Heidentum im Hochmittelalter?
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Eintrag #1 vom 22. Apr. 1998 00:00 Uhr
Dr. Frank Dierkes
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Eines gleich vorab, ich bin weder ein Zelot noch sonst irgendwie ein religiöser Eiferer. Nur frage ich mich ab + zu auf den Märkten/Festen/Burgen, wo um Himmels willen ist hier das Nest, aus dem die ganzen Heiden entspringen. Jetzt mal ausführlich. Die meisten Feste/Lager spielen im nachgestellten Hochmittelalter, d.h. so von 1150 bis 1250 (+/- 50 Jahre). Das heißt, die ersten Kreuzzüge waren gelaufen, Jerusalem erobert (oder gerade mal nicht), verbrannt wurden Kartharer, Juden, Ketzer (aber noch kaum Hexen) und das Christentum war per Dekret seit x100 Jahren Staatsreligion. Klar sind die negativen Nebenwirkungen der Christianisierung auf Heilkunde, frühe Wissenschaft u.a.m. bekannt und die zunehmende Indoktrinierung auch (nicht umsonst mutierten die "weisen Frauen" zu Hexen und heidnische Kulttage wie Beltane zum Höllentag Valpurgis). Probleme bereitet mir nur, daß ich oft gerade Ritterdarsteller sehe, die nicht einmal wissen, wie herum ein Kreuz zu hängen hat (fast schon lächerlich, daß diese Personen dann Gewänder von Ordensrittern tragen). Auch grundlegende Kenntnisse der damaligen Staatsreligion des "heiligen römischen Reiches deutscher Nation" sind bei den meisten "Rittern" zu vermissen. Oft dafür bemerkt man aber, daß gerade Mönchdarsteller (hoffentlich können wenigstens die ihren Job) schief angesehen werden und blöde Sprüche zu hören bekommen. Ich bin aber der Meinung, daß sich vielleicht viele Menschen im Hochmittelalter - aus Unkenntnis, aus anderer Ansicht heraus - ihr eigenes Gemisch aus religiösen Ansichten gemacht haben, sich aber gehütet haben, offen "Heiden" zu sein. Ein anderes Verhalten und das nicht-beachten von rel. Regeln (im Zweifelsfall konnte man zum Mönch gehen, oder wurde halt im hohen Alter fromm), hätte rel. schnell einen letalen Ausgang gehabt. Meine Frage in die Runde ist nun, wie man sich als Darsteller eines hochmittelalterlichen Kämpfers zu den ganzen keltischen/ägyptischen/esoterischen Symbolen verhalten soll - ich bin zwar schon mehrfach auf Händler zugegangen und habe ihn nach "seynem heidnisch Zeug" befragt, erntete aber nur blöde Blicke. Auch wie man sich zu Festlichkeiten zu verhalten hat - Bsp. Beltane am 1. Mai in Freienfels - würde mich interessieren. Im Grunde genommen müsste die gesammelte Ritterschaft das Fest sprengen und die Heiden metzeln! Da das nicht Sinn der Sache ist, hoffe ich auf geistreiche Antworten. In diesem Sinne. Hermann de Monasterium (F. Dierkes)
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Eintrag #2 vom 23. Apr. 1998 00:00 Uhr
Mirjam Ruppel
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Lieber Frank, Du wühlst hier gerade eine Diskussion auf, die eigentlich schon lange wieder vom Tisch ist. Das Christentum war zwar offizielle Staatsreligion, war aber de facto ein wildes Gemisch aus christlichen Vorstellungen und alten ßberlieferungen (das "Klauen" von Feiertagen sagt da ja alles). Abgesehen davon: "Das heilige römische Reich" ist eine Bezeichnung, die in dieser Zeit überhaupt nicht verwendet wurde, sondern erst in neuerer Zeit aufkam im Zuge einer Rückbesinnung auf "gute, alte Zeiten". Beltane auf Freienfels zu feiern stellt insofern kein Problem dar, als wir da völlig ohne Touris sind, womit eine A…debatte wohl vom Tisch ist. Nebenbei bemerkt, ist Beltane nachweislich das Fest, das am längsten in seiner ursprünglichen Form gefeiert wurde, wenn auch unter dem Namen der heiligen Walpurga. Diese Dame war die Leiterin des Doppelklosters (Männer und Frauen) Heidenheim (!) und namhafte Historiker vermuten, daß in diesem Kloster noch lange "Mischformen" der ´reinen Lehre´ praktiziert wurden. Man hat übrigens in Rom reichlich Verrenkungen machen müßen, um diesen Tag der Walpurga zuzuordnen. Denn es weder ihr Geburts- noch ihr Todestag, sondern der Tag, an dem ihre zunächst anderswo beigesetzten Gebeine angeblich nach Heidenheim überführt worden sind. Ich habe übrigens zu diesem Fest ausdrücklich Anhänger aller Religionen eingeladen. D.h, daß ich Anregungen, die anderen als meiner eigenen Religion entspringen, durchaus begrüße, nicht zuletzt deshalb, weil sich "ökumenische" Götterdienste in der Vergangenheit sehr bewährt haben. Abgesehen davon, bin ich (und sind wir alle) wohl kaum in der Lage eine "orginalgetreue" Walpurgisnacht zu feiern. Es soll Spass machen und an den ursprünglichen Sinn des Festes erinnern. Sollten dich aber Bedenken religiöser, moralischer oder sonstiger Art von der Teilnahme abhalten: selbst schuld! Ansonsten mein Apell an alle: Austausch und Kommunikation ist klasse, aber brecht doch bitte nicht ständig Diskussionen um des Kaisers Bart vom Zaun! Und um eine mittlerweile recht beliebte Grußformel zu benutzen: Mit im privaten heidnischen, auf dem Markt jedoch eher christlichen Grüßen Scorpia P.S. ßber die Aufforderung zur Sprengung des Festes reden wir noch !!!
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Eintrag #3 vom 25. Apr. 1998 00:00 Uhr
Dr. Frank Dierkes
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Um einige Miß(Mist-)Verständnisse auszuräumen: 1. Ich werde mir dieses Ritual garantiert nicht entgehen lassen, denn - wie ich es eigentlich zum Ausdruck bringen wollte - bin ich kein Eiferer und hoffe daher, nicht allzu verblendet zu sein. 2. Um Aufklärung habe ich ausdrücklich gebeten, habe ich jetzt z.T. schon erhalten, danke dafür. 3. Emotionalität ist hier fehl am Platze, konnte ja nicht wissen, daß ich in einer längst verheilt geglaubten Wunde herumbohre. 4. Mit Nachdruck erkläre ich hier, daß ich keinen Aufruf zum Sprengen des Festes gegeben habe, noch zu sonsteinem Kreuzzug, ich bin ja nicht der Papst! Vielmehr stellte sich mir die Frage, wie gerade Darsteller eines Rittercharakters (im nachgestellten Hochmittelalter) es wagen können - trotz einer am Wappenrock u.U. erkennbaren Zugehörigkeit zu einem Ritterorden - ohne Bedenken auf so ein Fest zu gehen. Die Frage war als Provokation gedacht, mal über die Darstellung eines Ritters etwas nachzudenken und das diese Rolle wohl mehr sein sollte, als "Hau-Drauf", "Sauf-Aus" und Pochen auf Ritterbürtigkeit, sondern das die anderen Teile des Charakters auch nicht außer Acht gelassen werden sollten. Hoffe, einiges aufgeklärt zu haben. MfG Frank Dierkes
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Eintrag #4 vom 25. Apr. 1998 00:00 Uhr
Gabriele Klostermann
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Hallo Scorpia, es ist nicht abzustreiten, daß im Hochmittelalter wohl der eine oder andere heidnische Brauch praktiziert wurde. Es wird auch gesellschaftliche Außenseiter gegeben haben, die sich heimlich vom Christentum abgewendet haben. Es wird aber keiner ernsthaft behaupten wollen, daß das auch nur annähernd in einem Umfang geschehen ist, wie es heute auf den Märkten zur Schau getragen wird. Zu Deiner Anmerkung bezüglich der "geklauten" Feiertage: Es ist allgemein bekannt, daß im Zuge der Christianisierung Europas viele heidnische Feiertage und Bräuche modifiziert übernommen wurden, um den Heiden den ßbertritt zum Christentum so zu erleichtern, daß sie ihr Gesicht wahren konnten. Doch befinden wir uns auf den Märkten im Hochmittelalter. - Und das war in etwa so christlich wie eine bayrische Kleinstadt um die Jahrhundertwende. Die ursprüngliche Bedeutung der Feiertage stand da nicht im Vordergrund. Ich glaube auch nicht, daß im Hochmittelalter jeder zweite (Ritter und Ordensritter eingeschlossen) mit heidnischen Symbolen geschmückt war, weil es irgendwo ein Kloster Heidenheim gab, in dem eventuell "Mischformen der reinen Lehre" praktiziert wurden. In Wahrheit hat ein heidnisches Symbol am Körper so viel zu suchen, wie eine Armbanduhr. Außer man stellt einen unabhängigen gesellschaftlichen Außenseiter dar. Ich denke, kein Ernstzunehmender möchte irgend jemandem verbieten, auf Freienfels Beltane zu feiern. Frank hatte sich, nachdem er seine eigene Toleranz glaubhaft gemacht hatte, erkundigt, wie er sich auf so einem Fest verhalten solle. Das war alles. Du kannst Dein Schwert also wieder in die Scheide stecken. Ich finde es jedoch schade, daß Du das Streben nach Authentizität (ja, ich benutze dieses Wort) durch die Anwesenheit von Touris begründest. Dann können wir alle nach Feierabend die Campingstühle herausstellen, Maggi Fix für Currywurst in die Teflonpfanne schmeißen, und es uns mit Jeans und T-Shirt zu den Klängen von Hardrock mit einer Dose Coke in der Hand gemütlich machen. Wir machen Mittelalter, weil es uns Spaß macht. Wir stecken viel Freizeit in unseren Kram, denn er soll auch mittelalterlich aussehen. Entsprechend sollten wir auch auftreten, schon um unserer Arbeit genüge zu tun. Philipp Klostermann Was Deine Bemerkung zu den "alten Bärten" angeht: Es gibt schließlich auch Newcomer in der "Szene", die diese Diskussion noch nicht geführt haben. Außerdem kann es nie verkehrt sein, seinen Standpunkt von Zeit zu Zeit einmal neu zu überdenken. Toleranz gegenüber nicht christlichen Religionen ist zweifelsohne wichtig und richtig, aber es wäre schön, wenn diese Toleranz umgekehrt auch dem Darsteller eines christlichen Ritters entgegengebracht würde. Daß das Christentum im Adel (es ging hier schließlich um Ritter) durchaus gelebt wurde, kann man an der nicht-kirchlichen Literatur - den Heldenepen - erkennen. Diese Epen wimmeln unter anderem auch von heidnischen Symbolen (z.B. im Nibelungenlied oder auch im Parsifal), die Helden an sich sind jedoch immer von bester christlicher Tugend. Das ist natürlich ein Ideal, aber dieses wurde durchaus angestrebt. Die Dichter konnten schließlich nicht auf die Finanzierung durch die Kirche hoffen, sie mußten ihre "Sponsoren" bei Ihrem Publikum suchen. Ergo werden sie ihre Geschichten wohl so verfaßt haben, daß sie den Geschmack ihres Publikums trafen. Ich glaube nicht, daß man einen christlichen Parsifal nur aus Angst vor der Kirche hat gewinnen lassen. Denn wenn das so wäre, dürfte wirklich kein einziger Ritter auf dem Mittelaltermarkt mit Thorshammer o.ä. ´rumlaufen. Ferner muß man bedenken, daß der Nachwuchs in den Klöstern lange Zeit hauptsächlich aus dem Adel stammte. Das hatte zwar durchaus wirtschaftliche Gründe, aber ich kann mir nicht vorstellen, daß der komplette Adel dermaßen doppeldeutig gedacht hat: "Ich schicke meine Söhne und Töchter ins Kloster und dann gehe ich in den nächsten Buchen- oder Eichenhain und danke Odin für diese praktische Lösung des Erbfolgeproblems." Das Vorherrschen des Christentum schließt natürlich nicht aus, daß zusätzlich alte Riten lebendig waren (z.B. Fruchtbarkeitszauber, wenn sich der gewünscht männliche Erbe nicht einstellen wollte; frei nach dem Motto: es kann ja nichts schaden, alle Möglichkeiten auszuschöpfen) und/oder man einem gewissen Aberglauben anhing. Beim "einfachen" Volk haben sich heidnische Gebräuche sicherlich stärker und länger gehalten. Oft werden es auch Mischformen gewesen sein, ähnlich vielleicht wie heute in Südamerika, wo sich in der Bevölkerung Elemente des Voodoo mit der christlichen (oder richtiger: katholischen) Heiligenverehrung vermischen. Gabriele Heinzel
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Eintrag #5 vom 24. Jan. 1999 18:12 Uhr
Udo
Hallo Scorpia! Dies ist zwar ein Uralt-Tread, aber vielleicht schaust Du doch noch mal kurz rein. Im "Stern" Nr. 2/99 vom 7.I. ist ein sehr interessanter Bericht über Ausgrabungen einer slawischen Kultstätte auf der Insel Rügen. Laut Archäologen fiel diese heidnische Kultstätte erst 1168 christlichen (dänischen) Invasoren unter König Waldemar I. in die Hände, die diese dann als gute Christen auch gleich einäscherten. Wenn Du Interesse an dem Bericht hast, den "Stern" aber nicht mehr auftreiben kannst, dann schicke ich Dir gerne eine Kopie dessen.
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Eintrag #6 vom 13. Mrz. 1999 23:07 Uhr
Sylvia Crumbach
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Moin, Moin, an Udo: (auch wenn Dein Betrag älter ist) vielen Dank für Deinen Hinweis auf die Slawen, in diesem Fall Rugarier. Es hat nach Aussage verschiedener Quellen, (z.B. Holmold von Bosau vollendet um 1171 oder Nikolaus von Jeroschin in "Kronike von Pruzinlant" vollendet um 1335-41), im Einflußbereich des Deutschen Hochmittelalters durchaus noch Heiden gegeben, die zu bekämpfen sich gelohnt hat. Zitat aus "Die Chronik vom Leben des Heiligen Ansgar": >> Einige arme, aus chistlichen Ländern geraubte und in Barbarenländer verschleppte Gefangene waren in der Fremde arg gequält worden; in der Hoffnung auf ein Entrinnen flohen sie zu den Christen Nordelbiens, die ja deb Heiden an nächsten wohnen; die aber griffen und fesselten die Ankömmlinge erneut ohne jedes Erbarmen. Einige verkauften sie an Heiden weiter, andere behielten sie zu eigenem Dienst oder verhandelten sie an andere Christen. Der Bischof war von der Kunde über einen solchen Frevel an seiner Diozese sehr betrübt, wußte aber nicht recht, wie er Abhife schaffen sollte; in das ruchlose Verbrechen waren nämlich sehr viele verwickelt, die als mächtig und edel galten.>> "Angemerkt sei ,daß den Bischof kein Schuldbewußtsein plagte, als er zuvor einige junge Nordleute und Slawen kaufte um sie für den heiligen Streit heranzubilden" Quelle: Lange, Vineta Sylvia (Dragomira)
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Eintrag #7 vom 21. Mrz. 1999 20:36 Uhr
Ole
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Moin moin Syvia! Dine Worte for de Heyden in Noorden un Oosten von Tyskland is bannig gut Aber vergit nit, Heynrich der Leu hat Verträge mit de Slav hät, unn hät och mit jene gen Kaiser gefocht. Also nit nur Kampf un Todschlak, sundern och Freundschaft un Bistand kunnt man finne wenn de minung glick woar. Dine Freunde, Christoph un Ole
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Eintrag #8 vom 21. Mrz. 1999 21:30 Uhr
Sylvia Crumbach
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Moin, Moin, wen dor von unser Lütt ain mit de Computer snackt, denn will ick wohl mittuhn! Und damit man uns nicht Ostfriesen schimpft besser anders. (Jetzt sach nich Sylvia snackt kein Plattdütsch mehr!) Die Slaven haben einen Vertrag mit Karl den Großen geschlossen, die Folge war den sog. Limes Saxonea, ein breiter ßdlandstreifen, der die "deutschen Länder" von den slavischen trennte. Ein großer Erfolg, wenn man bedenkt, daß Karl die Sachsen unter Widukind so nachhaltig besiegt, zwangsbekehrt und umgesiedelt hat. Leider hat es den Verband "Die Slawen", außen in Lutizenbund, nie gegeben. Es gab die Polaben, die Wagrier, die Wilzen und viele andere. Diese bildeten zwar einen Kulturkreis, aber waren sich leider untereinander nicht einig. So hatten sich einige Verbände mit Heinrich dem Löwen gegen Andere verbündet.(ßhnlich wie bei der Schlacht von Bornhövede oder "Smilow"). Heinrich der Löwe hat auch Lubice niederbrannt und das ganze als Lübecke(Lübeck) neu zugründen. Mit Grüßen an Ole und Christoph Sylvia (Dragomira)
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Eintrag #9 vom 07. Jul. 1999 23:23 Uhr
Bernd Willms
Kleiner Querverweis: Thema Nr 335 heißt " Heiden im MA"
Tschö. wa Bernd
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Eintrag #10 vom 28. Feb. 2000 15:11 Uhr
Blain Fries
Ich komme zwar viel zu spät zu diesem Thread, habe aber dennoch etwas loszuwerden. Klar machen wir MA aus Spass, aber warum sollten wir da nicht auch an die Touris und historische Darstellung denken? Ein Ritter des HMA hat einfach, zumindest in der Darstellung, Christ zu sein und einen Mjöllnir (Thorshammer) zu tragen, ist alleine schon von der archäologischen Fundlage her Unsinn. Und was das Mönchlein angeht, so weiss ich zwar, dass es mit leichtem Spott betrachtet wurde (siehe diverse Trinklieder), aber nicht bösartig angefeindet wurde. Blain der Friese, Gläubiger Asatru und Wiki
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Eintrag #11 vom 17. Dez. 2000 12:30 Uhr
Birgit Kapraun
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Hallo zusammen, jetzt mal eine Frage von einer "Randfigur der Szene" - ich gehe einfach auf die Märkte weil es mir Spaß macht (jetzt bitte nicht alle über mich herfallen, ja) und nicht weil ich ein A-Mittelalter nachstellen will, wäre ja auch schön blöd, vor allem als Frau. Meine Frage jetzt: Wer hat eigentlich beschlossen, daß es ein A-Mittelalter sein soll, welches auf den Festen dargestellt wird? Krass formuliert: Wem "gehört" der Markt?! Ich denke mal, die Touris wollen ein Fantasy-Mittelalter (was man immer in Filmen etc. sieht). Offenbar gibt es aber auch genügend Marktvolk, das ein wenig Fantasy schätzt (und viel Heidnisches). Wenns wirklich A sein soll, wo sind dann die Bauern, die Bettler, die Krüppel, ja gibt´s immer ein paar aber im Verhältnis viel zuwenig. Dann könnte man noch über ein paar herumlaufende Schweine und Hühner nachdenken (vor allem die Schweine hätten bei all dem Schlamm neulich gut auf die Ronneburg gepaßt), vielleicht noch ein Misthaufen für das richtige Odeur, hihi… Irgendwie habe ich das Gefühl, sooo A will´s dann wieder keiner haben (ob Touri oder Marktvolk). Privat bin ich übrigens praktizierende Heidin, würde es auf den Märkten aber nicht demonstrativ zur Schau stellen, weil es einfach nicht paßt - es war nun mal christlich, das Mittelalter. Können wir nicht einfach alle ein wenig Spaß haben auf dem Markt? Mit etwas Toleranz? Es reicht doch wohl, wenn man in Familie und am Arbeitsplatz schon als etwas verrückt angesehen wird ob der merkwürdigen Interessen, die man/frau da so pflegt. Ich finde, der Markt "gehört" niemand und es sollte doch wirklich Platz für alle sein, oder?
Mit heidnischen Grüßen (schließlich bin ich nicht offiziell vom Markt)!
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Eintrag #12 vom 17. Dez. 2000 13:42 Uhr
Andreas
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Hallo Birgit, was genau macht eine "praktizierende Heidin" fragende Grüße,
Indy
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Eintrag #13 vom 17. Dez. 2000 16:12 Uhr
Dr. Frank Dierkes
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Auch wenn ich jetzt gesteinigt werden sollte: Jedem seine Szene, meine Meinung. Klar, so manche Märkte (eigentlich fast alle) dienen der Börse des Veranstalters. Viele, so auch unser Verein, versucht aber, das Hochmittelalter um 1250 in seiner Ständeordnung nachzustellen (insoweit das möglich ist bei begrenzten archaeologischen Fundstücken, Berichten etc. JA ICH WEIß ES!!). Von daher haben wir nur EINEN Adeligen (der ggf. einen adeligen Gast haben kann, aber nicht muß), der Rest ist Volk unterschiedlichster Schichtung, von Kaufmann unter der Munt des Adligen bis hin zum Knecht. Es fällt dann schwer, sich dem Publikum glaubhaft darzustellen, wenn neben einem ein Lager mit Kostümsäufern, Halbnacktschotten (in Mutters Karorock), Rügenwaldern oder meinetwegen auch Goten auf Völkerwanderung steht. DAS würde nur gehen, wenn wir die alte Idee des Timetunnels wiederbeleben. Ein weiteres Problem ist, daß die Frühmittelalterlichen eine eigene Szene haben, die Spätmittelalterlichen genauso wie die Renaissance´ler. Nur die HMA´ler kriegen das - trotz Ansätze - nicht hin, da sie sich in alle Richtungen zerfasern. Von daher kommt die Aversion so mancher HMA´ler, wenn sie mit den o.g. Szenen in einen Topf geworfen werden. Also nach meiner Meinung: Auf Kostümmärkten wie MA-Spektakulum, Satzwey o.ä. weiter gemischt, da ist eh nichts mehr zu retten. Auf ausgewiesenen HMA-Märkten (man lese hierzu den Untertitel des Veranstalters oder schaue in den Karfunkel) dann nur HMA und zwar ohne Diskussionen, ob nicht Xenas, Angehörige des frühen Pleistozäns etc. auch "A" wären. Frank
Benedicte! Frater Hermann von Monasterium
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Eintrag #14 vom 17. Dez. 2000 17:03 Uhr
Christoph Bitter
Liebe Birgit! auf diesen Mittelaltermärkten versuchen Leute (wenn es gute Märkte sind) ein möglichst gutes HMA darzustellen. Es paßt einfach nicht, wenn zwischen dem hochmittelalterlichen Ritterlager und Kaufmannszug eine Horde irischer Kelten lagert. Das sieht ziemlich dämlich aus und sieht für den unwissenden Laien so aus, als hätts im HMA auch noch Kelten gegeben. Tatsächlich kann man aber, wenn man unbedingt einen Heiden in Europa darstellen will, nur Slave oder Balte werden. Wie schon erwähnt, haben die Wikis eine eigene Szene. Nur bei besonderen Anlässen lagern die mit uns zusammen. Außerdem ist es einem frühmittelalterlichen Heiden natürlich auch freigestellt, auf eine reine HMA-Veranstaltung als Besucher zu gehen. Aber Gleichgesinnte wird er dort natürlich kaum finden, was nicht heißen soll, daß er gar keinen Kontakt erhalten kann. Die Trennung fand außerdem damals statt, weil die HMAler die ständigen Anfeindungen der Heiden leid waren. Verständlich, oder? Also geh ruhig auf HMA-Märkte in Gewandung als Besucher oder schlage Dein Lager bei Mischprojekten wie z. B. unten schon erwähnt Satzvey auf. Ach ja, wir vom Deutschen Orden suchen noch händeringend nach Pruzzen. Ein einziger bringts nicht so. Willst nicht Pruzze werden? Oder Litauer? Oder Livländer? Este? Gottes Gruß v. Arlen
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Eintrag #15 vom 18. Dez. 2000 11:28 Uhr
Nikolaj Thon
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Gruß allen! Da sind wir also mal wieder beim Basisthema gelandet: Was will, soll und kann eigentlich die MA-Szene? Je länger ich die Diskussionen in diversen Threads verfolge, mir das reich sortierte Angebot auf Märkten und den dazu gehörigen Lagern anschaue, aber auch die bunte Mischung der Teilnehmer beim letzten User-Treffen vergegenwärtige, fühle ich mich in folgender Klassifizierung bestätigt: Wir haben nicht eine, sondern (mindestens) zwei "Szenen", die sich war - gerade bei Märkten - treffen (oder richtiger: zusammentreffen!), aber eigentlich recht wenig miteinander gemeinsam haben . 1. Die - um Frank zu zitieren - "Kostümsäufer, Halbnacktschotten (in Mutters Karorock), Rügenwalder oder meinetwegen auch Goten auf Völkerwanderung" und ähnliche mehr, all die "praktizierenden Heiden" usw., die im Grunde ihren Spaß suchen - und das Ganze in einer Art von "Gewandung". Das ist sicher legitim und wird ähnlich und durchaus vergleichbar Jahr für Jahr von zig Tausenden, vielleicht Hunderttausenden von Menschen praktiziert - mit viel Spaß an der Freud´ und oft großer Hingabe, nämlich vom 11.11. bis Aschermittwoch. Da nennt sich dann die Gewandung "Verkleidung" und das Ganze Karneval. Niemand wird etwas dagegen sagen - nur hat es mit Re-enactment, historischer Darstellung, "living history" oder wie wir es nennen wollen, nun einmal nichts zu tun. Dabei sollte man nicht vergessen, dass die Uniformen mancher Karnevalsgesellschaften - gemessen an denen historischer Militäreinheiten des 18. Jahrhunderts - wesentlich mehr "a" sind als die vieler der oben zitierten "Kostümsäufer" etc. Trotzdem kommt m.W. keiner der rheinischen Karnevalisten auf die Idee zu behaupten, die blauen, roten oder wie auch immer "Funken" seien nun eine historische Darstellung … Sie haben ihre Freude, die sei ihnen von Herzen gegönnt - und das war´s. Würden unsere Fantasy-geprägten Freunde und Freundinnen im Markt-MA das Gleiche sagen, wäre es doch in Ordnung; man weiß, woran man ist und lässt ihnen unbehelligt ihren Spaß an ihrer Art von Karneval (zumal die Marktsaison beginnt, wenn die andere karnevalistische endet, also Verkleidungsspaß das ganze Jahr über garantiert, zudem mit etwas wohl in der Jugend verpasster oder nicht ausreichend verwirklichter Lagerfeuerromantik). Problematisch wird´s nur, wenn man sich selbst und einem unbedarften Publikum einredet, das sei eine historische Darstellung des MA: Kein "Funke" erwartet, dass die Zuschauer beim Rosenmontagszug seine Uniform für eine authentische friderizianische, kurkölnische usw. hält (obwohl, wie schon gesagt, sie vielfach qualitätsmäßig und im Hinblick auf Authentizität dem Braveheart-Schotten oder gar der angeblichen HMA-Hexe um Etagen überlegen ist!) - und erst recht nicht eventuelle Mängel noch als "a" hininterpretieren. Das aber geschieht in einem Großteil des üblichen Markt-MA - und da wird´s ärgerlich für Gruppe 2. 2. Das sind nämlich die Leute, die sich mit großem Aufwand an Zeit (Quellenstudien und Arbeit an "a"-Gewandung und Ausstattung) und Geld (Museumsbesuche, -kataloge, allgemein Literatur, Repliken usw.) bemühen, nicht nur eine einigermaßen "stimmige" Gewandung und Ausstattung zusammen zu bekommen, sondern auch die zeitgeschichtlichen Hintergründe, Lebensumstände, Kultur usf. der dargestellten Zeit und Personen möglichst gut zu kennen, um so dem interessierten Besucher ein einigermaßen historisch richtiges Bild zu vermitteln. Auch diese Leute, glaubt es bitte, ihr Anhänger der "Spaß"-Fraktion, haben ihren Spaß, nämlich die Freude an einer immer besseren Kenntnis, einem intensiveren Verstehen und einer authentischeren Darstellung des MA (und nicht zuletzt an der Gemeinschaft Gleichgesinnter)! Das Vorhaben der "living history" aber wird konterkariert, wenn dann die allseits bekannten Verzeichnungen in den Marktlagern nicht nur mal bei Anfängergruppen vorkommen, denen jeder zubilligen wird, dass man nicht alles auf einmal haben kann, sondern - selbst als bessere Gruppe - immer noch den weiteren Weg vor sich hat, sondern die i.d.R. vorherrschen und das Bild prägen. Das gilt für die Lager mit ihrer bunten Mischung, das gilt für die sehr oft unhistorischen Tourniere, die jeder historischen Anbindung fernen und zeitlich oft unmöglichen Schlachtinszenierungen (z.B. Templer, die es bekanntlich seit der Ordensaufhebung im frühen 14. Jh. nicht mehr gab, kämpfen neben "Wikis" und "Brachialbarbaren" gegen Söldner des 15. Jh. usw.) und natürlich für die Marktstände selbst, die aus kommerziellen Gründen i.d.R. weder authentische Waren anbieten (oder was soll der leider zu oft typische ganze neoheidnische Amulett- und Esoterikkram, sollen moderne Töpferwaren?) noch MA-Form aufweisen, das gilt für die künstliche "Marktsprech" mit dem "Handgeklapper" und den "Silberlingen" usw. usf. All das ist ganz wesentlich Karneval, nicht MA! Wo aber liegt der Ausweg? Gibt es überhaupt einen? Oder kann er nur langfristig in einer Trennung beider "Szenen" liegen, die möglicherweise in einiger, m.E. aber nach den Gesetzen des Marktes schon absehbarer Zeit ohnehin von selbst eintreten wird, wenn die MA-Modewelle vorbei ist und der damit für etliche verbundene kommerzielle Nutzen schwindet, so dass letztlich nur die wirklich an Re-enactment und historischer Darstellung Interessierten übrigbleiben? So schlecht wäre das m.E. durchaus nicht! Noch einmal: Jeder hat das Recht auf seinen Spaß - nur sollte man das Kind beim richtigen Namen nennen: Historische Darstellung ist das eine, Karneval auf Pseudo-MA das Andere (und in diesem darf dann auch jeder sein Heidentum, um mal wieder auf das Hauptthema des Threads zu kommen, so praktizieren, wie es ihm gefällt, auch wenn vermutlich nicht nur die Inquisition des wirklichen HMA, sondern auch die heidnischen Priester der wirklichen Heidenzeit angesichts der heute als "heidnisch" präsentierten esoterischen Mixtur aus mehr oder minder selbstgestrickter Naturreligion, halb- oder missverstandenem asiatischem Gedankengut und vor allem Werken der Fantasy- und Mystery-Literatur leicht konsterniert gewesen wären!). Soviel zu einer m.E. dringend notwendigen Begriffsklärung
mit besten Grüßen und Wünschen Nikolaj aka Argl. Rhisiart ap Maredudd
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Eintrag #16 vom 18. Dez. 2000 22:11 Uhr
Sascha Sturm
Hallo, Frank, der Kaufmann steht mit nichten unter der Munt irgend eines hergelaufenen Adeligen. Zwischen dem Bürger einer Reichsstadt und dem König gibt es nun mal niemanden mehr. Es lebe Heinrich (oder sollte ich Willem sagen;-) Hallo, Christoph, Kelten gibt-s immer noch, die nennen sich allerdings jetzt Iren und sind wirklich eigen mit ihren kulturellen Besonderheiten in Europa…;-) Aber warum suchst Du so dringend Pruzzen, braucht Dein Schwert Arbeit???? Immer diese Ordensritter *kopfschüttel* Hallo, Nikolaj, Immerhin steht damit ja bei Christoph, daß es im HMA möglich ist einen "Heiden" glaubwürdig darzustellen, auch wenn ich zugeben muß, daß die fundierte Darstellung im Sinne der "Living History" schwierig werden dürfte. Ansonsten: Markt ist, was am Markt abzusetzen ist - und das schließt auch das Neoheidentum ein, eine klare Trennung von der "Living History" kann ich nur begrüßen. [Eh das hier jemand zu ernst nimmt, sag ich doch besser dabei, daß ich mindestens ein Winterbock Vorsprung habe:-)] Herzlichen Gruß Sascha
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Eintrag #17 vom 18. Dez. 2000 22:52 Uhr
Birgit Kapraun
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oops - da habe ich wohl das Wespennest getroffen - und ich dachte schon, in den ollen thread guckt eh keine/r mehr rein… vielleicht noch ein wenig zur klärung: "mein" heidentum trage ich nicht auf den märkten spazieren (ebensowenig wie ich das von einem buddhisten oder einer katholikin erwarten würde). das problem scheint wirklich zu sein, daß sich hier soviele unterschiedliche szenen treffen, larps, neo-heiden, reenactment etc. und jede/r meint, die szene für sich gepachtet zu haben. ich bin einfach gerne auf märkten weil mir die atmosphäre gefällt, UND BEHAUPTE NICHT; IN IRGENDEINER FORM AUTHENTISCH ZU SEIN! Es geht mir nicht darum eine wie immer geartete heidnische vergangenheit zu einer bestimmten zeit und an einem bestimmten ort neu zu beleben. trotzdem danke für das angebot. nebenbei: ich bin als (zahlender) gast auf den märkten, nicht als lager- oder gruppenmitglied, vielleicht rettet mir das jetzt den hals?! ich bin überzeugt davon, daß es jede menge MA-Aktive gibt, die ernsthaftes reenactment betreiben und auch den versuch unternehmen, die dabei gewonnenen ergebnisse unter das allgemeine volk zu bringen - aber wenn das, nennen wir es "ernsthafte" Marktvolk (nicht negativ gemeint!!!) dieses Ziel hat, dann sollte man die Veranstaltungen etwas anders aufziehen und nicht als "MA-Spektaculum" etc. bewerben. Ernsthaftes Reenactment ist wahrscheinlich nur im geschlossenen Kreis möglich. Aber da spricht natürlich dagegen, daß der Eintritt des zahlenden Volkes (und auch von Pseudo-Schotten, Neo-Heiden etc.) offenbar gerne genommen wird. Vielleicht brauchen wir wirklich eine Aufspaltung in "von der Szene für die Szene" und "alles andere" - aber wie groß bleibt dann die Szene noch - und wer gilt dann noch als A? Wie gesagt, für mich ist das eine akademische Frage, da ich nicht reenactment mache. Ich hatte nur gehofft, in einer einigermaßen low-profile-gewandung als gast erwünscht zu sein, und nicht als MA 2. Klasse angesehen zu werden. ich finde es schön, daß es leute gibt, die diese märkte und die atmosphäre kreieren nur etwas mehr toleranz, daß andere leute andere ideen haben wäre nicht schlecht (von allen seiten).
Mit heidnischen Grüßen (oder sagen wir: naturreligiös)
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Eintrag #18 vom 19. Dez. 2000 07:26 Uhr
Joachim Meinicke
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Nikolaj, das hast Du sehr fein ausgedrückt. Vielleicht haben es jetzt wieder ein oder zwei Gestalten begriffen, das wäre doch schon ein Erfolg. Joachim
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Eintrag #19 vom 19. Dez. 2000 10:45 Uhr
Nikolaj Thon
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Natürlich hast Du vollkommen recht, Sascha, gegen die Darstellung eines Heiden als Kanonen-, pardon: Schwert-, Speer- oder Bogenfutter des Deutschen Ordens, der Schwertbrüder und anderer verwandter "heidenfreundlicher" Einrichtungen (oder ggf. auch als Brandmaterial für die Inquisition!) ist auch für das HMA selbst vom Standpunkt der strengsten Authentizität nichts einzuwenden - sofern das Ganze im Hinblick auf die Gewandung stimmt und schön am Rande des damaligen Europa angesiedelt ist! Wie schon von Christoph gesagt: Pruzzen werden gesucht! ;-) Ob aber unsere Neo-Heiden für sich gerade diese Rolle vorgesehen haben? Soweit Scherz, Satire, Ironie - und jetzt eine ernstere Antwort auf Birgit: Auch Du hast Recht, da Du Deine Position so klar bestimmst ("BEHAUPTE NICHT; IN IRGENDEINER FORM AUTHENTISCH ZU SEIN"). Wer sich am Marktgeschehen des dortigen "Spectaculums" erfreuen will, soll das doch tun. Niemand kann und wird ihm das verübeln und nicht einmal in Ansätzen Authentizität erwarten! Ich erwarte ja schließlich auch vom als Scheich verkleideten Jecken im Kölner Karneval nicht, dass er sich über den Islam und die Lebensgewohnheiten im Süd-Jemen auskennt. Nur: Der erzählt mir auch nicht, dass er einen authentischer Araber darstellt und Mutters kariertes Küchenhandtuch als Kopftuch sehr "a" ist, weil schließlich irgendwann einmal eine für Indien bestimmte Ladung solcher Tücher mit einem britischen Frachter an Arabiens Küste strandete o.ä.m.! Problematisch wird es also, wie schon gesagt, doch erst dort, wo sich das Markt-Pseudo-MA als historische MA-Darstellung ausgibt! Solange es offen als MA-angehauchte Verkleidungspartie mit viel Spaß, Musi (und ggf. auch "Allohool") fingiert, ist doch alles o.k. - oder um es mit dem seligen Willi Millowitsch zu sagen: "Wir sind alle kleine Sünderlein …" und als solche lieben wir nun mal auch das unverbindliche Vergnügen. Fazit: Nicht der Spaß als solcher ist schlecht, sondern der Etikettenschwindel. Den allerdings finde ich dann wirklich intolerabel!
Beste Grüße Nikolaj (Argl. Rhisiart ap Maredudd)
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Eintrag #20 vom 19. Dez. 2000 12:47 Uhr
Andreas
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Hallo Alle, erstmal Danke an Nikolaj für seine Ausführungen. Jetzt aber zum Problem. "Von der Szene für die Szene" ist ja nett, wenn die Szene dann groß genug ist. Leider hat die ßffentlichkeit halt nix davon und muß sich mit dem Marktmittelalterniveau zufrieden geben. Dann passiert es halt, daß ein Wikinger nach seinen (nichtvorhandenen)Helm-Hörnern gefragt wird, ein Landsknecht als Ritter tituliert wird und jedes weibliche Wesen ein Burgfräulein ist. Es sollte doch auch hier zu machen sein, mal eine Veranstaltung zu bauen, auf der ein hist. Datum Ausgangspunkt ist und dann NUR passende Teilnehmer kommen. Für Hastings 2000 waren Australier da und jeder hat monatelang Ausrüstung gebastelt, nur um das Jahr 1066 darstellen zu können. DAS HßTTE ICH HIER AUCH GERNE, denn dann müssten sich alle 08/15 Marktveranstalter warm anziehen und die eigene Qualität hinterfragen und verbessern! Gruß,
Indy (Tassilos Rache)
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Eintrag #21 vom 19. Dez. 2000 19:14 Uhr
Sylvia Crumbach
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Ich bin der festen ßberzeugung, daß die Urteilskraft der Besucher von Veranstaltungen vielfach unterschätzt wird. Ich hatte am Wochenende Gelegenheit mich als Beobachterin mit eben dieser Problematik zu befassen. Viele Besucher wünschen auf auf einem Mittelaltermarkt eine Märchenstimmung. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Soll heißen ein Märchen mit Helden, Edeldamen und Bettlern, mit Musik, Stimmung und ßberraschungen, gutem preiswertem Essen und Trinken, Bogenschießen und Speerwerfen. Dazu gehören dann auch Zauberer, Hexen und Wahrsagerinnen wie in den Grimmschen Märchen nachzulesen. Ein Mittelding zwischen Märchenpark und Krimes wo die agierenden Personen auch noch ansprechbar und unterhaltsam sind. Fehler in der Illusion und Inzenierung fallen dabei wirklich auf. Mitelalterfeste sind für ein zahlendes Publikum gemacht. Ich kann mir nicht vorstellen, was viele dazubringt in diesem Rahmen ihre privaten Glaubenvorstellungen zu "Markte zu tragen". Für Mittelaltermärkte ist der Anspruch weniger historische Korrektheit als vielmehr eine Stimmigkeit zu diesem Märchenkonzept. Auf manchen Veranstaltungen lassen sich historischer Anspruch und Unterhaltung auch kombinieren. Vorzugsweise mit räumlicher Trennung und besonderen Hinweisen des Veranstalters. Eben ein Bereich für "Living History". Nur gehört zu dieser Trennung auch eine klare Definition der Unterschiede. Im Bereich hist. Darstellung ist dann auch die Kenntnis und Vermittlung der, ich nenne es geistige Welt, der jeweiligen Zeit wichtig. Dabei sollte allerdings, besonders bei brisanten Themen wie Heidentum und Christentum oder aus der aktuellen Diskussion die Kreuzzüge, wirklich sehr auf fundierte Informationen geachtet werden. Beispiel: Mein Mann und ich befassen und mit den Slawen. Eine Volksgruppe, die vergleichsweise lange nicht den christl. Glauben angenommen hat. Es gibt aus Befunden überlieferte Objekte, die in den religösen Bereich gehören. Kleine Götterfiguren als Talismane z.B. Solche Dinge lassen sich den Besuchern zeigen erklären, soweit möglich. ßber wirliche "Kulthandlungen" ist einges bekannt, es liegt mir persönlich jedoch fern eine solche wie ein Theaterstück aufzuführen. Es wäre interessant Darstellungsmöglichkeit zu diskutieren, wobei allerdings zubedenken ist, daß Angehörige lebendiger Religionen in ihren religiösen Gefühlen verletzt sein können. Sylvia
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Eintrag #22 vom 19. Dez. 2000 19:32 Uhr
Andreas
(Nachname für Gäste nicht sichtbar)
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Hallo Sylvia, d´accord! Ich weiß aus eigener Erfahrung bei den "Wikis", daß die Goden, Druiden und wie sie alle heissen 1. durchaus Zeremonien jeglicher Couleur abhalten und 2. von ihnen und auch von "Nichtpriestern" ein gewisses "faschistisches Heidentum" praktiziert wird. (d.h. Sie verhalten sich anderen Religionen ggü. so, wie sie es bei diesen kritisieren) Ich selbst würde mir als gläubiger Christ aber nicht erlauben z.B. eine Eucharistiefeier abzuhalten. Dafür ist mir mein Glaube zu wichtig und mein Respekt zu groß. Das schließt aber keine Handlungen religiösen Characters aus, oder die Darstellung eines Mönches oder Bischofs. Diese dargestellte Person kann dann aber auch keine, ihrem realen Gegenpart vorbehaltenen Handlungen durchführen. Ich hoffe, das ist jetzt auch so angekommen, wie es sollte? Gruß,
Indy
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Eintrag #23 vom 19. Dez. 2000 21:20 Uhr
Birgit Kapraun
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Hallo Nikolaj, vielen Dank für Deine Worte, beim lesen einiger threads habe ich manchmal wirklich das gefühl, nicht erwünscht zu sein, wenn man nicht voll a ist. sylvias gedanken hinsichtlich des wunsches vom allgemeinen publikum nach einem "Fantasy-MA" (kann man das so nennen?) sind mir auch nicht fremd. ich habe mich genug mit der damaligen lebensrealität auseinandergesetzt um froh zu sein, heute zu leben aber diese realität steht halt nicht hoch im kurs. aber noch eine frage, dann bin ich auch still (ich versuche es wenigstens): solange von veranstaltern wild staufer, normannen, wikinger, landsknechte etc. durcheinandergelagert werden, um ein möglichst großes marktbild zu bieten, solange die veranstalter esoterik-schmuck und pseudokeltenkram anbieten (lassen), solange kann man es doch keinem besucher verübeln, wenn er/sie sich in einer Fantasy-MA-Veranstaltung wähnt, oder? und sich entsprechend anzieht/einreiht. ich habe nämlich noch keine veranstaltung gesehen, die als Reenactment xx. Jhd. ausgeschrieben worden ist. Da wäre eindeutig klar, was paßt und was nicht, naja zumindest ließe es sich sehr viel besser eingrenzen. nur höre ich immer nur klagen über teile der besucher - wieso beschwert sich eigentlich niemand über die veranstalter, die derart gemischte veranstaltungen anbieten? von "richtig kommerziellen" veranstaltern mal abgesehen, das ist eh eine welt für sich.
gott zum gruße (jede/r den eigenen)
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Eintrag #24 vom 19. Dez. 2000 21:28 Uhr
Birgit Kapraun
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ach ja, es wäre schön, wenn die Fantasy-MA-Leute (zum begriff siehe bitte meinen vorigen beitrag), Neo-Heiden etc. nicht immer mit Karneval und Jecken in einen pott geworfen würden. was denkt sich ein reenacter, wenn die arbeitskollegen sagen "ach, verkleidest du dich am wochenende wieder und spielst ritter?" er würde sich mit recht auf den nicht getragenen schlips getreten fühlen. seht ihr…
gott zum gruße (jede/r den eigenen)
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Eintrag #25 vom 19. Dez. 2000 23:33 Uhr
Christoph Bitter
Hallo Sascha! Ich muß dich da berichtigen. Zwar sind die Iren keltischen Stammes, doch praktizieren sie nicht mehr deren Religion. Und einzig darauf kam es an. Ansonsten kannst du uns auch als Germanen bezeichnen. Oder besser noch alle in die Ursprünglichen Namen wie Bayuwaren und Allemanen usw. einteilen. Ne, so war das wirklich nicht gemeint! Was die Pruzzen angeht: Es wäre einfach schön, wenn es mehr als nur einen in der ganzen Szene gäbe. Hallo Birgit! Es gibt wirklich keinen Grund, warum Du Deine Meinung hier nicht äußern solltest. Natürlich wäre es schöner, wenn Du Deiner Darstellung einen besseren Touch gibst. Schließlich beschwerst Du Dich ja wegen der unakzeptanz des Heidentums. Heiden werden allerdings schon in gewissem Maße tolleriert (auf jeden Fall auf einem Mischmarkt, und die gibts haufenweise) wenn sie ihre Rolle glaubwürdig rüberbringen können. Jedoch als Fantasy-Heide oder was inmmer du darstellst, mußt Du Dich doch nicht wundern, oder? Es gibt durchaus beschreibungen der Kleidung von Schotten, Pruzzen und Slaven. Es wäre von daher schonmal ein erster Anfang gegeben, etwas richtig heidnisches darzustellen. Andererseits….muß man einen Heiden darstellen, wenn man innerlich mehr in diese Richtung seinen Glauben hat? Meine nicht. Ich z. B. bin Ev., glaube nicht wirklich an die christliche Lehre sondern denke mir eher was in Richtung wiedergeburt. Also doch eher buddistisch. Trotzdem stelle ich im MA einen strenggläubigen Christen dar, wie es sich eben auch gehört. Da gibts keinen Zweifel. Die kath. Kirche ist die allein Seeligmachende und ende. Man muß zwischen eigenem denken und der Darstellung deutlich unterscheiden können. Leider ist es bei den Heiden so, daß sie kaum kompromisse eingehen können. Warum machst du dich nicht über den Wiki-, Slaven- und Baltenglauben schlau? Vieleicht ist ja einer dabei, mit dem du jedenfalls ein wenig konform gehen kannst. Oder, wenn du unbedingt etwas richtiges darstellen willst, aber eben was heidnisches, so nimm den glauben doch für die Darstellung an. Dein Privater ist ja privat. Ist dem nicht so, und du wandelst weiter als buddistisch-heidnisches Mädel in der Gegend rum, so darfst dich nicht wundern, wenn DEIN Heidentum nicht gerade akzeptiert wird, weil es dann nämlich eigentlich mit dem zum verkauf gebotenen Esotherikkram zu tun hat. Falls Du wirklich was richtiges heidnisches Darstellen willst, so wende Dich doch bitte vertrauensvoll an Sylvia. Sie kann dir sehr viel über die Slaven sagen, evtl. was über die Balten (darüber kannst mich aber auch fragen) ein Wiki hat meines wissens nach noch nicht hier gesprochen. Denke, auch wenn es manchmal hier nicht so aussieht, sind die meisten von uns hier tollerant und geben auch gern ratschläge. So. Also beteilige Dich ruhig weiter an der diskusion. Stelle Fragen oder was auch immer. Gruß v. Arlen
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Eintrag #26 vom 20. Dez. 2000 00:11 Uhr
Ivo Malz (IMMS)
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Moin, alle. Ich hatte eigentlich gehofft, daß mit Nikolajs Beiträgen alles gesagt sei, aber… Birgit, eigentlich ist dies eine Domain von und für Leute im historischen Hobby. Die einen mit mehr oder weniger Kenntnis, die anderen mir mehr oder weniger Erfolg, aber die Stoßrichtung ist klar, nämlich dem Mittelalter auf die Spur zu kommen. Wenn Du auf Märkten nur in Fantasygewandung den mystischen Flair eines fiktiven Wunschmittelalters suchst, hast Du, glaube ich, ein anderes Hobby. Was Deine Religiosität angeht…ich versteh nicht, was das in diesem Zusammenhang zu suchen hat und warum Du es so plakativ anpreisen mußt. Als die, die Du nun mal bist, hast Du als Teil der ßffentlichkeit und des zahlenden Publikums das Recht, öffentliche Veranstaltungen zu besuchen, sofern Du nicht gegen geltendes Recht verstößt. Ebenso hast Du das Recht, Dich in diesem Forum umzutun, mitzulesen und Dich einzubringen…aber Teil der Zielgruppe bist Du anscheinend nicht und willst Du anscheinend nicht sein. Das entnehme ich Deinen ßußerungen. Du bist letztlich n verkleideter Markttourie, um es gepfeffert zu formulieren, und mit dem Mittelalter hast Du anscheinend nix am Hut. Also, was soll das? Abgesehen davon wäre ich gespannt, wenn ich, wäre ich tiefgläubiger Christ, mich in einem Heidenchatroom tummeln würde, da wir ja alle unsere Wäsche unter derselben Sonne trocknen und ein Wenig Toleranz noch niemandem geschadet hat… Bei aller Toleranz allem möglichen gegenüber mit leicht genervtem Gruß (ohne pseudoreligiöse Querverweise) Ivo
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Eintrag #27 vom 20. Dez. 2000 11:29 Uhr
Dr. Frank Dierkes
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Ja, Toleranz auf den sog. Kommerzmärkten tut not. Doch gerade da höre ich als Klerikaldarsteller (Benediktiner) allzuoft den Spruch "Scheiß Christen", leider auch erst letztens auf dem TV-Treffen, das ja eigentlich dem HMA an vorderster Front hinterherlaufen sollte. Da frage ich mich: WAS SOLL DAS??? Haben da einige Leute derartige Minderwertigkeitskomplexe und Probleme mit ihrem Alltag, daß sie es auf diese Art ausleben müssen?!? Im HMA gab es über die Frage christlich/heidnisch KEINE Diskussion in den Gebieten des heutigen Mittel- und Westeuropas (Südspanien ausgenommen da muslimisch besetzt bzw. einige Teile des heutigen Osteuropas, wo noch die "Kollegen" des Deutschordens dransaßen und natürlich Teile des Nordens). Man war Christ, man dachte darüber wahrscheinlich genausowenig nach, wie über die Bedienung der Autokupplung beim Schalten, es waren in weiten Teilen Automatismen. Ich für meinen Teil bin Biologe christlicher Herkunft mit all den darinnen wohnenden Problemen, habe aber nicht das geringste Problem, in meiner HMA-Darstellung vor einem Kreuz zu knien, Stundengebete zu halten, Segnungen zu erteilen, mich zu bekreuzigen und meinen Charakter Freudetränen weinend bei Nachricht eines gefallenen Heidenkontingents im heiligen Land od. Südspaniens den Lobpreis anstimmen zu lassen. DAS ist Darstellung und nicht das ewige "warum ist das nicht so, da ich das doch so gerne möchte, im Fernsehen zeigen sie das doch auch" (Kämpferinnen, Schwert auf dem Rücken, HMA-Heiden in Mitteleuropa). Statt mir Xena und diese vermaledeite Robinhood-Fassung od. die "Mystischen Ritter" anzusehen, täte der Blick ins Lexikon des Hochmittelalters oder zumindestens der Konsum der auf Phoenix laufenden Sendung "Die Kreuzzüge" not. BBC hat da einige auf Video in JEDER Stadtbücherei entleihbare HMA-Serien herausgebracht. Sie sind leicht verdaulich und ein guter Einstieg, denn sie machen Hunger nach mehr. So, schluß jetzt, bevor ich mich endgültig aufrege. Frank
Benedicte! Frater Hermann von Monasterium
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Eintrag #28 vom 20. Dez. 2000 13:39 Uhr
Sascha Sturm
Hallo, Ivo, Ich denke schon, daß Birgit einen nicht uninteressanten Aspekt der derzeitigen Mittelaltervorstellungen angesprochen hat. Im Moment findet man nun einmal auf fast allen Märkten Amuletthändler, die alle "Glaubensrichtungen" von christlich über neoheidnisch bis hin zu fantasy bedienen. Ich denke da an allerlei Kreuze, richtig- oder falschrum, mit oder ohne Kranz, Thorshammer, geflügelte Fabeltiere, kleine Schwerter und was die Menschen sich sonst noch so um den Hals baumeln möchten-. Das ist es eben, was sich verkaufen läßt, was allerdings auch für bleibende Eindrücke mit nach Hause getragen werden kann. Diese Kriterien lassen sich sicherlich auf alle Teile eines Mittelaltermarktes anwenden. Jemandem hier das Wort verbieten zu wollen, der seine Eindrücke und Vorstellungen von einem neuzeitlichen "mittelalterlichen" Markt schildert, ist aus meiner Sicht allerdings genau so daneben, wie etwa das Christentum zur einzig wahren Religion erheben zu wollen. Vielleicht ist sogar der Umkehrschluß richtiger, den schon so mancher Brachialauthentiker gezogen hat, daß der Mittelalterkommerzmarkt einfach der falsche Weg ist für den Versuch vollkommener Mittelalterdarstellung?! In diesem Sinne Sascha
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Eintrag #29 vom 20. Dez. 2000 20:41 Uhr
Birgit Kapraun
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Hallo zusammen, vielleicht noch ein paar abschließende worte 1. will ich keine Heidin DARSTELLEN sondern einfach in einer mir gefallenden Gewandung einen Markt BESUCHEN. Ich gehe auf Märkte halt in einem Aufzug in dem ich mich wohlfühle. Wenn das eine bodenlange Kutte ist, ist halt so. Minirock und Body steht mir nicht. Trotzdem danke für die Vorschläge einer heidnischen Darstellungsmöglichkeit, irgendwann ist dann doch mal ein neues Gewand fällig. 2. wußte ich nicht, daß es nicht gerne gesehen wird, wenn man sich nach Meinungen erkundigt, die vielleicht nicht ganz die eigenen sind (ich bin immer dafür sich nach anderer Leute Standpunkt zu erkundigen um sie vielleicht dann besser zu verstehen). Ich habe jedenfalle bei diesem Austausch einige interessante Denkanstöße erhalten,wofür ich mich ebenfalls bedanken möchte (keine Ironie, ehrlich). 3. wäre ich die erste die, sollte ein Christ sich in einem heidnischen Chatroom umtun sein/ihr Recht verteidigen würde, die eigene Meinung zu vertreten und ich wäre die letzte, die einen (gespielten) christlichen Priester als "Scheiß-Christ" o.ä. titulieren würde, soviel zu Ivo. 4. kommen klagen, daß ich offenbar nicht zur zielgruppe hier gehöre. Vielleicht schonmal drüber nachgedacht, daß man/frau sich in chatrooms umtut um FESTZUSTELLEN ob bestimmte Dinge etwas für einen sind? Nach einem mehrtägigen Austausch hier habe ich hierzu die definitve erkenntnis gewonnen, das es das reenactment für mich wohl nicht ist. so, bin ich also etwas schlauer. gut. 5. habe ich mich wahrscheinlich mehr mit dem ma und anderen epochen auseinandergesetzt, als die meisten hier vermuten würden, genug jedenfalls um froh zu sein heute zu leben und nicht einem mythischen ma hinterherzurennen.
die auf der suche ist
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Eintrag #30 vom 20. Dez. 2000 21:32 Uhr
Angharad Beyer
An Christoph: Wenn ich Pruzzendarsteller wäre, würde ich mich bestimmt NICHT bei einem melden, der gerade öffentlich verkündet hat, er bzw. der Deutsche Orden suche noch heidnische Pruzzen zur Bekehrung. Da wäre ich ja schön blöd ;-)))) An Birte: schon dein erstes Posting hat in etwa das ausgesagt, was du jetzt noch mal verdeutlichen mußtest. Ich weiß gar nicht, warum hier jetzt schon wieder so eine Aufregung herrscht ;-). Laß dir nicht den Mund verbieten, gerade die Eindrücke von "unbeteiligten" Besuchern sind wertvolle Hinweise für alle Hobbyisten, die es ernst meinen. Ich wünsch dir noch viel Spaß auf den Märkten!
Richildis de Schwerdtlauken
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Eintrag #31 vom 20. Dez. 2000 21:49 Uhr
Sylvia Crumbach
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Hallo Brigit! Ich finde Deinen Mut zur Diskussion prima. Aus Deinem letzten Beitrag imponiert mir besonders Dein Punkt 5. Wenn ich Dich richtig verstanden habe, möchtest Du Dich nicht unter die sog. Darsteller, Reeenacter etc. begeben. Sondern einfach nur in einer wie auch immer passenden Kleidung dabei sein. Warum auch nicht! Die Schwemme an Esoterik, Amuletten und Selbsterfahrungskursen nimmt selbst für mich als gläubige Pragmatikerin allmählich beängstigende Züge an. Wie in meinem letzten Beitrag beschrieben höre und lese ich gern andere Meinungung, besonders die von Besuchern auf Mittelaltermärkten oder anderen Veranstaltungen. Ich habe für mich persönlich eine bestimmte Art und Weise hist. Darstellung gewählt. Mit dieser will ich ein wie auch immer geartetes Publikum erreichen. Eine Reflektion ist somit unumgänglich! Sylvia Hallo Christoph, ich schließe mich Deinem Beitag an. Nur ein Kritikpunkt: Slawen schreibt man mit WWWWWWWWW *gggg**
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Eintrag #32 vom 20. Dez. 2000 22:01 Uhr
Sylvia Crumbach
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Hallo Anghard, unsere Beiträge haben sich überschnitten, ich habe zeitgleich ähnliches geschrieben :o)! God Jul Sylvia
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Eintrag #33 vom 20. Dez. 2000 22:39 Uhr
Christoph Bitter
Hallo Birgit! Mach Dir nicht allzuviel daraus, was manche hier schreiben. Das sind Einzelmeinungen und nicht die der gesamten "Szene". Wenn Du soviel Wissen über MA hast, dann lass es doch wirken; in Deiner Kleidung, Deinem Verhalten, Deiner Religion. Durch Dein MA-Wissen kannst Du doch eine Kleidung wählen, die zu der von Dir gewünschten Darstellung passt. Und ist es für Dich als Jetztzeit-Heidin tatsächlich so schwer, einen slaWischen, baltischen oder sonstwas Glauben anzunehmen? Wenn ich es als eigentlich christlich-buddistisch Glaubender schaffen kann, einen extremen Katholiken darzustellen, kannst Du doch sowas erst recht, oder? Um auch mal einen Stein für diejenigen zu brechen, denen du Unakzeptanz vorwirfst: Manche Deiner Aussagen hören sich eben an wie: ich bin praktizierende Heidin, laufe auch so rum und alles andere ist mir Scheißegal und ihr seit böse, weil ihr mich nicht akzeptiert! Das in etwa haben diese Leute verstanden; und gerade wundern tu ich mich auch nicht darüber. Ich kann Dir nur sagen: Mach Dir doch ein slawisches Gewand; Sylvia gibt Dir sicher gerne Tips. Oder mach Dir was baltisches. Da mußt halt selber suchen für. Aber blöd anmachen kann Dich dann keiner mehr, Du hast dann Deine Akzeptanz im MA und wirst Dich sicher auch daran erfreuen. Außerdem: Vieles hört sich geschrieben böser an, als es gemeint ist. Also werf nicht gleich alles hin mit der Meinung, daß jeder Dich als Heide nicht akzeptiert. Du mußt es nur, jedenfalls einigermaßen, hist. korrekt rüberbringen. Wenn Du tatsächlich daran interessiert bist, im MA als Heidin mitzumachen, so frage Sylvia, ob sie dir helfen mag. Viele Grüße v. Arlen, Christ, als Christoph nicht wirklich
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Eintrag #34 vom 20. Dez. 2000 23:35 Uhr
Birgit Kapraun
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Hallo Christoph, vielleicht kam es so rüber, daß ich persönlich schon angemacht worden bin, das lag nicht in meiner absicht. meine gewandung besteht i.d.R. aus einer bodenlangen, langärmeligen ungefärbten leinentunika (handgenäht) und einem ärmellosen überwurf (fachbegriff?) in rotem leinen (schon etwas verwaschen) oder moosgrünem harris-tweed (der ist nun wirklich echt, weil selbst beim hersteller gekauft und im Rucksack direktimportiert). Dazu schuhe vom markt und ledergürtel (o.k. die schnalle ist nicht so ganz…). manchmal auch ein auf dem Markt gekauftes Kleid mit langen ßrmeln. dazu ein Halbkreismantel aus braunem Wollstoff mit Kapuze und kleiner eisen-rundfibel. und ich trage brille weil ich keine kontaktlinsen habe und sonst nichts sehe. angemacht wurde ich noch nie deswegen. da ich weder missionierend über die märkte laufe noch pentagramme, drachen o.ä. um den hals trage ist das andere auch kein thema. ich habe auch mal einen ablaßbrief gekauft (man kann ja nie wissen, so eine kleine rückversicherung…) mein wissen über das ma bezieht sich übrigens weniger auf kleidung, mehr interessiert mich sozialgeschichte, Stellung von frauen, welche rechte hatten sie, kindersterblichkeit, familiengröße, was gabs zu essen, lebenserwartung… was mich verstört ist die manchmal anscheinend heftige Ablehnung ggü. Leuten, die nicht voll ins reenactment eintauchen. Kann sich denn nicht jemand für die thematik interessieren und "am Rande" mitschwimmen ohne gleich voll einzusteigen? Wenn ich mich mit einem Harfner unterhalte, über Spieltechnik und Bauweise der Harfe muß ich ja auch nicht geich selbst spielen lernen. Ich habe keine "Mittelalterpersönlichkeit" um es mal so auszudrücken. Wie unten schon kurz erwähnt habe ich mich hier in tv u.a. deswegen in die Diskussion eingeklinkt um festzustellen, wie tief ich in diese Szene eintauchen will, also ob ich mir eine "MA-Persönlichkeit" schaffen will. Ich werde sicher weiterhin auf Märkte gehen und einen netten Tag da haben. Wahrscheinlich schaue ich mich auch mal bei den slawen um (hinsichtlich der kleidung kommt noch die zusätzliche Problematik der recht begrenzten nähkenntnisse dazu. ich bin besser im stricken, aber das ist dann ja eher neuzeitlich. oh, ja und spinnen mit der handspindel kann ich wirklich gut, kein witz.)
die auf der suche ist
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Eintrag #35 vom 20. Dez. 2000 23:55 Uhr
Christoph Bitter
Hallo Birgit! Nach der Beschreibung solltest Du eigentlich keine Probleme haben. Stellst Du Dich den Leuten vieleicht falsch vor? Wenn das alles nicht daran liegt, dann beschäftige Dich doch einfach mal mit den heidnischen Kulturen im MA. Dann kannst Du auch eine Dir passende Persönlichkeit finden. Es sei denn, du bist in Deinem Glauben nicht kompromissbereit. Wenn Du Dich selbst als Hexe betitelst und Dich auch so vorstellst, brauchst Du Dich nicht wundern, wenn Du müde belächelt wirst. Nicht voll ins Reenactment eintauchen….So kann man auch Interessenten bezeichnen. Denn auch diese wissen noch nicht, ob sie in diese Gruppe oder ob sie überhaupt MA machen wollen. Wer Dich ausschließt, weil Du Dir nicht sicher bist, ob die MA-Darstellung etwas für Dich ist oder nicht, tut meiner Meinung nach einen sehr großen Fehler. Muß man eigentlich demjenigen ankreiden. Was die sozialen Dinge angeht, die Du gerne wissen möchtest, gebe ich sie Dir gerne. Meine E-mail Adresse steht oben. Gruß v. Arlen
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Eintrag #36 vom 24. Dez. 2000 00:39 Uhr
Gabriele Klostermann
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Hi allerseits, also, entschuldigt mal, aber seit wann ist TV einzig und alleine ein Forum für Brachialauthentiker oder solche, die es werden wollen???? Ich habe an der Tür hier noch kein Schild gesehen, das anderen Leuten den Eintritt oder das Mitreden verbietet. Wenn Birgit eben einfach gerne auf einen MA-Markt geht und sich dafür "verkleidet", warum laßt ihr sie dann nicht??? Wenn ich ein klassiches Konzert besuche, "verkleide" ich mich ja auch mit Abendgarderobe. Und wenn ich der Musik gerne zuhöre, heißt das ja noch lange nicht, dass ich mich ab dem nächsten Tag hinsetzen und acht Stunden täglich Geige üben muss, oder? Könnt ihr die Leute nicht gefälligst mal nach ihrer eigenen Facon glücklich werden lassen? Solange Birgit einfach nur über den Markt läuft, ihren Spaß hat und niemandem erzählt, dass ihre Gewandung jetzt das einzig mittelalterliche überhaupt ist, wo liegt denn das Problem? Ein bißchen mehr Toleranz täte uns allen wirklich gut, gerade jetzt zur Weihnachtszeit (gelle, meine Herren überzeugte Christendarsteller ;-) ). Also, Birgit, lass Dich nicht unterkriegen! In diesem Sinne: Freiden auf Erden und allen Menschen ein Wohlgefallen!!! Euch allen ein schönes Fest Gabriele
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Eintrag #37 vom 24. Dez. 2000 04:43 Uhr
Jens Neumann
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Endlich sagt es jemand!!! Danke Gabriele… Auch ich verstehe TV nicht als ein reines Forum für Authentiker, und die Behauptung, HMA müsse hier der Schwerpunkt sein, kann ich ebensowenig nachvollziehen, wie die angebliche Ansiedlung der meisten Märkte im HMA…da manchen wohl das Wunschdenken einen Streich gespielt?!?!? Tatsächlich sehe ich bei den meisten (nicht allen!) Märkten keine definierte Zeitangabe, selbst der weitgefasste Begriff "Mittelalter" wird eher nicht einmal immer in den Ausschreibungen und Ankünfigungen verwendet. Warum? Vielleicht, weil die Veranstalter wissen, daß sie mit derart engen Definitionen den Markt nicht vollkriegen! Solange aber ein Markt nicht speziell als hochmittelalterlich ausgerichtet ist, gibt es keinen Grund, dort nicht einen Heiden darstellen zu können (komme er notfalls von außerhalb…) Solange die Darstellung in sich einigermaßen stimmig ist, sehe ich hier kein Problem. Wenn die Darsteller definitiv christlicher Charaktere (Mönche, Ritter…) sich mit heidnischen Symbolen behängen, ist das sicherlich merkwürdig, aber je nach angestrebter Zeit (des Darstellers) kann sich natürlich jeder als Heide darstellen. Bloß weil eine Mehrheit der Leute MA darstellt, muß es noch kein reiner MA-Markt sein. Hauptsache, der Charakter kommt halbwegs glaubwürdig rüber! Natürlich plärre selbst ich nicht lauthals "beim Teutates" wenn ich mal auf einem def. als MA-ausgeschriebenen Markt aufbaue, aber es wäre doch etwas viel verlangt, daß jeder ein Gewand für 1100-1150, eines für 1150-1200 usw. haben muß, oder? Wenn jedoch auf einer gemischten (und die sind häufig)Veranstaltung jemand kommt und mich anblafft, wie ich denn auftrete, "…wir machen hier MA…" dann sag ich nur: "ja, DU vielleicht…"!!! Also: immer den Rahmen und Anspruch der Veranstaltung Berücksichtigen (ebenso bei diesem Forum, das ich keineswegs als aufs HMA ausgerichtet betrachte) dennoch an alle Christen ein froher Weihnachten und alles Gute
der Barde vom Glan
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Eintrag #38 vom 24. Dez. 2000 19:39 Uhr
Birgit Kapraun
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Hallo zusammen, und vielen Dank für die Unterstützung, Jens und Gabriele. Offenbar ist hier der Eindruck entstanden ich gehörte zu den Partyheiden im Pannesamtkleid oder so, was dann zu einigen Mistverständissen auch auf meiner Seite führte. Nun, das ist nicht der Fall. Ich habe allerdings das Recht der Partyheiden verteidigt, einen Markt zu Besuchen ohne dafür angemacht zu werden. Außerdem werde ich wohl ab der nächsten Saison im alamannischer oder merowingerzeitlicher Gewandung unterwegs sein, so im Rhein-Main-Gebiet. Irgendjemand Interesse was zusammen zu machen? Kontakte jederzeit willkommen. Im Frühmittelalter denke ich, daß ich mit einer oberflächlichen Christianierung und einer stockheidnischen Großmutter nicht gleich der wandelnde Anachronismus bin, oder? In diesem Sinne und passend zur Jahreszeit schließe ich mich Gabriele an: Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen. (keine Ironie, ehrlich).
die noch auf der Suche ist
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Eintrag #39 vom 25. Dez. 2000 20:17 Uhr
Jens Ruge
Hallo, Birgit, versuch´ es doch mal mit der Darstellung einer Ranin (Rügenslawin). Da kannst du bis zum Jahr 1168, d.h. bis in´s HMA hinein, eine Heidin darstellen, ohne "Zeitkonflikte";-))) zu bekommen. Wie schon von anderen gesagt, wird dir sicher z.B. Sylvia weiterhelfen können, was u.a. Gewandung und Schmuck betrifft. Du kannst dich auch an folgende Einrichtungen wenden: 1. Kulturhistorisches Museum Stralsund 2. Stadterchiv Stralsund 3. Vorpommersches Landesarchiv Greifswald 4. Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald Gott Altavista wird dir bestimmt weiterhelfen;-))). Generell finde ich es sehr schade, dass Heidentum immer nur als germanisches Heidentum (evtl. noch mit Eso gemixt) begriffen und dargestellt wird, und z.B. Slawen nur von sehr wenigen dargestellt werden. Dabei gehören gerade auch die sog. Elbslawen zu unseren Vorfahren und bilden in Gestalt der Sorben eine der Minderheiten in Deutschland (etwa 60000-70000 Seelen).
euer Jaromar
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Eintrag #40 vom 25. Dez. 2000 20:53 Uhr
Christoph Bitter
…und nicht zu vergessen: die Pruzzen! Fein darzustellen, da der Orden so wunderbar reinen Tisch gemacht hat, daß kaum etwas von denen bekannt ist ;o) Und wir brauchen noch Leute zum bekehren…wie auch immer…;o) Gruß v. Arlen
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Eintrag #41 vom 25. Dez. 2000 22:01 Uhr
Birgit Kapraun
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Hallo zusammen, an Jens: eigentlich will ich kein Heidentum "darstellen". Mir geht es mehr darum, keine Christin darstellen zu müssen, also muß ich vom HMA ausweichen und ich denke, geographisch bin ich da bei den Alamannen besser aufgehoben als bei den Slawen. Ich kann dann ja (um den Zeitkonflikt zu umgehen) als alamannischer Geist durch die Märkte schweben… *g*. Vielleicht ein Aufgabenfeld für den nächsten Priester?! So ein kleiner Exorzismus wäre doch eine nette Einlage fürs Publikum, oder? und Christoph, wenn ich eine Pruzzin mache, kommt garantiert eine/r und sagt, das wäre nicht a eben weil "der Orden reinen Tisch gemacht hat und nichts von denen bekannt ist" und damit beleg- und beweisbar *g*. Außerdem habe ich mir aus Karfunkel 31 so einen schönen MA-Namen zusammengestellt, der steht zwar nicht in der Liste, besteht aber aus zwei gängigen Frauen-Namensbestandteilen. Oder nimmt mir jemand eine Slawin ab, die Lindrun heißt?! Ach ja, wenn jemand eine gute Quelle für MA-Schuhe hat, immer her damit. Ein Paar feste Schuhe könnte ich noch gebrauchen.
die weiter auf der suche ist aber dem ziel wohl näherkömmt
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Eintrag #42 vom 27. Dez. 2000 18:10 Uhr
Christoph Bitter
Hallo Birgit! Das mit den Schuhen wird schwierig, da die Damenhofschuhe des HMA wohl kaum passen und diese allseits bekannten Römergaloschen glaub ich auch nicht richtig sind. Vieleicht Stiefel? Denke, die richtigen Stiefel für Deine gewünschte Darstellung bekommst Du in der Mongolei oder in Lettland. Empfehle Dir Lettland; ist nicht so weit. Gruß v. Arlen
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Eintrag #43 vom 28. Dez. 2000 23:38 Uhr
Thurid
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Hallo Leute! Ja, auch ich schalte mich jetzt erst sehr verspätet ein - mea culpa etc., aber ich wollte auch mal was sagen: Einerseits ist es natürlich schade, dass es immer wieder Reibereien gibt, wie auch dieser Threat hier beweist. Andererseits sage ich mir allerdings als eben mehr am HMA als am Heidentum Interessierte: Sicher kann jeder seinen Glauben leben. Aber, egal ob jetz Christ oder Heide oder Atheist oder sonst irgendwie -theist, muss es immer so demonstrativ sein? Das ist es, was die meisten nervt, denke ich. Und das ist es, weswegen dieser Threat begonnen wurde. Deswegen möchte ich No. 11 hier zitieren UND LOBEN, Birgit sagt da: "…praktizierende Heidin, würde es auf den Märkten aber nicht demonstrativ zur Schau stellen, weil es einfach nicht paßt - es war nun mal christlich, das Mittelalter." Also, hier muss ich sagen: Das ist die richtige Einstellung. Einfach von einem: "Wo passt was hin?"Standpunkt aus gesehen. Sie akzeptiert in dieser Hinsicht schon die Fronten. Das zeigt, dass Einordnungen wie Mittelalter/Paganismus anerkannt werden. Und das sollten sie auch irgendwie. Ich könnte jetzt pauschalisierend dazu sagen: "Ich geh ja schließlich auch nicht in Gewandung auf die Esotherik-Messe HD" oder so. Aber das sage ich nicht, denn dann käme nämlich ein "Wir Neo-Paganisten sind aber soooo tolerant, wir würden das total verstehen." Deswegen sage ich es nicht, weil ich dieses Argument nicht aufkommen lassen möchte. Ich habe nämlich leider die Erfahrung gemacht, dass die Intoleranz auf beiden Seiten gleich stark ist. Ehrlich. Daher muss ich Ivo schon recht geben, dass er sich da aufregt. Gerade auf den Eso-Messen würde man da dumm angeglotzt werden. Ich gerade als ehemalige Atheistin, die alles interessant findet und nichts ablehnt, was es so gibt, solange es niemandem schadet, habe nämlich eher von überzeugten Neo-Paganisten/Heiden - oder wie auch immer man sie nennt - schon bösere und giftigere Kommentare geerntet als von halbherzigen Christen. Eben dieses "Scheiß-Ungläubiger!" Und da frage ich mich: Was ist mit der Ruhe, mit der Demut, mit dem inneren Frieden, den Inhalten der Religionen. Scheint nicht der Inhalt zu sein, den einige da angeblich anstreben und damit groß hausieren gehen. Wenn sie es nicht leben, kann ich sie nicht ernstnehmen. Also d´accord, Andreas! Und sorry, ich kann mir nicht vorstellen, dass das immer nur schwarze Schafe waren. Und man kann mir auch keine Intoleranz vorwerfen, weil ich wiegesagt bis vor kurzem eigentlich gar keinen Glauben hatte und erstmal alles kennenlernen wollte und jetzt sage, dass die alten Kulturen und Riten durchaus ihre Berechtigung haben. Also stehe ich damit dann doch eher auf der Seite der Heiden, oder? Denn ich denke, man kann praktizieren, was man möchte, auch aufm MA. Schließlich bezahlt jeder Eintritt. In dieser Hinsich gebe ich also auch Scorpia recht. Es geht mir eher darum, wie aufdringlich man dabei ist. Wenn mir jemand mit strahlend-provokativem Grinsen entgegenkommt, wenn ich im HMA-Gewand da rumstehe, und zu mir meint: "Göttin zum Gruße" oder ähnliches, dann sage ich mir auch: He, das ist doch mehr als eine platte Begrüßung, oder? Also was steckt dahinter? Ist der/die jetzt auf Provokation aus oder was? Oder sucht die Leute, mit denen sie sich über ihre Religion auseinander setzen kann/will, im Positiven oder im Negativen? Also, ich weiß es nicht. Und denke mir dann immer: "Mädel/Kerl, es wäre mir eigentlich lieber, wenn du dich nicht selbst von vorneherein in eine Schublade stecken würdest, die mich eigentlich nicht primär an dir interessiert. Ich will doch DICH kennenlernen und nicth deine Religion." Wenn ich jemanden kennenlernen möchte, dann ist mir scheißegal, an welchen Gott/Götter er glaubt oder ob eventuell gar nicht. Ich z.B. war früher überzeugter Atheist und bin ja auch net über die Märkte gerannt und habe gebrüllt: He, ich glaube nicht an Gott!!! Seht zu, wie ihr damit klar kommt! Klar, jetzt kann wieder gesagt werden: Jeder kann sagen was er will. Sicher. Das kann jeder. Aber muss man es den Leuten ins Ohr schreien?? Dazu auch danke an Silvia in Eintrag 21: "Mitelalterfeste sind für ein zahlendes Publikum gemacht. Ich kann mir nicht vorstellen, was viele dazubringt in diesem Rahmen ihre privaten Glaubenvorstellungen zu "Markte zu tragen". " Ich persönlich nehme die Heiden viel ernster, die daheim ihr kleines persönliches Ritual abziehen, an Beltane ohne großes Tammtamm privat feiern, mit ihrem Glauben nicht hausieren gehen und nicht groß zu "Wir sind alle Brüder"-Veranstaltungen laden. Oder wenigstens, wenn sie auf die Märkte gehen, ein einigermaßen stimmiges Bild einer alten Kultur verfolgen (es ist ein Traum, GUTE Druiden und Kräuterweiblein zu sehen!), so dass ich sie ernstnehmen kann und mich an sie wenden kann, wenn mich etwas interessiert. Aber die Neo-Paganisten, die sich von allem, was sie cool finden, ne Scheibe abschneiden - also sorry, für die sind doch nun wirklich die Esomessen häufig genug,oder?? Denn jeder, der aufm Markt groß mit seiner zusammengeschusterten Religion rumschreit (auch optisch), möchte auch Beachtung. Und jemand, der Beachtung WILL, WIRKLICH WILL, der sollte sich überlegen, wozu er sich dieser Religion bedient. Ob zum eigenen Seelenheil oder zum Angeben? Und ob er nicht lieber ins Musikbusiness gehen sollte. Da verdient er nämlich mehr. Ich möchte damit sagen, dass meiner Meinung nach die am ernstzunehmenden Heiden die sind, die nicht drüber reden oder erst, wenn sie gefragt werden. Damit meine ich jetzt nicht Birgit, wie gesagt. Da gibts viel größere Nasen, die es nicht so liberal halten wie sie! Dann zu Nikolaj No. 15: ich gebe dir bei deinen Ausführungen recht insofern, als du sagst, dass viele, die aufm Markt rumrennen, das deswegen tun, weil sie ihr Zeug von der Fastnacht noch mal auftragen wollen. So gesehen auf der Ronneburg WEihnachtsmarkt 2000: Frau im grünen "Kreuzritterrock" aus glänzendem Kunststoff mit künstlichen Krokodillederstiefeln. Puuuuuu! Allerdings waren deine Ausführen ein bisschen off-topic. So wie ich das verstanden habe, gings glaub ich eher darum: WErden Heiden angefeindet, wenn ja, ist das gerechtfertigt oder nicht ? und Wie vereinbaren die MA-Darsteller es mit sich und ihrer Ernsthaftigkeit am Hobby, als zeitlich begrenzte Personen mit zeitlich unpassenden paganistischen Symbolen/Religionen/Ritualen zu sympatisieren (zumindest in ihrer Rolle, privat ist ja eh alles ein anderes Thema - bin ja auch keine Christin.)? Also ich denke, Birgit hat da schon eine gesunde Einstellung! ßh, ups, Nikolaj, hab gerade gesehen, dass du noch mal geschrieben hast. No. 19. Alla gut, dann ist ja alles klar! Zu Andreas wg. Burgfräulein: Noch besser ist es, wenn jeder einen Kunigunde nennt und sagt, man sei bestimmt Prinzessin! Lach! Dann noch etwas zu unserem Barden: Grundsätzlich bin ich auch deiner Meinung, das hier immer zu selbstherrlich rumgeunkt wird (ist mir selbst in der Hitze des Gefechts auch schon passiert!), aber zum Thema: "Wir machen hier MA" - "Ja du vielleicht" - mal ganz ehrlich, finde ich nicht okay. Ein Beispiel: ich singe seit 14 in einem heimatverbundenen Chor in meiner Gegend. Ich würde auf einem öffentlich Chortreffen einem Punk, auch wenn er Eintritt bezahlt hat, der auf der Bühne anfangen will, seine "Hymnen" ins Mikro zu kreischen, auch was husten und sagen: He du, du hast dein eigenes Forum. Oder: Schuster, bleib bei deinen LEisten. Es geht nicht darum, dass ich mich mit ihm nicht grundsätzlich über Musik unterhalten will. Aber es ist nun mal definitiv nicht seine Bühne, verstehst du? das meine ich aber jetz nicht fies. Ich finde nur einfach, dieses "Wenn du mich nicht akzeptierst, akzeptier ich dich auch nicht und mach doch was ich will und du kannst nichts dagegen tun" irgendwie … kleinlich. Passt auch nicht zu der Meinung, die ich durch deine übrigen Beiträge von dir habe. Da hast du eher beschwichtigt als provoziert, finde ich. Lasst uns doch einfach diskutieren. So, und abschließend: Was sind Pruzzen? ßber die ist jetzt soviel diskutiert worden, dass ich unbedingt wissen will, wer das war! Mit herzlichen Grüßen
Hedwig Swende von Weinheim, Freie Ritterschaft Odenwald
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Eintrag #44 vom 29. Dez. 2000 01:37 Uhr
Jens Neumann
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Liebe Hedwig, Wenn Du meinen Beitrag nochmal liest, wirst Du feststellen, daß ich mich mit diesem Kommentar speziell auf GEMISCHTE Veranstaltungen bezogen habe… Ich habe ebenso aufgezeigt, daß ich mich auf thematisch festgelegten Veranstaltungen (soweit mit der vorhandenen Ausstattung möglich) an das Thema halte, also von meiner privaten Weltsicht "Abstriche" mache, insofern, als das sie nicht Teil der Darstellung sein muß… Ansonsten danke ich, daß Du meine Meinung gegenüber den Neo-Paganisten teilst. Wir müssen zwar alle auch spekulieren, aber schlimm wirds dann, wenn einige ihre Spekulationen als "Erkenntnisse" verkaufen! es grüßt der Barde (…und Druide, der nicht immer demonstrieren muß und weiß, wo die Grenzen des rekonstruierten Glaubens liegen)
der Barde vom Glan
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Eintrag #45 vom 29. Dez. 2000 22:02 Uhr
Christoph Bitter
Hallo Birgit! Ein Fehler hat sich eingeschlichen: Nicht Lettland, sondern Lappland war gemeint. Hallo Thordis! Pruzzen waren die Urbevölkerung des Gebietes, was wir heute Ostpreußen nennen. Sie gehörten dem baltischen Stamm an wie Letten, Letten, Litauer und Esten. Die Pruzzen hatten Handelswege nach Gotland und Skandinavien. Hin und wieder auch mit dem Reich (Mecklenburg). Ihr Haupthandelsgut war Bernstein und Holz. Es gibt sogar einen Bericht eines islamischen Kaufmanns, der sich ins Pruzzengebiet gewagt hatte. Der Deutsche Orden vernichtete diese Kultur und das Volk dann völlig, da diese sich gegen diese Feinde extrem wehrten oder den Christenglauben nur zum Schein annahmen. Es gibt Berichte, wo Dörfer nach der angeblichen Bekehrung kurz nach dem verschwinden der Ritter wieder ihre Götzen aufstellten; das führte natürlich zu einer blutigen Rache. Die Götzen selbst: Es waren Holzstatuen, etwa Mannshoch und hatten in jede Himmelsrichtung ein Gesicht. Also vier Gesicher auf einem Holzblock. Wie jetzt diese Götter hießen, kann ich jetzt so aus dem Stehgreif nicht sagen. Die Gewandung soll, laut dem moslemischen Beobachter, einer Mönchskutte geähnelt haben, aus grober Wolle bestehend und mit Bändern und geknüppelten oder brettchengewebten Schnüren besetzt gewesen zu sein. Schmuck war hauptsächlich Bernstein und Knochen. Desweiteren bestand ein Pruzzendorf wohl aus einer leicht erhöten Stellung, mit Pallisaden umgeben, das Häuptlingshaus in der Mitte. Alles aus Holz. Die in Masuren hergestellten Teppiche waren bis zum Ende des 2. WKs sehr beliebt und waren etwas besonderes. Diese Teppiche wurden ausschließlich von Masuren hergestellt, denen die Machart von Generation zu Generation übertragen wurde. Die Teppichmeister unterhielten Kontakte zu anderen Teppichmeistern in den Baltenstaaten und Rußland. Bei einer Volkszählung in den 40er Jahren bekannten sich ca. 2.000 Menschen zum Volk der Masuren. Das sollte wohl schon deutlich machen, wie schwer der deutsche Orden die Ausrottung betrieben hatte. Gruß v. Arlen
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Eintrag #46 vom 03. Jan. 2001 19:11 Uhr
Sascha Sturm
Hallo, Christoph und Thordis! So grausam der Deutsche Orden auch gewütet hat und so schlimm das Morden im Zeichen des Kreuzes gewesen sein muß, es war offenbar weder je die Absicht des Ordens, noch das erreichte Ziel, die Pruzzen völlig zu vernichten. Die Prussen hatten nach dem Christburger Vertrag von 1249 allerdings ein eigenes Recht und ihre Rechtsposition war im Allgemeinen etwas schlechter als die der neusiedelnden deutschen Bevölkerung. Gerade dieser Umstand erlaubt selbst im Spätmittelalter noch die Zuordnung der Dorfbewohner bestimmter Dörfer zur Bevölkerungsgruppe der Prussen. Deren Namen sind in Schuldbüchern des Ordens überliefert. Vielfach sind es sogar noch prussische Namen, seltener deutsche oder christliche. Wegen der schlechteren Rechtstellung wird angenommen, daß die zugewanderten Deutschen kaum einen Anreiz hatten sich in den prussischen Orten niederzulassen. Auch die Ortsnamen selbst sind vielfach prussischen Ursprungs. Die Mehrzahl der "deutschen" Ortsnamen im Gebiet von Christburg läßt sich so auf prussischen Ursprung zurückführen. Da weder der Gebrauch prussischer Personennamen noch der Ortsnamen bei einer "Vernichtung" der Prussen plausibel erscheint, kann man dieses Thema wohl getrost in die Reihe faschistischer Legenden einordnen, die mehr arisches, blond-blauäugiges Zuchtmaterial beschaffen sollten. Im 19. Jh. hatte man jedenfalls noch keine Probleme mit den Namen, wie alte Arbeiten zeigen. ßbrigens wurden in der frühen Neuzeit Deutsche- und Prussennachfahren in der Rechtsposition gleich(schlecht)gestellt, so daß diese "Barriere" wegfiel und eine Vermischung beider Bevölkerungsgruppen möglich wurde. Auch für den Adel ist nachgewiesen, daß prussische Familien für den DO entsprechende Funktionen wahrnahmen, auch dort verliert sich die Abgrenzung mit der Zeit. Wenn sich in den 40er Jahren also nur noch so wenige Menschen als "Masuren" bezeichneten, so hat das sicherlich zum einen seinen Grund darin, daß ein Mensch wohl in der ersten Hälfte jenes Jahrzehntes mit seinem Leben spielte, wenn er sich als etwas anderes als "deutsch" bezeichnete. Zum anderen empfanden sich die Ostpreußen in der Regel nicht als "Prussen", sondern als Deutsche, was wohl auch nach Sprache und Kultur damals die plausibelste Zuordnung war. Ausschließlich in Masuren hat sich, soweit ich weiß bis heute, eine eigene baltische Sprache erhalten, die aber schon immer nur von einer kleinen Bevölkerungsgruppe gesprochen wurde. Darüber hinaus ist Masuren ja auch nur ein Teilgebiet des ehemaligen Ostpreußens, daß auch damals nur eine sehr geringe Bevölkerungsdichte hatte. So, jetzt aber genug geschrieben;-) Verrat mir doch mal noch, Christoph, woher Deine Infos über die Siedlungsform der Prussen stammt. Das deckt sich übrigens auch noch mit den Spätmittelalterlichen Daten, wonach die prussischen Orte mit Toren versehen waren und keine Einzelhöfe bekannt sind. Herzlichen Gruß Sascha
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Eintrag #47 vom 03. Jan. 2001 19:12 Uhr
Sascha Sturm
Hallo, Birgit, Metallketten, soweit ich mich erinnere aus Kupfer oder Bronze, sind als Grabbeigaben auch bei prussischen Frauen gefunden worden. Falls es Dich interessiert, könnte ich Dir eine Foto heraussuchen. Herzlichen Gruß Sascha
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Eintrag #48 vom 03. Jan. 2001 19:34 Uhr
Christoph Bitter
Also, Sascha, ich habe nie behauptet, daß die Pruzzen völlig ausgelöscht wurden, sondern das die Ausrottung dieser heftig Betrieben wurde. Das dies kein reiner Erfolg war, dachte ich, bräuchte ich hier nicht zu erwähnen. Ich verbitte mir in diesem Zusammenhang, meine Kenntnisse darüber als faschistisch zu bezeichnen! Desweiteren wurden schon vor dem 2. WK vom ostpreußischen Adel durchaus Unterschiede zwischen Polen, Pruzzen und Deutschen gemacht. So beschäftigte mein Urgroßvater unter allerschlechtesten Bedingungen Polen auf dem Feld, die bei jeder Rast (wenn er das gesehen hat bei seinen Kontrollritten) erstmal einen übergebraten bekamen mit der Reitgerte. Die ebenfalls dort beschäftigten Pruzzen wurden nur böse angeguckt und zurecht gewiesen. Ja, auch in einem adeligen Gutshof wurde auf die Abstammung geachtet! So wurden Deutsche als Hofgesinde gehalten, Pruzzen und Masuren dagegen hauptsächlich als Mägde und Knechte. Polen in diesem Bereich gar nicht. Und falls Du wieder mit Nazi und so anfangen solltest: mein Urgroßvater war bis zu seinem Tode 1989 kaiserlich gesinnt. Ich habe über Ostpreußen, Deutschordensland und Masuren dermaßen viele Bücher, daß ich Dir nicht sagen kann, in welchem das steht. Und ich werde jetzt auch nicht in ca. 30 Büchern rumwühlen! Außerdem, wenn du mal nach Ostpreußen kommen solltest, so findest du noch genug überreste pruzzischer Dörfer. Sie waren alle durch künstlich aufgeworfene Hügel erhöt. Gruß v. Arlen (deutscher Name, Orlen pruzzisch) und Herr zu Tarnow (pruzzischer Name)
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Eintrag #49 vom 03. Jan. 2001 19:40 Uhr
Birgit Kapraun
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Hallo Sascha, würde mich schon interessieren aber Metallketten in welchem Zusammenhang? Halsketten? Leider schwer zu kriegen heute. Welcher Schmied stellt noch Kupferketten her? Oder hast Du da vielleicht eine Adresse?
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Eintrag #50 vom 04. Jan. 2001 00:10 Uhr
Thurid
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Hallo Barde! Oh ja, jetzt habe ich es verstanden. Zu Sascha und Christoph: Wer ist Thordis?
Hedwig Swende von Weinheim, Freie Ritterschaft Odenwald
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Eintrag #51 vom 04. Jan. 2001 12:10 Uhr
Sylvia Crumbach
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Hallo Christoph, da haben wir "unserer" Thema wieder :-)))))))). Hallo Sascha, ich zitiere: "Da weder der Gebrauch prussischer Personennamen noch der Ortsnamen bei einer "Vernichtung" der Prussen plausibel erscheint, kann man dieses Thema wohl getrost in die Reihe faschistischer Legenden einordnen, die mehr arisches, blond-blauäugiges Zuchtmaterial beschaffen sollten. Im 19. Jh. hatte man jedenfalls noch keine Probleme mit den Namen, wie alte Arbeiten zeigen. " Leider muß ich Dir engerisch wiedersprechen. Auch wenn diese Meinung zur Zeit sehr publik ist und auch von namhaften Politiker so vertreten wird, gibt es doch eine überweltigende Anzahl von Belegen, die völlig andere Tatsachen belegen. Meine Quellen beziehen sich in erster Liene auf die Westslawen, aber bei der deutschen Ostexpansion wurden wenig Unterschiede gemacht. Aber jetzt zum Mittelalter. Der Deutsche Orden erscheint erst relativ spät auf dem "Schlachtfeld". Die Konflikte beginnen schon im Frühmittelalter. Die Einrichtung das sog. "Limes Saxoniae" führte für den Bereich Ostholstein lediglich zu einem Aufschub. Nach wechselvollen Kriegen gegen Dänen und Deutsche fällt Oldenburg i.H. (Starigard) 1148/1149 und bleibt bis 1156 brach. 1156 zerstört Bischof Gerold, der letzte Olderburger Bischof, bei seiner Antrittsreise das Heiligtum des Prove. 1171 verheert eine Dänische Flotte das Oldenburger Küstenbebiet als Rachefeldzug für Seeräuberüberfälle. Der Bereich Oldenburg/Wagrien, besonders die Küste war lange Rückzugpunkt, aber auch hier endet die Geschicht der Slawen als selbst bestimmtes Volk mit dem Ausgang des 12. Jahrhunderts. Es beginnt die planmäßige deutsche Besiedelung der Gebiete. Einzelne Zwingburgen wie Lütjenburg haben schon vorher bestanden. Die Kriege gegen die Slawen waren zwar schon früh mit der Idee verknüpft worden den christlichen Glauben zu Verbreiten (vergl. Vita des Otto von Bamberg) aber die "Kreuzzugsidee" kam erst mit dem Aufruf 1147 (Bernhard von Clairvaux) dazu. Aufgerufen wurde zur Bekehrung oder Ausrottung der Heiden. So befahl beispielsweise der Burggraf Guncelin in der Schweriner Gegend alle Slawen, die ohne Grund in einsamen Gegenden oder Nebenwegen angetroffen wurden sofort zu töten. Trotz großer Bevölkerungsverluste durch die Kriege blieben Ansiedlungen bestehen und es entstehen neue Ansiedlungen mit slawisch-deutschen Mischnamen. Beispiel: "Wendesche Linsane" heute Lehnsaner Hof und "Dudesche Linsane" heute Lehsahn. In den Städten wurden den Slawen, wie den Juden, eine Stadtteile zugwiesen (Kieze, Wendenstraßen) wo sie sich ansiedeln mußten. Für Deutsche und Slawen galten nicht die gleichen Gesetze. Anstatt dem Zenten hatte sie ein sog. Slawenzins zu zahlen, der höher lag. Die Wenden hatten nicht die gleichen Rechte wie die Deutschen: Sie durften kein Land besitzen, mit Brauen und Malzen, kein Handwerk lehrnen etc. Bis in die frühe Neuzeit (Beleg von 1709) mußten alle, die ein Handwerk lernen wollten nachweisen nicht wendischer Abkunft zu sein. Mischehen waren verboten. Natürlich war es auch verboten bei Quellen und Steinen zu schören, die div. slawischen Götter zu verehren und die Toten an den althergebrachten Plätzen zu bestatten. Zu den Quellen: Ich jedem, der sich für die Sache interessiert, gern eine Literaturliste zukommen lassen. Hier nur einige: Helmold von Bosau Chonik der Slaven Starigard/Oldenburg Ein slawischer Herrschersitz des frühen Mittelalters in Ostholstein Herausgegeben von Michael Müller-Wille Dissertation Ingolf Ericsson Vom slawischem Burgwall zum deutschen Gut --------------------------------------------------------------- Die Kette werden wahrscheinlich aus Bronze sein. Schuck aus Bronze war im "östl." Ostseeraum sehr beliebt. Es gibt da wunderschöne Sachen. Auch Schürzenmit eingewobenen Bronzespiralen. Wirklich zum Schwärmen. Ich habe zu Weihnachten Kopien von neuen Rekostrutionszeichnungen Lettischer Trachten bekommen… seufts Leider ist der einzige Hersteller von Repliken die Fa. Kalevala aus Finnland. Hier ist das meißte moderner Schuck mit hist. Anleihen. Die Stücke haben sind verkleinert, die Fiebeln nicht funktionsfähig….. Die einzigen guten Repliken, nach dem was ich weiß, bekommt man z.B. beim aräologischen Festival in Biskupin/Polen etc. Sylvia
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Eintrag #52 vom 04. Jan. 2001 15:16 Uhr
Ranes Haduwolff
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Grüß Euch, Heidentum im Hochmittelalter….wo? Dort, wo es solche Leute noch gab! Ansonsten tauchten die kaum irgendwo im HMA Mitteleuropas life auf, weshalb auch? Kommt die Frage: Sind Juden auch "Heiden" Die wenigstens waren in den städtischen Bereichen reichlich vertreten. Was die Neo-Heiden angeht, so haben die im Hochmittelalter keine Daseinsberechtigung, sie sind eine Erfindung der Esotherik-Welle, die immer wieder seit dem späten 19. Jhdt. bei uns hochschwappt. Wer sich unbedingt als traditioneller Heide hervortun muß, findet sicherlich im Frühmittelalter seine Nische, dort mit grösserer Berechtigung und einer reichlichen Auswahl an Möglichkeiten. Wer seine (Pseudo-)Religion unbedingt in der ßffentlichkeit vor sich hertragen muß, um sich zu profilieren, wichtig zu machen und interessant zu sein, hat im Bereich HMA, Reenactment und Historiendarstellung nichts verloren. Von diesen "ich bin eine Hexe..Druide..Magier…Barde usw.-Figuren hab ich nach 16 Jahren Mittelalter ziemlich die Schnauze voll. Heiden, denen wirklich was an ihrer Religion und der Natur liegt, haben solche Showauftritte wahrhaftig nicht nötig. Wirklich nicht.
Euer Haduwolff
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Eintrag #53 vom 04. Jan. 2001 15:29 Uhr
Sascha Sturm
Hallo, Thurid! Uuups, ja, sieht ganz so aus, ähem, als wenn Du gemeint warst;-) Habe den "Namen- einfach nur bei Christoph abgeschrieben. So kannst einem beim Abschreiben gehen- Hoffe, daß Du jetzt dennoch erfahren konntest, wer die Prussen waren. Herzlichen Gruß Sascha
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Eintrag #54 vom 04. Jan. 2001 15:31 Uhr
Sascha Sturm
Hallo, Sylvia, Du brauchst mir eigentlich nicht zu widersprechen, denn wir sprechen über zwei sehr unterschiedliche Gebiete, die zu unterschiedlichen Zeiten erobert wurden. Das erfordert sicherlich auch einzelne Betrachtungen. Selbst dann, wenn man die deutsche Ostkolonisation als kontinuierlich, in Phasen gegliedert betrachten will, so müssen doch die einzelnen "Phasen" getrennt betrachtet werden, zu unterschiedlich sind die politischen Situationen und auch die betroffenen Bevölkerungsgruppen. Für die Eroberung des prussischen Gebietes heißt dies im Detail sogar, daß der Deutsche Orden von Polen (slawisch!) formal gegen "ßberfälle" durch Prussen zur "Hilfe" gerufen wurde. Es ist sicherlich etwas zu einfach, Prussen und Slawen hier ungeordnet in einen Topf werfen zu wollen. Was Deine Ausführungen zu den slawischen Gebieten in Holstein angeht, so mögen sie zwar gewisse ßhnlichkeiten mit der Situation in Ostpreußen haben, aber eben nur ßhnlichkeiten. Dennoch finde ich die Parallelen durchaus bemerkenswert. Offen bleibt für mich allerdings, wo Du nun Belege für eine totale Vernichtung der Slawen siehst(?). Da Du weiter die besondere rechtliche Stellung der Wenden ansprichst, nehme ich auch mal an, daß das nicht Deine Intention war? Genau daß hat man allerdings für die Prussen in den 30er und 40er Jahren immer wieder behautet. Zwar üblicherweise ohne irgendwelche Belege, und wenn, dann durch eben solche "Abstimmungsergebnisse", wie sie unten angeführt werden, aber was so schwarz auf weiß steht wird leider immer und immer wieder abgeschrieben, oft genug total unreflektiert… Da allerdings auch Christoph sein "Der Deutsche Orden vernichtete diese Kultur und das Volk dann völlig" durch ein "ich habe nie behauptet, daß die Pruzzen völlig ausgelöscht wurden" eingeschränkt hat, bitte ich das jetzt ausdrücklich nicht auf das unten gesagte zu beziehen;-) Die Vermischung der Bevölkerungsgruppen hat allerdings möglicher Weise in Ostpreußen früher eingesetzt als Du es für Holstein beschreibst, wobei ich nicht weiß, ob man das, was Du für das Handwerk beschriebst so verallgemeinern kann(?). Masuren mag dabei in Ostpreußen zusätzlich noch eine Sonderstellung eingenommen haben, wie die kulturellen Eigenheiten der Masuren zeigen. Fest steht wohl auch, daß in der Zeitphase des Mittelalters die Bevölkerungsgruppen in Ostpreußen isoliert blieben, wie Du auch in meinem letzten Beitrag nachlesen kannst. Die frühneuzeitliche "Gleichstellung" beider Bevölkerungsgruppen hat sicher auch etwas mit der polnischen Eroberung des Ordenslandes zu tun, auch da wieder ein deutlicher Unterschied etwa zur Geschichte Holsteins(!). So und damit Du nicht weiterhin glauben mußt, ich verträte Positionen irgendwelcher "namenhaften Politiker" (welche meinst Du eigentlich?) hier noch die benutzte Literatur: Wunder, Heide: Siedlungs- und Bevölkerungsgeschichte der Komturei Christburg : 13. - 16. Jahrhundert / Heide Wunder. - Wiesbaden : Harrassowitz, 1968 Ordo Teutonicus Sanctae Mariae in Jerusalem / Komturei : Das Pfennigschuldbuch der Komturei Christburg / hrsg. u. bearb. von Heide Wunder. - Köln, Berlin : Grote, 1969 Transit Brügge-Novgorod : eine Straße durch die europäische Geschichte ; eine Ausstellung des Ruhrlandmuseums Essen in Verbindung mit dem Initiativkreis Ruhrgebiet und der Stiftung Kunst und Kultur des Landes Nordrhein-Westfalen, 15. Mai - 21. September 1997 ; Katalog / hrsg. von Ferdinand Seibt - Bottrop ; Essen : Pomp, 1997. - 717 S. : Ill., Kt. ; 29 cm ISBN 3-89355-148-4 kart. : DM 58,00 Herzlichen Gruß Sascha
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Eintrag #55 vom 04. Jan. 2001 16:11 Uhr
Sascha Sturm
Hallo, Christoph, daß durch Deine Ungenauigkeit der Eindruck einer faschistischen These entsteht, heißt ja nun noch nicht, daß ich etwa Dich oder Deinen Wissensstand für faschistisch hielte. Das Dein Urgroßvater offensichtlich ein schlimmer Rassist war, darüber sind wir uns ja wohl hoffentlich einig? Erlaube mir allerdings gerade angesichts Deines benutzten Namens noch die Frage, ob der Herr Urahn wirklich ganz sicher war, daß in seiner - und Deiner -Ahnenreihe kein Prusse war? Damit aber wirklich genug der Familiengeschichten. Soweit Du für die Lebzeiten Deines Urgroßvaters noch von Prussen sprichst, nehme ich an, daß Du Dich auf Masuren beziehst? ßblicherweise empfanden sich damals jedenfalls die Ostpreußen nicht mehr als Prussen. Das belegt sicherlich nicht nur die sprachliche Zuordnung, sondern das kann ich Dir nun auch aus zahlreichen Gesprächen mit alten Ostpreußen versichern. Die Diss. von Frau Wunder (Lit. s. u.) zur Bevölkerungsgeschichte des Gebietes um Christburg zeigt ja auch nicht nur auf, daß es nach der Eroberung durch den DO noch prussische Bevölkerung in nicht unerheblicher Anzahl gab. Sie weist auch in die Richtung der Aufhebung der sozialen Abgrenzungen. ßbrigens sind nicht alle alten Prussendörfer auf einem künstliche Hügel angelegt, gerade die Orte um Christburg liegen im Hügelland, auf oder an natürlichen Hügeln. Auch das kann ich Dir aus eigener Anschauung versichern. In Masuren mag auch das anders sein. Um so interessanter wäre Deine Quelle gewesen, aber ich will Dich natürlich auch nicht drängen doch noch nachzuschlagen. Herzlichen Gruß Sascha
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Eintrag #56 vom 04. Jan. 2001 22:39 Uhr
Christoph Bitter
Hallo Sascha! Wie gesagt, sind die Quellen einfach zu viele. Du wirst sicher verstehen, daß ich jetzt nicht nochmal in den etwa 30 Büchern gerade die Seite heraussuche, die diese Information gibt. Ich müßte dann diese Bücher nochmal alle lesen; ich interessiere mich aber auch für andere Geschichte und habe auch Romanliteratur, die ebenfalls hist. etwas hergibt oder wirklich nur Roman ist. Und diese Bücher will ich auch mal lesen! Der Orden traf mit einer Söldnertruppe 1229 in Thorn an. 1230 trat mein Urahn in diesen ein. Da er bereits 1233 ein Kind zeugte und es höchst unwahrscheinlich ist, daß zu diesem Zeitpunkt schon eine Masse deutscher Frauen da waren, nehme ich stark an, daß es sich hierbei um eine Pruzzin handelte. All dies würde auch erklären, warum der Orden meinen Urahn in von Heiden umgebendes Gebiet versetzte. "Laßt die Pruzzen doch diese Unehre auslöschen!" Die ßberlebenschancen waren sicher sehr schlecht, was die recht frühen, gewaltsamen Tode seiner beiden Söhne belegen. In einem masurischen Gebiet spreche ich natürlich auch von Masuren. Den Namen "Pruzzen" habe ich deshalb benutzt, weil ich nicht sicher sein kann, daß Du die Masuren auch zu dem Volksstamm der Pruzzen zählst. Zu dem Zeitpunkt meines Urgroßvaters pochten die Masuren allerdings darauf, Masurisch zu sein. Aber weiträumig betrachtet, waren sie wie die Wagrier zugehörig zu den Wenden, Pruzzisch. Das die Masuren erheblich klüger mit dem neuen christlichen Glauben umgingen wie die eigentlichen Pruzzen, ist mir bekannt. Allerdings, was heißt wieder andere Pruzzen? Das war ein Oberbegriff für ettliche Volksstämme. Die Masuren verhinderten einfach den Konflikt mit dem Orden, indem sie klugerweise ihre Heidengötter in den "undurchdringlichen Wäldern Masurens" aufstellten, und nicht offen im Dorf nach Bekehrung, wie das einige Pruzzenstämme, Livländer und Esten taten. Von den Hügeldörfern der Pruzzen (oder Masuren) kann ich nur nach eigener Ansicht vom Sommer 2000 berichten. In versch. Büchern des 19. Jhd. werden aber die Pruzzendörfer auuf Hügeln genannt. In unserer heutigen Sicht ist mein Urgroßvater sicherlich Rassistisch gewesen. Versetzt man sich aber in die Zeit des damaligen Kaiserreiches, so ist dieses Verhalten eines Adligen durchaus normal. Ein Verhalten wie das von Tolstoi war dagegen selten. Gruß v. Arlen
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Eintrag #57 vom 05. Jan. 2001 11:39 Uhr
Sylvia Crumbach
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Hallo Sascha, ich muß mich für die Verwendung der Phrase "Ansichten nahmhafter Politiker" eindeutig endschuldigen. Für gewöhnlich ist es in keinster Weise meine Art aktuelle Beurteilungen in die Betrachtung historischer Begebenheiten einzubeziehen. Zum meinem Beitrag 51 kann ich die einzelnen, nur in einer groben Abhandlung wiedergegeben Vorgänge, genauer fassen und natürlich in allen Einzelheiten anhand von Quellen oder archäologischen Funden belegen. Der eigentliche Sinn meiner Literaturangaben war, einzelnen Interessierten die Möglichkeit zu geben sich eingehender mit der Thematik zu befassen. Gern führe ich eine Diskussion, die so weit in Details geht, persönlich oder per Privatmail weiter. Ich bin für mich der Auffassung, daß es in diesem Forum eher stöhrend wirkt Fußnoten zu jedem Satz anzubringen, wie dies in wissenschaftlich Abhandlungen üblich ist. Eine genaue Defintion der "totalen Vernichtung" einer Kultur oder genauer eines Volkstammes ist allerdings, meiner Aufassung nach, definitiv nötig. Krieg und Besetzung der Siedlungsgebiete Das bestehende Regierungssystem wird gestürtzt. Das Herrschaftssystem außerkraft gesetzt. Die bestehenden Gesetze verlieheren ihre Gültigkeit. Verlassen von angestammten Siedlungsgebieten Siedlungen und Acker- und Weideflächen werden aufgegeben. Landstriche werden durch Flucht und Vertreibung entvölkert. Die vormaligen Bewohner siedeln sich in unzugänglichen Gebieten an oder suchen die Ihnen zugewiesenen Reservate auf. In Städten werden Stadtviertel angewiesen. Verbot von Sprache, Religion und Kultur Eine fremde Sprache wird zu Amtsprache. Die Religion wird verboten, die Ausübung der Religion verfolgt. Die Bestattungsplätze verlegt. In früheren Zeiten war Wissen und "Bildung" fast immer an die Region gebunden. So geht die eigene ßberlieferung verlohren, insbesonders bei Völkern ohne Schriftkultur. Die besiegte Kultur gilt an "minderwertig". Repressalien Für die Angehörigen des besiegten Völkes gelten andere Gesetze. (Höhere Steuern, Berufsverbote etc.) Sicher lassen sich diese Punkte näher ausführen. Ich habe bewußt allgemeine Formulierungen gewählt, um zu verdeutlichen welche pänotypischen Parallelen zwischen den an der Ostsee beheimaten Volksgruppen bestehen. Es gab weder "Die Wenden, Slawen etc." noch "Die Pruzzen". Diese Sammelbegriffe dienten den betreffenden Volksstämmen nie als Selbstbezeichung. Gundlage meiner Bertrachtung in Beitrag 51 sind Parallenen, die sich nach Primärquellen definieren lassen (Anmerkung 1). Pruzzen, Pommeranen, Wagier etc. sind Völker, die zum großen Teil keine Christen waren, zwar teilweise eine feudale Gesellschaftsform ausgebildet haben, die sich aber ein vielen Punkten von der christlich/feudalen unterscheidet, alle diese Völker besaßen Zugang zur Ostsee über bedeutende Frühstädte. Das christl/feudale System unterscheidet den frühen polnischen Nationalstaat deutich von den benachbarten Völkern. (Anmerkung 2) Der Sammelbegrif Slawen ist bis zum heutigen Tage von großer politischer Brisanz. (Anmerkung 3) Hier machen, meiner Aufassung nach, die Konsequenzen aus der Geschichte eine sachliche Diskussion sehr schwer. Die aus dem Mittelalter resultierenden Konfilkte sind bis zu heutigen Erfahrungen greifbar, was auch die Schilderungen von Christoph deutlich machen. Eine Gundlage der Beschäftigung mit der Geschichte sollte immer sein, jedes Ereignis aus seiner Zeit zu betrachten. Sylvia Anmerkung 1 ßber die wechselvollen Kriege im Osteerau berichten viele Chronisten. Manche dieser Chroniken legen sowohl als ßbersetzung wie auch als Ausgaben im lateinischen Text vor. (Eine Auflistung reiche ich gern nach) Anmerkung 2 ßber die Gründung des polnischen Nationalstaates und die daraus resultierende Politik liegen mir nur Quellen vor die dieses Thema am Rande behandel. Anmerkung 3 Die Geschichte der Gebiete mit wechselnder Zugehörigkeit zum deutschen und polnischen Nationalstaat ist sehr kompelx. Zwar legt Helmut Schröcke mit der Veröffentlichung Germanen/Slawen eine detailierte Ausarbeitung vor, die einen ßberblick über den gesamten Zeitraum gibt, mir erscheienn jedoch einige Thesen und Schlußfolgerungen etwas gewagt. Sicher lassen sich weitergehende Informationen über die Bundeszentrale für politische Bildung oder die Bibliokten der Vertriebenenverbände beschaffen.
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Eintrag #58 vom 06. Jan. 2001 01:28 Uhr
Christoph Bitter
Sylvia: Insgésamt Bravo! Was allerdings deine Behauptung angeht, es hätte nie Pruzzen gegeben, so muß ich Dir widers´prechen. die Pruzzen waren in ihrem Gebiet ein größerer Volksstamm als die Andernen. dadurch wurden die sogenannten "Pruzzenaufstände" auch so betitelt, obwolhl dort viele andere Stämme teilnahmen. Es ist eben so wie bei den sogenannten Wendenkriegen. Ein Oberbegriff, dder führ viele andere Stämme gleichfalls gilt Gruß v. Arlen
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Eintrag #59 vom 06. Jan. 2001 10:29 Uhr
Sylvia Crumbach
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Hallo Christoph, Danke für die Blümchen! Aber ich habe da etwas gefunden was Dich vielleicht freut: Nikolaus von Jeroschin vollendete um 1335-41 seine "Kronike von Pruzinlant", eine ßbertragung der lateinischen Ordenschronik "Chronicon terrae Prussiae" des Deutschordenspristers Peter von Dusburg. Hier heißt es über die Preussen: Zitat:" Willig und freigibig teilen Sie Speise und Trank mit. Sie meinen, sie hätten Ihre Gäste nicht freundlich und wohl genug verpfegt, wenn diese nicht so voll des Trankes sind, daß sie spiehen. Gewöhnlich bringen Sie sich gegenseitig dazu, unendlich oft eine gleiches Maß Trankes zu nehmen. Wenn sie sich zum Trunke setzen, bringt jeder Hausgenosse dem Wirt ein Gemäß und trinkt ihm zu, und der Wirt trinkt das selbe Gemäß voll gern aus. So trinken alle einander zu, und lassen den Napf ruhelos kreisen, er läuft hin und her, bald voll blad leer. So treiben sie es solange, bis Mann und Frau, Wirt und Hausgenossen, Große und Kleine, alle trunken sind; das ist ihnen Kurzweil und große Ehre, - mich dünkt das, keine Ehre zu sein" In diesem Sinne Prost! Sylvia
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Eintrag #60 vom 06. Jan. 2001 22:47 Uhr
Sascha Sturm
Hallo, Sylvia, ich wende jetzt einfach mal ganz unkritisch Deine "Definition der "totalen Vernichtung" einer Kultur oder genauer eines Volksstammes" an. Mal sehen, was dabei heraus kommt. Krieg und Besetzung der Siedlungsgebiete steht außer Zweifel und war das angestrebte Ziel des Ordens. "Das bestehende Regierungssystem wird gestürzt… " stimmt zu Teil. sicherlich ist ein christlich-feudalistisches System etabliert worden, der Christburger Vertrag ist deutlicher Beweis dafür. Der Vertrag wurde übrigens zwischen einem päpstlichen Legaten und den - tatsächlich als solchen angesprochenen - Prussen geschlossen und regelt selbstverständlich auch die Abgabe des Zehnten. Für Ostpreußen weiß ich sicher, daß prussische Adlige im "Verwaltungssystem" nachgewiesen sind. Was den slawischen Raum angeht, fällt mir so ganz spontan Wizlav III., Fürst von Rügen, ein (ca. 1265-1325), der aus einer wendischen Adelsfamilie stammte und recht unabhängiger Herrscher in seinem Territorium war, hat übrigens eindeutig deutsche Minnedichtung hinterlassen. Er ließ allerdings in seinem Gebiet auch Deutsche siedeln. Dort zum Beispiel haben demnach Deine Kriterien der "Vernichtung" eindeutig keine Gültigkeit, Rügen wurde auch nie erobert, dennoch würde ich es aus heutiger Sicht nicht gerade als "slawisch" kennzeichnen wollen. Dieses Beispiel zeigt, daß wir aus gegenwärtigen Verhältnissen nicht ohne weiters auf mittelalterliche Zustände schließen können. Auf die schwammige Charakteristik "slawisch" hast Du ja selbst schon hingewiesen. Verlassen von angestammten Siedlungsgebieten sowie Aufgabe von Siedlungen und Acker- und Weideflächen trifft eindeutig nicht zu, wie meine beiden ersten Beiträge zu alten Siedlungen und deren Bevölkerung zeigen. Im Gegenteil waren die Siedlungen äußerst stabil im Mittelalter. Daß viele Prussen vom Orden ermordet wurden steht außer Zweifel, Flucht vor dem Krieg ist zu vermuten, ob sie sich belegen läßt, weiß ich nicht. Städte sind noch ein eigenes Thema, sicher ist, daß selbst alte Siedlungen, wie etwa die Vorgängersiedlung Elbings, mehr oder weniger von hansischen Kaufleuten (die ja einen nicht unerheblichen Anteil an der Finanzierung und Logistik des Krieges hatten) "übernommen" wurden. Von einer Ghettoisierung der Prussen in den Städten weiß ich allerdings nichts, will sie aber damit auch nicht ausschließen. Hm, ja, die "Amtssprache" des christlichen Mittelalters war sicherlich Latein, zumindest sind ja die meisten Dokumente in Latein abgefaßt, so auch der Christburger Vertrag. Im 14. Jh. finden sich dann Ordenschroniken in deutscher Sprache. In wie weit die alte baltische Sprache der Prussen in der Bevölkerung noch fortlebte wissen wir nicht, verboten war sie jedenfalls wohl nicht. Die Religion dagegen wurde klar verboten, auf ihre Ausübung stand die Ermordung. Das, denke ich, war wohl allgemeines, christliches Herrschaftsprinzip. Zur Kultur gehört allerdings sicher mehr, als kultische Bräuche der Religion. So um Beispiel auch die Art der Siedlung und des Hausbaus. Die Siedlungsform scheint ja stabil geblieben zu sein, die Art, die Dörfer zu befestigen und mit Toren zu versehen mag nicht ausschließlich Eigenart der Prussen gewesen sein, sie ist allerdings sicher nicht ursprünglich bei der bäuerlichen Bevölkerung Norddeutschlands, aus dem ja ein großer Teil der deutschen Neusiedler in Ostpreußen stammen soll. Ostpreußen hatte in der jüngeren Vergangenheit durchaus eine eigene Kultur des Hausbaus. Die ist sicherlich in Regionalen Ursprüngen zu suchen, auch wenn ich die nicht unbedingt als "prussisch" charakterisieren wollte. Alltagskultur läßt sich wohl ebenso wie anderswo auch nur aus archäologischen Funden ablesen. Solltest Du darüber etwa für Ostpreußen noch Kenntnisse haben, enthalte sie uns doch nicht vor(!). "Die besiegte Kultur gilt als "minderwertig"". - Dieser Satz von Dir scheint mir stark geprägt von Beurteilungen der jüngeren Vergangenheit. Auch wenn Du das "minderwertig" in Anführungszeichen setzt und damit offenbar zum Ausdruck bringen willst, daß Du dem nicht zustimmst, so sollten wir diesen Jargon vielleicht nicht unbedingt übernehmen, auch nicht mit Anführungszeichen. Klar ist wohl, daß die christlichen Eroberer zwischen den einzelnen Bevölkerungsgruppen unterschieden. Aus der rechtlichen Besserstellung der Neusiedler ableiten zu wollen, daß sie als "höherwertig" betrachtet wurden, halte ich für ausgesprochen gewagt. Wenn es dazu nicht eindeutige Erklärungen gibt, sollten wir mit solchen Behauptungen vorsichtig sein. Sehr plausibel ist sicherlich die Vermutung, daß den Neusiedlern ein Anreiz geboten werden mußte, überhaupt die Strecke von vielen hundert Kilometern zurückzulegen, um sich im Ordensgebiet niederzulassen. Ich will hier ganz und gar keine heile Welt zeichnen, auch das Mittelalter kannte wie ja auch angeführt, Abgrenzungen - es gibt sogar Belege dafür unter den Ordensrittern, im "streit der geczungen" Konkurrenzen zwischen Rittern hoch- und niederdeutscher Abstammung austragen wurden. Es ist jedoch kaum anzunehmen, daß sich die Bevölkerung, gleich welcher Schicht, damals nationalistisch verhielt. Eher ist doch an eine Verteidigung von Privilegien zu denken, innerhalb der als jeweils gleichrangig empfundenen Gruppe . Anders läßt sich nicht erklären, daß die Isolation der deutschen und prussichen bäuerlichen Bevölkerung während des Bestehens unterschiedlicher Rechtssysteme existierte und offenbar verschwand, nachdem diese Rechtssysteme vereinheitlicht wurden. Christophs rassistischen Urgroßvater möchte ich ganz bestimmt nicht in eine historische Kontinuität zum Mittelalter stellen. Er war eine Person des 20. Jh., nach prussischer, ordensstaatlicher, polnischer, preußischer, kaiserlich-deutscher, weimarischer und nationalsozialistischer Geschichte seines Wohngebietes. Auch ist sein Rassismus keineswegs nur auf den Adel seiner Zeit beschränkt, der fand sich durchaus auch in anderen Bevölkerungsschichten - und ausschließen will ich den auch nicht für die Gegenwart. Insgesamt scheint mir nach wie vor, daß die Geschichte der deutschen Ostsiedlung nicht in derartige Schemata gepreßt werden sollte. Sie sind nach wie vor zu sehr von bestimmten Beweis- und Aussageabsichten einer deutschen Kultur- und Bevölkerungsüberlegenheit geprägt. Soweit das im Einzelfall die von Dir angenommene "totalen Vernichtung" belegbar ist, will ich solchen Aussagen folgen. Verallgemeinern dürfen wir, wie am Beispiel gezeigt, jedoch nicht. Abschließen möchte ich nun mit einigen Sätzen von Jan M. Pikorski, die jedem Moderator sicherlich gerne als Schlußworte in unserer aktuellen Debatte dienten;-) Herr Pikorski erläutert zunächst die verschiedenen Ansätze zur mittelalterlichen Ostsiedlung, polnische, böhmische und deutsche der letzten 150 Jahre und kommt nach Betrachtung der jüngeren Ansätze und Forschungsergebnisse zum Schluß: "Man versucht zwar nun, außer den traditionellen Wissenschaften wie Geschichtswissenschaft, Onomastik (Namenskunde) und historische Geographie ebenfalls die Archäologie und sogar die Soziologie, Psychologie und Ethnologie in die Forschung über die ethnischen Veränderungen des Mittelalters einzubeziehen. Bisher bringt das aber eigentlich nur die ständige und starke Zunahme jener Fragen, auf die wir zur Zeit keine befriedigende Antwort finden können." Herzlichen Gruß Sascha
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Eintrag #61 vom 07. Jan. 2001 12:50 Uhr
Sylvia Crumbach
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Hallo Sascha, einige kleine Anmerkungen: Zitat "Rügen wurde auch nie erobert" Ich verweise auf die Eroberung Rügens durch Waldemar den Ersten 1168 und die Zerstörung der Tempelburg Arcona. Ziatat: "Die besiegte Kultur gilt als "minderwertig"". - Dieser Satz von Dir scheint mir stark geprägt von Beurteilungen der jüngeren Vergangenheit" Ich empfehle dazu die Lektüre zeitgenössischer Berichte und Chroniken. Die Sicht der anderen Kultur ist recht eindeutig, tritt aber im lateinischen Original noch deutlicher hervor. Man sollt diese Sätze eindeutig als Schlußwort der Diskussion meinerseits sehen. Ich persönlich sehe keinen Nutzen in einer Fortsetzung. Sylvia Ein persönliche Anmerkung zu Deinem Beitag 60. Zitat: "Christophs rassistischen Urgroßvater möchte ich ganz bestimmt nicht in eine historische Kontinuität zum Mittelalter stellen. Er war eine Person des 20. Jh., nach prussischer, ordensstaatlicher, polnischer, preußischer, kaiserlich-deutscher, weimarischer und nationalsozialistischer Geschichte seines Wohngebietes. Auch ist sein Rassismus keineswegs nur auf den Adel seiner Zeit beschränkt, der fand sich durchaus auch in anderen Bevölkerungsschichten - und ausschließen will ich den auch nicht für die Gegenwart." Ich persönlich bin der Auffassung, daß Dir, genau wie mir, kein derartiges Urteil über Dritte zusteht. Der Ausdruck "rassistisch" ist heutigen Zeit schnell an der Hand um Andersdenkende zu diffamieren. Eine persönliche Be- oder Verurteilung von historischen Personen kann ich nur als bedenklich empfinden. Meine Stellungnahme aus dem Thread "Was denkt Ihr über die Kreuzüge" hat, meiner Auffassung nach, für die Kreuzfahrer die selbe Gültigkeit wie für meinen oder Deinen oder Christophs Urgroßvater.
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Eintrag #62 vom 07. Jan. 2001 16:26 Uhr
Christoph Bitter
Hallo Sascha! In dem Buch "Livland, Polen und Rußland" von Schliemann bezieht sich der Autor auf Primärquellen, in denen deutlich die Livländer und Esten von den deutschen und dänischen Neusiedlern unterschieden wird. Durch die Aufstände dieser beiden Urvölker wird auch klar, daß auch diese Unterschieden haben. Und zwar sogar unter christianiesierten Volksgenossen. In der Biograpie "Friedrich der Große" Schieder, kann man klar lesen, daß der brandenburgische und preußische Adel besonders Arrogant und Nationalistisch gegen die Polen waren. Dies hatte sich nicht geändert. Es gehörte zu dem eigenen selbstverständnis des europäischen Adels, gegenüber des "Minderwertigen Pöbels" sich so zu verhalten. (Nachzulesen einer unmenge von Büchern). Frauen wie Marie-Antoinette und Männer wie Napoleon als Rassistisch zu bezeichnen, würden diese Leute gar nicht verstehen. Es war normal für diese Volksschicht. Und so geht das auch bis heute, wie du richtig bemerkst. Bevor Du also meinen Urgroßvater als Rassisten bezeichnest, solltest Du Dir das ins Gedächtnis rufen. (Abgesehen davon hat er aus Trotz 1940 sein Verhalten gänzlich geändert. So hatte er schließlich Polen als Fürsprecher bei den Russen!) Natürlich kannst Du ihn auch da wieder als Rassistisch beurteilen, da er die SA als "braunen Pöbel und armseliges Gesocks" bezeichnete. Also nicht zu früh Urteilen und genaueestens an die Verhältnisse denken! Gruß v. Arlen
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Eintrag #63 vom 07. Jan. 2001 16:30 Uhr
Sascha Sturm
Hallo, Sylvia! Da Du nach Deinem Schlußwort noch eine Aussage machst, erlaube mir noch eine Erwiderung. Zu Zeiten unserer Urgroßeltern war die von Dir angeführte Theorie der Unterbringung besiegter Völker in Reservaten durchaus aktuell und populär, damals auch einschließlich des Gedankens rassischer ßberlegenheit des Siegers. Nordamerika diente dabei als Vorbild. Nach heutigem Forschungsstand ist die Theorie nicht haltbar. Aus heutiger Sicht erlaube ich mir jemanden der offensichtlich das Gefühl rassische ßberlegenheit als Grundlage seines Handelns nahm, als Rassist zu bezeichnen. Daß sein handeln damals mehrheitlich gesellschaftlich anerkannt und akzeptiert war ist damit nicht in Frage gestellt. Sollte dieses Wort dabei bei Dir bestimmte ablehnende Emotionen auslösen, so sind die Gegenstand Deine höchst eigenen Beurteilung, darauf hast nur Du Einfluß. Das solcher Rassismus heute nicht mehr allgemein akzeptiert ist, - zumindest nicht offen, finde ich begrüßenswert. Allerdings, wie schon gesagt, wäre es mir persönlich lieber, die Generation unserer Urgroßeltern oder Großeltern nicht als Modell für die Abbildung mittelalterlicher Gesellschaftsverhältnisse heranzuziehen. Was die von angeführte Eroberung Rügen angeht, o hast Du sicherlich recht. Mir ist auch nicht unbekannt, daß Witzlavs Lehnsherr der dänische König war. Allerdings sprachen wir doch, - glaube ich, über Eroberungen, die durch den Eroberer veranlaßte Besiedlung zur folge hatten, mit daraus resultierenden Veränderungen für die Kultur der Altsiedler? Das trifft auf Rügen doch wohl eindeutig nicht zu. Herzlichen Gruß Sascha
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Eintrag #64 vom 07. Jan. 2001 16:38 Uhr
Sascha Sturm
Hallo, Christoph, ich denke, mit meiner Antwort an Sylvia, die sich mit Deinem Eintrag überschnitten hat, sollten auch Deine Anmerkungen ausreichend beantwortet sein? Herzlichen Gruß Sascha
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Eintrag #65 vom 09. Jan. 2001 18:08 Uhr
Matthias Doettlaff
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Hallo Ihr, nachdem hier nun einige Leute versammelt sind, die sich mit der deutschen Ostkolonisation durch den DO auskennen, hier meine Fragen: Ist Euch die Kaschubei ein Begriff, resp. das Volk der Kaschuben? Wenn ja, würde mich das sehr interessieren, besonders auch brauchbare Literaturtips. Falls Ihr, um auf das ursprüngliche Thema Heidentum zurückzukommen, auch was über den kaschubischen/allgemein slawischen Gott Triglav (syn. Triglaw, Drilav, …) und Informationen über dessen Kult und Priester habt, wäre ich für jedes Fitzelchen davon besonders dankbar! Grußvoll, Matthias Topasius
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Eintrag #66 vom 11. Jan. 2001 17:48 Uhr
Nikolaj Thon
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Zuerst der philogische Befund: Kaschubisch ist eine dem Polnischen eng verwandte westslawische Sprache, die typologisch ein Bindeglied zwischen dem Polabischen, also der Anfang des 18. Jh. ausgestorbenen Sprache der Elbslawen, und dem Polnischen darstellt. In der (älteren) Literatur wird K. manchmal auch "pomoranisch" genannt (also die Sprache der "am Meer" lebenden Slawen, vgl. auch die Eindeutschung "Pommern"). K. ist noch zu untergliedern in Nordk. (mit einem nordwest- und einem nordöstl. Dialekt) und das dialektal stark zersplitterte Südk. Unterschieden sind beide besonders durch den Akzent: Im Südk. ist er - wie im Polnischen - festliegend, allerdings auf der ersten Silbe, im Nordk. hingegen sind Reste der freien Betonung erhalten. Der k. Wortschatz enthält neben slaw. Erbwörtern zahlreiche Entlehnungen aus dem Deutschen und Polnischen, wobei Hauptquelle für die deutschen Entlehnungen das Niederdeutsche war, weniger das Mittel- und Hochdeutsche. In der Zeit vom 15.-18. Jh. und nach 1918, da das Kaschubenland zu Polen gehörte, ist ein starker poln. Einfluss zu verzeichnen. Seit der 2. Hälfte des 16. Jh. gibt es ein (protestantisches) k. Schrifttum, so wurde 1586 das erste k. Buch (eine Sammlung von Kirchenliedern) gedruckt, gefolgt von vor allem religiösen Werken in k. Sprache (Luthers Katechismus, Psalmen, ßbersetzungen von Evangelien und Episteln) bis zum Beginn des 18. Jh. Danach wurde K. als Schriftsprache nicht mehr gebraucht, bis Mitte des 19. Jh. verschiedene Kaschuben eine Wiederbelebung der k. schriftsprachlichen Tradition versuchen (so F. Cejnowa seit 1850, H. Derdowski seit 1880, A. Majkowski seit 1908). Inwieweit die Kaschuben, deren Name wohl vom slaw. Kaszuby = Sumpfniederungen, Moraste abzuleiten ist, eine eigene Ethnie darstellen, ist umstritten. Offiziell gelten sie in Polen als autochthone Polen. Jedenfalls lässt sich die Existenz eines - urkundlich auch nicht belegten - eigenen Kaschuben-Stammes nicht nachweisen, obwohl archäologisch nachgewiesene Siedlungskonzentrationen zwischen Niederelbe und Niederweichsel einen solchen Schluss zulassen könnten. Die heutige Sprecherzahl ist unbekannt, dürfte aber bei rund 5.000 eigentlichen Sprechern liegen (noch 1910 zählte die preußische Statistik 108.920 Kaschuben!) - und zwar in Sprachinseln bei Gdansk (Danzig), Wejherowo, Lebork, Bytowo, Pock, Kartuzy usw. Die Mehrzahl der ca. 150.000 ethnischen Kaschuben sprechen heute ein kaschubisch gefärbtes Polnisch. In historischer Hinsicht erscheint der Begriff in Quellen des 13. Jh. in Bezug auf Mecklenburg, dann auch West- und Mittelpommern, hat aber wohl einen politischen bzw. geografischen, keinen ethnischen Inhalt. So wurde in der 2. Hälfte des 13. Jh. der westpommersche Herzog als "dux Slavorum et Cassubiae" bezeichnet. Als die Dynastie der Greifen 1455/66 die Herrschaften Lauenburg und Bütow übernahm, dehnte sich der Begriff auch auf Pomerellen aus. Triglav ("der Dreiköpfige") war wohl der Hauptgott der heidnischen Pomoranen, wahrscheinlich mit kriegerischer Funktion. Jedenfalls wurde seine Bildsäule in Stettin 1124 von Otto von Bamberg vernichtet. Man nimmt an, dass mit seinem Kult ein Pferdeorakel verbunden war.
Mit besten Wünschen und Grüßen Nikolaj (Rhisiart ap Maredudd)
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