Imkerei im Mittelalter
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Eintrag #1 vom 19. Mai. 2000 11:24 Uhr
Tobias Walter
Hallo alle zusammen ! Da mein Vater nun schon seit ein paar Jahren Hobbymaessig Imker ist, & ich somit staendig mit seinen kleinen Lieblingen (in unserem Garten) konfrontiert werde, fragte ich mich schon seit langen wie das wohl im Mittelalter funktionierte. Konkret geht es mir hierbei um die Gewinnung des Honigs. Vor kurzem haben wir schon zum ersten mal im diesen Jahre Honig geschleudert, was wenn man es richtig machen will doch schon einiges an Arbeit ist (aber es lohnt sich . . . unser Kastanienhonig . . . Schwaerm !). Dennoch ist es fuer uns, trotz der vielen Handarbeit, sicherlich leichter als damals den Honig zu gewinnen, da wir die Beuten in immer den gleich grossen Rahmen vorfinden, somit wird das Schleudern erheblich einfacher. So nun meine konkrete Frage nochmal, wie hat man(n) im Mittelalter (falls es Unterschiede gab dann wuerde mich besonders das 13. Jh. interessieren) den Honig gewonnen ? Ich meine wie hat man ihn aus den Waben geholt ? Vielen Dank schon mal Tobias
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Eintrag #2 vom 19. Mai. 2000 19:58 Uhr
Matthias Doettlaff
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Hallo Tobias, Ein bischen zur Imkerei findest Du bei Hieronymus Bock in seinem "Kreutherbuch" aus dem 16.Jh. Ist leider nur noch in Bibliotheken als Reprint zu finden. Nach meinen Informationen hat sich vom MA bis dahin nichts geändert, außer daß vermehrt Körbe verwendet wurden. Im MA wurden Bäume ausfindig gemacht, in denen Bienen wohnten. Die Löcher wurden im Spätsommer (?) verschlossen und der Baum gefällt, die Bienenhöhle herausgearbeitet. Dieses Stück wurde dann zum nächsten Gewässer geschafft und das Bienenvolk dort ertränkt. Die Höhle wurde aufgebrochen und die Waben entnommen. Um an den Honig zu gelangen wurden die Waben in einer speziellen Presse gepreßt. In der Uni Bielefeld stand zumindest vor drei Jahren noch eine Rekonstruktion einer solchen Presse herum. Der dazugehörige Doktor (inzwischen in Rente) meinte, daß man die Wabendeckel erst entfernen müsse, damit man etwas herausbekommen könnte. Im späten MA tauchen dann anscheinend vermehrt Körbe auf. Bis ins 17.Jh hinein war es offenbar üblich, auch die Völker in den Körben zu ertränken, bevor man den Honig erntete. Eine gezielte Zucht fand bis dahin vermutlich nur unzureichend statt. Um ein Volk am Schwärmen zu hindern, zeigte der Imker dem Schwarm das nackte Hinterteil. Bis ins späte 19. Jh wurde der Honig nach meinen Infos noch gepreßt. So unglaubwürdig und blödsinnig hier jetzt einiges klingt, es ist definitiv keine Verarsche! Grußvoll, Matthias Topasius
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Eintrag #3 vom 22. Mai. 2000 08:32 Uhr
Tobias Walter
Hallo Matthias ! Danke fuer Deine Erlaeuterungen. Das mit dem pressen des Honigs hatte ich zwischenzeitlich auch in Erfahrung gebracht, nicht aber das los der fleissigen Bienen. Bleibt jetzt fuer mich nur noch in Erfahrung zu bringen, ob man ueber die Koenigin bescheid wusste & sie eventuell mit ein paar Bienen am Leben liess um ein neues Volk aufzubauen. Ach ja . . . dunkles Mittelalter. Danke nochmals Tobias
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Eintrag #4 vom 23. Mai. 2000 15:55 Uhr
Dirk Jerusalem
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Hallo zusammen, also irgendwie kann ich das einfach nicht glauben! Bienenvölker bis ins späte Mittelalter hinein zu ertränken??? Uh ist das finster. War das wirklich so? Ich kanns einfach nicht glauben. Damit kann man doch nicht die gesamte Zuckerproduktion des MA bestreiten. Immerhin gabs Rohrzucker erst recht spät und bis dato war Honig Zuckerlieferant Nummer EINS! Leider hab ich auch noch keine Darstellung selber gefunden, bzw. sonstige Quellen. Aber relativ leicht fand ich eine Quelle die besagt, dass eine Bienenzucht- Darstellung auf einem Relief des Re-Heiligtums aus der 5. Dynastie schon zu sehen war (ca. 2500-2350 VOR Chr.). Leider war da keine Abbildung dabei, sondern nur der Verweis. Die haben doch bestimmt nicht 3500 Jahre lang die Bienenvölker komplett ertränkt, zumindest eine Königin musste doch überleben.
Gruss, Derigh
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Eintrag #5 vom 23. Mai. 2000 22:39 Uhr
Angharad Beyer
Hallo Derigh, Honig und Zucker sind nicht das gleiche! Süßmittel waren bis zur Erfindung der Zuckerherstellung aus der Zuckerrübe selten und daher teuer. Bis dahin (18. oder 19. Jh) gab es nur Rohrzucker. "Im Gegensatz zu den landläufigen Vorstellungen süßt man in der Küche des Okzidents nur selten mit Honig, anders als in der römischen Antike. Der Zucker ist freilich teuer, er wird im MA in Sizilien und Andalusien produziert, wo man das Zuckerrohr anbaut. Doch importiert man auch aus ferneren Ländern, denn ursprünglich stammt der Zucker aus dem Orient, zweifellos aus Indien, wie sein aus dem Sanskrit stammender Name vermuten läßt, und er kam wie so vieles andere auf dem Weg über die Araber zu uns. In Frankreich wird der Zucker Anfang des 13. Jh. wegen seiner medizinischen Eigenschaften zum ersten Mal erwähnt, aber hier findet er vor dem 14. Jh. in der Küche nur selten Verwendung, während Katalonien, Italien und England schon reichlich Zucker verwenden, vielleicht durch Hinweise der diätetischen Handbücher aus Arabien." (Die Kochkunst des MA, Redon-Sabban-Serventi, ISBN 3-926642-14-9) Gesüßt wurde nach Angabe der Autoren auch mit Süßwein, Most und Trockenfrüchten (Rosinen, Datteln, Pflaumen). Vielleicht relativiert sich ja so die Anzahl der gemeuchelten Bienenvölker; ich kann mir denken, daß man die Waben auch so zu entfernen versucht hat, ohne die Bienen zu töten (z.B. im Winter).
Richildis de Schwerdtlauken
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Eintrag #6 vom 24. Mai. 2000 07:31 Uhr
Joachim Meinicke
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Grüß Euch! Nur als kleine Randbemerkung: Schaut mal in das sicher bekannte Stundenbuch des Herzogs von Berry auf die Februardarstellung. Dort stehen 4 Bienenkörbe auf einer Art Tisch noch in der Hofumzäunung. ßberhaupt ein sehr detailliertes und vor allem stimmungsvolles Bild, datiert aufs Ende des 14. Jahrhunderts, wenn ich nicht irre. Wer das entsprechende Buch nicht hat, schaut einfach mal in die Karfunkel 24/98; Seite 57 Joachim - I.G. Hospitalis
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Eintrag #7 vom 25. Mai. 2000 14:30 Uhr
Ruth
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Hallo, einen interessanten Einblick darüber, wie man im Mittelalter die Bienen gesehen bzw. beschrieben hat, bietet das Aberdeen Bestiary aus dem 13. Jahrhundert. Dort findet sich auch eine Abbildung von aus Stroh geflochtenen Bienenkörben. ( wwwclues.abdn.ac.uk:8080/besttest/alt/[
]/trans63r[
]). Man glaubte beispielsweise, Bienen schlüpften aus den Maden, die sich an Ochsenkadavern finden, oder daß das Bienenvolk von einem Bienenkönig geleitet würde, und ähnlich Kurioses. Leider findet sich dort nichts zur Bienenhaltung. Ruth
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Eintrag #8 vom 25. Mai. 2000 14:39 Uhr
Ruth
(Nachname für Gäste nicht sichtbar)
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noch ein Nachtrag: im Text des Bestiary liest man, daß Bienen Rauch nicht mögen. Wenn man das schon wußte, hat man den Stock vielleicht auch schon ausgeräuchert, um die Bienen zu vertreiben, und nicht das ganze Volk ertränkt…?!? Ruth
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Eintrag #9 vom 26. Mai. 2000 11:44 Uhr
Matthias Doettlaff
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Hallo alle! Ruth, das bestiary ist beeindruckend! Auf dem Bild mit den Bienenstöcken finde ich eines sehr bemerkenswert: Ich weiß nicht, ob es künstlerische Freiheit ist, oder ob die Bienenstöcke tatsächlich unterschiedlich gefärbt waren. Wenn sie bunt waren, hat das den Bienen zumindest die Orientierung erleichtert. Das, sowie die Tatsache, daß auf fast allen Darstellungen, die ich in der letzten Zeit von spät- und hochmittelalterlichen Bienenstöcken gesehen habe, mindestens zwei dargestellt sind, die auf einem Tisch oder einer Bank stehen, zeigt, daß wohl auch schon im HMA recht intensiv Bienen gehalten wurden. Konrad von Megenberg beschreibt Mitte des 14.Jh in seinem Buch der Natur u.a., daß Bienen aus den frischen Mägen der Waldrinder entstehen, wenn man diese mit Kot, oder Ochsenhäuten, die man mit Erde bedeckt. Ansonsten ist sein Wissen um Bienen sehr Umfangreich und an vielen Stellen durchaus richtig. Vieles geht bei ihm auf Aristoteles, Plinius und andere antike Autoren zurück, die er benennt. Die Bienen wohnen in seiner Beschreibung immer in einem Bienenkorb, auch wenn er die antiken Autoren zitiert. Könnte es sein, daß im römischen Reich bereits Bienenkörbe verwendet wurden? Zur ernte des Honigs schreibt er lediglich, daß das zu Vollmond an einem schönen, hellen Tag gemacht werden soll. Grußvoll, Matthias Topasius
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Eintrag #10 vom 07. Jun. 2000 08:36 Uhr
Nikolaus Hofbauer
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Morgen zusammen, ich hab heut Morgen eine Abbildung der Imkerei im 11.Jh ist im Buch "Tafelfreuden des Mittelalters" gefunden. Auf dem Bild werden anscheinend zwei Formen der Imkerei einander gegenübergestellt. Der Linke Bildteil zeigt einen Imker der trapezförmige Honigwaben aus einem eindeutig künstlichen Konstrukt herauschneidet. (die Konstruktion ist Aufgrund der fehlenden Perspektive schwer zu identifizieren, sieht aber wie ein au Stangen stehender Holzkasten aus). Ein Gehilfe schwenkt dabei ein Gefäß, das man von der Form als Weihrauchfaß sehen könnte … Im rechten Bildteil schneidet ein Mann mit einer Hippe ein "Wildbienen"-Nest (von der Form her eine traubenförmige Bienenansammlung) von einem Baum. Auch hier ist ein Gehilfe mit einem Gefäß in Händen zu sehen, ein weiterer hält anscheinend einen Sack unter das Nest. Frage an die Biologiekundugen, gibts (oder gab es) wespennestartige Bienennester bei eruopäischen Bienenvölkern überhaupt ? Gruß Nikolaus
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Eintrag #11 vom 11. Jun. 2000 21:03 Uhr
Dirk Jerusalem
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Hallo Nikolaus, ich hab zwar das Bild jetzt selber nicht vor Augen, vermute aber mal, dass es sich um einen ausschwärmenden Bienenstock handelt. Es passiert nämlich recht häufig, dass eine zweite Königin einen Teil des Bienenstocks mitnimmt, um ein neues Nest zu gründen, bzw. der alte Stock komplett umzieht wegen fehlender Nahrung, zu enger Behausung etc. Die Bienen fliegen dann als "Traube" um die Königin bis zu einem Ort, der der Königin als neuer "Stock" geeignet erscheint. Der fleissige Imker versucht natürlich diese Traube einzufangen. Wenn Euch mal so eine Traube entgegenkommt: keine Panik, nur langsame Bewegungen und im Extremfall Mund und Augen schliessen ;-)
Derigh von Jerusalem
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Eintrag #12 vom 27. Jun. 2000 09:54 Uhr
Ruth
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Hallo, ich war am Wochenende mal wieder im Museumsdorf Düppel (Schwerpunkt bäuerliches Dorf im 12. Jh.) und habe mir die Bienenhaltung da noch einmal genauer angeschaut: Wenn man einen Wildbienenstock in einem Baum im Wald entdeckt hat, hat man ihn abends oder früh morgens mitsamt einem Teil des Baumstammes entfernt und in der Nähe des eigenen Dorfes aufgestellt bzw. versucht, das Volk in einem eigens dafür aufgestellten, ausgehöhlten Baumstamm mit teilweise abnehmbarer Frontplatte anzusiedeln (ein sogenannter Klotzbaum). Es wurde nur einmal im Jahr geerntet, und auch nicht an allen Stöcken, da man einige überwintern ließ, um im nächsten Frühjahr wieder Ausgangsvölker für die Schwarmvermehrung zu haben. Die Waben wurden mit einem Messer herausgeschnitten (leider habe ich nicht herausbekommen, ob die Völker dafür wirklich ertränkt wurden oder nicht doch "nur" ausgeräuchert) und in einen Leinensack verbracht. Diese "Klotzbeute" wurde dann zur Gewinnung des Honigs in einer einfachen Holzpresse gepresst (die "Knüppelwachspresse" - ein einfacher Holzrahmen mit eingepaßten Rundhölzern, in die ein flacheres langes Holzstück als Press-Hebel eingesetzt wird) - evtl. wurde die Klotzbeute zur Verflüssigung des Honig vorher LEICHT erwärmt - und der auslaufende Honig aufgefangen. Danach wurde der Sack mit seinem Inhalt noch mal gepreßt, diesmal jedoch stärker erwärmt, so daß man das Wachs auspressen konnte. Ruth
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Eintrag #14 vom 20. Jun. 2004 10:08 Uhr
Claudia Henn
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Also was ich bisher über Bienenhaltung im Mittelalter herausfinden konnte scheint es mir so, dass beide Haltungen praktiziert wurden.
Die Haltung in Bienenkörben (Imkerei) wo Bienenvölker oft auf Wiesen und in der Nähe von Obstbäumen gehalten wurden.
Sowie die Haltung von Bienen im Wald in Holzklötzen (Zeidelei).
Auch denke ich nicht, dass die Bienenvölker ertränkt werden müssen, da sich die Bienen im Mittelalter von der modernen Honigbiene (carnica) im Verhalten unterscheiden.
Die wohl damals üblich gehaltene dunkle Biene (Apis mellifera mellifera)zeigt, im Gegensatz zur Honigbiene, noch das Verhalten von Wildbienen.
Sprich bei Störung klumpen sie sich zusammen und man kann sie so aus dem Korb fallen lassen.
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Eintrag #15 vom 14. Okt. 2005 12:26 Uhr
Bernd Weiß
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Hallo!
Ich bin in einer Zwickmühle, ein Bekannter von mir soll sein Hobby(Imkerei) im Rahmen einer Handwerksmesse darstellen, mit der Vorgabe 15. Jahrhundert.
Nun hat er mich gefragt, ob ich wüsste, wie Imker um diese Zeit gekleidet waren(hauptsächlich bei der Arbeit), oder ob ich Fotos, Bilder etc. hätte.
Leider bin ich auf dem Gebiet ein absolut unbeschriebenes Blatt und gebe seine Fragen hier an alle weiter: Wer kann Angaben zur Kleidung, zum Material/Werkzeug oder zu Quellen zum Thema Imkerei im Spätmittelalter machen?
Meinen Dank im Vorraus Prowler
Viatores in mediam aetatem
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