Henker(Scharfrichter)Büttel
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Eintrag #1 vom 14. Nov. 1999 19:22 Uhr
Günther Heidelbeer
Hallo,hallo. Ich möchte doch bitte mal wissen, wie die Gewandung(oder der kittel ) eines Scharfrichters(Henkers) um 1350 aussah. Ebenso interessiert mich die "Anzugsordnung " des dazugehörigen Büttels. In Rothenburg im Kriminalmuseum ist ein Diorama aufgestellt( ohne Zeitangabe) in dem ist ein Henker in Mi-Parti(rot/weis) und mit schwarzer Kapuze drin. Seine Büttel tragen ebenso Mi-Parti(rot/weis) Dann gibt es noch einen Scharfrichtermantel , der sieht aus wie die alte Kokosmatte meiner Grossmutter und eine Blechmaske mit Nase für den Henker. Alles bissel verworren für mich. Auf alten Bildern werden Büttel und Henker wie ganz normale Bauern??? dargestellt , also ohne Maske oder Kapuze. Also ich find mich nicht mehr so richtig rein und hätte daher gern gewusst, was ihr so wisst. Dabei zähle ich vor allem auf Thorsten( du weist doch immer alles, hilf mir bitte,bitte…..) Ach so, und wenn ich was falsch gemacht habe, ich trage gern auf dem nächsten Markt eine Schandmaske….. ;-)))) Tschö euer extraVagant
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Eintrag #2 vom 14. Nov. 1999 21:15 Uhr
Andreas Sturm
Hallo Günther! Wie so oft läßt sich auf deine Frage wohl keine eindeutige Antwort finden. Laut Wolfgang Schild (1) entsteht der berufsmäßige Scharfrichter in Deutschland erst relativ spät in den Städten. Eine erste Erwähnung findet der "Henker" im Augsburger Stadtbuch 1276. Eine einheitliche Berufskleidung gab es wohl sicherlich nicht. Das Verhältnis der Menschen zum Tod und seinem Handlanger war sehr ambivalent. Für das Zivilleben des Scharfrichters gibt es Berichte über Vorschriften, auffällige Farbstreifen (rot, weiß und grün, Frankfurt a. M., 1543) zu tragen, um den Scharfrichter deutlich zu kennzeichnen. Eine für uns heute kaum nachvollziebare Berührungsangst mit ihm selbst und allen Gegenständen, mit denen er in Kontakt kam war der Grund dafür. Welche "Arbeitskleidung" der Scharfrichter trug kann ich aus den mir bekannten Abbildungen nicht allgemeinverbindlich angeben. Oft wird er in wenig auffälliger, zweckmäßiger Kleidung gezeigt. Später wird er in der Kunst gerne in prächtiger Landsknechtstracht dargestellt. Ich denke deshalb, für einen Henker um das Jahr 1350 kannst du dich getrost an der üblichen Mode orientieren, solange du nicht eine explizite Darstellung findest, die dir zusagt. Ich kann dir das Buch, aus dem ich diese Informationen entnommen habe zum weiteren Bild-Studium sehr empfehlen. Es ist ungewöhnlich reich bebildert, ohne das dabei der Text in den Hintergrund tritt. Andreas (1) Wolfgang Schild: Die Geschichte der Gerichtsbarkeit Lizenzausgabe für Nikol Verlagsgesellschaft mbH, Hamburg 1997 Verlag Georg D. W. Callwey, München 1980 ISBN 3-920656-74-4 Seite 177 ff.
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Eintrag #3 vom 15. Nov. 1999 13:27 Uhr
Ranes Haduwolff
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Grüß Dich, Henker, Zur Kleidung des Henkers ist mir folgende Abbildung von 1315 bekannt: Bloßes Hemd, seitlich weit gechlitzt bis zur Brust, ohne Beinlinge und mit vorne offenen Schuhen, ohne Kopfbedeckungen. (Kohl, Wilhelm: Das Soester Nequambuch, Wiesbadem 1980 oder Wilkes: Die Miniaturen des Soester Nequambuches…Darmstadt 1975) In Braunschweig 1414 wurde eine gelbe Gugel angeordnet, ebendort so wie in Hildesheim 1389 und 1392 einen speziellen, leider nicht genauer beschriebenen Hut. Die Farben seines Gewandes waren, je nach dem jeweiligen Marktpreis des Tuches, das ja von der Stadt gekauft wurde schwarz, grau, braun, rot, blau oder grün (Schütte, 1914: Kämmereirechnungen Münster 1960, Gimpel 1991) Der Aufsatz von Gisela Wilbertz über Scharfrichter und Abdecker aus dem sehr empfehlenswerten Buch von B-U. Hergemöller, Warendorf/Fahlbusch 1994 über die Randgruppen der spätmittelalterlichen Gesellschaft ist eine sehr reichhaltige Zusammenfassung über das Henkersamt und seine Pflichen, Verhaltensweisen und wie diese Leute gelebt und Geld-verdient haben. Wenn Du das sehr teure Buch nicht mehr bekommst, kann ich Dir die entsprechenden Textstellen gerne kopieren. Ich muß jetzt abhauen (wo das wohl herkommt…). Der böse Haduwolff P.S.: Ich habe da noch ein paar alte Wagenräder…wie wärs?
Euer Haduwolff
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Eintrag #4 vom 15. Nov. 1999 14:54 Uhr
Thorsten
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Moin Günther, danke für Dein (zugegebenermaßen unberechtigtes :-) Vertrauen in meine Wissensanhäufung, doch muß ich leider bei diesem Theam passen. Is´ zwar exakt meine Zeit, doch leider habe ich so gut wie keine Informationen zu diesem Thema. Kann aber noch mal nachkramen. Bis dann Thorsten
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Eintrag #5 vom 15. Nov. 1999 16:28 Uhr
Christoph Gellhaus
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Hier ist eine schöne Seite zu dem Thema. freunde.imperium.de/gansel/henker.htm mfg christoph
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Eintrag #6 vom 16. Nov. 1999 19:14 Uhr
Hartmut Writh
Hallo, Namensgebungen kenn ich ^für diesen Berufstand: "Meister Hans", Fetzer, Dollmann, Angstmann, Auweh, Benedix oder Benz (=Teufel), Dalcher (rotwelsch=Töter). Die tabuisierung dieser Männer erfolgte eher zum späten Mittelalter hin. Im Sachsenspiegel wird er noch eher als Gott gesandter Vollstrecker (verlängerter Arm) angesehen. Im späten Mittelalter wurde er zusehens als Heilkundiger heimlich zu Rate herangezogen. Häufig hat er als "Zweitberuf" die Dirnen der Stadt beaufsichtigt. Im kölner Turmbuch wird für das frühe 16.Jht ein zweifarbiger Hut als Amtszeichen genannt. Die Werkzeuge waren auf jeden Fallig völlig tabuisiert: niemals anfassen!! Weiterhin weiß ich von einem Vorfall. Das Haupt eines Geköpften kullerte vom Gerüst (15 Jht. Köln). Ein Bürger warf es zurück (und,…hepp!). Er wurde daraufhin aus seiner Gilde verstoßen! Hat in die göttliche Gerichstbarkeit eingegriffen. Meine Hauptquelle: "Bettler und Gaukler, Dirnen und Henker", dtv, ISBN 3-423-11061-9 Gute Verichtung (äh,.hin….!) Hartmut
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Eintrag #7 vom 16. Nov. 1999 22:19 Uhr
Günther Heidelbeer
danke erstmal an alle. Hartmut, das Buch habe ich auch, war mir aber ebend noch nicht genug… Und mein lieber Thorsten, komm mal aus der Hüfte…. ;-)) Nein, ganz im Ernst, ihr habt mir damit schon sehr geholfen( das ist aber kein Grund aufzuhören) Tschö der extraVagant
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Eintrag #8 vom 17. Nov. 1999 17:32 Uhr
Andreas Sturm
Hallo Hartmut! In Bezug auf den Sachsenspiegel (um 1225) muß ich dir zustimmen, auch wenn ich das Original nicht kenne. Bereits zur Zeit des Frankenreichs gab es Männer (bezeichnet als "Apparitores", "Carnifices", "Custodes", "Lictores", "Milites"), die verurteilte Missetäter hinrichteten. Bis ins 13. Jh. waren diese Personen aber keine "berufsmäßigen" Scharfrichter. Der Grund dafür ist der, dass bis zu den div. Landfrieden Todesstrafen eher die Ausnahme darstellten, die überdies durch Geldzahlungen ablösbar waren. Im Handhaftverfahren wurde der ßbeltäter dem Kläger übergeben, der ihn dann durch seine Knechte z. B. selbst töten durfte. Manchmal mußte auch das Gericht selbst, z. B. der jüngste Schöffe, das Urteil vollstrecken; in fränkischen Dörfern auch der jüngste Ehemann. Gelegentlich sollte die Aufgabe wieder auf viele Hände verteilt werden. Die Variationen müssen fast unendlich gewesen sein. In manchen Orten soll die Vollstreckung der Todesstrafe durch Privatpersonen noch bis ins 16. Jh. üblich gewesen sein. Dass bei dieser Sachlage der Todesbringer in einer möglichst positiven Rolle dargestellt werden mußte, erscheint nur logisch, denn sonst wäre der "Unglückliche" für sein restliches Leben gezeichnet gewesen. Seine Darstellung als irdischer Gehilfe Gottes fügt sich auch besser in das mittelalterliche Verständnis, dass das Recht nicht von Menschen für Menschen gemacht wurde, sondern vielmehr die Gesetzte von Gott selbst kämen. Erst die aufstrebenden Städte griffen auf berufsmäßige Scharfrichter zurück, als sich die eigentliche Blutgerichtsbarkeit, gefördert durch die erwähnten Landfrieden herauszubilden begann. Irgendwo im Laufe dieses Prozesses muß sich dann auch das Bild des Scharfrichters in den Augen des einfachen Volkes gewandelt und zu einen undurchdringlichen Konglomerat aus naiven Aberglauben, christlicher Mystik und Theologie entwickelt haben. Vor allem auf dem Lande blieb der Scharfrichter auch weiter der "Nachrichter", der mit einer feierlichen Handlung Gott mit den Menschen wieder versöhnt, indem er den Störer der göttlichen Ordnung vernichtet und das Volk vor dem Zorn Gottes bewahrt. Für die Bürger der Städte hingegen, die sich selbst als "aufgeklärt" und "fortschrittlich" betrachteten, blieb der Scharfrichter suspekt und unmoralisch, weil er schlicht für Geld tötete. Da Günther konkret die Zeit um 1350 angesprochen hat, nehme ich an, dass sich das Bild des Scharfrichter zu dieser Zeit noch in einer ßbergangsphase befand ("Die einzige Konstante im Leben ist der Wandel"). Eine wirklich sichere Aussage läßt sich wohl nur von einem versierten Kulturhistoriker oder überhaupt nicht treffen. Günther steht hier also vor einem ähnlichen Problem wie bei seiner Frage nach den typischen Kleidern. Ich würde ihm raten, sich für eine konkrete Stadt mit guter Quellenlage zu entscheiden. Anderenfalls muß seine Darstellung sehr allgemein und vage bleiben. Andreas
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Eintrag #9 vom 18. Nov. 1999 14:32 Uhr
Andreas Sturm
P.S.: Freut mich, dass wir Dir weiterhelfen konnten. ;o)
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