Lanze im eingelegten Stoß einsetzen! Also schon lange vor dem 11 Jahrh. jedoch keine Darstellungen aus der Antike vor der Kaiserzeit und keine aus der Spätantike/Völkerwanderung/FMA?
Wie die FMA Ritter verwendeten die Römer ja meist kürzere Lanzen mit 2,5m Länge. Das diese Kampfweise also nur selten oder nicht bis ins 11 Jahrh hinein benutzt wurde, könnte ja an der geringeren Länge der Waffe liegen. Der Grund für die geringere Länge war aber die Vielzahl der Gegner und deren z.T. sehr unterschiedliche Kampfweisen. Dann würde ich sagen, daß der eingelegte Stoß eine Reaktion auf die Vereinheitlichung auf den ritterlichen Kampf hin wäre (Also das man vor allem zu Pferd andere berittene Lanzenkämpfer bekämpfte). Dazu würde ja auch passen, daß dieser Stoß sich erst im HMA, dann aber total durchsetzte. (Anbei meinte ich starke Pferde als ich große Pferde schrieb.)
Da stellt sich mir auch die Frage, wie hoch der Anteil der Lanzenreiter in FMA Armeen war?
Dazu nochmal die Frage, ob dann eben über die Araber/Byzantiner (während der Kreuzzüge?!) als Reaktion auf deren Reiter diese Kampfweise im FMA (wieder?) nach Mitteleuropa kam oder sich hier erst wieder neu entwickelte, oder nie verlorenging.
Mit besten Grüßen

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Eintrag #7 vom 09. Jan. 2004 15:39 Uhr Tilman (Nachname für Gäste nicht sichtbar)   Nachricht Bitte einloggen, um Tilman eine Nachricht zu schreiben.

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Hallo Florian,
ich meine auch, am Bogen von Orange sowas gesehen zu haben. Aber nochmal, es steht wohl kein direktes Konzept hinter dem Kampf mit eingelegter Lanze, das über die Jahrhunderte tradiert wurde. Da der Teppich von Bayeux genannt wurde, mag er als Beispiel dienen: die abgebildeten Reiter setzen ihre Lanzen auch in verschiedener Weise ein, ohne dass man zwischen (Wurf-)Speeren und langen Lanzen unterscheiden könnte.
ßber eine Tradition aus dem Osten ließe sich streiten - es gäbe sicher mehrere Ansätze: die Kulturkontakte mit den Muslimen in Spanien und Palästina, aber auch die Auseinandersetzungen zwischen Byzantinern und Normannen im 11. Jh.
Im Allgemeinen gilt aber, dass der massierte Lanzenangriff gegen leichte Reiterei ziemlich ineffizient ist - als Reaktion auf östliche Plänklertaktik würde ich ihn daher nicht sehen wollen.
Zu den Reitern im FMA: Da sind wir schon wieder bei der Entwicklung des Rittertums angelangt. Vor der Heeresreform Karls d.Gr. war das Fußvolk aus Freien dominierend. Pferde waren zu dieser Zeit mehr Statussymbole denn Nutztiere, daher findet es sich bei der Masse der fma Bauernkrieger definitiv nicht. Der Schutz des riesigen Frankenreiches erforderte aber ein mobiles Feldheer, sprich massierte Reiterei. Diese rekrutierte sich zunächst vornehmlich aus Adligen, dann kamen königliche vasalli dazu und schließlich die unfreien milites (die zu den Ministerialen wurden). Diese Entwicklung scheint im 10. Jh. abgeschlossen, ab da geht es um die "Disziplinierung" der übermächtigen Reiterkrieger, aber das ist ein anderes Thema, nachzulesen bei M. Keen und J. Fleckenstein.
Der Stolzenberger

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Eintrag #8 vom 10. Jan. 2004 16:13 Uhr Uli Gasper  Profil   Nachricht Bitte einloggen, um Uli Gasper eine Nachricht zu schreiben.

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meine ich, gelesen zu haben, das der Sieg Karl Martells bei Tours und Poitiers 782 durch die ßberlegenheit seiner Reiter herbeigeführt wurde. Diese sassen durch die Steigbügel fester im Sattel und konnten so die Araber z.B. mit der Lanze besser aus dem Sattel heben.
Ich weiß nur leider nicht mehr, wo ich das herhab, versuchs aber mal zu finden. Weiß da jemand mehr?
Gruß, Uli

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Eintrag #9 vom 10. Jan. 2004 20:26 Uhr Tilman (Nachname für Gäste nicht sichtbar)   Nachricht Bitte einloggen, um Tilman eine Nachricht zu schreiben.

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Hi Uli!
Erstmal, die betreffende Schlacht fand 732 statt - ich denke mal, war ein Tippfehler ;)
Jaja, über diese Schlachten wurde, besonders in den 90ern, viel geschrieben und diskutiert. Letztlich, so kam heraus, war es aber weder der entscheidende Sieg eines imaginären Abendlandes über einen imaginären Islam, geschweige denn dessen heroische Abwehr durch christlich motivierte Vorläufer der Kreuzfahrer.
Und ja, man sitzt mit Steigbügeln fester im Sattel, das ist hinreichend geklärt. Aber egal wo deine These, die Gründe für den Sieg der Franken betreffend, auch herstammen mag, ich halte sie für ziemlich fragwürdig.
Wie gesagt, es gibt im 8. Jh. die Entwicklung eines fränkischen Reiterheeres zum besseren Schutz des ausgedehnten Frankenreiches. Die Truppen unter Abderrahman (versch. Schreibweisen) befanden sich lediglich auf einer "razzia" - die starke Gegenwehr durch gepanzerte Reiter hatten sie, nach ihren bisherigen Erfahrungen, wohl einfach nicht erwartet. Der ßberraschungseffekt dürfte eher dazu beigetragen haben, dass die Franken letztlich siegten - neben einigen anderen Faktoren wie der schweren Ausrüstung der Franken und dem Fehlen einer geeigneten Abwehrtaktik auf Seiten der leichtbewaffneten Muslime (die bei weitem nicht alle beritten waren!)
Würde mich aber trotzdem interessieren, wer die von dir zitierte These aufgestellt hat (hundertprozentig falsch ist sie schließlich nicht).
Der Stolzenberger

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Eintrag #10 vom 11. Jan. 2004 12:12 Uhr Florian Treml   Nachricht

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Werter Uli und Moritz,
gewonnen haben die Franken wegen der ßberlegenheit und vor allem Disziplin ihrer Infanterie!!, zumindest in dieser Schlacht.
Zitat:"der Einsatz der Reiterei war unter den Merowingern, auch noch zur Zeit Karl Martells unterentwickelt; jede Reiterschlacht zwischen Arabern und Franken hätte diesen eine Niederlage beschert. " Illu Gesch d Kriegszg im MItt
Der Schlachtverlauf war folgender: die Franken tauchten für die Muslime ziemlich überraschend auf und bildeten in ungünstiger Position einen Schildwall und blieben dann dort stehen. Abd ar Rahman befahl den Angriff und die Kav der Muslime stürmte gegen die Franken. Der Schildwall lief aber nicht auseinander, was Abd ar Rahman nach seinen bisherigen Erfahrungen angenommen hatte, die Franken blieben geordnet stehen, so daß einige Muslimische Reiter in die fränkischen Speere gerieten und sich blutige Nasen holten. Bei diesem, sehr kurzen Aufprall wurde auch Abd ar Rahman durch einen dummen Zufall getötet (verirrter Pfeil) und da es schon später Abend war und die Nacht hereinbrach zogen sich beide Seiten zurück. In der Nacht haben sich dann die Muslime heimlich verdrückt und die Franken alleingelassen. Beide Seiten hatten nicht sonderlich hohe Verluste (wenn man vom Tod des Muslimischen Befehlshabers absieht) und man darf sich das Geschehen auch nicht wirklich groß vorstellen.
Der Grund, warum sie dann für einige Jahre (genau genommen 3) nicht mehr nach Zentral!frankreich einfielen war nicht die Niederlage in dieser Schlacht sondern die aus dem Tod AbdarRahmans resultierenden internen auseinandersetzungen in Spanien. 735 waren die Muslime wieder da und besetzten Arles und überrannten dann im folgenden ganz Aquitanien und Septimanien bis Poitiers und Lyon.
Karl Martell gelang es lediglich Avignon wieder zurückzuerobern, vertreiben konnte er die Muslime nicht. Erst sein Sohn Pippin drängte dann die Araber aus Zentral!frankreich zurück und gewann auch Gebiete im Süden wieder. Am wichtigsten war dabei die Zurückeroberung von Narbonne, die aber erst im Jahre 759 gelang.
Die Schlacht wird in ihrer Bedeutung meiner Meinung nach falsch interpretiert: nicht die Abwehr des Islam war das entscheidende Ergebnis sondern der enorme Gewinn an Macht und Einfluß den Karl Martell dadurch im Frankenreich gewann.
Witzigerweise kämpften wohl sogar Muslime auf fränkischer Seite was daher kam, das Eudo, Herzog von Aquitanien sich mit einem Berberfürsten gegen die wachsende Macht seines nördlichen Nachbarn Karl verbündete und sogar dessen Tochter heiratet. Dieser Berber war aber auch in Oppositon zu AbdarRahman der daraufhin in Südfrankreich einmarschierte. Während des Durcheinanders der islamischen Invasion sagte sich nun Eudo vom Frankenreich los und Karl fiel daraufhin in Eudos Gebiet ein und besiegte ihn, da dieser gleichzeitig gegen die Muslime im Süden kämpfen mußte. Dadurch ging dann Tolouse an Abd ar Rahman verloren. Während dessen belagerte dieser auch noch Carcassone und Nimes und nahm beide dann ein. Da diese gerade gewonnenen Gebiete aber nun von Karl bedroht waren und die muslimische Herrschaft dort noch sehr unsicher war, marschierte nun Abd ar Rahman in die Gascogne ein und dann im weiteren nach Septimanien was dann zu der Schlacht von Tours und Poitiers führte.
Ich sehe darin also auch einen Präventivkrieg zur Sicherung des gerade eroberten Südfrankreich, und nicht nur einen Raubzug. Die oppositionellen Berber stellten sich daher nun folgerichtig auf Karls Seite, so kam diese merkwürdige Konstellation zustande.
Zum Thema noch: Die fränkischen Ritter entstanden wohl erst als Reaktion auf die vielen Invasionen von Reitervölkern z.B. Awaren, Ungarn, Muslime!. Bis dahin waren gerade die Franken besonders Infanterie geprägt. Der Grund war nicht!, das die FMA Infanterie diese Reiter im Kampf/Schlacht nicht besiegen konnte, sondern wie gerade dieses Beispiel auch zeigt, das sie diese Reiter nicht stellen/verfolgen konnte und daher in einem Zermürbungskrieg diesen unterlag.
Noch zu Karl Martells Zeiten dienten Pferde primär zum Transport und das auch nur für wenige Adlige. Auch der notwendige Großgrundbesitz entstand wohl erst, als die wirtschaftlichen Folgen der muslimischen Invasion in ganz Europa zu spüren waren, bis dahin hatten vor allem die Merowinger immer versucht, die Entstehung eines unabhängien Adels/Hochadels (Reiteradels) zu verhindern. Also erst zu Pippin des Kurzen (sohn von martell) Zeiten wurde dann die fränkische Reiterei aufgebaut und mit ihr die muslime wieder aus Zentral!frankreich herausgedrängt.
Aus dem was ich zur Zeit lese geht auch hervor, das die Kontakte von Byzanz nach Mittel/Westeuropa gerade im FMA viel größer waren, als dann in späterer Zeit z.B. zu den Kreuzzügen. Die Balearen, gewisse Gebiete in Spanien, Südfrankreich und Italien waren bis zur muslimischen Invasion ja noch byzantinisch gewesen. Auch Byzanz feudalisierte sich im Kampf gegen den Islam (Themenordnung). Von den Arabern wie auch von den Byzantinern könnte nun die Kampfweise Lanze/Pferd in West/Mitteleuropa wieder an Bedeutung gewonnen haben. Zitat: "anders als in Afrika scheinen sie (muslime) keinen Bogen verwendet zu haben, sondern sie kämpften vor allem mit Speeren und Lanzen. Dabei waren Rüstungen noch selten, trotzdem sind die muslimischen Reiter nicht mehr ausschließlich als leichte Kavallerie zu betrachten." s.o.
Die ßberlegenheit der fränkischen Kämpfer resultierte dann vor allem aus der größeren Körperkraft und der schwereren Rüstung der Franken. (Diese scheinen überhaupt über größere Metallmengen verfügt zu haben als andere, z.B. die Muslime in Spanien)
Zusammenfassend: Also meiner Meinung nach entstand der Lanzenkampf zu Pferd wieder nach islamischen Vorbild als Reaktion auf deren Invasion. Da dann/danach vor allem Reiter gegen Reiter kämpften (Awaren/Ungarn/Ritter) machte dann auch die zunehmende Dominanz des eingelegten Griffes Sinn, auch diese kommt von den Arabern her, die haben sie dann wieder von den Persern/Byzantinern, und da stammt sie von der Antike her.
Mit besten Grüßen

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Eintrag #11 vom 11. Jan. 2004 12:49 Uhr Tilman (Nachname für Gäste nicht sichtbar)   Nachricht Bitte einloggen, um Tilman eine Nachricht zu schreiben.

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Hallo Treml! (du darfst mir ruhig zutrauen, dass ich meinen Namen in der richtigen Reihenfolge zusammenbringe - also, Tilman IST mein Vorname! ;))
Die von dir genannten Punkte ergänzen m.E. meine Darstellung - wenngleich ich nicht an eine "Unterentwicklung" der fränkischen Reiterei zu Karl Martells Zeiten glauben mag. Schon im ausgehenden 7. Jh. zeichnet sich die anteilige Zunahme von Reitern in den westlichen Heeren ab, wenngleich Pferde wohl erstmal den Adligen vorbehalten blieben. Reiter waren eine Art "Waffe der Zukunft" und wurden stark gefördert. Da Karl persönlich in der Schlacht 732 anwesend war, ist davon auszugehen, dass er seine (berittenen!) Gefolgsleute mitbrachte und die Großen des Reiches anwesend waren - warum sollten die von ihren Pferden absteigen und eine Defensivschlacht führen?
Zum Stichwort Präventivkrieg: Es geht hier nur um eine Folge von Schlachten, keinen "Clash of Civilizations", als den ihn manche nationalistisch geprägten Autoren gerne sehen. Karl Martell hatte seinen eigenen Vorteil im Sinn, er wollte Ruhe in seinen Eroberungen schaffen, so oder so. Auf Konfessionen kam es überhaupt nicht an, und zur Not hätte man die Sache auch friedlich regeln können. Dazu kam die Wankelmütigkeit Karls in seinen Allianzen - warum also keine Muslime als Helfer? Offener Krieg aber wurde erst unter Karl d.Gr. geführt - mit wenig Erfolg, wie wir wissen…
Noch etwas: Das von dir genannte Werk "Ill. Geschichte…" ist m.E. nur mit größter Vorsicht zu genießen. Die Ansichten sind vielfach veraltet, archäologische Erkenntnisse so gut wie gar nicht berücksichtigt und in den Konklusionen ist der Text nicht immer ganz schlüssig. Dem Buch merkt man seine rein militärhistorische Autorenschaft an, und manche Aussage bzw. Vergleich ist nicht ganz unbedenklich.
Nach meinen Erfahrungen gibt es bessere Literatur, allerdings beschränken sich viele Darstellungen leider auf Einzelaspekte.
Deine Zusammenfassung: Was meinst du mit Lanzenkampf? Lanzen führen Reiter grundsätzlich mit sich, da sie die einfachste Form einer Distanz-Angriffswaffe darstellen. Der Stoß mit eingelegter Lanze als Standardangriff dagegen ist eine "Erfindung" des MAs, aber wohl eher Ergebnis von Versuch und Irrtum, bedingt auch durch das Fehlen wirklich andersartiger Kampfweisen in Europa. Es gibt keinen direkten Anlass für seine Einführung. Warum sonst sehen wir 1066, also gut 300 Jahre nach den Kämpfen in Spanien, noch immer Reiter, die ihre Lanzen werfen?
Leider geht mir jetzt die Zeit aus, aber das Thema scheint auch unerschöpflich…
Der Stolzenberger

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Eintrag #12 vom 11. Jan. 2004 17:49 Uhr Florian Treml   Nachricht

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Zuerst, natürlich, meine vielfache Entschuldigung wegen des Namens, mangel an Aufmerksamkeit usw.
Zum ersten: meine ich das schon so verstanden zu haben, dass die Franken bei Tours/Poitiers zur Fuß gewonnen haben. Gut, vielleicht keine Unterentwicklung der Kav aber sicher doch zumindest eine deutliche Unterlegenheit der Reiter Karls gegenüber den Muslimen (vor allem zahlenmäßig). Bei einem sehr beweglichen und für einen nicht zu fassenden Gegner bleibt einem zudem eigentlich nicht viel übrig als in der Defensive zu bleiben.
"Zum Stichwort Präventivkrieg: Karl Martell hatte seinen eigenen Vorteil im Sinn, er wollte Ruhe in seinen Eroberungen schaffen, so oder so. Auf Konfessionen kam es überhaupt nicht an, und zur Not hätte man die Sache auch friedlich regeln können. Dazu kam die Wankelmütigkeit Karls in seinen Allianzen - warum also keine Muslime als Helfer? "
Genau das wollte ich damit ausdrücken. Dass das nicht "die Abwehr" des Islam sondern eine Machtrangelei um die Herrschaft über Südfrankreich war. Daher ein Präventivschlag Abd ar Rahmans gegen Karl ehe dieser einen Angriff nach Südfrankreich führen konnte, da dann die Bevölkerung dort sich vermutlich auf Karls Seite gestellt hätte.
"Noch etwas: Das von dir genannte Werk "Ill. Geschichte…" ist m.E. nur mit größter Vorsicht zu genießen. Die Ansichten sind vielfach veraltet, archäologische Erkenntnisse so gut wie gar nicht berücksichtigt und in den Konklusionen ist der Text nicht immer ganz schlüssig. Dem Buch merkt man seine rein militärhistorische Autorenschaft an, und manche Aussage bzw. Vergleich ist nicht ganz unbedenklich."
Woher soll ich-s wissen? Nicht ganz unbedenkliche Aussagen sehe ich aber in dem Buch nicht.
"Deine Zusammenfassung: Was meinst du mit Lanzenkampf? "
Falsch ausgedrückt von mir, ich meinte damit nur den Kampf mit eingelegter Lanze, den ja meiner Meinung nach die Muslime nach West/Mittel Europa brachten. Diese These will ich ja erörtern, diskutieren.
"Es gibt keinen direkten Anlass für seine Einführung. Warum sonst sehen wir 1066, also gut 300 Jahre nach den Kämpfen in Spanien, noch immer Reiter, die ihre Lanzen werfen? "
Der Anlass ist der zunehmende Kampf gegen berittene Völker (Araber, Berber, Awaren, Ungarn….) vor allem im Süden und Osten. Die Normannischen/Fränkischen Ritter im Norden ihres Reiches kämpften ja mehr gegen Infanterie orientierte Gegner wie die Wikinger und Angelsachsen. z.B. normannische Ritter(Reiter) gegen angelsächsischen Schildwall. Harald hat doch da auf der angelsächsischen Seite auch mit seinen Gefolgsleuten zu Fuß mitgekämpft. Warum also nicht Karl ähnlich gegen die Muslime bei Tours? Die Kampfweise mit dem eingelegten Stoß bringt im Kampf Reiter gegen Reiter einen Reichweitenvorteil. In dicht stehende Inf reinzureiten geht demgegenüber fast immer schlecht aus d.f. man reitet an ihr vorbei und wirft seinen Speer.
Da wäre es sehr interessant, ob sich archäologisch/bildlich/textlich nachweisen ließe, ob zur gleichen Zeit im Süden des Frankenreiches oder im Osten (Ostfränkisches Reich) schon längere Lanzen benutzt wurden.
Von den byzantinischen Kataphrakten weiß ich, dass sie 1066 schon viel längere Lanzen als die zeitgenössischen Normannen auf dem Teppich von Bayeux hatten. Und die Normannen kämpften doch auch zeitgleich in Sizilien/Unteritalien gegen die Muslime bzw. die Byzantiner. Da müssen sie ihre Lanzen doch verlängert haben, bzw. vor allem im eingelegten Stoß gekämpft haben um gegen die byzant./muslim. Kav zu bestehen?
Mit besten Grüßen

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Eintrag #13 vom 12. Jan. 2004 21:29 Uhr Tilman (Nachname für Gäste nicht sichtbar)   Nachricht Bitte einloggen, um Tilman eine Nachricht zu schreiben.

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Hallo Florian!
Tours&Poitiers: Also, hab nochmal nachgeschaut. Die Historiker scheinen sich da noch nicht ganz einig zu sein, ich habe jetzt auch beide Meinungen gefunden, wobei die Thesen von Heinrich Brunner, auf die du dich zu stützen scheinst, in letzter Zeit nicht mehr zu 100% adaptiert werden. Die neuesten Werke, u.a. Josef Fleckenstein, Rittertum (2002), sprechen von einer "Verreiterung" bereits zu Beginn des 8.Jhs. Dies wäre auch nur zu logisch, da das Frankenreich zu dieser Zeit ähnlichen Bedingungen unterlag wie zu Zeiten Karls d.Gr. im frühen 9. Jh., was Ausdehnung und andauernden Krieg anbetrifft. Mobile Heere haben hier einen Vorteil.
Offensichtlich lässt sich das auch im Fundspektrum der Archäologie nachweisen - wir finden hier seit dem späten 7.Jh. immer wieder Reitausrüstung in den Gräbern (wenngleich die Beigabensitte in dieser Zeit leider zurückgeht).
Ill. Geschichte: War kein Vorwurf, ich habe das Buch auch, v.a. wegen des Preise gekauft ;) Nur gibt es wirklich fundiertere Werke, die es aber leider nicht zu einer ebensolchen umfassenden Darstellung bringen. Insbesondere beim FMA ist die Forschung ziemlich zurück haltend - ein echtes Desideratum.
Präventivkrieg: Falsch verstanden, sorry.
Fränkische Panzerreiter: Spätestens seit der Heeresreform Karls d.Gr. sind die fränkischen Armeen ziemlich gleichartig ausgerüstet, egal aus welchen Teilen des Reiches die einzelnen Kämpfer stammen. Es gibt detaillierte Aufstellungen darüber, wer wie ausgerüstet wo zu erscheinen hat. Ich denke, auf örtliche Milizen brauchen wir nicht abheben.
Ein Reiter ist einem Kämpfer zu Fuß im FMA deutlich überlegen. Noch 1066 brach der Widerstand des angelsächsischen Heeres unter der Wucht des normannischen Reiterangriffs zusammen, nicht zuletzt, weil die Angelsachsen nicht über ausreichend Pferde verfügten (nicht, dass sie solche nicht generell besessen hätten; in dieser Schlacht aber fehlten sie). Warum also sollte man sich der (unterlegenen) Kampfesweise der Gegner zu Fuß anpassen. Die Einfälle der Wikinger/Normannen konnten erst durch Reiterei erfolgreich bekämpft werden - bis diese ebenfalls Reiter in ihre Reihen aufnahmen. Spätestens bei der Belagerung von Paris wurden Pferde mitgeführt. Vorher hatten sich die Wikinger (!) angepasst, und um auf ihren Raubzügen schneller als ihre berittenen Gegner zu sein Pferde eingesetzt.
Archäologische Beweise etc: Das FMA ist allenthalben sehr quellenarm, egal nach was wir suchen. Allein aus dem 7.Jh. kennen wir nur Einzelereignisse, vielfach später aufgezeichnet und verfälscht. Wir hören von Kriegen, ohne zu wissen, wer sie führte, und kaum ein Hinweis darauf, wie man sich rüstete - weder historisch noch archäologisch. Das bleibt so bis ca. 950-1050. Spekulationen sind da natürlich Tür und Tor geöffnet.
Byzanz: Hier haben wir die Tradition zum einen aus dem Imperium Romanum, zum anderen - ich rekurriere auf deinen Eingangsbeitrag - aus dem persischen Raum. Allerdings waren die Muslime/Byzantiner witterungsbedingt viel leichter gerüstet als die Normannen des 10. Jhs. (der Beginn der Hauptphase ihrer Expansion ins Mediterrane). Damals waren sie schon von den Franken "assimiliert" worden, auch was Ausrüstung betraf.
Fazit: Es wird wohl hinreichend ersichtlich, dass dem Stoß mit eingelegter Lanze kein Aha-Erlebnis zugrunde liegt. Viel eher ist er das Ergebnis einer langen Kette von Aktionen und Reaktionen, die nicht einmal räumlich und zeitlich in Verbindung stehen müssen. Es gab ihn bei den Griechen/Makedonen, bei den Römern, Persern, Byzantinern, Franken, Normannen usf. Ob und wer jetzt von wem abgekupfert hat, ist nicht ersichtlich.
Der Stolzenberger

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Eintrag #14 vom 13. Jan. 2004 11:05 Uhr Florian Treml   Nachricht

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Werter Moritz,
prinzipiell sind wir ja gar nicht weit auseinander, aber bei einigen (wenigen) Punkten muss ich doch noch einmal nachhaken.
Und zwar bei deiner sich wiederholenden Aussage, die haben ritterliche Ausrüstung gehabt, also haben sie auch beritten gekämpft. Wenn ich mich recht entsinne, stiegen z.B. im Hundertjährigen Krieg häufig die englischen Ritter ab, da ihre Seite kavalleristisch unterlegen war, so z.B. bei der Schlacht von Crecy wo sie sich zum Schutz der Bogenschützen zur Fuß unter diese mischten. Eine grundsätzliche ßberlegenheit des Ritters gegenüber früh/hochmittelalterlicher Infanterie zu proklamieren halte ich für falsch. Traf ein Ritter auf diszipliniertes, geeignet bewaffnetes Fußvolk konnte er kaum etwas ausrichten. Gerade erst beim Themenabend Mittelalter hat es schon wieder geheißen: 1 Ritter gleich oder besser 80 Kämpfern zu Fuß. Wenn ich mir nun vorstelle wie sich 80 Schweizer auf einen Ritter stürzen,… . Die ßberlegenheit der Ritter im FMA/HMA gegenüber der Infanterie in West/Mitteleuropa resultiert doch eher aus dem vollständigen Fehlen geeigneter Ausrüstung/Ausbildung oder Menge an solcher Infanterie. Dagegen Bauern mit Knüppeln über den Haufen zu Reiten ist nicht gerade eine Kunst, vgl. Heidenzüge des Deutschen Ordens.
Genau so wie die Engländer bei Crecy stiegen Harald und sein berittenes Gefolge in der Schlacht von Hastings ab, warum also sollte es sich bei Karl Martell also dann anders verhalten wenn er kavalleristisch den Muslimen erheblich unterlegen war?
Dann noch zur Wucht des normannischen Angriffs bei Hastings. Der Schlachtverlauf stellte sich mir, (bisher) so da: die Normannen ritten an und prallten am Schildwall ab. Dabei hatten sie, vor allem durch Wurfgeschosse Verluste zu verzeichnen und allgemeine Panik brach aus (dazu die Nachricht, daß Herzog Wilhelm gefallen sei).
Die Normannen flohen recht kopflos und die Angelsachsen sahen das und stürmten ihnen, zu Teilen, hinterher. Wodurch sie ihre Armee aufteilte und über das Schlachtfeld verstreute. Genau zu diesem Zeitpunkt erlangte Herzog Wilhelm wieder die Kontrolle und stürmte mit seinen Rittern in das in Auflösung begriffene angelsächsische Fußvolk. Da dann, mehrere große Lücken im Schildwall klafften und sich die Angelsachsen über das Gelände verstreut hatten ritten die normannischen Ritter die Angelsachsen nieder. Eine Art (ungewollte?) "Schein"flucht ala Mongolen die zum Sieg führte und die auch nur wegen der mangelnden Disziplin der angelsächsischen Krieger funktioniert hat.
Warum dann überhaupt Ritter? Meiner Meinung nach eben wegen der auf Guerilla und schnellen Bewegungskrieg ausgerichteten Gegner dieser Zeit. Einen solchen Gegner kann man ja nur besiegen, wenn man ihn auch stellen/einholen kann. Die Wikinger kämpften ja auch vor allem im Hit and Run, ebenso die Muslime, Awaren, Ungarn usw. Die meisten Wikingertrupps waren ja nicht so groß, sie konnte man schon niederreiten, gegen die feindlichen Reitervölker setzte sich die schwerere Ausrüstung und Nahkampforientierung durch. Richtige Wikingerarmeen gegenüber, wie es sie dann auch gab, waren die Ritter dieser Zeit ebenso hilflos wie z.B. die gotische Adelsreiterei gegen die byzantinische Infanterie in Italien oder Spanien.
Dann noch zu deiner Aussage: die byzantinischen/muslimischen Truppen seien eher leicht gerüstet gewesen. Für die Muslime trifft das pauschal im FMA nicht mehr zu. Gerade im Osten (Perser!) war die muslimische Kavallerie schon als schwer einzuordnen. Bei der Schlacht am Talas gegen die Chinesen siegten die Muslime so weit ich weiß eben durch die schwere persische Reiterei die die chinesischen Truppen niederwalzte. Natürlich in Spanien/Sizilien waren die (Berber) Reiter sehr leicht ausgerüstet. Bei den Byzantinern ist diese Aussage aber sicher völlig falsch. Die Kataphrakten Reiterei dieser Zeit war schon wesentlich schwerer ausgerüstet als die Ritter zur Zeit Karls des Großen. (Ganzkörpermetallpanzerung und Pferdemetallpanzerung) Sie war sogar so schwer gerüstet, dass der Schild außer Gebrauch kam, ähnlich wie dann später auch in Europa.
Noch zum Thema: Mir stellt sich das so dar, dass in der Spätantike die Kavallerie absolut vorherschend auf allen Seiten war, dann aber, am Ende der Völkerwanderung die erfolgreichen (=expandierenden) Staaten diejenigen waren, die noch/wieder über geeignete Infanterie verfügten (also die Byzantiner unter Justinian und im folgenden die Franken.) Die Staaten die schon ein Primat an Kavallerie hatten (Ostgoten!!) gingen unter. Dann um 700 bis 800 dreht sich dann auch bei den Franken, den Byzantinern die Orientierung wieder auf die Reiterei (Konfrontation mit dem Islam, den Awaren, usw.) Auch/Sogar in Byzanz resultierte daraus eine Feudalisierung des Staates die die Themenordnung des Reiches ablöste.
(Wer sieht das anders?)
Mit besten Grüßen

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Eintrag #15 vom 13. Jan. 2004 16:18 Uhr Florian Treml   Nachricht

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Uahhh, jetzt sehe ich erst, daß ich schon wieder Moritz statt richtigerweise Tilman geschrieben habe. Wie peinlich. Dafür nochmal meine Entschuldigung, aber ich habe (leider) einen guten Freund der (Vorname) Moritz heißt, irgendwie spukt mir deshalb wohl der Name im Kopf herum.
Nichts für Ungut

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Eintrag #16 vom 14. Jan. 2004 08:38 Uhr Joachim Meinicke  Profil   Nachricht Bitte einloggen, um Joachim Meinicke eine Nachricht zu schreiben.

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Ich halte Vergleiche wie Infanterie besser als Kavallerie usw. für relativ sinnfrei. Da kann man ja gleich einen F1-Rennwagen gegen einen Eurofighter antreten lassen, auch sehr sinnvoll… :-)
Beide Waffengattungen haben nicht ohne Grund ihre Bedeutung bis in die Neuzeit hinein behalten, unterlagen in den Jahrhunderten natürlich gravierenden ßnderungen. Beide Gattungen funktionierten aber nur dann, wenn sie gemäß ihren Fähigkeiten richtig eingesetzt wurden. Und meist funktionierten sie gerade im Zusammenspiel erstaunlich gut, sogar die Ritter lernten das auf den Kreuzzügen.
Man muß seine Truppenteile richtig einsetzen, sonst passiert schon mal so was wie Azincourt. Eine unausgebildete/undisziplinierte Infanterie war für die Kavallerie eine leichte Beute. Dietrich hat mir mal sehr anschaulich erzählt, was für ein ungutes Gefühl das ist, wenn man als Infanterist eine Kavallerieattacke auf sich zurasen sieht, na danke, ich weiß nicht, ob ich stehen bleiben würde. Umgekehrt war eine in veralteten Kampfweisen engstirnig angeführte Kavallerie ein gefundenes Fressen für die Infanterie, nicht nur für die Schweizer.
ßbrigens erfreute sich die Lanze im 19. Jh. wieder einer gewissen Beliebtheit. Sie war bei einzelnen Kavallerieeinheiten gegen diese unsportliche Karreebildung der Infanterie bei Kavallerieangriffen aufgrund ihrer größeren Reichweite sehr dienlich. Müßte ich noch mal genau nachlesen.
Aber ich glaube, wir schweifen langsam ab :-)
Grüße
Joachim

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Eintrag #17 vom 14. Jan. 2004 18:35 Uhr Tilman (Nachname für Gäste nicht sichtbar)   Nachricht Bitte einloggen, um Tilman eine Nachricht zu schreiben.

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@Joachim: Mein Handy is stärker als wie dein Fax ;) Du hast schon recht, man kann die Fähigkeiten von Kavallerie und Infanterie nicht wirklich von der jeweiligen Kampfsituation losgelöst vergleichen. Ich hab mich dazu hinreißen lassen.
@Florian: Auch hier ist unsere Diskussion inzwischen zu einem Vergleich von ßpfeln und Birnen geworden. FMA und HMA kann man nicht miteinander vergleichen, politisch und gesellschaftlich liegen Welten zwischen den Jahren 700 und 1200. Ich hab mich auf den unseligen Griff nach 1066 eingelassen - das trägt aber nichts zur Tatsache bei, wann man nun den Stoß mit eingelegter Lanze in unseren Breiten verorten kann. Wenn ich das richtig sehe, war das der Ausgangspunkt.
Ich habe gerade wiederum gelesen, dass man den Lanzenstoß erst im 12. Jahrhundert durch Quellen für den "deutschen" Raum belegen kann. Um wieviel früher das in anderen Regionen Europas aufgekommen sein mag, ist aber durchaus unterschiedlich.
Wir kommen vom Hölzchen aufs Stöckchen, deshalb kann ich nicht auf jeden Punkt einzeln eingehen. Die Diskussion über frühma. Verhältnisse ist mir zu schwammig - man ist leicht versucht, Rückprojektionen aus späteren Zeiten mangels aussagekräftigem Quellenmaterial der Zeit vorzunehmen. Vll. sollte man für sich daraus ergebende Fragestellungen einen eigenen Thread aufmachen? Die Antworten werden mir für meine knapp bemessene Zeit zu umfangreich ;)
Aber eins möchte ich doch noch anführen: Wir reden immer von der Beeinflussung dieser Kampftechnik von Außen, sozusagen als Reaktion auf äußere Einflüsse. Wäre es aber nicht genauso gut denkbar, dass der Lanzenstoß im beginnenden HMA (11. Jh.) innereuropäisch entwickelt wurde, also eine Reaktion auf einen gleich gerüsteten Gegner darstellt? Zumal wir besagte Entwicklung in einer Zeit verorten müssen, die besonders reich an inneren (!) Zwisten (Fehden) war. Man war vll. einfach in einen Rüstungswettlauf geraten…
PS: Die Sache mit "Ein Ritter ersetzt 80 Infanteristen" übernehme ich keineswegs - das ist Unsinn. Aber vll. haben solche Meinungen indirekt auf mich abgefärbt - Prof. Johannes Fried, der die Sendungsmacher bei arte beraten hat, ist einer meiner Lehrer an der Uni… *g*
Der Stolzenberger

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Eintrag #18 vom 14. Jan. 2004 20:12 Uhr Jens (Nachname für Gäste nicht sichtbar)   Nachricht Bitte einloggen, um Jens eine Nachricht zu schreiben.

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Um mich da noch mal miteinzuhängen:
Ich halte es grundsätzlich für verkehrt, irgendeine Waffe, ein Truppenteil etc. global-galaktisch für überlegen zu erklären, auch die Schweizer sind z.B. ein paar Jahre nach ihren grossen Siegen auf die Fresse gefallen, weil sie so festgefahren waren mit ihrer Taktik ;)
So passiert mit dem Langbogen, über den ja irre Legenden kreisen, er sei so absolut überlegen…schöner Artikel, wie ich finde, hier: wwwkriegsreisende.de/soeldner/geschichte.php?[…]
(übrigens finde ich auch den Rest der Seite empfehlenswert).
Gruss, Esca

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Eintrag #19 vom 15. Jan. 2004 16:31 Uhr Florian Treml   Nachricht

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Da ich viel Zeit habe (und in der Hoffnung das es Leute gibt, die auch längere Texte mögen und lesen):
Joachim: Mag sein, daß dies nun wirklich zu weit abschweift, aber gerade die Geschichte mit den Lanzen im 19Jahrh ist ziemlich interessant: Zuerst führten ja nur die Ulanen (polnisch, vom türkischen oughlan="knappe" abgeleitet) und die Lanciers diese Waffe. Diese Lanzen waren nur 2,91 bis 3,00m lang. Funktion und Einsatz ähnelten sehr der Rolle die vgl.bare Waffen schon bei den Römern spielten, nämlich dem lockeren Gefecht/Scharmützel mit leichten/irregulären Truppen und anderen! Reitern. Die Tradition dieser Kampfweise stammte aus Polen, diese haben sie von den Türken/Orient. Folgerichtig setzten sich in Westeuropa die Lanzen zuerst bei den Kolonialmächten im "Auslandseinsatz" durch, bzw. inneramerikanisch gegen die Indianer. Erst zum Ende des 19 Jahrh wurden dann andere Kavalleriegattungen und die gesamte Reiterei hier in Europa damit ausgerüstet, z.B. erst 1888! die deutschen Kürassiere und dann 1889! die restliche Reiterei. Die Begründung war: das Gewehrfeuer war so dicht geworden, daß die Infanterie sich nicht mehr in Formationen gegen Kavallerie verteidigen konnte (diese führte ja auch Repetierkarabiner), denn dann wäre sie niedergeschossen worden, die gelockerten Aufstellungen konnte man aber unter bestimmten Umständen wieder niederreiten, wenn man gegen die Bajonette Lanzen führte, und die Lanze bat vor allem einen Vorteil gegen andere Reiter. Meine Rückfolgerung für das Thema: Nicht Lanzen zum Kampf gegen Inf im Karree, oder überhaupt als regulär/schwer einzustufende Infanterie, da ist Caracolieren viel geeigneter, sondern Lanzen immer dann, wenn man es mit in lockerer Aufstellung/irregulär kämpfenden Gegnern oder berittenen Gegnern zu tun hat.
Tilman: Mir bietet sich inzwischen dass gleiche Bild wie dir: keine Quellen für den eingelegten Stoß nach der Antike, und vor dem HMA, keine Belege für eine Beeinflussung von Außen. Daher ist es vermutlich wirklich wahrscheinlicher, dass sich der eingelegte Stoß hier als eigenständige Entwicklung aus dem Kampf der Ritter untereinander durchsetzte. Das Thema war/ist aber auch: Entwicklung des Lanzenkampfes ins Mittelalter hinein, und während des Mittelalters. Bei deinem Wissen würde ich noch gern wissen: Wie oft stürmten eigentlich Ritter wirklich mit Lanzen aufeinander/auf einen Gegner bis zum Aufprall! zu. Gehört habe ich schon, dass oftmals eine Seite vorher abbrach und floh, oder dass beide Seiten dann langsamer wurden und eher im Schritt tempo aufeinander gerieten?!
Jens: Hiermit erkläre ich Infanterie, insofern sie gleich gut ausgerüstet und ausgebildet ist, Kavallerie gegenüber im Nahkampf!! immer für überlegen. Selbst wenn sie schlechter ausgerüstet ist, aber gute Ausbildung und Disziplin hat wird sie die Reiter weghauen.
Die Schweizer unterlagen ja auch nicht wieder irgendwelchen Reitern sondern moderner/besser geführter/bewaffneter Infanterie (=deutsche Landsknechte), der Langbogen wiederum war mit den Massenheeren und den Schwarzpulverwaffen überholt. Auch bin ich der ßberzeugung, dass antike Streitkräfte wie die griechisch/makedonische Phalanx oder auch die Legionen jede europäische Armee im FMA/HMA besiegt hätten. Für die Kosten eines Ritters kann man bis zu ein Contubernium (10) Legionäre oder auch 10-15 makedonische Phalangiten aufstellen. Zehn Pilenwürfe und der Ritter und sein Pferd sind nicht mehr, und für die Sarissen gilt das gleiche. Zum Thema: meine (falsche?) Sicht der Dinge ist es ja, dass der Ritter überhaupt eine Reaktion! auf die vielen Irregulären Außereuropäischen Feinde am Ende der Völkerwanderung war. Dann, als diese besiegt und Geschichte waren, kämpften die Ritter in Europa vor allem gegen und untereinander, so dass ihre Kampfweise als eine Art Inzuchtveranstaltung sich als Sackgasse/Fehlweg entwickelte. Dann veränderte sich die Gesellschaft und die Ritter waren militärisch nutzlos geworden.
Mit besten Grüßen

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Eintrag #20 vom 15. Jan. 2004 23:36 Uhr Tilman (Nachname für Gäste nicht sichtbar)   Nachricht Bitte einloggen, um Tilman eine Nachricht zu schreiben.

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Hallo Florian!
Du scheinst Polarisierungen zu lieben, oder? ;)
Sollte ich deiner Meinung Vorschub geleistet haben, dass es sich beim Ritter um eine geplante Entwicklung mit dem Ergebnis einer Sackgassenfahrt für den berittenen Kämpfer handelt, so bereue ich das aufs Tiefste!
Ich werde nicht müde es zu sagen: Entwicklungen haben viele Ursachen, in den seltensten Fällen sind sie längerfristig zielgerichtet, Anpassung erfolgt an verschiedenen Orten, zu verschiedenen Zeiten, aber vll. in derselben Art und Weise. Es gibt daher kein "falsch" oder "richtig".
Das Ende der Ritter des MA hatte v.a. wirtschaftliche und soziale Hintergründe, nicht ihr Versagen auf dem Schlachtfeld, so wie du es darstellst. Militärisch wurde eine Art (!) Rittertum sogar als Reaktion auf die schweren Infanteriemassen im 18. Jh. "wiederbelebt" (man siehe in diesem Zusammenhang die überlegene Kavallerie Napoleons).
Die Erfolgschancen eines Angriffs, sei es zu Pferd oder per pedes, hängen aber ebenso wie die Entwicklung von Taktiken von zahllosen Faktoren ab. Die Schweizer z.B. brachten im 15.Jh. eine hohe Moral mit, da sie sich als Verteidiger solch abstrakter Dinge wie "Heimat", "Genossenschaft", ja vll. sogar schon "Staat" fühlten. Motivationen, die viele Ritter (noch dazu die angeworbenen burgundischen!) nicht kannten oder zumindest nicht so stark berücksichtigten, wenn sie in den Krieg zogen.
Und den unseligen Vergleich verschiedener Zeiten (gruselig, Phalanx gegen die Ritter von Bouvines, brrr!) sollten wir doch besser vergessen - wenn Katzen Pferde wären, könnte man Bäume raufreiten! ;)
Zu deiner direkten Frage: Zunächst müssen wir uns von dem Bild der großen Entscheidungsschlachten verabschieden. Diese waren im gesamten MA höchst selten, ja man vermied sie, um Kräfte zu sparen und Verluste zu minimieren. Bei Scharmützeln war es ebenfalls seltener, dass Ritter aufeinander trafen. Diese dürften sich, wenn überhaupt, in "ehrenhaftem" Zweikampf im Getümmel getroffen haben, mglw. mit eingelegter Lanze. Gemeinhin setzte man die Lanze aber nur in geschlossener Formation ein - dafür gab es bei den "Turnieren" (insbesondere des 13./14. Jhs.) ßbungen, in dem man mit den anderen Rittern seines Banners die Teamfähigkeit im Gefecht unter Beweis stellen musste. Das Bild vom Ritter als heldenhaftem Einzelkämpfer ist daher wohl eher eine Mythologisierung späterer Zeit.
Von dort ausgehend, würde ich sagen, dass ein Angriff mit eingelegter Lanze in Formation mit anderen Rittern (ich benutze den Begriff hier grob verallgemeinernd für alle ritterlich Ausgerüsteten) bei jeder größeren Schlacht seit dem späteren 11. Jh. vorkam. Allein der psychologische Effekt, den Joachim angesprochen hat, eine unaufhaltsam vorwärts rollende Welle von schwergepanzerten, waffenstarrenden und seit dem 13. Jh. auch farbenprächtig leuchtenden Berittenen herandonnern zu sehen, muss, im wahrsten Sinne des Wortes, überwältigend gewesen sein.
Um vier zeitlich differierende Schlachten als Beispiele anzuführen, bei denen die Lanze definitiv eingelegt zum Einsatz kam: 1066 Hastings, 1214 Bouvines, 1346 Crecy (ich beziehe mich auf die Kämpfe im Vorfeld der Schlacht) und 1485 Bosworth. Für den deutschen Raum fällt mir derzeit nur 1288 Worringen ein, die in einer Chronik verschriftlicht ist. Es ließen sich aber bestimmt noch andere Beispiele ausfindig machen.
Soviel (erstmal?) dazu.
Grüße,
Der Stolzenberger

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Eintrag #21 vom 16. Jan. 2004 16:46 Uhr Florian Treml   Nachricht

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Und abgesehen vom polarisieren verliere ich mich auch zu gern in (unwichtigen?) Details.
Danke aber an alle, besonders an Tilman, für die vielen Antworten und die immer wieder neuen und interessanten Infos und Ansichten. Noch einmal (letztesmal?) Aber:
Das mit der Sackgassenfahrt hatte ich schon länger so gesehen. Also nichts zu Bereuen von deiner Seite. Dazu habe ich noch was von dem, von dir schon angeführten Dr. Junkelmann gefunden: "Die Entwicklung des mittelalterlichen Lanzeneinsatzes beruhte auf einer sehr speziellen Wechselwirkung von Reittechnik, offensiver Waffentechnik und nicht auf einer grundsätzlichen ßberlegenheit des eingelegten Stoßes. Noch im 9 Jahrh zeigen die bildlichen Darstellungen von kämpfenden europäischen Reitern diese ohne Steigbügel im Sattel sitzen. Im 10 und 11 Jahrh sehen wir dann lang geschnallte Steigbügel mit senkrechter Beinstellung kombiniert, die Lanze wird meist noch in Wurfbewegung gehalten. Noch auf dem Teppich von Bayeux findet sich der eingelegte Stoß nur 5 mal abgebildet im Vergleich zu 30 Beispielen anderer Formen des Lanzeneinsatzes zu Pferde. Um die Wende des 11 zum 12 Jahrh ändert sich der Sitz. Der Reiter streckt die Beine schräg nach vorne aus und presst sein Gesäß gegen den ohrensesselförmige ausgebauten Hinterzwiesel des hohen Sattels, mit der Lanze wird nun fast nur noch eingelegt angegriffen. Vor allem die Durchschlagskraft eines solchen Stoßes war ein wesentlicher Grund dafür, dass in den folgenden Jahrhunderten die Rüstung ständig verstärkt wurde, und das hatte wiederum das Bestreben zur Folge die Wucht des Lanzenstoßes immer weiter zu steigern. Ab der 2. Hälfte des 14 Jahrh konnte die Waffe auf einem am starren Brustpanzer des Plattenharnisches befestigten Rüsthaken aufgelegt werden, was es erlaubte, das Gewicht und damit die Stabilität der Lanze noch weiter zu erhöhen. Damit war ein Maximum an Durchschlagskraft und ein Minimum an Flexibilität erreicht. Am Ende waren die europäischen Ritter, wie David Nicolle (1980, S.34) es formulierte, beinahe unfähig geworden, mit irgend jemand anderem, als anderen europäischen Rittern zu kämpfen." (Wenn das so stimmt, ist meine Hypothese mit dem vom Außen im 8/9 Jahrh ohnehin Makulatur.)
Aber, um noch eine neue Idee zu äußern, wie sieht es mit einer ßbernahme von Kampftechniken aus Europa aus, wie, z.B. bei/in den Kreuzzügen? Kämpften die Araber/Seldschuken/Mamelucken ev. im eingelegten Stoß? Und wenn ja, dann schon vor, oder erst in Reaktion auf die Kreuzritter? Dazu habe ich gelesen, dass sich die Muslime in der Gegend, zu dieser Zeit vom Rittertum beeinflussen ließen und dieses in gewissen Grenzen adaptierten?!
Dann noch zu meinen wirklich unseligen Vergleichen verschiedener Epochen, zu denen ich offenbar tatsächlich neige. Stimmt schon, so wie ich das geschrieben habe ist das nur falsch. Ich wollte aber eigentlich auf etwas völlig anderes hinaus, nämlich dass die Ritter aus meiner Sicht im HMA/SMA nicht das militärische Optimum waren, dass die wirtschaftlichen und technologischen Möglichkeiten zugelassen hätten. Daher ist der Grund für die ritterliche Kriegsführung zu Pferde meiner Meinung nach vor allem im Sozialen zu sehen.
Dazu etwas von dem Soziologen Stanislaw Andreski: Er überlegte sich eine militärische Verhältnisrechnung mit dem sich der Grad der Militarisierung/Militärischen Stärke einer Gesellschaft einordnen lassen soll. Dazu wird die Militäry Participation Ratio - MPR mit der Kohäsion (hier die Intensität mit der diejenigen mit militärischer Ausrüstung unter sich geeint sind) und der Subordination (hier die Fähigkeit der herschenden die beherschten ihrem Willen zu unterwerfen) kombiniert. Bei den verschiedenen Beispielen ordnet er den größten Teil des europäischen Mittelalter zu Gesellschaften mit geringer MPR, geringer Kohäsion und Subordination ein. Er kommt auch zu dem Schluss, dass im Mittelalter das theoretische militärische Potential nicht ausgeschöpft wurde da die soziale Ordnung eben dies verhinderte.
Die meisten (eigentlich alle mir bekannten) egalitären Kriegergesellschaften erstarrten irgendwann und ihre veraltete oder sogar untauglich gewordene Art der Kriegsführung wurde von anderen überholt und abgelöst. (siehe Mamelucken, Mandschu, Samurai). Warum soll es sich da bei den europäischen Rittern anders verhalten? Man könnte daher doch deine Aussage, dass Ende der Ritter hatte vor allem wirtschaftlich/soziale Gründe auch genauso anders herum sehen: die militärische Weiterentwicklung und die bessere Ausschöpfung der militärischen Ressourcen ermöglichte dann eben erst diese wirtschaftlichen/sozialen Umwälzungen.
Als letztes: mir wirft man ja gerne furchtbare Vergleiche von Epochen vor, ganz unschuldig in dergleichen bist du aber auch nicht. Nicht zum ersten Mal wieder ein zeitlicher ßbergriff nun von dir, um die Reiterei zu erhöhen: "Militärisch wurde eine Art (!) Rittertum sogar als Reaktion auf die schweren Infanteriemassen im 18. Jh. "wiederbelebt" (man siehe in diesem Zusammenhang die überlegene Kavallerie Napoleons)." (Diese Aussage finde ich wiederum gruselig, und kann sie einfach nicht unkommentiert stehen lassen.)
Die wieder! zunehmende Bedeutung um 1800 sehe ich auch als Reaktion auf die Französische Revolution und die daraus resultierende erhebliche Veränderung der Infanterietaktik. Wenn, wie du schreibst, die zunehmend schwerer werdende Reiterei (Kürassiere usw.) als Reaktion auf die schwere Infanterie gebildet wurde, muß ich aber schon fragen, warum dann bei der Lineartaktik in den Kabinettskriegen davor schon das Durchbrechen der nur 3 Mann tiefen Linien mit schwerer Kav nicht noch viel besser funktionierte? Ja, man bildete große Infanteriemassen, die Kolonnen, aber auch, wichtiger, erstmals sehr große lockere Schützenschwärme bzw. Schützenreihen die von den Tirallieuren gebildet wurden. Die Kolonnentaktik und die Tirallieurtaktik wurden dann kombiniert, die schwärmenden Schützen deckten mit ihrem Feuer die auf den Feind eindringende Kolonne vor dem gegnerischen Feuer ab, dass sonst den Angriffsschwung dieser Kolonne gebrochen hätte.
Daher hatte es ja zum Ende der Lineartaktik kaum noch erfolgreiche Bajonettangriffe gegeben, weil die alle im Feuer der gegnerischen Linie verbluteten. Doch die Franzosen konnten auf diese Weise mit den Revolutionsheeren (mangels Ausbildung/Disziplin!) wieder auf den Nahkampfangriff mit Bajonett setzen. Diese lockeren Schützenschwärme zu massakrieren war nun die Hauptarbeit der Kavallerie gegen Infanterie. Dabei wurden KAUM/KEINE Lanzen eingesetzt, obwohl das mit den Bajonetten doch vorteilhaft gewesen wäre (Theorie von Joachim), sondern "nur" auf die Masse und Wucht des Niederreitens und auf den Pallasch/Säbel gesetzt. Vor allem Aber keine Art Rittertum und diese moderne reguläre Kavallerie auch nur als Ritterähnlich zu verorten halte ich für grundfalsch!!
So überlegen war die napoleonische Kav aber auch nicht: die englische Reiterei war natürlich schwächer, die preußische und russische aber durchaus gleichwertig oder sogar überlegen.
Noch ein Beispiel zum Schluß: bei Waterloo versuchte Napoleon es dann auch mit einer sehr massiven Kavallerieattacke auf die schwere englische Infanterie und diese wurde ohne große Verluste von den Engländern niedergeschossen. Jetzt muß ich aber wirklich zusehen, dass ich mal die Kurve und ein Ende kriege, also soviel dazu noch von mir,
Mit besten Grüßen

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Eintrag #22 vom 16. Jan. 2004 17:20 Uhr Tilman (Nachname für Gäste nicht sichtbar)   Nachricht Bitte einloggen, um Tilman eine Nachricht zu schreiben.

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Ja, es war bisher ziemlich ergiebig hier. Mich hat die Diskussion immer wieder dazu verleitet, ein paar Bücher und Aufsätze zum Thema zur Hand zu nehmen - das halte ich für den größten Nutzen!
Kavallerie im 18. Jh.: Ich will mich da nicht streiten, weil es absolut nicht mein Gebiet ist. Mir fiel das Beispiel nur im Zusammenhang mit einem Aufsatz ein, den ich vor kurzem über die Veränderung der Kriegstaktikten in der späteren Franz. Revolution und den "Befreiungskriegen" gelesen habe. Den darin geäußerten Vergleich habe ich hier wiederholt - wenngleich der betreffende Autor ebenso wie ich kein Militärhistoriker ist. Somit kann ich mein Geschreibsel weder untermauern noch gänzlich zurücknehmen.
Muslime: Sorry, da muss ich passen. Ich habe ein paar dicke Bücher hier zum Thema "Kreuzfahrerstaaten", aber die wollen erstmal gelesen sein. Wenn ich was finde…
Die soziale Komponente: Ich kenne die von dir genannte soziologische Analyse leider nicht, finde sie aber recht interessant. Allerdings, und das habe ich schon zu Genüge betont, denke ich, glaube ich nicht an das Prinzip, bei dem eine Entwicklung durch lediglich ein oder zwei Faktoren ausgelöst wird. Ich folge damit dem heutigen, vll. ebenso falschen, Theorem der Geschichtswissenschaft, die sich von ihrer Aufsplittung in Sozial-, Wirtschafts-, Politikgeschichte etc. glücklicherweise verabschiedet hat. Nur eine Gesamtschau, die aus der Synthese all dieser Komponenten besteht, kann Ursache und Wirkung in historischen Dimensionen angemessen erfassen.
Das ist reichlich theoretisch. Aber man hat es sich in der Vergangenheit vielfach zu einfach gemacht, indem man z.B. sagte: "Die Ritter sind untergegangen, da sie militärisch unterlegen waren." Es mag etwas Wahres dran sein, aber man verkennt grandios die anderen Bedeutungen des Ritterbegriffs, ja verneint beinahe all die sozialen und gesellschaftlichen Wirkungsbereiche berittener Kämpfer, sowohl im FMA als auch im HMA und SMA. Es gab Wechselwirkungen; und nochmal, ein "was-wäre-wenn-man-hätte" ist ein lustiges Gedankenspiel, aber damit historische Tatsachen erklären zu wollen, davon halte ich nichts (das mag verbohrte Historikermeinung sein ;)!).
Letztlich will ich niemanden meine Ansichten aufzwingen. Es bleibt jedem selbst überlassen, nur sollte man sich, wenn man anderen etwas von der Geschichte vermitteln will, immer lernfähig halten. Ein schönes Plädoyer, und damit schließe ich (fürs Erste?)…
Der Stolzenberger

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Eintrag #23 vom 18. Jan. 2004 19:30 Uhr Bernd (Nachname für Gäste nicht sichtbar)   Nachricht Bitte einloggen, um Bernd eine Nachricht zu schreiben.

nach oben / Zur Übersicht David Nicolle...

… schreibt in seinem Buch "Medieval warfare source book - warfare in western christendom" über die eingelegte Lanze und deren Ursprünge folgendes:
Abschnitt ‘barbarian’ invasions and the ‘barbarian’ states (400-650) - combat styles:
"The couched spear or lance technique, in which the weapon was held tightly between the upper arm and chest while relying on the forward movement of the horse to drive the weapon at foe, is popularly credited to the western european knights of the 11th and 12th centuries.
In REALITY this couched lance technique was known at least to the 10th century Byzantines and appears to be shown in 7th or 8th CENTRAL ASIAN ART.
In all cases, however, it appears to be closely asociated with the adoption of stirrups and does not seem to have been used by Romano-Byzantine and early medieval European horsemen."
Weiter im Abschnitt "Early medieval Europe (650-1100)" - combat styles:
"A great deal of debate still surrounds the origin of the couched lance itself. It was probably brought to its full development in 10th century Byzantinum and, jugding by available pictorial evidence, may first have been adopted in western Europe in southern Italy, where it was almost certainly a result of Byzantine influence.
(…)
Tactical formations of small but densely packed cavalry squadrons, suited to the couched lance technique, already existed in carolingan armies. They had, however, originally been designed for repeated attack-withrawal-attack tactics inherited from Rome and still used by both Byzantine and Muslim armies…"
In Verbruggens "the art of warfare in western europe during the middle ages" gibt es eine Abbildung aus dem "golden psalter" (9.Jh. Stiftsbibliothek St. Gallen) eine Abbildung eines Reiters mit eingelegter Lanze. Wie der Sattel genau aussieht, kann ich nicht erkennen (dazu kenn ich mich auch nicht genug aus) - ich glaube, der hat vorne und hinten einen nicht besonders hohen Querwulst; auf jeden Fall hat der Reiter Steigbügel - bei Interesse kann ich das Bild mal mailen bzw. ich stelle es morgen ins Web…

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Eintrag #24 vom 19. Jan. 2004 08:13 Uhr Joachim Meinicke  Profil   Nachricht Bitte einloggen, um Joachim Meinicke eine Nachricht zu schreiben.

nach oben / Zur Übersicht Lanze frühes 19. Jh.

Nun Florian, meine Theorie war das nicht. Ich gab viel mehr die Worte von Hans Pohle in "Die napoleonischen Kriege - Band 1" wieder. Er schreibt dort von den Ulanen auch Lanciers genannt, daß sie aus litauischen und polnischen Reitern des 16. Jh. hervorgegangen seien.. Vorteil: Schnelligkeit der leichten Reiterei gepaart mit Durchschlagskraft der schweren Reiterei.
Die verwendeten Lanzen maßen zwischen 2,65 und 3,16 m, hatten eine zwei oder vierkantige Spitze. Dahinter befand sich ein Knebel oder eine Flagge, gegen zu tiefes Eindringen. Die Lanzen wurden mittels eine Schlaufe am Arm befestigt, ihr Ende wurde an einer Vorrichtung am Steigbügel befestigt, so daß man die Hände frei hatte.
Ihr Vorteil sieht Pohle vor allem in Angriff auf Infanteristen, besonders bei der Verfolgung und gegen im Karree stehende Infanteristen. Auch hätten sich die Infanteristen wohl gerne zu Boden fallen lassen, wo sie durch die Lanzen jedoch jetzt dennoch erreichbar waren. Im Nahkampf galten sie jedoch als zu sperrig.
Gruß
Joachim

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Eintrag #25 vom 19. Jan. 2004 08:15 Uhr Joachim Meinicke  Profil   Nachricht Bitte einloggen, um Joachim Meinicke eine Nachricht zu schreiben.

nach oben / Zur Übersicht Einsatz der schweren Reiterei

Interessant ist auch die Beschreibung der Angriffe der schweren Kavallerie. Wer mag, kann daraus Vergleiche zu den mittelalterlichen Rittern ableiten, angegriffen wurde aber ohne Lanze!
Im Schritt wurde angeritten. Dabei ritten Unteroffiziere hinter den Linien und sorgten dafür, daß die Formation gehalten wurde. Steigbügel an Steigbügel, was sehr schwierig war. Und oft zu Verletzungen führte. Etwa 400 m vor dem Ziel hielt man und ordnete die Formation abschließend. Dann ritt man wieder im Schritt an und ab etwa 300 m wurde in den Trab gewechselt. 150 m vor dem stehenden Feind (300 m vor dem entgegenkommenden Feind) wurde in den Galopp übergegangen, ab 60 m ritt man dann so schnell als möglich (25 - 30 km/h), wobei man versuchte die Formation nicht völlig aufzulösen. Mit voller Wucht sollte man sich nun gegen den Feind werfen. So die Theorie.
In der Praxis verringerten bei Kavallerie vs. Kavallerie beide Seiten häufig ihre Geschwindigkeit und man ließ sich in stiller ßbereinkunft gegenseitig verzahnt ein, worauf die Blankwaffen eingesetzt wurden. Dabei ritt man entweder schnell durch die feindlichen Linien oder verharrte auf der Stelle.
Bei Angriffen gegen Infanterie konnten gut 50% der angreifenden Kavallerie vorher vom Pferd geholt worden sein. Die nachfolgenden Linien bremste dies natürlich ab. Manchmal ließen sich auch die Pferde durchaus nicht dazu bewegen, gegen die Infanterielinien anzureiten. In der Regel gewann die Kavallerie, wenn sich die Formation der Infanterie auflöste.
Rüstung trug die schwere Reiterei übrigens auch, teilweise nur auf der Brust, teilweise auch Rückenplatten. Nur auf nächster Nähe zu durchschießende Brustplatten konnten bis 5 kg wiegen.
Grüße
Joachim

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Eintrag #26 vom 19. Jan. 2004 12:10 Uhr Bernd (Nachname für Gäste nicht sichtbar)   Nachricht Bitte einloggen, um Bernd eine Nachricht zu schreiben.

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Hier der Link zum Bild: wwwdaigose.de/ma-quellen/couched_lance.htm

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Eintrag #27 vom 28. Feb. 2004 10:11 Uhr Robert Rjeznik  Profil   Nachricht Bitte einloggen, um Robert Rjeznik eine Nachricht zu schreiben.

nach oben / Zur Übersicht Hallo liebe Leute.

Mit grossem Interesse lese ich Eure Meinungen zu diesem Thema.
Ich möchte auf einige Passagen bei einem alten röm. Historiker hinweisen, wo die Lanzen der röm. Reiterei bemängelt und mit denen der griech. Reiter verglichen werden.
So wird dort festgehalten, daß die Lanzen röm. Reiter zum Schwingen neigten und so ein gezielter Stoß somit kaum durchgeführt werden konnte. Erst als die Römer die griech. Bauart der Lanze einführten war das Problem gelöst.
Nun kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß mit Reiterlanzen NICHT eingelegt gestossen wurde, zumal der Reiter in den seltensten Fällen beide Hände zum Stoß frei hat.
IST die Lanze aber eingelegt, so erklärt sich auch das beschriebene Schwingen.
Bei einer abseits eines festen Punktes geführten Waffe , also einhändig und entfernt vom Körper, wäre das Schwingen nämlich auszugleichen.
Ich vermute , daß das Einlegen der Lanze (besser das Einklemmen unterhalb der Achsel) eine viel ältere Spielart des Lanzenkampfes von Reitern ist als bisher angenommen, also quasi eine natürliche Form des Haltens einer langen Stange.
LG

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Eintrag #28 vom 29. Feb. 2004 11:18 Uhr Tilman (Nachname für Gäste nicht sichtbar)   Nachricht Bitte einloggen, um Tilman eine Nachricht zu schreiben.

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Hallo Robert!
Ich werde nicht müde, es zu wiederholen: Erfolgreiche Konzepte bedürfen keiner Kontinuität. D.h. selbst wenn es den Stoß mit eingelegter Lanze schon vor dem HMA gegeben haben sollte (was ich als Ausnahme von der Regeln nicht in Zweifel ziehe!), dann bedeutet das nicht, dass man im HMA auf hellenistische Vorbilder zurückgriff. Es wird sich vielmehr um eine "Wiederentdeckung" handeln.
Logisch wäre das v.a., da es in der Geschichte der Rüsttechnik immer wieder Analogien gibt - man schützt sich gegen neuartige Waffen mit schwerer Rüstung, das erzeugt eine Gegenreaktion (meist Anpassung) und irgendwann kann man das Patt durch die höhere Beweglichkeit von Leichtbewaffneten wieder wett machen. Das ist das (grob vereinfachte)Prinzip seit Jahrtausenden. Sozialgeschichte etc. lassen wir dabei außen vor.
Zum beidhändigen Stoß: Dieser ist - wie glaube ich weiter unten bereits erwähnt - für Spezialtruppen der römischen Reiterei (contarii) bestens belegt (u.a. durch einen Grabstein eines contarius aus deutschen Gefilden). Im Gegensatz zum schweren contus, der wahrscheinlich den Lanzen der makedonischen Reiterei entlehnt ist, führte die "normale" Auxiliarkavallerie der Römerzeit die leichtere hasta. Man sieht sie des ßfteren auf Abbildungen (wiederum Grabsteine, Stelen etc.) als Stoßlanze, die sogar über der Schulter (!) geführt wurde, allerdings in keinem Fall als Lanze für den eingelegten Stoß. Es ging wohl eher darum, die hasta über kürzeste Distanz zu schleudern oder für den zielgerichteten Stoß/Schlag einzusetzen (der aus eingelegter Position nur im ersten Anrennen möglich ist). Dafür spricht auch die Form, das geschliffene, lange Blatt und der metallene Lanzenschuh, der die hasta mit zwei Spitzen versieht.
Das Ganze hat aber mit der grundsätzlich anderen Taktik der römischen Reiterei im Vergleich mit der europäischen Ritterschaft zu tun.
Der Stolzenberger

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Eintrag #29 vom 29. Feb. 2004 19:19 Uhr Florian Treml   Nachricht

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Inzwischen bin ich auch eher überzeugt von einer Mehrfachen! Wiederentwicklung in der Geschichte. Die interessantere Frage wäre für mich warum? sich zu bestimmten Zeiten/Regionen der eingelegte Stoß dann durchsetzte.
Die einzig mögliche Linie die ich noch nicht ganz ausschließe ist die der Byzantiner. ABER, die Byzantiner haben den eingelegten Stoß selbst auch nicht übernommen von den Römern/ihren Vorfahren sondern auch erst wieder entwickelt, nach bzw. am Ende der Völkerwanderung.
ßber die Byzantiner in Italien dann in den Rest Europas, so könnte man dann die Ausbreitung vermuten. Die Byzantiner wiederum könnten! den eingelegten Stoß dann von der Konfrontation mit den Sassaniden her haben, wo er eine längere, durchgehende!! Tradition bis in die Antike besitzt.
Bei der Reiterei nach Napoleon kam dann auch vermehrt die Lanze wieder auf, im eingelegten Stoß wurde sie vor allem gegen andere Reiter!geführt, Rüstungen waren eher geringfügig in Verwendung, gegen Fußvolk stieß man frei einhändig, zumeist aber wie beim Contus mit zwei Händen am Ende.
Daher meine Idee, daß der eingelegte Stoß immer eine Reaktion auf eine größer werdende Rolle der Reiterei darstellt. Nach der Völkerwanderung stieg die Reiterei zur wichtigsten Waffe auf, um auf die in Guerilla und Beweglicher Kriegsführung spezialisierten Gegener (Awaren, Wikinger, Sarazenen, Ungarn usw.) reagieren zu können.
Mit der schweren Reiterei kam eben dann als Reaktion wieder! der eingelegte Stoß auf (oder wurde von den Byzantinern übernommen)
Mit besten Grüßen

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Eintrag #30 vom 01. Mrz. 2004 10:59 Uhr Robert Rjeznik  Profil   Nachricht Bitte einloggen, um Robert Rjeznik eine Nachricht zu schreiben.

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Hallo Tilman
Mir ist natürlich klar, daß erfolgreiche Konzepte nicht unbedingt kontinuierlich genutzt werden müssen, ja es sogar manchesmal der Wiederentdeckung bedarf.
Zum eingelegten Stoß:
Ich bin überzeugt, daß diese Spielart des Stechens von der Länge der Stichwaffe abhängt.
Auch kommt es auf die Erwartung an.
Geht man davon aus, daß Panzerreiter mit ihren schweren Pferden und Rüstungen kaum fähig waren mehrfach anzugreifen, weit zu umgehen, lang zu verfolgen, so erklärt sich das Gewicht das dem ersten Stoß zukam und damit auch , daß der Treffer auf alle Fälle sichergestellt sein und möglichst hart sein mußte. Das ist bei schweren Reitern und langen Spiessen nur durch Einlegen machbar.
Bei den Ritterheeren löste sich das anschliessend meist in "Masseneinzelkämpfe" auf, was mit der Disziplinlosigkeit dieser Individualkrieger zu tun hatte, dadurch gab es erst recht keine Gelegenheit zum zweiten Anlauf.
Anders sieht die Sache gegen stehende Gegner aus wie zum Beispiel Fußtruppen, da sind mehrfach Anläufe dokumentiert.
Da ließ es die Situation aber zu !
Nun frage ich mich warum es nicht auch früher zu diesen Notwendigkeiten gekommen sein kann.
Immerhin hat es Plutarch für notwendig befunden das Schwingen der langen röm. Lanzen zu beschreiben. In diesen Zeilen ist aber vom Wurf nichts zu lesen.
Nun ändern sich Taktiken oft sehr schnell, da man schnellstmöglich auf ßnderungen reagieren muß.
Es mag sein, daß später diese Art der Reiterkampfes gar nicht mehr nötig war.
Ich weiß schon, daß die Kavallerie im Altertum völlig anders eingesetzt wurde als im Mittelalter.
Du kannst einen römischen Reiter zudem überhaupt nicht einem seriösen Vergleich mit einem Ritter des Mittelalters aussetzen.
Dazu ist der Unterschied im Wesen viel zu gross.
Jedenfalls bestehen diverse Zwänge, die zu neuerlichen Aufgreifen des eingelegten Stoßes geführt haben werden.
LG

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Eintrag #31 vom 01. Mrz. 2004 11:09 Uhr Robert Rjeznik  Profil   Nachricht Bitte einloggen, um Robert Rjeznik eine Nachricht zu schreiben.

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Hallo Florian.
Betreffend napoleonische Schlachtenkavallerie und danach ist anzumerken, daß diese Reiter keinen Schild zu handeln hatten.
Logischerweise hatten die Herren beide Hände frei.
Panzerreiter des Mittelalters trugen meist den Schild zur Abwehr des Stosses. Damit war für Zweihandstösse nicht genug von der zweiten Hand verfügbar.
Konform gehe ich in der Annahme, daß die Wucht des Stoßes groß sein mußte und deshalb die Lanze fest eingeklemmt wurde um möglichst viel Gewicht in den Stoß zu legen.
Das braucht es aber bei halbnackten Reitern nicht, also hängt es vom Schutz des Gegners ab.
betr. Sassaniden : es ist durchaus denkbar, daß die Griechen mit dieser Kampfart in Berührung kamen und sie daraus ihre, den römische überlegenen Lanzen ableiteten.
LG

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Eintrag #32 vom 01. Mrz. 2004 12:45 Uhr Thorsten (Nachname für Gäste nicht sichtbar)   Nachricht Bitte einloggen, um Thorsten eine Nachricht zu schreiben.

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Zur "Disziplinlosigkeit" der Ritterheere empfehle ich die Lektüre von Verbruggens "Medieval Warfare" und speziell die Conrois-Taktiken, die explizit auf den Turnieren geübt wurden.
Die Vorstellung, daß im hohen Mittelalter zwei Reitertruppen mit eingelegter Lanze aufeinander zuritten und sich nach dem Aufprall in Einzelgefechte aufgliederten bis die Entscheidung gefallen ist, ist imho ziemlich altmodisch. Natürlich wurde im Einzelgefecht nachgesetzt, wenn die gegnerische Formation aufgebrochen wurde, doch war die Einheitsstabilität groß genug sich nach einem Angriff ohne erwünschte Wirkung zurückzuziehen, zu sammeln und erneut in Formation anzugreifen.
Die Mär von den undisziplinierten Einzelkämpfern (die seltsamerweise oft ein jahrelanges Training hinter sich hatten - siehe die Memoiren des Guillaume de Marechal oder die Berichte Joinvilles) ist meiner Meinung nach überholt, was auch durch diverse Schlachtenberichte bestätigt wird (z.B. Worringen). Die Taktiken waren natürlich nciht so ausgefeilt, wie die der antiken Heere, doch der Zeit und dem Umfeld angepaßt.
Thorsten

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Eintrag #33 vom 01. Mrz. 2004 13:16 Uhr Florian Treml   Nachricht

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----Betreffend napoleonische Schlachtenkavallerie und danach ist anzumerken, daß diese Reiter keinen Schild zu handeln hatten.
Logischerweise hatten die Herren beide Hände frei. ----
Auch die Kataphrakten, Clibanarii und die spätmittelalterlichen Ritter trugen keinen Schild. Dazu kommt, daß die neuzeitliche Kav auch Karabiner/Revolver einsetzte, z.B. beim Angallopieren zum eingelegten Stoß mit dem Revolver nach vorne schoß. Selbst wenn man einen Schild hat heißt das nicht unbedingt, daß man nur einhändig kämpft, daß kommt auf die Größe an, die Buckler der byz. Kav (am linken unterarm) ebenso wie die Hoplitenschilde einiger Reiter in der Antike lassen Schild und zweihändigen Griff zu.
—Das braucht es aber bei halbnackten Reitern nicht, also hängt es vom Schutz des Gegners ab. –
Das könnte man vermuten, aber die Wucht ist so einhändig auch nicht so viel geringer und ausreichend um Kettenhemden zu durchstoßen. Aus dem Grund kämpften die Römer ja auch meist! im normalen einhändigen Griff, dazu muß man aber noch den Reichweiten!vorteil bedenken, den man mit eingelegter Lanze gegenüber anderern Griffweisen hat. Es gibt Beispiele, auch in der Antike wo eben der eingelegte Stoß ohne Gegner in entsprechender Rüstung aufkam.
—betr. Sassaniden : es ist durchaus denkbar, daß die Griechen mit dieser Kampfart in Berührung kamen und sie daraus ihre, den römische überlegenen Lanzen ableiteten. ----
Die Griechen leiteten ihren Lanzenkampf zu Pferde nirgendwo her, die Makedonen entwickelten mit der Sarissa die in ihrer Hetairen Reiterei auch Verwendung fand diese neue Kampfweise allein ohne Dritteinfluß. Dabei wurde die Sarissa mittig!! mit einer Hand gegriffen. Gleiches gilt für den Xyston oder den späteren Contus. Da die Sarissen zu lang waren und man es zunehmend mit beweglicheren Gegnern zu tun hatte, verkürzte man die Lanzen und griff sie beidhändig am Ende um so wieder eine größere Reichweite zu haben. Diese Kampfweise hat man wohl von den Parthern (nicht den Sassaniden, die sind später) übernommen oder sie zeitgleich mit den Parthern entwickelt.
Mit besten Grüßen

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Eintrag #34 vom 01. Mrz. 2004 13:26 Uhr Florian Treml   Nachricht

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Noch zur Kav im 19 Jahrh:
Der eingelegte Stoß wurde nur selten wirklich angewendet, zumeist stieß man mit beiden Händen die Lanze am hinteren Ende fassend. Wenn man im eingelegten Stoß noch eine Hand für die Zügel frei hatte, so konnte man vielleicht sein Pferd besser unter Kontrolle halten und lenken, so war man beweglicher und konnte besser mit seinem Pferd ausweichen.
Das diese Kampfweise auch mit dem eher größeren Schilden der Ritter im FMA/HMA zu tun hat, stimmt natürlich. Aber das ist nicht unbedingt der einzige Grund, einhändig geführt hat man flexibler kämpfen können, und an den Rüstungen lag es nicht. Die Rüstungen spielen meiner Meinung nach dann eine Rolle später, als sich der eingelegte Stoß als einzige Kampfweise mit der Lanze durchsetzte, obwohl man dann auch wieder auf den Griff mit zwei Händen am Ende hätte gehen können, da man dann keine richtigen Schilde mehr verwendete.
Zudem: Nicht in allem militärischen Maßnahmen muß/kann man einen pragmatischen Grund finden. Es ist auch möglich, daß man bestimmte Dinge aus einer Geschichtsbegeisterung heraus wieder einführte, zumindest in der Ausbildung. z.B. wurden die deutschen Helme dieser Zeit auch mittelalterlichen Vorbildern "nachempfunden" obwohl es bessere Helmformen gab.
Mit besten Grüßen

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Eintrag #35 vom 01. Mrz. 2004 14:28 Uhr Robert Rjeznik  Profil   Nachricht Bitte einloggen, um Robert Rjeznik eine Nachricht zu schreiben.

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Worringen ist ein sehr schlechtes Beispiel.
Denn hier begann sich das allgemeine Melee zum Zweikampfplatz zwischen den Adeligen zu entwickeln.
Der Flankenangriff des Grafen von Berg fällt in dieselbe Kategorie wie jener bei Dürnkrut/Jedenspeigen bzw. jener bei Tagliacozzo. (wobei ich mir nicht sicher bin, ob gerade Tagliacozzo nicht doch Zufall gewesen ist, denn welcher Feldherr lässt zuerst seine Hauptmacht besiegen , um den höchst fragwürdigen Moment der Selbstauflösung des vermeintlichen Siegers abzuwarten ?)
Das zeugt nicht von Disziplin sondern eher von der ßberredungskunst des Feldherren.
(Beispiel Dürnkrut /Jedenspeigen)
Ein Ritter ist seinem Wesen nach alles Andere als ein zum Kampf in der Gruppe gedrillter Schlachtenkavallerist, seine Ausbildung zielte vielmehr dafauf einen Qualitäts- Einzelkämpfer herauszubilden. ALLES hing vom Willen dieses Individualkriegers ab. Und buchstäblich Alles stützte sich auf allein sein physisches und psychisches Standvermögen. Und das wusste der damalige Ritter. Daraus erklären sich dann aber auch Befehlsverweigerungen wie bei Dürnkrut oder verfrühte Angriffe bei anderen zahlreichen Gelegenheiten. Auch das Auseinanderlaufen von entsprechenden Truppen nach Ablauf der vorgegebenen Zeit des Feldzuges ist damit ausreichend erklärt. Die Kommandostruktur KONNTE angesichts einer Masse an Individualisten, die sich untereinander meist nicht riechen konnten gar nicht so ausgeprägt sein, dass eine Führung im heutigen Sinn möglich war.
Erst der massive Einsatz von Soldrittern brachte eine Verbesserung der Lage.
Solange aber die grossen Herren selbst die erste Geige spielten, kam es deswegen immer wieder zu Katastrophen. (z.B. Agincourt).
Nochetwas : zwischen Vorschrift, dem Einexerzieren einer Vorschrift und der Durchführung ist ein himmelweiter Unterschied.
Logischerweise gab es eine gewisse, durch den Stand und gesellschaftliche Bindungen bedingte Disziplin , auf die sich die Kommandierenden stützen konnen, ansonsten wäre keien einzige Heerfahrt zustande gekommen.
Man darf da aber nicht zuviel hineininterprätieren.
Ausnahmen bildeten auf jeden Fall die Ordensritter. Hier galten allerdings wesentlich andere Spielregeln.
LG Robert

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Eintrag #36 vom 01. Mrz. 2004 14:53 Uhr Robert Rjeznik  Profil   Nachricht Bitte einloggen, um Robert Rjeznik eine Nachricht zu schreiben.

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Gut aber die Römer hatten es in den seltensten Fällen mit Panzerkavallerie zu tun, sondern doch eher mit ziemlich ungeschützten Kriegern. ( Afrikaner, Germanen).
Da reichte also der einhändige Stoß durchaus.
Betreff Griechen : Ich habe mich missverständlich ausgedrückt. Natürlich war die Rede von den von den Makedonen beeinflussten Griechen, welche ja mit den Römern in Berührung kamen.
Die spätmittelalterlichen Ritter hatten eine andere Möglichkeit des Schutzes entwickelt, Clibanarius und Kataphrakt waren bestenfalls Vorläufer eines mittelalterlichen Ritters.
Betreffend Wucht : es kommt dabei auch auf die Länge der Lanze an. Da bei einer bestimmten Länge jedoch Schluß war, musste man das Ding weit rückwärts fassen um so die Reichweite und Stoßkraft zu erhöhen, was bedeutet, dass man irgendwo gegenstützen muß.
Daraus leite ich das Einlegen ab.
LG … Robert

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Eintrag #37 vom 01. Mrz. 2004 19:55 Uhr Florian Treml   Nachricht

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----Gut aber die Römer hatten es in den seltensten Fällen mit Panzerkavallerie zu tun, sondern doch eher mit ziemlich ungeschützten Kriegern. ( Afrikaner, Germanen).
Da reichte also der einhändige Stoß durchaus. —
Kann ich so nicht stehen lassen: Tatsächlich Afrikaner- keine Rüstung, und z.T. bei den Germanen, aber auch bei denen ritten vor allem Adelige und die hatten auch schon helme, schilde und kettenhemden.
Dagegen die Kelten, fast alle mit Kettenhemd, Schild, helm, dann die ganz schweren, die Parther, die Sarmaten, die Karthager und Makedonen, alle gerüstet. Die Mehrheit der Gegner der Römer trug Ketten-Rüstung wie die Ritter im FMA. Römische Kav war zudem in der Zeit der Republik fast immer unterlegen, erst am Ende der Republik mit der ßbernahme der keltischen Reiterei, ihrer Ausstattung und ihrer Kampfweise (und der Kelten selbst)wurde sie zu Der! röm. Kav die sie meinen.
—Betreff Griechen : Ich habe mich missverständlich ausgedrückt.—
War mir schon klar, aberr, die Römer haben die Hasta! tatsächlich von den alten Griechen, die diversen hellenistischen Lanzenformen (Xyston, Sarissa) haben sie nicht! übernommen, obwohl sie im Kampf Kav gegen Kav überlegen gewesen wären. Die hellenistischen Heere wurden auch alle durch ßberlegenheit der röm. Inf besiegt, die hell. Reiterei kam nicht sonderlich zum Einsatz, bzw. es gab sie so nicht mehr.
—Betreffend Wucht : es kommt dabei auch auf die Länge der Lanze an. ----
Es kommt vor allem auf den Griff (wie sie schon geschrieben haben) und das Pferd an, zwischen Hasta und Contus ist von der Wucht in Joule beim Auftreffen kaum ein Unterschied obwohl letzterer doppelt so lang sein kann.
—Da bei einer bestimmten Länge jedoch Schluß war, musste man das Ding weit rückwärts fassen um so die Reichweite und Stoßkraft zu erhöhen, was bedeutet, dass man irgendwo gegenstützen muß.
Daraus leite ich das Einlegen ab.----
Man hätte aber auch dann schon wieder mit zwei händen am hinteren Ende greifen können, den zu dem Zeitpunkt waren die Rüstungen schon schwer genug, und die Schilde schon rückläufig, kleiner, umhängbar. Mit einer mit zwei Händen gehaltenen Lanze hätte man dann auch wieder z.T. fechten können.
Mit besten Grüßen

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Eintrag #38 vom 01. Mrz. 2004 23:16 Uhr Tilman (Nachname für Gäste nicht sichtbar)   Nachricht Bitte einloggen, um Tilman eine Nachricht zu schreiben.

nach oben / Zur Übersicht Begriffsverwirrung

Hallo zusammen!
Ich werde das Gefühl nicht los, dass hier wieder eine enorme Vermengung von Sachverhalten unterschiedlichster Perioden durcheinander gewirbelt, oder schlimmer, nebeneinander gestellt werden.
Um was geht es hier eigentlich?
Die Möglichkeit des Kampfes mit eingelegter Lanze möglichst weit zurück zu datieren? Ich denke, das wurde bereits hinreichend diskutiert. Die Möglichkeit allein bedingt noch nicht die Ausschließlichkeit ihrer Anwendung.
Oder wird - wieder mal - versucht, ßpfel mit Birnen zu vergleichen? Ich lese von "Rittern" des Früh- bis Spätmittelalters, ihren "Vorgängern", den Kataphrakten, ab dem 2. Jh.n.Chr. und deren "Vorbildern" in Form der makedonischen Reiterei, garniert durch den krönenden Abschluss durch die napoleonische Kavallerie. Irgendwas scheint mir da nicht ganz zusammen zu passen.
Einigt euch doch erstmal, was überhaupt diskutiert werden soll, anstatt euch gleich die verschiedensten Epochen um die Ohren zu hauen - die Argumentation greift nicht.
@Robert: Nichts gegen dich, aber ich muss Thorsten zustimmen, deine Ansichten bzgl. des Aufbaus eines mittelalterlichen Heeres sind etwas altertümlich. Der Ritter wird niemals (!) als bloßer Einzelkämpfer ausgebildet - schon von seiner Knappenzeit an lernt er, im Team zu arbeiten. Die Ritter eines Lehnsherrn treffen sich beinahe regelmäßig zu gemeinschaftlichen ßbungen, meist kämpfen sie auf Turnieren im Verbund - das dir wohl vorschwebende Einzelgestech ist eine Entwicklung des SMAs und wird vorher nur selten "aufgeführt".
Eine Angriffstechnik wie der Stoß mit eingelegter Lanze setzt eine solche geschlossene Formation sogar unbedingt voraus: Denn ansonsten könnte sich auch ein stehendes Heer einfach nach Bedarf umformieren und den verdutzten Angreifer durch die eigenen Reihen hindurch galoppieren lassen!
Allerdings darf man auch nicht die Wendigkeit der Schlachtrösser des MAs unterschätzen - relativ klein und temperamentvoll sind sie sehr wohl in der Lage, den Reiter/Ritter einige Zeit wiederholt in den Angriff zu tragen, bevor die Lanze unbrauchbar wird, und man sich, meist gedeckt von den nachgerückten Fußtruppen, dem Gegner im Nahkampf stellt. Das Ganze bleibt aber dennoch hochmobil, denn immer wieder ziehen sich die Ritter zurück und formieren (!) sich neu - das ist durch zahlreiche Berichte (u.a. in der Schlacht von Worringen) belegt.
Sicherlich, bei Schlachten wie Crecy 1346 gibt es Ritter, die spezielle Feindschaften gegeneinander hegen und sich deshalb auf einen Zweikampf sogar im Vorfeld der Schlacht einlassen wollen. Das ist aber eher als Auswirkung des Turnierwesens zu werten, man begriff auch die Schlacht als "ritterliches Spiel". Das hat aber etwas mit gesellschaftlichen Strukturen und weniger mit der Organisation des Heeres zu tun.
Zudem ist es wohl eher vorstellbar, dass die betreffenden Heißsporne keine Einschildritter waren, d.h. als Bannerherrn bzw. Anführer einer Lanze nicht allein gegen den Feind vorstürmten.
Auf englischer Seite stehen übrigens gleichzeitig Ritter, die genausowenig für Sold kämpfen wie ihre französischen Standesgenossen. Sie kämpfen lediglich mit einer anderen (von oben vorgegebenen!) Taktik. Wo ist nun der Unterschied?
Eine Anmerkung am Rande dazu: Tagliacozzo ist das Spiel Karls von Anjou mit der Ruhmsucht seiner Ritter, die nichtsdestotrotz gemeinsam (!) gegen den Feind stürmen und ihr "Himmelfahrtskommando" eher als Chance für einen besonders ehrenhaften Kampf sehen. Das Nachsetzen der Truppen Konradins ist zugleich eine natürliche strategische Maßnahme jener Zeit, da die "deutschen" Ritter ihren Sieg nutzen und Gefangene machen wollten. Alles in allem hält sich der ganze Ablauf der Schlacht an Regeln, die lediglich durch Karls "List" mit der Reserve gebrochen werden.
Und schon ist es mir auch passiert, ich habe mich auf eine Diskussion eingelassen, die eigentlich einen eigenen Thread verdient, zumal sie nichts mehr mit diesem zu tun hat. Deshalb ende ich hier…
Grüße
Der Stolzenberger

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Eintrag #39 vom 02. Mrz. 2004 14:57 Uhr Florian Treml   Nachricht

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----Ich werde das Gefühl nicht los, dass hier wieder eine enorme Vermengung von Sachverhalten unterschiedlichster Perioden durcheinander gewirbelt, oder schlimmer, nebeneinander gestellt werden. ----
Stimmt leider, aber es ging/geht mir eigentlich nur um den Lanzenkampf, die Lanze selbst, und die gab es eben in verschiedenen Epochen in gleicher Form! Daher die Frage wie man diese, gleichen Lanzen einsetzte. Aber es stimmt schon, daß nichts dabei rauskommt, röm Kav und mitt ritter usw zu vergleichen, man müßte rein nur auf die Lanze gehen, und wie man mit ihr vom Pferd aus kämpfen kann und warum die eine Kampfweise und warum die andere.
—Um was geht es hier eigentlich?—
Kampf mit der Lanze zu Pferd! Warum überhaupt Eingelegt, warum nicht wieder mit zwei Händen im HMA?
—Irgendwas scheint mir da nicht ganz zusammen zu passen. —
Ja, stimmt leider, aber du selbst weichst ja auch schon wieder ab, und erkennst erst dann das du wieder reingefallen bist. Es ist einfach zu verlockend. Daher sieh es uns bitte nach, daß wir WIEDER etwas abgekommen sind.
Mit besten Grüßen

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Eintrag #40 vom 02. Mrz. 2004 17:14 Uhr Tilman (Nachname für Gäste nicht sichtbar)   Nachricht Bitte einloggen, um Tilman eine Nachricht zu schreiben.

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…nochmals, einen eigenen Thread einzurichten, auf den man dann bzgl. Diskussionen über Disziplin der ma.Ritter u.ä. verweisen kann.
Ich weiß, dass man Diskussionen in einem Forum nicht immer steuern kann - zumal wenn man die Ansichten von anderen hört und diesen beipflichten oder auch sie bestreiten möchte; da rutscht einem schonmal die virtuelle Feder aus. Aber eine klare Formulierung der gewünschten Diskussionsinhalte HIER ist wichtig - einstweilen danke für deinen Versuch, Florian! ;)
Der Stolzenberger

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Eintrag #41 vom 02. Mrz. 2004 17:48 Uhr Robert Rjeznik  Profil   Nachricht Bitte einloggen, um Robert Rjeznik eine Nachricht zu schreiben.

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@Tilman
Ich fasse das nicht als Affront auf.
Das ist eine Disku bei der es bestimmte Meinungen gibt. Wahrscheinlich ist dabei von allem etwas richtig. Die alleinseeligmachende Wahrheit hat sowieso niemand.
Es ist lediglich eine Auslegungssache der Fakten.
@ Florian
Vermischungen passieren halt in der Disku, ebenso wie das Abkommen vom eigentlichen Thema. Das ist ja das Schöne an solche Diskus, man kommt eben von Hundersten ins Tausendste.
@Tilman ( und alle anderen Mitlesenden ;) )
Natürlich hat es so was wie ein Befehlsverhältnis zwischen den Bannerherren und ihren Rittern gegeben und natürlich wird der Ritter seine Aufträge bis zu einem gewissen Punkt erfüllt haben.
Daß die Rittersleute gar keine Disziplin kannten, behaupte ich nicht, denn sonst wären Heere unführbar gewesen. Es musste Verbandsexerzieren gegeben haben, wie ist sonst der Angriff in Linie vorstellbar ? ( Ich kenne das aus meiner eigenen Dienstzeit bei der Jägertruppe (Infanterie). Du kannst lange Linien im Gelände kaum gerade halten, weder im eng geschlossenen Zustand noch im aufgelockerten Zustand ( wie es bei Reitern üblich ist, denn Bügel an Bügel reiten funktioniert im Schlachtstreß selten). Bestes Beispiel kannst Du beim Trooping the Colours sehen und die trainieren speziell darauf.
Ein Ritter konnte nicht so trainieren, immerhin hatte der auch ganz andere Probleme, der Mann musste nämlich von etwas leben und da konnte er nicht stehendes Heer spielen.
Man darf sich Ritter nicht als vermögende Kaste vorstellen. Der Reichtum beschränkte sich auf einen geringen Anteil des Adels. Sieh´ dir an wie die meisten Landadeligen hausten, wie oft der Besitz /die Burg in kinderreichen Familien geteilt wurde, sodaß sich die Burgbewohner förmlich auf die Zehen stiegen. Da blieb kein Geld für teure ßbungen.
Also musste seine Grundausbildung und von Zeit zu Zeit ein Umzug eine Prozession oder ein Turnier reichen.
Dazu kommt noch, dass der Dienst zeitlich streng limitiert war, ein Ritter also nicht so ohne Grund und ohne Weiteres auf lange Zeit von seinem Lehnsherrn in Anspruch genommen werden konnte.
Daher bleibe ich dabei : die Ausbildung des Ritters diente dazu aus ihm einen Einzelkämpfer zu machen während die Verbandsausbildung eher spärlich ausfiel und der Kampf im Verband eher den natürlichen Abläufen, die meinetwegen bei Reiterspielen oder Prozessionen eingeübt wurden, folgten. Und es ist einfach in der Linie Jedem sein Ziel zuzuweisen, speziell wenn der Gegner ebenfalls die Linie wählt.
Ein Hinweis auf das zu geringe Verbandsevolutionieren ist das Antreten in Linie als nahezu einzige Form.
Mir liegt ausserdem kein einziger Bericht über ein Grossmanöver vor ! Ergo gab es Defizite im Einüben von Gefechtsformänderungen im Grossverband ( immer in Vergleich mit Reitern späterer Berufsheere)was wiederum mit der Eigenart von Ritterheeren zusammenhängt.
Betreff Einzelgestech : was war denn ein Angriff von Rittern anders als eine grosse Masse von Einzelkämpfen , vergleichbar den Kämpfen der jap. Samurai in den diversen Kämpfen ?
Das Davonreiten und Neuangreifen kann nur ein Lesefehler sein, denn wenn dir jemand den Rücken kehrt , dann verfolgst Du ihn und fasst ihn im Rücken, ganz speziell wenn Du selbst beritten bist. Ganz anders sieht die Sache beim Angriff auf stehende Feinde aus. Da hat man Zeit umzudrehen, sich neu zu formieren und wieder zu chargieren.
Sowas kann aber auch danebengehen, wenn nämlich die Fußtruppen ihrerseits standfest genug sind vorzugehen . Gerade bei solchen Vorkommnissen ist dann zumeist eine Massenpanik im Ritterheer dokumentiert, was wieder auf fehlende Disziplin schliessen lässt.
Betreffend deinem Einwand zum Soldrittertum muß ich anmerken, dass unter Friedrich II schon dazu übergegangen wurde die Ritter zu entlohnen, da eine Heerfolge eine hohe wirtschaftliche Belastung des Vasallen darstellte. Wobei das Lehnsrecht als solches ja davon nicht berührt wurde.
Betreffend Vergleich engl. Und frz. Ritter sollte schon bemerkt werden, dass sich das engl. Ritter und Vasallentum grundsätzlich vom Kontinentalen unterschied und zwar auf rechtlicher Ebene. So war die engl. Königsmacht um vieles stärker als die ihrer kontinentalen Pendents.
Tagliacozzo:
Die Nachsetzenden waren Spanier und der Kampf der zurückkehrenden Spanier gegen die gerade das Zentrum Konradins besiegt habenden Franzosen wurde nun so richtig ausgeschmückt und nicht die Niederlage der anjouer Hauptmacht !
Disziplin könnte man einzig aus der Tatsache ablesen, dass die Franzosen NICHT sofort geplündert haben, sondern erst die Spanier abwarteten. Aber auch hier denke ich eher an ßberredungskunst des Feldherren.
Was wäre übrigens geschehen, hätten die Truppen Konradins sich nicht zum Plündern aufgelöst ? Immerhin hätte Karl auch das ins Auge fassen müssen. Ebenso wie die vorzeitige Rückkehr der Spanier.
Also bei aller Sympathie für die Trickthese, das ist mir zu weit hergeholt !
Ich denke, dass ein Teil der Truppen aus irgendeinem Grund zufällig stehen blieb und dann unter Aufbieten aller ßberredungskunst zum Angriff gebracht wurde. Wie auch immer , der Erfolg gibt dem Erfolgreichen Recht.
Uff das ist schon wieder viel zu viel und viel zu weit weg vom Thema.
Und es beantwortet immer noch nicht die Frage warum man die Lanze einlegte.
LG … Robert
Robert

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Eintrag #42 vom 02. Mrz. 2004 21:28 Uhr Tilman (Nachname für Gäste nicht sichtbar)   Nachricht Bitte einloggen, um Tilman eine Nachricht zu schreiben.

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"Uff das ist schon wieder viel zu viel und viel zu weit weg vom Thema.
Und es beantwortet immer noch nicht die Frage warum man die Lanze einlegte."
Genau darum fühle ich mich außerstande, dir in entsprechender Weise zu antworten. Verschieben wir eine solche Diskussion lieber auf ein anderes Mal, mein Vorschlag zur Güte.
Achja, ich gebe mich allerdings nicht geschlagen und bleibe vorerst bei meiner Auslegung der angeführten Punkte - Erläuterung bei Bedarf an anderer (passender) Stelle ;-)
Der Stolzenberger

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Eintrag #43 vom 02. Mrz. 2004 21:36 Uhr Tilman (Nachname für Gäste nicht sichtbar)   Nachricht Bitte einloggen, um Tilman eine Nachricht zu schreiben.

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…das kann ich mir nicht verkneifen ;)
@Robert: Du unterschätzt scheinbar gnadenlos die Bedeutung des Fußvolkes für den Ritterangriff vor dem 14. Jh. und die Entwicklungsstufe der Taktik im MA allgemein.
Hinzu kommt das Bild vom armen Landmann, der gleichzeitig hochgerüsteter Ritter ist - ein Bild übrigens, das der Frühen Neuzeit (Bsp. die Briefe Ulrichs von Hutten) entstammt. Letztlich hatte jeder, der als Ritter galt, die Möglichkeit und das Bedürfnis sich in dieser "Gesellschaftsschicht" zu behaupten - ein understatement war nicht möglich; und wenn man die allgemeine Gesellschaftshistorie berücksichtigt, wird man feststellen, dass das ganze Leben jedes Einzelnen stets in einen Verband eingebunden war - warum sollte dieses (zugegebene, soziale) Verbund-Prinzip ausgerechnet auf dem Schlachtfeld, wo es ums ßberleben geht, außer Kraft gesetzt sein.
M.E. legst du allzu moderne Maßstäbe an diese (in sich heterogene) Epoche an.
PS: Und ja, das ist kein Affront! ;)
Der Stolzenberger

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Eintrag #44 vom 03. Mrz. 2004 10:12 Uhr Robert Rjeznik  Profil   Nachricht Bitte einloggen, um Robert Rjeznik eine Nachricht zu schreiben.

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wer redet denn von "schlagen" ?
Ich habe auch noch etliches an begründeten Einwänden.
Verschiebung ist gut und vor allen Dingen ( ich habe deinen Vorschlag einen neuen Thread zu eröffnen erst nach meinem Post zu Gesicht bekommen) in einem anderen Thread, sodaß hier tatsächlich beim Theam gebleiben werden kann.
Aber eins kann ich mir auch nicht verkneifen : das Fußvolk war lange Zeit VERGLEICHSWEISE bedeutungslos.
Dokumentiert ist das in der Literatur genauso wie in militärhistorischen Werken. Aber auch das gehört anderswo hin.
LG … Robert
p.S. Ich sehe das hier nicht als eine Art wettkampf um´s Recht haben an. Ich versuche Fakten auszuwerten.
Dabei kommt es stark auf die Prägung der Diskutierenden und damit die Gewichtung der Infos an.
Robert

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Eintrag #45 vom 03. Mrz. 2004 15:00 Uhr Florian Treml   Nachricht

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—Aber eins kann ich mir auch nicht verkneifen : das Fußvolk war lange Zeit VERGLEICHSWEISE bedeutungslos. Dokumentiert ist das in der Literatur genauso wie in militärhistorischen Werken.----
Also da muß ich ENTSCHIEDEN wiedersprechen!
—Aber auch das gehört anderswo hin. —
Laß uns doch darüber in einem anderen eigenen Thread debatieren.
Mit besten Grüßen

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Eintrag #46 vom 03. Mrz. 2004 16:20 Uhr Robert Rjeznik  Profil   Nachricht Bitte einloggen, um Robert Rjeznik eine Nachricht zu schreiben.

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Bitte sei so gut und erstelle eine neuen Thread und sag mir dann wie er heisst ;)
LG … Robert

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Eintrag #47 vom 03. Mrz. 2004 17:18 Uhr Florian Treml   Nachricht

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Schon geschehen, noch bevor du geschrieben hast.
Bei Militärisches:
Fußvolk und Ritter im Mittelalter
und
Ritter - Einzelkämpfer oder Disziplinierte Einheiten
für dich und Tilman :-) da bin ich mal gespannt!
Mit besten Grüßen

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Eintrag #48 vom 03. Mrz. 2004 19:59 Uhr Tilman (Nachname für Gäste nicht sichtbar)   Nachricht Bitte einloggen, um Tilman eine Nachricht zu schreiben.

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Ich wiederhole hier nur kurz, was ich dort bereits geschrieben habe: Meine Beteiligung an der Diskussion stelle ich ein, einfach wegen der allzu allgemein gefassten Themenstellung.
Es wird niemals eine Möglichkeit geben, mit(!)einander ins Gespräch zu kommen, das hat man hier gesehen. Dafür müsste ich mein komplettes Wissen (auch wenn es bescheiden sein mag, einige virtuelle Seiten dürfte es füllen) hier über euch ausgießen. Das erspare ich mir und euch, zumal es zur Diskussion nichts Konstruktives beiträgt.
Ich lade euch ein, mich in meiner Studierstube zu besuchen, dort können wir dann tagelang disputieren und ich wälze die Bände meiner Bibliothek für euch - das alles hier hinein zu packen und dann noch nebenbei vernünftig zu argumentieren - sorry, aber das überlastet mich!
Der Stolzenberger

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Eintrag #49 vom 04. Mrz. 2004 22:50 Uhr Lutz Schmidt   Nachricht

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Hi Leute,
Hier mal ein bisschen was aus der Praxis:
Hat von euch schon mal jemand versucht mit einer Stange (egal wie das Ding mal aussehen mag) in der Hand, auf einem Pferd zu reiten und mit dieser Stange irgendwie rumzufuchteln?!?
Eins kann ich euch aus eigener praktischer Erfahrung sagen:
ob man eine Lanze einlegen muß (egal ob unter den Arm klemmen oder in den Rüsthaken auf der Platte gelegt…) oder frei führen kann, ist direkt von der Größe, also der Länge und dem Gewicht der Lanzeabhängig!
eine leichte Bambuslanze wie sie heute noch die Mounties in Kanada benutzen oder einen leichten Speer kann man problemlos mit einer Hand führen. Eine um die 5 m lange Turnierlanze aus dem 16. Jh kann man nicht anders führen als eingelegt… eine leichte ca. 3-4m lange Kampflanze eines Lanzenreiters des 15.Jh kann man mit etwas übung grad noch frei führen, aber wie auf vielen abbildungen und erhaltenen originalen Brustplatten am Rüsthaken ersichtlich war diese auch zum eingelegten Stoß gedacht!
Grüße Lutz

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Eintrag #50 vom 05. Mrz. 2004 14:48 Uhr Florian Treml   Nachricht

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—Eine um die 5 m lange Turnierlanze aus dem 16. Jh kann man nicht anders führen als eingelegt…–
Doch, man könnte sie mit 2 Händen halten. So wie z.B. der längere Contus (oder die Sarissa der Makedonen 5-6m Länge!), am Ende der Antike geführt wurde. (ja ich weiß es ja, andere Zeit!) aber mit zwei Händen hätte man auch im 16 Jahrh in Europa im Turnier die Lanze besser manövrieren!! können, die Rüstungen waren ab dem SMA ja auch schon (wieder) so schwer, daß der Schild an Bedeutung verlor (der Schild, der wegen der schwächeren Rüstung so wichtig war, ist meiner Meinung nach der Grund Für! den eingelegten Stoß als Hauptstoßart mit schwereren Lanzen, die man, wie du zurecht schreibst einhändig nur noch schwer führen kann)
Frage daher: Warum nicht zweihändig?
Meine Meinung nach: (nur eine! Theorie) Weil da der militärische Wert des ganzen schon sehr gering geworden war, und eben eine Versportlichung für das Turnier eingetreten ist. So wie bei anderen Waffen die Waffe und ihr Einsatz weg vom Praktischen ging und zu einer Sport/Sonderform umgewandelt wurde)
Mit besten Grüßen

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Eintrag #51 vom 06. Mrz. 2004 12:23 Uhr Tilman (Nachname für Gäste nicht sichtbar)   Nachricht Bitte einloggen, um Tilman eine Nachricht zu schreiben.

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@Florian: Endlich stimmen wir mal überein ;)
Das ist es ja, was ich die ganze Zeit sagen wollte - man darf den Einfluss von Konventionen (und damit der Gesellschaft) auf die Wirklichkeit des Kampfes im gesamten MA nicht vernachlässigen. Es geht deshalb weniger um große historische Zusammenhänge und Entwicklungen, die sich gegenseitig beeinflusst haben, sondern um kleinteilige Evolutionen, die in ihrer geschlossenen Welt durchaus Sinn gemacht haben (wie eben der Ritter, ob mit oder ohne eingelegte Lanze ;)!).
Der Ritter des 16.Jhs. folgte einem Idealbild, seinem Vorgänger des 12./13.Jhs. Das geschah in der Literatur des SMA und der Frühen Neuzeit (in letzterer wunderbar entlarvt durch Cervantes’ "Don Quixote"). Das geschah aber auch in der Realität des Kampfes, widergespiegelt im formalisierten Turnierwesen der Zeit.
Der Stoß mit eingelegter Lanze galt dabei als Konvention, übernommen von den großen Vorbildern des HMA - allerdings ungeachtet dessen, ob man damals wirklich nur so gekämpft hatte.
Die ersten Ritter in unserem Sinne, die innerhalb Europas irgendwann im späten 11. Jh. aufeinander trafen, entdeckten, dass das geschlossene Anrennen gegeneinander mit eingelegter Lanze am effektivsten gegen wie sie ausgerüstete Gegner war. Das setzte den Rüstungswettlauf in Gang - aber dem wirklichen Fortschritt des Rittertums machte schließlich ihr eigenes Traditionsbewusstsein (sowohl im Militätrischen wie im Herrschaftlichen, das ist wichtig!) sowie die sich verändernde Gesellschaft einen Strich durch die Rechnung.
Die Turnierrüstungen des 15./16.Jhs. sind eindeutig Sportgeräte, schlecht oder gar nicht zu gebrauchen in der Schlacht. Diese Entwicklung setzt aber schon bedeutend früher ein - z.B. tragen unter dem Topfhelm die Ritter ab dem späteren 13. Jh. einen "Zweithelm", die Beckenhaube, die man dann im 14.Jh. mit einem Visier versieht, damit "vollwertig" macht, während der Topfhelm verschwindet und nurmehr im Turnier gebräuchlich ist. Der Schutz des Gesichts ist eindeutig ein Schutz vor den Einwirkungen eines Lanzenstoßes.
Im Turnier erhalten sich viele Relikte der "guten alten Zeit", eben weil es Konvention für den Ritter ist, so zu kämpfen wie seine Vorfahren, eben ritterlich zu sein.
Und spätestens hier kommen wir wieder in den großen Rahmen der Sozialgeschichte des Mittelalters zurück. Die Militärgeschichte kann man in dieser Epoche (wie wohl in keiner anderen) nicht gesondert betrachten, sie gehört in diesen Kontext. Von daher lassen sich wohl auch nicht solche logischen Analogien ziehen wie zwischen dem ersten Auftauchen der eingelegten Lanze vor dem MA und dessen Auswirkungen auf das Ritter-/Kriegertum des MAs.
Wenn uns das alles eines lehrt, dann dies:
Geschichtliche Entwicklungen sind nicht logisch, sondern von Menschen gemacht!
Der Stolzenberger

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