Fechttechniken mittelalterlich???
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Eintrag #1 vom 14. Dez. 2004 20:29 Uhr
Michael Oeser
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Sagt mal Leute, sind Techniken wie "Terz", "Quart", "Prim" etc. für´s mittelalterliche Fechten (Schwert) um 1350 eigentlich "zulässig" - will sagen, gab es diese Techniken und Ausdrücke bereits, oder kamen die erst viel später???
pax vobiscum
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Eintrag #2 vom 14. Dez. 2004 20:49 Uhr
Jens
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Moin,
Wenn Du die Begriffe meinst: keine Ahnung, höchstwahrscheinlich nein, bekannt ist mir nix niedergeschriebenes aus dem MA mit diesen Begriffen.
Wenn Du die Techniken meinst:
Grob, Pauschal: nein.
Das was Du meinst, entstammt dem Degenfechten italienisch-französischer Schule späterer Jahrhunderte, und Du meinst wohl das moderne Sportfechten mit dem Degen.
Aber: es hat frühere Fechttechnik als Wurzel und besitzt auch noch ein paar ßhnlichkeit mit jedenfalls den mir bekannten Techniken.
Für 1350 ist die einzig mir klar überlieferte Aufzeichnung das I.33, ein paar Jahre später wäre es Liechtenauer (Ckd MS 3227a von 1390 ist die erste Aufzeichnung der Liechtenauerschein Fechtlehre).
Sollte deine Frage in die Richtung laufen, ob Du modernes Sportfechten im Schwert einsetzen kannst, würde ich das mit einem klaren nein beantworten, ich habe einige Zeit Degenfechten gemacht, und mache nun spätmittelalterliches Fechten und Ninjutsu, und bislang habe ich nur feststellen müssen, dass ich mir den stundenlang geübten Ausfall mühsam abgewöhnen musste ;)
Wenn Du Fechtechniken für 1350 suchst, würde ich zu I.33. und Liechtenauer raten.
Gruss, Jens, IG-MiM
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Eintrag #3 vom 14. Dez. 2004 23:32 Uhr
Michael
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Hallo,
ich finde es nicht verkehrt, Elemente aus dem Sportfechten mit in den Schwertkampf zu übernehmen. So einem die moderne Beinarbeit doch einiges mehr an Sicherheit. Man kann Schläge und Paraden viel sicherer setzen, als wenn man "irgentwie" steht. Außerdem verleiht einem die Beinarbeit viel mehr Schnelligkeit.
Meine Meinung
Gruß
Michael
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Eintrag #4 vom 14. Dez. 2004 23:38 Uhr
Michael Knapp
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Es ist allerdings fverkehrt, da historisches Fechten (sei es Langschwert, Schwert+Buckler, …) eine völlig andere Beinarbeit fordert.
MfG, Michael
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Eintrag #5 vom 15. Dez. 2004 00:37 Uhr
Jens
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Moin Michael W.,
Bei einer historischen Technik würde ich doch eher auf die dazu gehörige Beinarbeit zurückgreifen, als die einer anderen, völlig anders gearteten Sportart mit einer völlig anders zu handhabenden Waffe.
Meiner Erfahrung nach lassen sich einige asiatische Kampfsportarten damit eher verbinden als modernes Degensportfechten.
Gruss, Jens
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Eintrag #6 vom 15. Dez. 2004 01:03 Uhr
Michael Knapp
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z.B. bei Joachim Meyers Langschwert (1570) ist die Beinarbeit sehr genau beschrieben und er weist auch extra darauf hin daß, es sehr wichtig ist, die Beinarbeit richtig zu machen (Cap. 7)
MfG, Michael
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Eintrag #7 vom 15. Dez. 2004 10:17 Uhr
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Zunächst, ich kenne mich im modernen Fechten garnicht aus, ich habe beim googeln diese Seite gefunden:
wwwsezh.ch/seznewpages/fechten_3.html
Gesetzt dem Fall, die Bilder stimmen in Haltung und Ausführung
(Bei irgendwelchen mit google gefunden HPs weiß man das ja nie) kann ich was dazu sagen.
Grundsätzlich gibt es auch im historishc mittelalterlichen Fechten diverse Grundstellungen.
Einige davon sind grob mit den Bildern vergleichbar, wenn auch nicht ganz.
Die Körperhaltung ist die gleiche, aber abgesehn vom sog. "Alba" als einizge mir bekannte Einladung und ein zwei Huten für bestimmte Häue zielt man in eigentlich allen Huten auf die Hals/Kopf Partie des Gegners.
Nun kommt noch ein weiteres Problem hinzu, der zweite Arm.
Bei einhändiger Ausrüstung wie dem Langen Messer, dem Dussack oder auch dem Dolch ist eine deutlich andere Handhaltung zu sehen.
Beim Dussack leigt die Hand hinten am Steiß, bei anderen Waffen hält man sie zum Ringen nach vorne.
Bei Einhand Schild sieht die Sache nochmal ganz anders aus, auch je nachdem, was für einen Typ Schild man benutzt.
Mal ein paar Beispiele:
»Quart« entspricht grob einer I33 Hut mit Einhand/Buckler, wenn man den Buckler bei der Waffenhand hält.
»Octav« entspricht grob dem Alba im Langschwert, wenn man beide Hände ans Gehilz nimmt.
Der Rest ist zumeist zu weit aus der Linie.
Vom Konzept her ähneln sich die Grundideen der Huten und Faustlagen, aber durch die deutlich handere Waffentechnik sind die genauen Ausführen eben anders.
Man findet sicher schnell rein, wenn man die Erfahrungen aus dem modernen Fechten beim Training der historischen Techniken aufweisen kann, aber unreflektiert übertragen kann man so ad hoc wenig.
Zu den Quellen siehen Jens/Escas Posting, ergänzen möchte ich es noch um Teil 1 des Codex Wallerstein, um 1380.
Gruß, Ivain
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Eintrag #8 vom 15. Dez. 2004 20:38 Uhr
Michael Oeser
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Ähhh was genau ist noch mal eine Hute und was genau ist die "Alba"
pax vobiscum
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Eintrag #9 vom 15. Dez. 2004 22:39 Uhr
Wolfgang Ritter
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@Michael
Vielleicht sagt Dir die Redewendung "auf der Hut sein" etwas?
Eine Hut (in den Fechtmanuskripten auch als Leger bezeichnet) ist eine bestimmte Haltung während des Kampfes. Insofern eine Art mittelalterliches ßquivalent zu den von Dir eingangs benannten Positionen des modernen Fechtens wie "Quart", "Terz", "Prim" etc.
Eine Hut hat verschiedene Funktionen, aus ihr heraus kann ein Hau, Stich oder Schnitt erfolgen, bzw. ein Hau kann in einer bestimmten Hut enden.
Manchmal kann eine Hut auch nur eine Art Durchgangsposition während der Ausführung einer Technik sein.
Es gibt in der sog. deutschen Schule in Lichtenauer-Tradition bestimmte Haupthuten:
der Ochs,
der Pflug,
die Hut vom Tag (oder Oberhut),
der Alber (Oder Olber)
"Alba" ist ein Schreibfehler, Ivain: setzen und schämen, jetzt sofort!!!.
Das könnte für Dich aus Bruchköbel interessant sein.
Wenn Du noch Fragen - etwa zu einzelnen Huten - hast, kannst Du mich gerne privat anmailen.
Besser noch, Du machst hier einen entsprechenden neuen Thread auf!
Grüße
Wolfgang Ritter
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Eintrag #10 vom 15. Dez. 2004 22:58 Uhr
Wolfgang Ritter
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Uneingeschränkt empfehlenswert - wenn auch Schwert &Buckler nach I.33 immer noch eine Sisyphus-Arbeit ist…
Wolfgang Ritter
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Eintrag #11 vom 02. Jan. 2005 16:37 Uhr
Michael Oeser
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Also sind die Huten quasi das, was im "medieval Swordsmanship" von John Clements als "Guards" bezeichnet wird?!?!
pax vobiscum
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Eintrag #12 vom 02. Jan. 2005 17:07 Uhr
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Ich habe kürzlich erfahren, daß es ein paar Fechtbücher gibt, in denen die Huten als Lager oder Leger bezeichnet werden.
Werde nachher nochmal genau prüfen, welche Bücher und welche Waffengattung behandlet wird, dann reiche ich die Details nach.
Ich könnte mir ob des Begriffes gut vorstellen, das Clemens mit seinen "Guards" die Huten meint, allein, ich kenne seine Bücher nicht.
Aber eigentlich sollte das aus dem Kontext doch klar werden, oder ?
Gruß, Ivain
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Eintrag #13 vom 04. Jan. 2005 12:09 Uhr
Georg
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Naja, Begriffe wie Terz, Quart etc sind ja nun Kinder ihrer Zeit und ihrer Herkunft.
Frage ist, wie genau man das sehen mag. Wenn es bereits zB eine "Quart" ist, wenn man die eigene Waffe zwischen die linke obere Körperpartie und eine angreifende Waffe hält, dann ist sicherlich davon auszugehen, dass bereits vor Jahrtausenden bewaffnete Menschen klug genug waren, mit der eigenen Waffe dazwischen zu gehen, bevor man von einem Gegner getroffen wird. Insofern sind solche Dinge sicherlich absolute Grundbegriffe eines jeden Umgangs mit dem Schwert. Wie man das dann nennt und in welche jeweilige Bewegung so eine Sache eingebunden ist, ist dann allerdings abhängig vom kulturellen Umfeld.
Giraut
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Eintrag #14 vom 12. Jan. 2005 18:43 Uhr
Oliver Hauss
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>Also sind die Huten quasi das, was im "medieval Swordsmanship" von John Clements als "Guards" bezeichnet wird?!?!
Sie sind ähnlich. Man sollte nicht vergessen, dass "Medieval Swordsmanship" ein beachtliches Alter hat, und noch nicht einmal John Clements selbst mehr voll hinter dem Inhalt steht (und das will was heissen!)
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Eintrag #15 vom 12. Jan. 2005 21:07 Uhr
Wolfgang Ritter
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Hallo MIchael,
ich kenne das Buch von Clements nicht, aber tatsächlich gibt es Huten auch in anderen Fechtsystemen, bei den Italienern Fiore dei Liberi (Flos Duelltorum, 1410) und Phillipo Vadi (Arte Gladiatoria Dimicandi)sind dies die "Posta".
Die sehen halt zum Teil etwas andes aus.
Bei aller Vorsicht - da ich sein Buch wie gesagt nicht kenne und meine Infos über Clements nur aus zweiter Hand sind - aber das Buch von Clements ist wohl teilweise etwas kunterbunt und diffus durcheinander geschrieben.
Wenn Du - was mich nicht wundern würde - Schwierigkeiten bei der Interpretation, bzw. Umsetzung der historischen Fechtmanuskripte hast, dann kann ich Dir ein von Schwertkampf Ochs herausgebrachtes Video/DVD empfehlen. Dort ist Fechten nach der Liechtenauer Tradition in guter didaktischer Qualität erklärt.
Grüße
Wolfgang Ritter
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Eintrag #16 vom 17. Feb. 2005 17:39 Uhr
Johann Heim
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Hallo zusammen,
erstmals danke Wolfgang für das Lob hinsichtlich des Videos, bzw. der DVD. Der Alex Kiermayer und ich haben das erste Video überarbeitet und mit zusätzlichem Material bei wwwagilitas.tv als DVD herausgebracht.
John Clements meinte mit den Guards tatsächlich die Huten. Ich besitze beide Bücher von ihm und habe auch schon mehrmals mit ihm zusammen trainiert. JC hat sich selbst einen Cocktail aus der italienischen Schule und der deutschen Schule zubereitet, das funktioniert auch gut für ihn, ich persönlich finde es aber leichter, die Stile nicht zu durchmischen.
Grüße
Hans
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