Huren um 1250
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Eintrag #1 vom 17. Nov. 2002 13:43 Uhr
kerstin teubner
Hallo
Ich interessiere mich für die Darstellung von Huren im 13.Jahrhundert.
Ich hoffe dass sich in diesem Thread viele Informationen zu diesem Thema zusammentragen lassen.
Ich bin blutige Anfängerin und bin für jede Info dankbar.
Viele Grüße
Kerstin
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Eintrag #2 vom 18. Nov. 2002 17:45 Uhr
Pierre Brockmann
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… lieber "Dirne" oder "Prostituierte" sagen? Das Wort "Hure" hat für mich einen sehr negativen Klang, und da es ja hier um Sachlichkeiten gehen soll, fänd ich das besser.
Interessant fänd ich auch eine Diskussion um die Rolle der Mutter Kirche bei dieser ganz speziellen Institution und wann und warum sich die Einstellung selbiger zum einst von ihr geförderten Berufszweig geändert hat. (Nur so als Vorschlag …)
Man liest sich!
Pierre
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Eintrag #3 vom 18. Nov. 2002 20:09 Uhr
Christoph Bitter
Hallo Kerstin!
Versuche folgendes Buch zu bekommen:
"Dame Venus - Prostitution im Mittelalter", Rossiaud, Beck Verlag, ISBN 3-406-37434-4
Dieses Buch behandelt das Thema ganz genau.
Ob Du in den Büchern
"Eva und die Prediger", Duby, Fischer Verlag, ISBN 3-10-015326-X
und
"Héloise, Isolde und Andere", Duby, Fischer Verlag, ISBN 3-10-015324-3
etwas findest, weis ich nicht, da noch nicht gelesen.
Gruß
v. Arlen
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Eintrag #4 vom 18. Nov. 2002 22:39 Uhr
Martin H
"Prostitution unter den Völkern der alten und neuen Welt"
Zwei kleine "Schwächen" hat es leider:
Erstens ist das Original im vorletzten Jahrhundert (1874) verfasst worden. Zweifelsohne wird es seitdem neue Erkenntnisse geben, sich 100% auf diese Buch berufen wird man also nicht können.
Zweitens ist es eine allgemeine Abhandlung. Das Mittelalter ist halt nur ein Teil des Ganzen.
Dennoch denke ich, daß es sich lohnt, sich mal da durchzubeißen, und seis nur, um zu erfahren, was die Leutches aus dem 19. Jahrhundert so über diese Thema dachten und wie sies angegangen sind..
…
Grüße und viel "Erfolg".*g*
Wolf von Miroldes
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Eintrag #5 vom 19. Nov. 2002 16:19 Uhr
Uli Gasper
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@Pierre
Meines Wissens bezeichnen sich heutzutage Prostituierte selbst oft als Huren und das sicher nicht um sich herabzuwürdigen. So gibt es meines Wissens eine Prostituierteninitiative namens HWG (Huren Wehren sich Gemeinsam), die gegen Ausbeutungund Unterdrückung von Staat und Zuhältern vorgeht.
gruß, uli
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Eintrag #6 vom 25. Nov. 2002 11:37 Uhr
Karen Thöle
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Nicht ganz die von Dir gefragte Zeit, aber vielleicht hilft Dir dieses Bucht weiter. Ich habe es selber nicht gelesen, habe aber den Autor an der Uni erlebt. Die Vorlesung war ganz spannend. Ich würd an Deiner Stelle aber eher versuchen, es als Fernleihe zu bekommen.
Das Frauenhaus : städtische Bordelle in Deutschland (1350 - 1600) / Peter Schuster
Paderborn [u.a.] : Schöningh, 1992
Umfang: 238 S. : Ill.Hochschulschrift: Zugl.: Bielefeld, Univ., Diss., 1991
Bis denn
Karen Thöle
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Eintrag #7 vom 25. Nov. 2002 14:40 Uhr
Pierre Brockmann
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Also, über eine solche Vereinigung kann ich nix sagen, aber dass heutzutage gern auch der Begriff "Hure" verwendet wird, könnte daran liegen, dass er doch einen etwas verruchten Beigeschmack hat und deswegen interessanter klingt als "Prostituierte" o.ä. Achtung, das war eine Mutmassung!
Aber wie stehts denn mit der Bezeichnung käuflicher Damen (und Herren? dann aber wohl kaum von Seiten der Kirche aus) im Mittelalter? Der dort verwendete Begriff wäre doch zweifelsohne der passendste, oder?
Man liest sich!
Pierre
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Eintrag #8 vom 25. Nov. 2002 14:47 Uhr
Uli Gasper
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Moin!
Soweit ich weiß wurde unter anderem der Begriff "Vensterhennen" verwendet (warum wohl? :-).
gruß, uli
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Eintrag #9 vom 25. Nov. 2002 17:57 Uhr
Stefan Breu
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@ Pierre und Uli:
ich schätze, daß sich eine Hureninitiative aus demselben Grund mit so einem deutlichen Wort bezeichnet, wie sich manche Behinderten-vereinigungen als Krüppelinitiative bezeichnen:
um Klartext zu reden und nicht schöngeredet und dann vergessen zu werden. Du kannst jemand mit Behinderung im einen Extrem als Krüppel bezeichnen, dann weißt Du, daß er Probleme hat, oder im anderen Extrem als "Person mit anderen Begabungen", dann hast Du die Person völlig pc im amerikanischen Stil schöngeredet und brauchst an ihren Problemen keinen weiteren Anstoß zu nehmen.
Eine Hure ist eine Hure. Ein Begriff wie "Dirne" (=Mädchen) redet das gekaufte Verhältnis wieder schöner. Ein Begriff wie Freudenmädchen noch viel mehr. Die "Freude" dürfte meistens einseitig sein.
Es mag natürlich für die Umgebung angenehmer sein, ein Hurenhaus als Freudenhaus zu sehen, genauso wird es für die Geschäfte der Einrichtung positiv sein, Assoziationen mit netten "Mädchen" und "Freude" zu wecken, aber an einer deutlichen Bezeichnung wie "Hure" sehe ich nichts auszusetzen. Die anderen Begriffe könnten genauso als Beschimpfung mißbraucht werden. Und gerade fürs Mittelalter (und auch rezente Dialekte außerhalb des Schriftdeutschen)sind deutliche Begriffe eher vorauszusetzen. Das Bedürfnis, aus einem Arsch einen Hintern zu machen, sehe ich mehr aus der Abgrenzung einer "höheren" gesellschaftlichen Schicht gegenüber der allgemeinen Bevölkerung als in einer Rücksichtnahme gegenüber dem bezeichneten Objekt begründet. Analog halte ich den Begriff "Prostituierte" nicht für empfindsamer gegenüber dem Schicksal der betroffenen Frau, sondern schlicht für ein schichtinternes Kennzeichen eines wohlständigen Bildungsbürgertums. Der Schimpfwortcharakter kommt m.E. mehr vom burgeoisen Standesdünkel als von einer Ablehnung der zugrunde liegenden sozialen Mißstände.
*grins* meine Gemeinschaftskundelehrer wären stolz auf mich ;-) 12 Punkte, setzen.
Stefan
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Eintrag #10 vom 26. Nov. 2002 08:48 Uhr
Angharad Beyer
Im Holländischen heißt "te huur" "zu vermieten", und auch das niederdeutsche Wort "Heuer" für Seemannslohn dürfte damit verwandt sein. Sieht also so aus, als würde "Hure" die vorübergehende Käuflichkeit der betreffenden Frau benennen. Also schlicht eine ehrliche Bezeichnung für den tatsächlichen Zustand, und sicher angemessener als das hochtrabende "Prostituierte" (danke, Stefan, für deine sozialkritischen Anmerkungen!).
Angharad
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Eintrag #11 vom 26. Nov. 2002 09:33 Uhr
Fritz Pascual
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Tag Leute,
meint ihr dass das hier nicht ein bisschen am Thema vorbeigeht? Einen Thread mit "darf-man-das-jetzt-so-sagen-diskussionen" im Keim zu ersticken halte ich für ziemlich albern und unproduktiv.
Also schiesst mal los mit euerm Wissen!!
Gruss
Fritz
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Eintrag #12 vom 26. Nov. 2002 10:08 Uhr
Matthias Böhm
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Gabs im Mittelalter nicht auch die Bezeichnung "Hübschlerin" ?
Bruder Malachias vom Freien Sächsischen Bund
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Eintrag #13 vom 26. Nov. 2002 14:20 Uhr
Karen Thöle
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Freie Frauen ist die Bezeichnung im Titel eines Buches von Beate Schuster ueber Prostitution im 15. und 16. Jahrhundert (Die freien Frauen. Dirnen und Frauenhaeuser im 15. und 16. Jahrhundert).
Bis denn
Karen Thoele
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Eintrag #14 vom 28. Nov. 2002 19:09 Uhr
kerstin teubner
Hallo,
danke für eure Buchvorschläge, da werde ich mich mal nach bemühen.
Allerdings bin ich schon auf der Suche nach Material über Huren in der ersten Hälfte des 13.Jahrhunderts. Da die Gesellschaft sich stets änderte ist mir mit Material übers 15. und 16. nicht wirklich geholfen, sorry.
Und den richtigen/mittelalterlichen Terminus für Huren zu finden ist sicherlich auch schon mal was, aber ist da nicht mehr drüber bekannt???
Viele Grüße
Kerstin
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Eintrag #15 vom 28. Nov. 2002 20:16 Uhr
Karen Thöle
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Sorry, ich bin immer noch im 15. Jahrhundert, habe inzwischen das Buch von Schuster gelesen, und kann mehr zu den Namen sagen. Die städtischen Quellen benutzen meist "beschönigende" Bezeichnungen wie "gemeine Frauen" (im Sinne von "allgemein"), "öffentliche Frauen"; das Wort "Geldtöchter" taucht auch irgendwo auf. Umgangssprachlich war - zumindest im 15. Jahrhundert - das Wort "Hure" gebräuchlicher. Allerdings war es auch da schon abwertend: Wer eine ehrbare Frau eine Hure nannte, wurde für diese Beleidigung streng bestraft.
Schuster bringt auch einen kurzen ßberblick über die Zeit vor der Entstehung der "Frauenhäuser". Ein Buch, das er da nennt, könnte hilfreich sein, wohl auch für die Zeit, die Dich interessiert:
Dame Venus : Prostitution im Mittelalter / Jacques Rossiaud; München : Beck, 1989
Was ich aus dem ßberblick bei Schuster noch im Kopf habe, ist nicht mit Daten versehen (ich habe das Buch leider auch nicht dabei), aber er schreibt, daß der lateinische Name für Prostituierte ("meretrix") zunächst eher "fahrende Frau" bedeutete mit der Nebenbedeutung "Frau mit unsolidem Lebenswandel" in Bezug auch auf Sex. Die seßhafte berufsmäßige Prostituierte scheint (möglicherweise gerade in "Deiner" Zeit, wie gesagt, habe keine Daten mehr im Kopf) als benennbares Phänomen etwas so Neues gewesen zu sein, daß die Schreiber neue Wortkombinationen wie "meretrix communis" bilden mußten.
Was die Daten anbelangt: Ich schau zuhause nochmal nach…
Bis denn
Karen Thöle
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Eintrag #16 vom 28. Nov. 2002 20:18 Uhr
Karen Thöle
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Stelle gerade fest, daß meine Buchempfehlung schon in Eintrag 3 genannt ist. Sorry für die Wiederholung.
Bis denn
Karen Thöle
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Eintrag #17 vom 03. Dez. 2002 19:54 Uhr
Karen Thöle
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Hallo!
Inzwischen habe ich das vorher angesprochene Buch neben mir liegen. Manches, was ich gesagt habe, kann ich jetzt etwas korrigieren.
"meretrix" bedeutete ursprünglich "Frauen mit einem unsoliden Lebenswandel". Die Wortneubildung "meretrix publica" oder "publica mulier" - also das ßquivalent zu meinen schon genannten "gemeinen Frauen" - entstand um 1100, um die "käufliche" Prostituierte von Frauen abzugrenzen, die unverheiratet mit einem Mann zusammenlebten oder die ohne finanzielle Interessen wechselnde Liebhaber hatten. Die Begrifflichkeit geht aber trotzdem oft noch durcheinander. Im 13. Jahrhundert wird dann oft "fahrende Frau" als "meretrix" übersetzt bzw. umgekehrt.
Diese Gleichsetzung zeigt sich besonders bei den Gesetzestexten des 13. und frühen 14. Jahrhunderts. Wie fahrendes Volk haben die "gemeinen Frauen" manchmal gegenüber der "Normalbevölkerung" verminderte Rechte, manchmal stehen auch sie ausdrücklich unter dem Schutz des Gesetzes.
Seit dem 13. Jahrhundert scheint es aber auch seßhafte Prostituierte zu geben. Schuster nennt als Quelle eine Predigt von Berthold von Regensburg (gest. 1272, von wann die Predigt ist, schreibt er leider nicht). Die Nennung der "gemeinen fröuwelin…auf dem graben" läßt schon an Bordelle denken. Diese scheinen im deutschen Raum am Rand, aber nicht außerhalb der Stadt zu liegen. Irgendwann, ob noch im 13. Jahrhundert oder erst zu Beginn des 14. Jahrhunderts, wurden dann in den meisten Städten die Prostituierten unter die Rechtsaufsicht des Henkers gestellt (er behält nach Einführung der städtischen Frauenhäuser ab etwa 1350 meist noch ein Recht auf einen Teil der Einnahmen aus dem Frauenhaus).
Nur der Vollständigkeit halber:
Die Frauenhäuser selbst (deren Gründungswelle ab etwa 1350 einsetzt) sind von den Städten eingerichtet worden, um "das Milieu" besser kontrollieren zu können. Der "Frauenwirt" sollte an und für sich auch kontrollieren, daß in seinem Laden keine Hehlerware verkauft wurde, daß nicht gotteslästerlich geflucht wurde….
Stereotypes Argument pro Frauenhäuser war, daß man verhindern wolle, daß ehrbare verheiratete Frauen oder jungfräuliche Töchter in ihrer Tugend durch Annäherungen unverheirateter Männer gefährdet wurden; verheirateten Männern war der Besuch eines Bordells verboten, wenn sie das auch nicht immer einsahen…
Die städtischen Frauenhäuser lassen sich vielleicht am besten als Wirtshäuser mit Aniemierbetrieb, überteuerten Getränken und "Separees" beschreiben. Mann konnte auch hingehen, um einfach nur einen netten Abend mit Kumpels beim Wein zu verbringen.
Das Frauenhaus war keine Idylle. Die Politik des Frauenwirtes, daß seine Frauen Kleidung und Essen nur bei ihm kaufen sollten, nutzte er meist dazu, die Preise 2-3mal so hoch wie normal anzusetzen, so daß die Frauen bei ihm Schulden hatten. Konnten sie die Schuld nicht abbezahlen, konnten sie nicht aussteigen, wenn sie nicht eine Person oder Institution (z.B. die Kirche) fanden, die diese Schuld bezahlte. Diese Abhängigkeit ermöglichte ihm auch, die Frauen an andere Frauenhäuser im Umland weiterzuverkaufen.
Und, last but not least: Mobilität bleibt üblich. Zu Großereignissen reisen auch die Prostituierten in Massen an (beliebtes Beispiel: Konstanzer Konzil, je nach Quelle 450-1500 Prostituierte vor Ort, und das bei einem Konzil…).
Bis denn
Karen Thöle
PS: Interessant für die, die immer noch an den Mythos vom gelben Kleid glauben, sind die vier Seiten (S. 147-150) Tabelle mit Zusammenfasungen von Kleiderordnungen für Prostituierte (ab 1319). Am häufigsten das Verbot, "ehrbare Kleidung" oder Schmuck zu tragen. Bei den Anordnungen, was sie stattdessen tragen sollen: Die gibts eher selten, und sie bieten wirklich kein einheitliches Bild…
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Eintrag #18 vom 03. Dez. 2002 19:58 Uhr
Karen Thöle
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Leah Otis: Prostitution in medieval society. The history of an urban institution in Languedoc. Chicago 1987
Das Languedoc ist zwar weit weg, aber von der Zeit dürfte es Dir näher kommen. Schuster bezieht sich in seinem "vor dem 14. Jahrhundert"-Kapitel ausdrücklich auf sie.
Bis denn
Karen Thöle
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Eintrag #19 vom 03. Dez. 2002 20:27 Uhr
Karen Thöle
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Du suchst sicher auch Abbildungen. Eine Möglichkeit ist es vielleicht, die illustrierten Rechtsspiegel (Sachsenspiegel o.ä.) durchzusehen nach den entsprechenden Abschnitten, und dann zu schauen, ob da ein Bild bei ist, da kenn ich mich aber nicht so aus. Vielleicht weiß da aber jemand anders was. (Hallo? ;o) )
Du solltest aber auch mal Ausschau halten nach Bildern von Maria Magdalena. Unter diesem Namen haben sich nämlich im Laufe der Jahrhunderte verschiedene biblische und nachbiblische Geschichten angesammelt und Einfluß auf die Darstellung genommen.
Die Darstellung der Sünderin: Man hat angenommen, daß Maria Magdalena die Ehebrecherin war, die Jesus vor der Steinigung bewahrt hat, und auch die Sünderin, die ihn kurz vor seiner Festnahme mit einem kostbaren ßl gesalbt hat. Das führt dazu, daß Maria Magdalena auf Bildern oder als Skulptur oft als Prostituierte dargestellt ist.
Maria ßgyptica: nicht damit zu verwechseln. Eine andere Maria soll im 1. Jahrhundert in ßgypten in der Wüste als Einsiedlerin gelebt haben, bis ihre Kleidung total zerfallen und ihr Körper dafür von ihren Haaren bedeckt war. Auch diese Maria wurde für Maria Magdalena gehalten. Wenn Deine abgebildete Maria Magdalena am ganzen Körper behaart oder aber nackt und mit langen Haaren, die den ganzen Rumpf bedecken, gemalt ist, hast Du die Maria-ßgyptica-Darstellung.
Schlechte Nachricht: Eine passende Maria-Magdalena-Darstellung von etwa 1250 kenne ich auch nicht. Aber Du kannst ja die Augen offenhalten…
Bis denn
Karen Thöle
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Eintrag #20 vom 25. Dez. 2002 17:52 Uhr
kerstin teubner
Vielen Dank Karen für deine Bemühungen, hat mir schon weiter geholfen.
bis bald
kerstin
kerstin
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Eintrag #21 vom 28. Dez. 2002 18:57 Uhr
Anne Hainz
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Seit Monaten suche ich schon Material für die Darstellung einer "freien Frau", aber wie du wohl gemerkt hast ist es schwierig etwas konkretes für die Zeit und den Ort zu finden, zumindest geht es mir so.
Vor allem wenn man keine Prostituierte in einem Frauenhaus darstellen will sondern wie ich eine "fahrende Frau", dann gab es noch von Stadt zu Stadt verschiedene Kleidervorschriften, denn das hellgelbe Kleid (an dem dich auf den Märkten jeder als Hure erkennen würde) war auch nicht die Regel……
Mit Dame Venus empfehle ich dir auch nichts neues (leider wurde in diesem Buch über franz. Städte resergiert), aber einen ganz hilfreichen Teil an Informationen bekam ich durchs Internet. Wenn du mit der Suchmaschine "Google" etwas durchs Netz stöberst.
Leider ist mir die Adresse abhanden gekommen, aber such mal die Geschichte "Das ehrlose Leben der Maria Baslerin", die ist meiner Meinung nach ganz informativ, spielt zwar leider auch nicht in der von dir gewünschten Zeit, aber es wird darin das Leben zweier fiktiver Prostituierten im Spätmittelalter erzählt.
Hoffe ich konnte dich vielleicht einen Schritt weiterbringen.
Zum Schluss muß ich aber auch noch mal anmerken, das es nicht nur die Kleidung und das Aussehen ist, was einen als Hure brandmarkt sondern auch die Körpersprache und das "Verhalten", eben die Art wie man sich gibt, z.B. Bein zeigen ect.
In diesem Sinne gehabt auch wohl…….
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Eintrag #22 vom 10. Jan. 2003 18:16 Uhr
Karen Thöle
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ßber ein paar Sachen bin ich noch gestolpert, obwohl ich mich eigentlich mit anderen Dingen befassen wollte *g*:
- Abbildungen könnte es auch im Kontext der biblischen Geschichte vom verlorenen Sohn geben. Der soll angeblich sein Geld auch mit "Buhlerinnen" durchgebracht haben. Ich habe sogar mal ein Kirchenfenster (Hannover?) mit der Thematik gesehen, aber dummerweise damals nicht auf Details geachtet.
- George Duby: Frauen im 12. Jahrhundert (was sich zusammensetzt aus den Büchern von ihm, die Christoph in einem der ersten Einträge genannt hat) hat nichts wirklich deutliches zum Thema. In einem Kapitel über Maria Magdalena streift er es aber manchmal. Charakteristisch scheinen offene Haare und Schminke zu sein. (Das passt gut zum Benediktbeurer Osterspiel aus der Carmina Burana, wo Maria Magdalena sagt "Chramer gib die varwe mir…" usw.). Wenn sich das rumspricht, werden wir bald auf mehr Veranstaltungen Frauen mit Gebende sehen. *g*
- Turkey mal anders: Gründungslegende des Magdalenenordens:
"Ein Kanoniker sieht 1225 am Kreuzweg außerhalb der Stadt Worms Dirnen auf Kundschaft wartend und schlägt auf sie ein. Das Flehen der armen Frauen, "Herr, gebt uns nur Wasser und Brot, und wir wollen in allem euren Willen tun", läßt ihn einsichtig werden, die ökonomische Not als Zwang zur Prostitution erkennen und durch eine Ordensgründung auf Abhilfe sinnen." Zitat aus: Ernst Schubert, Fahrendes Volk im Mittelalter, S. 322. Wann diese Gründungslegende aufgezeichnet wurde, weiß ich auch nicht.
- Noch ein Hinweis aus dem eben genannten Buch: "Rudolf von Schlettstadt erzählt Ende des 13. Jahrhunderts von der Frau eines Spielmanns, einer Edelkokotte, die auf einem Pferd von Herr zu Herr ("de domino ad dominum") ritt." (Schubert, Fahrendes Volk… S. 319).
So, mehr habbich nich.
Bis denn
Karen Thöle
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Eintrag #23 vom 10. Jan. 2003 21:05 Uhr
Daniel Vokuhl
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hallo,
ich habe leider den Namen des Buches vergessen kann aber sagen das in den Badestuben des 14Jhd. Frauen ihre dienste anboten. In diesen Buch waren auch Illustrationen wie es dort herging. Der Bader war ihr "Zuhälter" und es wurde von der Kirche gebilligt.
Widego von Gittelde
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Eintrag #24 vom 10. Jan. 2003 21:29 Uhr
Wolfgang Ritter
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Hallo miteinander,
meine Empfehlung passt nicht so ganz genau, da Karin ja explizit etwas über Huren, Hübschlerinnen, Fensterhennen, Prostitution oder wie auch immer man/frau es nennen will, wissen wollte:
"Liebesfreuden im Mittelalter" Gabriele Bartz, Alfred Karnein, Claudio Lange, Orbis-Verlag, München 2001, ISBN 3-572-01244-9
Wie gesagt, es handelt sich um eine generelle Kulturgeschichte der Erotik und Sexualität im Mittelalter, könnte aber gerade deshalb interessant sein, da es einen ganz guten Einstieg bietet und sich nicht nur auf einen Aspekt beschränkt.
ßbrigens werden darin die bereits benannten Frauenhäuser und auch die , ähem, vielschichtige Bedeutung der Badehäuser erwähnt.
Und viele bunte Bilder gibt’s auch:-) Sorry pubertär, konnt’ ich mir aber nicht verkneifen!
Grüße
Wolfgang
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Eintrag #25 vom 13. Jan. 2003 19:10 Uhr
Karen Thöle
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Hallo Daniel!
Schön, mal wieder von Dir zu hören!
"das in den Badestuben des 14Jhd. Frauen ihre dienste anboten." Ich würde das nicht pauschalisieren. In dem einen Buch, das ich schon oben erwähnte (Peter Schuster: Das Frauenhaus. Städtische Bordelle in Deutschland), ist auch ein ausführliches Kapitel über Badehäuser. Er kommt zu dem Schluß, daß die Verbindung zur Prostitution bei den Badehäusern überschätzt wird. Es wird wohl wie bei uns heute mit der Massage gewesen sein: Heute gibt es Massagestudios, in denen medizinisch verordnete Massagen ausgeführt werden, und Etablissements, in denen "Ganzkörpermassagen" angeboten werden.
Bis denn
Karen Thöle
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Eintrag #26 vom 22. Dez. 2005 16:58 Uhr
Stefan
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Wie soll sich dann diese Darstellung aber "bemerkbar" machen?
Moechtest du einfach mehr ueber dieses Thema erfahren, dich so wanden und herumlaufen oder soll diese Rolle doch etwas mehr "gespielt" werden?
Ich meine damit nicht dass du die Arbeit einer Hure aufnehmen solltest aber mich wuerde interessieren wie du das ganze darstellen willst?
Stefan
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Eintrag #27 vom 23. Dez. 2005 14:16 Uhr
Kirsten Schönfeld
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Da gebe ich dem Stefan doch mal Recht. Man sollte sich doch dem Stand speziefisch verhalten und bei einer Hure wird das schon sehr interessant. Ich finde es trotzdem verdammt mutig es zu versuchen, weil dumme Sprüche sind da vorprogrammiert.
Na Fraune sollen sich da mal nicht so haben.*g*
Hruß an Alle
Kirsten Schönfeld
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Eintrag #28 vom 24. Dez. 2005 10:31 Uhr
Julia
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Hallo,
da es hier wiedermal um Kennzeichnung von Prostituierten im MA geht, möchte ich, ohne mich zu wiederholen, einfach mal an mein Post aus dem "Farben"-Thread erinnern, in dem ich eine diesbezüglich recht aufschlussreiche Tabelle verlinkt habe
Es ist Eintrag 68.
Weihnachtliche Grüße,
Julia
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Eintrag #29 vom 25. Dez. 2005 16:19 Uhr
Stefan
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Hallo Julia,
leider finde ich deine Tabelle dort nicht ? Bin ich etwa blind?
Stefan
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Eintrag #30 vom 25. Dez. 2005 16:30 Uhr
Roland Schulz
Hi Stefan,
guckst du hier:
weiterhin gesunde und frohe Feiertage! :-)
Gruß,
Roland
Leben und Handwerk
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Eintrag #31 vom 25. Dez. 2005 16:32 Uhr
Roland Schulz
Ok, versuchen wirs mal so:
Teuflische Technik!
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Eintrag #32 vom 26. Dez. 2005 17:34 Uhr
Kirsten Schönfeld
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Hy Roland
Hast du auch noch eine frühere Tabelle, so um die Zeit 1250?
Schöne Grüße
Kirsten
Kirsten Schönfeld
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Eintrag #33 vom 26. Dez. 2005 19:13 Uhr
Roland Schulz
Hallo Kirsten,
leider nein, da sind wir nicht fündig geworden.
Das liegt aber wahrscheinlich in der Natur der Dinge, denn die meisten Kleiderordnungen und dergleichen sind entweder erst im Spätmittelalter entstanden, bzw. dann erst aufgeschrieben worden.
Gruß,
Roland
Leben und Handwerk
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Eintrag #34 vom 30. Jan. 2009 14:49 Uhr
Sandra
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Also meinen Informationen nach ist es so, dass im Früh- und Hochmittelalter soziale Außenseiter (HUREN, Bettler, eventuell Spielleute) gelbe Kleider oder ein gelbes Kleidungsstück getragen haben.
Also bei Huren glaube ich, war es so, dass sie gelbe Bänder am Rock haben mussten. Achja, Huren wurden auch Hübschlerinnen genannt.
Und bei Spielleuten weiß ich, dass glaub in der Nürnberger Stadtverorgnung war es, da stand, dass diese Leute eine gelbe Armbinde tragen mussten.
Ich hoffe, dass ich weiterhelfen konnte.
Lisica
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Eintrag #35 vom 30. Jan. 2009 16:02 Uhr
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Sandra, ich versuche jetzt wirklich, das freundlich zu formulieren, aber wie sinnvoll glaubst du, ist es, in einem eigentlich beendetem, drei Jahre alten Thread, nachdem spätestens in Beitrag 17 die Frage mit den Farben erschöpfend geklärt wurde, unbelegte Szeneklischees zu postulieren?
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Eintrag #36 vom 30. Jan. 2009 18:46 Uhr
Andreas Pilz
Wer immer noch glaubt, daß gelb im Mittelalter eine Farbe für "leichte Mädchen" war, der soll sich einfach den Heidelberger Sachsenspiegel anschauen.
So viele adelige Prostitutierte ;)
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Eintrag #37 vom 30. Jan. 2009 20:56 Uhr
Constantin
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Hallo Andreas,
glaubst Du wirklich, dass die ausschließlichen Farben im ostmitteldeutschen Raum am Anfang des 14. Jh. rot, gelb, grün und blau waren?
Oder könnte es sein, dass die Farbwahl ganz andere Gründe hat?
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Eintrag #38 vom 30. Jan. 2009 23:50 Uhr
Andreas Pilz
Ich weiß jetzt nicht, aus welchen der von mir geschriebene Worte du eine Theorie ziehst, der Eintrag von mir war so gemeint, daß der Sachsenspiegel eindeutig zeigt, daß Gelb eindeutig keine reine "Randgruppenfarbe" war, sonst wären in dieser Handschrift definitiv keine höhergestellten Personen in gelber Kleidung dargestellt worden..
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Eintrag #39 vom 31. Jan. 2009 12:42 Uhr
Constantin
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Hallo Andreas,
ich habe Deinen Eintrag auch so verstanden.
Was mich beim Sachsenspiegel nur stutzig macht, ist, dass die Farbpalette sehr reduziert ist (was viele Gründe haben kann, inkl., dass dem Illustrator keine anderen Pigmente zur Verfügung standen)und dass die Farbverteilung recht willkürlich erscheint.
Du hast recht, wenn Du sagst, dass Gelb dort nicht auf Randgruppen beschränkt zu sein scheint (was ja auch in anderen Manuskripten zu beobachten ist), jedoch würde ich gerade beim Sachsenspiegel nicht Viel auf die Farbwahl bezogen auf seine Träger geben.
Dass die Farbe dort aber überhaupt so flächendeckend genutzt wird, ist an sich schon interessant.
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Eintrag #40 vom 31. Jan. 2009 14:17 Uhr
Andreas Pilz
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was die beschrränktheit der Farben angeht
.. hast du sicherlich Recht.. Ich habe bis jetzt auch nicht viele grün/gelb/rote Häuser gesehen. Aber wo man sich eigentlich ziemlich sicher sein kann: Wenn gelb eine Randgruppenfarbe gewesen wäre, dann hätte der Zeichner sie wohl nicht eingesetzt, sondern hätte wohl noch mehr grüne/ rote Kleidung gezeichnet.
Stell dir das mal vor, was einem Buchmaler geblüht hätte, wenn er wissend die Obrigkeit in der Farbe der Huren und Dirnen gezeichnet hätte..
Bewertung:
Eintrag #41 vom 31. Jan. 2009 15:37 Uhr
Andreas
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Sachsenspiegel und Farbwahl; Prostituierte und "Randgruppenfarben"
Der Sachsenspiegel an sich ist eine sehr unzuverlässige Quelle in Sachen Farbwahl. Gerade bei diesem Rechtstext muss man eine gehörige Portion Quellenkritik einbringen, um anhand der Bilder ein stimmiges Bild zu erlangen. Bestes Beispiel: Die Thüringer werden meist mit einem Fisch in der Hand dargestellt. Nun dürfte jedem klar sein, dass im Ma bestimmt niemand andauernd mit einem Fisch in der Hand herum gelaufen ist. Auch Messer und Schere, sowie Haartracht dienen als Symbol und Topos von "ethnischen" Gruppen. Die abgebildeten Fürsten- und Richterhüte, die Kronen von Königen und Kaisern, die Farbwahl der Kleidung, die mitgeführten Attribute dienen alle dazu, klar zu machen, um was für Personen es sich handelt. Sie müssen nicht zwangsläufig tatsächlich so getragen worden sein. Bestimmte Personen werden mal mit gelb, grün oder mehrfarbiger Schraffur dargestellt, damit man die im Text erwähnten Personen auf den Abbildungen besser identifizieren kann. Dabei ist gerade beim Sachsenspiegel eigentlich kein einheitliches Ordnungsprinzip erkennbar. Bestimmte Attribute und Farben häufen sich zwar bei bestimmten Personen, aber das "Kodierungssystem" wird oft genug auch durchbrochen. Mal ganz davon abgesehen, dass zwischen dem Rechtstext und der Erstillustration ein beträchtlicher zeitlicher Unterschied klafft. Ich möchte hier jetzt keine Grundlagendiskussion zur Quellenkritik aufrollen, daher belasse ich es beim Literaturtipp auf: Koschorreck, Walter: Der Sachsenspiegel in Bildern. Frankfurt a. M. 1976. Wie im Folgenden hoffentlich ersichtlich wird, handelt es sich bei den Randgruppenfarben nicht um irgendeine Farbe/Farbgruppe, sondern meist im einen !ganz speziellen! Farbton aus einem größeren Farbrepertoir. D.h. Die adlige Dame kann sich durchaus mit Gelb auf die Straße wagen, dass, wenn ein bestimmter teurer Farbstoff verwendet wurde (z.B. Safran), sogar Inbegriff des Luxus sein konnte. Die Dirne um die Ecke trug, wenn überhaupt, einen !ganz anderen! Gelbton. Selbes gilt für die Kennzeichnung von Juden, die nicht gelbe Hüte, Stofffetzen, Sterne o.ä. tragen mussten, sondern von Gegend und Stadt zu Gegend und Stadt unterschiedliche bestimmte Gelbtöne. Die Farbpalette ist, wie schon angemerkt, im Sachsenspiegel tatsächlich recht beschränkt. Dabei spielt es hier meines Erachtens keine Rolle, ob Farben von Randgruppen verwendet wurden oder nicht. Die Farbwahl hat einen ganz anderen Zweck als die wirklichkeitsgetreue Wiedergabe. Dem jeweiligen Leser wäre eine "falsche" Farbwahl wohl kaum sauer aufgestoßen, viel eher eine falsche Anwendung der Amtsinsignien und Attributen.
Zur Kleidung einer Hübschlerin ist es schwierig verallgemeinernde Angaben zu machen. Die schriftliche ßberlieferung setzt erst langsam im 14. Jahrhundert ein, um im 15. Jahrhundert recht umfassend zu werden. Meist handelt es sich dabei um städtische oder landesherrschaftliche Kleider- und Polizeiordnungen. Anders als heute gab es in Deutschland noch kein allgemein gültiges Recht für das gesamte Gebiet ("Reichsverfassung" und Reichsgesetzgebung sind eher zu vernachlässigen besonders beim Hübschlerinnenwesen). D.h. jede Herrschaft, jede Stadt hatte eigene Verordnungen.
In der einen Stadt wurden Huren verbannt, die nächste hatte ihr "Frauenhaus"=Bordell, das nur im Notfall verlassen werden durfte, hier war ein !bestimmter! Gelbton, dort ein Rot-, Grün- oder Blauton vorgeschrieben. Anderswo hatte man ganz andere Gelb-, Rot-, Grün- oder Blautöne etc.; in manchen Städten waren es bestimmte Kleidungsformen, eine Schuhform, eine bestimmte Kopfbedeckung, Bändchen oder Glöckchen an festgelegten Teilen der Kleidung etc. in anderen verzichtete man auf eine Kenntlichmachung. Auch ist nicht immer davon auszugehen, dass die Verordnungen tatsächlich befolgt wurden "Pergament und Papier sind geduldig. Die Erscheinungen sind vielfältig, von Ort zu Ort unterschiedlich und auch zeitlich stark unterschiedlich. Zudem ist die ma. Gesetzgebung immer mehr Richtlinie zur Vermeidung noch größerer als der beschriebenen Exzesse, als tatsächlich festes Recht. Selbst eine so reiche, große und mächtige Stadt wie Nürnberg hatte vielmals ihre liebe Not, die Kleider- und Antiluxusverordnungen wirklich durchzusetzen.
Daher muss Frau sich mit den zeitlichen und örtlichen Verordnungen ihres Darstellungsraumes befassen und nicht mit Pauschalurteilen wie Gelb=Hure arbeiten.
Die sonstigen Erscheinungen dürften sich stark nach dem jeweiligen Geldbeutel gerichtet haben. Die "Edelhure" dürfte sich im Allgemeinen eher an gutbürgerlicher oder gar adliger Mode, die "Trosshure" an der der niederen Schichten orientiert haben. Die Abstufungen sind somit zahlreich und fließend. Die "Bademagd" dürfte sich außerhalb des Bades nicht von anderen Bürgerinnen unterschieden haben, im Bad selbst trug sie im 14. und 15. Jh. häufig nur ein dünnes Unterkleid mit Trägern als Arbeitskleidung (Bsp. Wenzels Bibel). Zur Kleiderausstattung einer bürgerlichen italienischen Hure im 14. Jh. empfehle ich die Lektüre des Decamerone von Bocaccio (Vorsicht, wahrscheinlich eher etwas übertrieben).
Vorhergeschriebener Abschnitt ist aus meiner Quellenkenntnis zu Kleiderordnungen aus dem Gedächtnis entstanden. Da es sehr allgemeine Angaben sind, erübrigt sich meines Erachtens eine detaillierte Quellenangabe. Die Angaben sind auch keineswegs erschöpfend, sondern nur erste Anhaltspunkte und willkürliche Beispiele.
Eventuell lassen sich bei Kühnel: "Alltag im Spätmittelalter" oder im Lexikon des Mittelalters unter den Lemmata zu "Hübschlerin", "Prostitution" oder "Kleiderverordnungen" Angaben finden. Die dortigen Literaturhinweise dürften weiter helfen.
Ich entschuldige mich für das längere Essay, aber es war aus meiner Sicht nicht kürzer zu fassen und ist schon stark verallgemeinert.
Grüße,
Andreas
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Eintrag #42 vom 01. Feb. 2009 23:57 Uhr
Andreas
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Etwas offtopic für die Hübschlerin-Darstellung, aber wichtig zum Thema Sachsenspiegel:
Außerdem bleibt noch zu sagen, dass es "den" Sachsenspiegel nicht gibt. Es gibt mehrere ßberlieferungen mit und ohne Illustrationen aus verschiedenen Zeiten und Gegenden. Bei allen dürfte die Darstellungsweise der Abbildungen und die Wiedergabe von Details zum Aufbau einer Living-History-Darstellung nicht ausreichend genug sein. Die Abschriften dürften auch eher weniger in königlich-kaiserlichem Millieu kursiert haben, als vielmehr Handbücher für örtliche Gerichtsherren dargestellt haben.
Ich beziehe mich bei meinem gestrigen Beitrag auf die älteste bekannte illustrierte Version.
Wie gehabt weise ich daraufhin, dass diese Angaben aus meinem angelesenen und beigebrachten Wissensschatz schöpfen und auf Recherchen beruhen, die ich vor einigen Jahren zum Thema Tracht im Spätmittelalter vorgenommen habe. Es handelt sich hauptsächlich um Angaben, die mir längerfristig im Gedächtnis hängen geblieben sind. Sollte mir jemand stichhaltig das Geenteil nachweisen können, lasse ich mich gerne davon überzeugen.
Grüße,
Andreas
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Eintrag #43 vom 01. Feb. 2009 23:59 Uhr
Andreas
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Man ersetze Geenteil durch Gegenteil. Habe ich beim Korrekturlesen übersehen.
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