Futteral für Wachstafeln
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Eintrag #1 vom 30. Jun. 2000 13:31 Uhr
Wolfram Troeder
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Hallo, ich habe ein paar Wachstäfelchen und suche Nachweise für ein Futteral, um sie am Gürtel zu tragen. Hat jemand Quellen (Bilder, Zeichnungen, etc) für sowas? Wurde das überhaupt am Gürtel getragen? Gruß
Tassilo
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Eintrag #2 vom 30. Jun. 2000 19:23 Uhr
Dr. Frank Dierkes
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Das hängt ein bischen von der Größe ab, die Deine Täfelchen haben. Große Tafeln (A4 und größer) mit einem hohen Anteil an Harzen wurden als Meßbuch verwendet und kaum je über Kirche und Sakristei hinaus bewegt. Das eher kleine Diptychon wurde "am Mann" getragen und war z.B. bei benediktinischen Mönchen ein Teil des ihnen vom Kloster/Abt verliehenen Nießbrauchgutes. Die hatten Handteller bis A5-Größe und wurden z.T. am Gürtel getragen. Entweder war das Diptychon durch Bohrungen für die Aufnahme eines Lederbandes und zum Anhängen des Stylus versehen, oder man steckte es in ein vernähtes Lederfutteral (was wohl eher ab Prior aufwärts erlaubt war => Leder war/ist teuer!). Frank
Laudetur Iesus Christus, in eternam, Amen. Frater Hermann de Monasterium
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Eintrag #3 vom 03. Jul. 2000 19:06 Uhr
Martin
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Also diesen letzten Eintrag kann ich überhaupt nicht zustimmen. Wo hast Du die Belege für diese Behauptungen her?? Leder und teuer??? Les mal in den Archiven die Kostenaufstellungen von den Städten, Kaufleuten und Klöster da steht aber was anderes drinn, ich finde es ziemlich ärgerlich immer wieder zu lesen wie primitive und arm die Leute waren, und dann wenn man nur ein bißchen in den Wissenschaftlichenwerken liest steht was ganz anderes dar. Ersten es gibt so gut wie keine Darstellungen wo man die Leute sieht wie sie mit alles Mögliche am Gürtel baumelnd sieht! Und zweitens waren Wachstafeln, erstens so was wie heutige Schulbücher oder Notizzettel da im gegensatz zum Leder, Papier und Pergament teuer waren. Auch gab es die Wachstafeln keines falls nur als Diptychon, sondern auch mit mehrern Seiten oder als lauter einzelne Seiten die in einem Futter zusammen gefasst waren. Gerade aus Lübeck und Göttingen gibt es einige sehr schöne Funde die dies bestätigen, als kleiner Nachsatz eine mehrseitige Wachstafel wurde in der Latrine eines Wirtshauses gefunden, das passt ja hervorragend zu der Theorie das nur Priors sowas hatten.
Gruß vom Schmierfink
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Eintrag #4 vom 04. Jul. 2000 07:38 Uhr
Wolfram Troeder
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Hallo Leute, ruhig Blut, kei Stress. Ich wollte eigentlich nur wissen, ob und wie ich Wachstäfelchen bei mir trage. Für Hinweise bin ich dankbar, noch mehr wenn ich auch auf Literatur oder Darstellungen verwiesen werde. Ich muss die WT nicht am Gürtel tragen, nur die Gürteltaschen die ich so kenne, sehen nicht groß genug aus, als das ein Händler da sein Bündel WT verstauen könnte. Gruß
Tassilo
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Eintrag #5 vom 04. Jul. 2000 15:23 Uhr
Sascha Sturm
Hallo, Ihr Schriftgelehrten! Für das beginnende Hochmittelalter wird der Einsatz von Schrift allgemein - und damit auch von Schreibgeräten tatsächlich überwiegend für Kleriker angenommen. Sicher ist, daß Kaufleute im 14. Jh. Wachstafeln, große wie kleine, benutzten. Auf Großen hat man komplette Rechnungsaufstellungen gefunden. Reste einer kleinen, für den Einsatz als Notizzettel, hat man um 1990 in Dortmund ausgegraben. Die Tafel ist mit relativ aufwendigen Messingbeschlägen versehen und war, nach den erhaltenen Resten zu urteilen, einmal mit Leder überzogen. Das sagen zumindest die Archäologen. Der Tote wird allerdings auch aufgrund seines körperlichen Zustandes und hohen Alters der Oberschicht zugerechnet. Verschlossen wurde die Doppeltafel offenbar ebenfalls mit Lederriemen und auffwendigen Messingverschlüssen. Da es sich offenbar um eine Grabbeigabe(!) handelte, die zu dem Toten gelegt wurde, läßt sich allerdings wohl nicht sagen, wie die Tafel getragen wurde. Aber eine verbindung von Leder und Wachstafel in der Kaufmannsschicht wäre damit wohl hergestellt. Herzlichen Gruß Sascha
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Eintrag #6 vom 10. Jul. 2000 17:41 Uhr
Dr. Frank Dierkes
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So, mein lieber Martin, dann höre/lies mal genau zu: 1. Mit die einzige Möglichkeit, an Wachs für ein Diptychon zu kommen, war über Bienenstöcke und das damit verbundene Wachs. Mit Stearin brauchst Du im HMA noch nicht zu rechnen. 2. Der Zeidler = Imker hatte - wie alle Bauern/Kötter/Kätner den fälligen Zehnten zu leisten, und der umfasste auch den Wachs (ich verweise hier auf F.Seibt, Glanz und Elend des HMAs und andere Werke die ich Dir gerne noch zitieren werde, wenn ich wieder zuhause bin). 3. Besonders Klöster (hier heraushebenswert Benediktiner und Zisterzienser) hatten landwirtschaftliche Musterhöfe, die auf Selbstversorgung ausgelegt waren (vgl. Kirchen im MA, genaue Literaturangabe findest Du im Threat Ordensleben im MA). Will heißen, Wachs war teuer! Ich kann mir daher kaum vorstellen, daß es sich jeder Kätner und Halbbauer leisten konnte, Bienenwachs zu erwerben und wenn, dann für Kerzen und nicht für Schreibwaren. Desweiteren ist ein Diptychon nur für denjenigen wertvoll, der auch schreiben kann! Des weiteren habe ich nie behauptet, daß es das Diptychon nur als kleine "Zweiseiter" gab, sondern habe extra die größeren und mit einer mehr geharzten Wachsmischung versehenen Meßbücher erwähnt. Das die dann aufwendiger verziert waren und auch mehrseitig, habe ich keiner weiteren Erwähnung für wert befunden, da es für mich klar dargestellt war. Nun zum Thema Ledereinbände. Auch Ordensleute waren nicht von weltlichem Streben abzuhalten, ansonsten wären die stetigen Glaubensumwälzungen innerhalb der Orden und auch die Neugründungen, Visitationen und das ausgefeilte Strafsystem innerhalb der Mönchsgemeinschaft nicht notwendig gewesen. Dennoch werden in Klöstern für Abt und Prior eigenen Räumlichkeiten wenn nicht ganze Klostertrakte freigehalten, deren Ausstattung nicht den Zellen der "Normalmönche" entsprachen, sondern reicher gehalten waren (auch aus politischen Gründen bei der Gästebewirtung). Rechnet man diesen Umstand hoch, so kann man ergründen, daß das Reisediptychon eines Abtes oder Priors auch reicher verziert und in hochwertigeres Leder eingebunden sein wird (hier denke ich nicht an Schweineschwarte sondern eher an Rind, Hirsch etc.). Wenn Du aber an die Grundausstattung eines Benediktiners denkst, so hat seine Kutte (wie übrigens nach meinen Wissen sämtliche Kleidung im HMA) KEINE TASCHEN! Wo also hin mit dem ihm anvertrauten und zum Nießbrauch überlassenen Gut? In die Bruoche stecken? Ans Bein binden? Gürtel waren erlaubt (Franziskaner trugen einen Strick) und da das Diptychon am Mönch zu tragen war (Spruch des Hl. Benedikts: Jedes Wort, das ein Mönch schreibt, ist ein Schlag gegen das Böse, vgl. hierzu "Ordensleben im Mittelalter", Literaturangabe im Threat Ordensleben), ist ein Anbinden am Gürtel die einzige Alternative. Zum Schluß noch Deine Aussage, das das Diptychon auch als "Schulbuch" diente. WER GING DENN IN DIE SCHULE? Kleinbauers Söhnchen Fritzi?? Wer konnte es sich leisten, ein Kind nicht arbeiten zu lassen, sondern es in eine Schule zu schicken, in der es Kontakt zu einem "Schulbuch" erhielt. Ich glaube, die Frage hat sich bereits beantwortet. Wie das Diptychon in die Latrine gekommen ist, weiß ich nicht, das es da gelandet ist, zeigt mir aber, daß derjenige der es reinwarf, es loswerden wollte. Spricht nicht gerade für seinen regelmäßigen Umgang mit Schreibmaterial. So, in diesem Sinne Frank Dierkes
Laudetur Iesus Christus, in eternam, Amen. Frater Hermann de Monasterium
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Eintrag #7 vom 10. Jul. 2000 19:08 Uhr
Martin
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Hallo Frank! Schön zu hören das einige Professoren trotz Jahrzehnte langer Tätigleit auf dem Gebiet auf dem Holzweg sind! Ich werde sie auf Dich verweisen. Einmal die Menge Wachs für eine Wachstafel war recht gering da die Vertiefung in der Regel nur ein Millimeter oder zwei war, und das mit den Kerzen ist völliger Blödsinn, das konnten sich wirklich nur die reichen sich leisten. Schon mal was von Talglichtern und ßllampen gehört? Für Dich gab es scheints Nur Bauern und Adelige was? Schaumal in den Städten wie es da war! Auch war Der Wachs nicht rein sondern mit einigen anderen Zusätzen versehen, wie z.B. Holzkohle, Talg und Leinöl und so mit ist der Wachsverbrauch auch geringer als von Dir geschildert! Zu Deiner Theorie das die Tafeln nicht für den Unterricht verwendet wurden, wie erklärst Du folgenden Fund von 22 Wachstafeln bei St. Jakobi in Lübeck aus der Zeit des 14. Jhd die eindeutige Schreibübungen zeigen, als Hirngespinnste? Auch zeigt mir Deine Auslegung von Diptychon als sehr merkwürdig da schon die Silbe auf "zwei" deutet, bei drei wäre es logischer weisse dann ein tripdychon, aber diese Bezeichungen kennen ich nur in zusammenhang mit Retabeln und Altären. Nun zu Dein Problem mit den Taschen schon mal was von Umhängebeuteln gehört? Mir wäre es ganz lieb wenn Du Dich erst einmal richtig informieren würdest denn das was Du von Dir gibst ist eher peinlich. Zum Thema Kloakenfunde von Wachstafelbüchern kann ich nur folgende Funde anführen: Lübeck, Alfstraße, zweite Hälfte des 15. Jh.s (9×5x0.2cm) oder die aus Halle oder vom Fischmarkt in Rouen. Solltest Du kein passendes Material haben so kann ich nur wärmstens folgende Bücher empfehlen:Antjekathrin Graßmann, Ein Wachstafelbuch vom Schragen zu Lübeck, in: Lübecker Schriften zur Archäologie und Kulturgeschichte 3 (1980) Johannes Warncke, Mittelalterliche Schulgeräte im Museum zu Lübeck, in Zeitschrift für Geschichte der Erziehung und des Unterrichts 2 (1912)Adolf Ulrich, Die Wachstafeln der Kaufmannsinnung in Hannover (1397-1419). in Zeitschrift des historischen Vereins für Niedersachsen 1887 Wilhelm Wattenbach, Das Schriftwesen im Mittelalter. Leipzig 1896 Ernst Moser und Hermann Kühn, Wachs als Beschreib- und Siegelstoff. Wachsschreibtafeln und ihre Verwendung, in Reinhard Büll, Das große Buch vom Wachs. München 1977
Gruß vom Schmierfink
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Eintrag #8 vom 13. Jul. 2000 17:47 Uhr
Dr. Frank Dierkes
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Lieber Martin Jungnickel, ich habe eine ganze Weile überlegt, ob ich überhaupt noch auf Deinen Eintrag hin antworten will, da er normalerweise weder stilistisch noch orthographisc in mein Raster fällt - ich will nur noch einige Dinge klarstellen: Ich habe mich an keiner Stelle meiner Einträge gegen den Einsatz eines Diptychons in einer Schule ausgesprochen. Ich kann vielmehr darüber hinaus noch O.BORST (1983): "Alltagsleben im Mittelalter". Insel Taschenbuch 513, S.522 ff; als Literaturstelle beisteuern, die sich mit dem Schulwesen im Mittelalter und den verwendeten Materialien befasst. Der Autor spricht dort von "Holztafeln mit Vertiefungen, in denen Wachs glatt eingestichen war; ihre Fläche konnte mit spitzen Griffeln aus Holz, Metall oder Bein beschrieben werden" (BORST, S.522). Angemerkt hate ich in meinen Einträgen nur, daß Schreibkundige die Personengruppe gewesen sein wird, die Verwendung für ein Diptychon gehabt hatten, da es sein anwendungsgerechter Einsatz nun einmal Schreibkunde voraussetzt. Das Schriftlichkeit im Hochmittelalter aber weitgehend auf Kaufleute, Geistliche, einige rühmliche Ausnahmen aus Adel und bäuerlichem Stand beschränkt war, wirst Du wissen. Ich habe des weiteren in meinen früheren Einträgen die Existenz und Verwendung von großen Wachstafeln innerhalb der Liturgie erwähnt und nicht - wie Du bemängelst - verneint. Das solche Meßbücher einen größeren Umfang haben, als ein - auf zwei Wachstafeln aufbauendes - Diptychon, schien mir trivial und keiner weiteren Bemerkung wert. Ich sehe nun, daß ich es für Dich genauer hätte formulieren sollen. Zum monastischen Alltag, jenseits der Liturgie, wird eher das - zumind. jedem Benediktiner überreichte - Diptychon gehört haben und nicht ein Triptychon, Oligochon oder gar Polychon. Vergleiche hierzu V.TROST (1991): "Scriptorium", Belser Verlag, S.13 ff. In dieser Zusammenfassung wird die Bamberger Ambrosiushandschrift (Staatsbibliothek Bamberg), welche vermutlich im 3. Viertel des 12.Jh. entstanden ist, näher vorgestellt. Ihre Federzeichnungen zeigen nahezu alle Tätigkeiten, die bei der Buchherstellung anfallen, u.a. die Konzepterstellung mittels zweiseitiger Wachstafeln. Du hast in Deinen Eintrag auf meine, Deiner Meinung nach mangelhafte, Kenntnisse bez. Talglichter hingewiesen. Ich muß Dir dazu sagen, daß der Umgang mit tierischen Fetten Stoff der Sekundarstufe I im Lernbereich des 9./10. Schuljahrs ist, wobei die Schüler sowohl über Verseifungsreaktionen als auch über die Brennbarkeit von tierischen Fetten aufgeklärt werden. Aus dieser Zeit ist mir auch noch das unangenehme Rußen, der gewöhnungsbedürfige Geruch und die - meiner Meinung nach - geringere Lichtausbeute gegenüber Wachskerzen in Erinnerung. Was mich wirklich etwas stutzig mach, ist Dein fast schon mutwilliges "mich-falsch-verstehen" und Deine verbalen Angriffe. Die meisten TV-Nutzer haben inzwischen zu einem gemäßigten Umgang gefunden, der sich mehr in einer korrigierenden Ergänzung versteht, denn in einem Frontalangriff. Schade, daß diese Tugend bei Dir noch nicht angekommen ist. Des weiteren stellt eine Diskussion wie diese von ihrem Idealaufbau ein Zusammentragen von Theorien und Erkenntnissen dar, nicht aber, daß ein Teilnehmer dem anderen seine eigene Meinung abspricht oder gar persönlich wird. In großen Debattierrunden werden beleidigend werdende Ausreißer meist schnell zur Ruhe gerufen. Deinem Stil und Eintragungen in anderen Threats entnehme ich aber, daß Du eher selten gewohnt bist, wirklich zu diskutieren, sondern zumeist Deine Meinung als die einzig richtige darstellst. Gerade über diesen Punkt würde ich an Deiner Stelle mal etwas nachdenken… Ach ja: Danke, daß Du Dich nützlich gemacht hast und für mich die Literaturstellen über Wachstafeln und ihre Verwendung im Hochmittelalter herausuchtest. Du hast mir dabei viel kostbare Zeit gespart, die ICH nun nicht mehr mit überflüssigen Recherchen vertrödeln muß. Ich werde die Quellen bei Gelegenheit nutzen. In diesem Sinne, Dir viel Spaß in diesem Threat, ich habe anderes zu tun. Frank Dierkes aka HdM
Laudetur Iesus Christus, in eternam, Amen. Frater Hermann de Monasterium
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Eintrag #9 vom 13. Jul. 2000 19:30 Uhr
Martin
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Tum podex carmen extulit horridulum!
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Eintrag #10 vom 22. Jul. 2000 22:43 Uhr
Roman Luplow
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Na ja, alle Diskussion hin und her, wie wurde denn nun eine Wachstafel getragen? Wahrscheinlich ist Sie in ein Holzfutteral mit Bezug (Leder etc.) gesteckt worden. Ein reiner Lederumschlag wuerde die Schrift beim Gehen und Bewegen nicht schuetzen und man haette anschliessend nix mehr drauf. Auch Buecher wurden bis ins spaete Mittelater in Holz gebunden, da man Pappen etc. zu dieser Zeit kaum verzugfrei hergestellt bekam. Zudem duerfte alles ausreichend feste Material ausser Holz zu teuer fuer ein Futteral gewesen sein. Die Darstellung nackter Tafeln auf zeitgenoessischer Malerei ist vermutlich nur deswegen zu finden, weil diese Tafeln ebenso wie Beutelbuecher etc. als Statussymbol dargestellt werden sollten. Eine Tafel im Futteral waere dann ja nicht als solche zu erkennen ;-) MfG Roman
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Eintrag #11 vom 24. Jul. 2000 14:52 Uhr
Nikolaj Thon
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Kleine Anmerkung zur Beziehung Diptycha und "Messbuecher": Wenn man damit meint, dass Diptycha in der Eucharistiefeier (= Messe) Verwendung fanden, sogar eine sehr bedeutsame, ist der Ausdruck "Messbuecher" akzeptabel; will man allerdings sagen, dass darauf die (feststehenden wie wechselnden) Teile der Messe selbst notiert worden waeren, ist dies so nicht korrekt. Diese wurden, schon der Haltbarkeit aber auch der Praktikabilitaet wegen, natuerlich in der Regel auf Pergament geschrieben und zwar im HMA gany sicher in Kodexform. Trotzdem haben die Diptucha etwas mit der Messe zu tun: Auf solchen Taefelchen bzw. Tafeln teils durchaus beachtenswerter Groesse verzeichnete man naemlich die Personen, derer beim Gottesdienst besonders geadacht werden sollten. Sie waren also eine Art "Notizbuch" fuer die Kommemorationen - und dies schon seit spaetantiker Zeit. Insofern bedeutet der in kirchenrechtlichen Akten relativ haeufig zu findende Ausdruck "aus den Diptychen streichen" nicht anderes als "Ausschluss aus der Kirchengemeinschaft". Da die Kommemorationen - mit Ausnahme des Ortsbischofs bzw. Abtes, ggf. des Papstes oder Patriarchen und des Fuersten - natuerlich wechselten, war es auch sinnvoll, dafuer nicht Pergamente zu benutzen, sondern Wachstafeln, die sich leicht mit geaenderten Namen beschreiben liessen. Noch etwas: Triptycha gibt es natuerlich nicht nur als Altarretabeln, sondern auch als Wachstafeln, aber eben aus praktischen Gruenden wesentlich seltener.
Beste Gruesse Nikolaj aka Rhisiart ap Maredudd
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Eintrag #12 vom 23. Dez. 2000 12:52 Uhr
Sascha Sturm
Hallo, Wolfram! Habe eben eine weitere Abbildung von Wachstafeln aus der 1. Hälfte des 14. Jh. gefunden, auf sogar noch Aufzeichnungen erkennbar sind. Zunächst das Wichtigste: die Dinger haben eine Lederhülle. Dann die Details. Es handelt sich um 13 Wachstafeln der Maße 14,6*10 (zum Vergleich: DIN A6 14,85*10,5 cm, das ist eine Postkarte). Die Tafeln sind zu einem Buch verbunden, so das sich eine Tiefe von 5,6 cm ergibt. Die Lederhülle dazu hat die Maße 12*11,5*6,5 cm. Das heißt, nach Breite und Tiefe paßt das Notizbuch gut hinein, für die Länge fehlen 2 1/2 cm. Leider ist die Hülle in dem Katalog den ich hier habe nicht abgebildet, sonst würde ich sie gerne genauer beschreiben. Wenn Dich das Thema allerdings noch interessieren sollte, das Original ist im Besitz des Hessischen Landesmuseums in Darmstadt. Ich kann mich allerdings nicht erinnern, es dort mal in der Dauerausstellung gesehen zu haben, wäre mir bestimmt aufgefallen. Mag also sein, daß es im Depot schlummert? Der mögliche Ursprung der Tafeln wird mit Niederrhein angegeben, wobei nicht erklärt wird wie dieser Schluß entsteht. Vielleicht sind die darauf gemachten Notizen Niederdeutsch. Die Wachstafeln noch mal zusätzlich gegen die Hülle zu Schützen dürfte übrigens nicht notwendig gewesen sein. Wenn die Tafel immer mindestens paarweise zusammengebunden werden, so schützen die dann unbeschriebenen Außenseiten die innenliegenden Wachsseiten. Die Mulde mit dem Wachs ist so weit eingetieft, daß sich die Wachsoberflächen nicht berühren, sondern nur die überstehenden Rahmen. Nach diesem Prinzip ist auch die Dortmunder Tafel gefertigt, die ich unten beschrieben habe. Die Lederriemchen schlossen beide Täfelchen dann fest zusammen. Bei größeren "Büchern" funktioniert´s genauso. Herzlichen Gruß Sascha
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