Farben und ihre Symbolik
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Eintrag #1 vom 02. Sep. 2003 18:43 Uhr
Sebastian Weiß
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Hallo!
Letztens war ich in einem Laden einer bekannten Buchladenkette und habe eine wunderschöne Bibel gesehen, die voll war mit Illustrationen aus Bibelhandschriften des 8.-15. Jahrhunderts. War nur ein bisschen teuer, leider.
Jedenfalls hab ich eine Menge brauchbare Vorlagen für meine Kleidung darin gefunden, ich weiß bloß nicht, inwieweit ich diesen Illustrationen in ihrer Farbgestaltung trauen kann. Gerade Bibelillustrationen dürften ja oft ziemlich symbolisch gewesen sein. Deshalb wüsste ich gerne, welche Farben welche Bedeutung hatten. Interessant ist für mich vor allem das 12. und 13. Jhd.
Wäre toll, wenn mir jemand weiterhelfen könnte.
Sebastian
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Eintrag #2 vom 10. Sep. 2003 00:07 Uhr
Sebastian Weiß
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…naja, dann kann ich mir ja einen Purpurmantel anschaffen, falls ich irgendwann mal einen Zimmermann darstelle. Belege gibts schließlich genug dafür ;-)
Sebastian
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Eintrag #3 vom 10. Sep. 2003 08:59 Uhr
Jens
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Naja Purpur war eine klerikale Farbe, wenn es sich bei besagten Zimmermann z.B. um den lieben Herren Jesus persönlich handelt, nicht verwunderlich. Grün mehr für die Jugend (wenn auch teuer), leuchtende Farben für den Adel, Rot eine "ritterliche" Farbe; aber inwieweit der Maler damit was bezwecken wollte, ist soviel Spekulation, wie mancher Kunstaustellungsbedsucher modernen Kunstwerkern angedeihen lassen muss ;)
Ich persönlich pfeif offen gesagt auf die dargestellten Farben, sonst müsst ich z.B. mein Streitross grün anmalen ;), und wähle die Kleiderfarbe je nach Stand/Preis der Färbung aus.
D.h. ich entscheide, ob ich in der Darstellung die Farbe mir hätte wahrscheins leisten können- was gegen Purpur spräche ;)
Gruss, Esca
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Eintrag #4 vom 10. Sep. 2003 12:05 Uhr
David Seidlitz
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Viel aufschlussreicher für die Benutzung von Farben, ist der technologische Färbeprozeß und deren finanzieller sowie materieller Aufwand.
Schliesslich wurde ja nicht, wie heute,
schnell und billig(und grausig) mit Simplicol gefärbt ;o) !
Bibelillustrationen sind oft mit Symboliken und Metaphern versehen die dem Betrachter Aufschluss über den Sinn der dargestellten Szene geben sollten. Heute sind wir nicht alle in der Lage diesen "Code" zu entschlüsseln.
Beachten sollte man auch die Gesellschaftsschicht aus der der Auftraggeber dieser Werke vermutlich stammte. Kurzum, auch ich gebe auf die Illustrierten Farben nicht viel. Es gibt Abbildungen von Bauern auf dem Felde in den grellsten Farben und unpraktischsten Gewändern. Das wird sicherlich nicht die Realität gewesen sein. In einigen Kleiderverordnungen des 13. Jhd. wird den Bauern als Ausnahmefarbe Sonntags blau gewährt. Das aber nicht ohne guten Grund! Blau war sehr teuer und aufwendig zu färben, deshalb regelt sich das von ganz alleine. Kaum ein Mensch aus dieser Schicht wird blau getragen haben. Vermeintliche Freiheit.
Die zu verwendenden Farben richten sich also erheblich nach dem sozialen Stand den du darstellst.
Mein Tipp: beschäftige dich mit den Färbetechniken, das gibt viel Aufschluss.
Gruss aus Berlin
David
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Eintrag #5 vom 10. Sep. 2003 12:34 Uhr
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So langsam bin ich ein wenig verwirrt.
Mein Wissenstand bislang war, daß Blau sich recht günstig auf mineralischer Basis gefärbt werden konnte.
Ich habe grad letztens wieder (gut, ja in einem Roman, allerdings sind die Hintergründe dessen komplett belegbar, aus Materiallisten et. entnommen) von billigem blauen Tuch für die Londoner Arbeiter gehört.
Jetzt lese ich zum Wiederholten male von der teuren Farbe blau.
Gibt es vielleicht verschiedene Blautöne, die anders gefärbt wurden und daher unterschiedlich teuer waren ?
Wenn ja, wie sehen die Unterschiede aus, bzw. wie/womit färbt man teures Blau ?
Gruß, Ivain
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Eintrag #6 vom 10. Sep. 2003 13:05 Uhr
Claudia Schröder
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@Ivain: Wenn du magst, schau doch mal auf meine Web-Site,da gibt es unter dem Punkt Materialien, Rezepte etc. schon einiges (Ich gebs zu, ich bin ein wenig faul im schreiben…)
Aber mich würde die Anfangsfrage auch nochmal interessieren: Hat jemand einen Literaturhinweis zu der Symbolik von Farben, der für Einsteiger geeignet ist?
Bei den Marienbildern weiß ich zum Beispiel, dass rote Erdbeeren das Blut Christi symbolisierten, blau war heilig, deshalb trägt Maria immer einen blauen Mantel. Ebenso gibt es spezielle Bedeutungen für die Veilchen und Margarithen (weiß=Reinheit,Unschuld) und so weiter. Kennt jemand das Lexikon der Symbole?
Steht da was zu diesem Thema drin?
Anna von Veen auf dem Berge wwwmysterium-scribendi.de
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Eintrag #7 vom 10. Sep. 2003 13:27 Uhr
Claudia
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Blau war hierzulande mitnichten teuer.
Immerhin war Thueringen im Mittelalter DAS Zentrum der Waidherstellung. Deshalb war m.W. auf dem Gebiet des heutigen Deutschland Blau eine recht billige Farbe, billiger jedenfalls alls z.B. Krapprot. In anderen Laendern sieht das schon anders aus, in England war m.W. Krapp billiger als Waid.
Teure Faerbungen waren (mal abgesehen von Purpur):
- intensives Gruen, wie z.B. das, was wir heute als "Flaschengruen" bezeichnen, weil dieser Farbton nur durch Mehrfachfaerbungen von Gelb und Waidblau uebereinander erzeugt werden konnte
- sattes Schwarz (Mehrfachfaerbung von Blau und Braun, z.B. Waid und Walnuss)
- sehr intensives Blau (Waid-Mehrfachfaerbung)
Billige Farben sind gedecktes Gruen, Gelbtoene aller Art, Brauntoene aller Art, da sich diese leicht mit Einfachfaerbungen heimischer Pflanzen herstellen lassen.
Das, was eine Farbe teuer macht, ist also nicht nur der Farbrohstoff, sondern auch die Intensitaet, da diese entweder mit Mehrfachfaerbungen oder mit einer hohen Menge an Rohstoff einherging.
Gruss, Claudia
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Eintrag #8 vom 10. Sep. 2003 13:45 Uhr
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Danke, Claudia.
Das präzisiert meine Informationen sher gut.
Ich muß noch eine Korrektur nachschieben:
Ich meinte Blau auf Waidbasis.
Das Mineralsalz, daß ich in meinem Gedächtnis fehlerhafter Weise für die Farbe verantwortlich machte, war wohl ‘nur’ fü5r die Fixierung des Farbtons nötig.
Also doch pflanzlich.
Gruß, Ivain
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Eintrag #9 vom 10. Sep. 2003 13:52 Uhr
Ulrich Busse
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Welchen Einfluss hat denn der Färbeaufwand auf die Kosten ?
Waid z.B. musste m.W. ziemlich aufwändig aufbereitet werden, um als Farbstoff eingesetzt werden zu können. Auch der Färbeakt selbst war aufwändig.
Spielte das für die Kosten waidblauen Tuches keine oder keine nennenswerte Rolle ?
Ulli
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Eintrag #10 vom 10. Sep. 2003 13:56 Uhr
Claudia
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Ivain, kann es sein, dass Du an das Indigo-Pulver gedacht hast, das man heute fuer Blaufaerbungen zu kaufen kriegt?
Sowohl Waid als auch die spaeter (in der Neuzeit) verwendete Indigo-Pflanze enthalten denselben Farbstoff, bei Waid ist nur die Konzentration niedriger.
Zum Fixieren braucht man bei Waid/Indigo nichts, da es sich um eine Kuepenfaerbung handelt, d.h. die eigentliche Farbe entsteht erst, wenn der Stoff zum Trocknen aufgehaengt ist und der Kuepenfarbstoff mit dem Luftsauerstoff reagiert.
Daher kommt ja auch der Spruch vom "Blaumachen" :-)
Gruss, Claudia
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Eintrag #11 vom 10. Sep. 2003 14:05 Uhr
Ronald
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Hallo ..
ich weiss nicht ob ihrs wusstet …
aber die Farbe grün ist zumindest im HMA auch eine Farbe die dem Klerus vorbehalten ist ..
Grün ist nämlich im HMA die Farbe der Bischöfe …
Grüße,
Ronnie
Der Mensch - Das Leben - Die Geschichte : IG Mensch im Mittelalter e.V.
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Eintrag #12 vom 10. Sep. 2003 14:52 Uhr
Claudia
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Das ist mir neu, Ronnie. Wo hast Du das her?
Hast Du einen Literaturtip dazu?
Gruss, Claudia
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Eintrag #13 vom 10. Sep. 2003 17:46 Uhr
Timo Krisch
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Hallo miteinander,
das mit dem bischöflichen Grün hatte ich auch schon mal irgendwo gehört bzw. gelesen - weiß leider nicht mehr, wann und wo :(
Allerdings war eine andere Farbe im HMA fast ausschließlich für den Klerus bzw. Angehörige bestimmter Orden "reserviert": schwarz!
Wie man damals schwarzfärben konnte, war schon einmal Thema in einem anderen Thread hier.
Und zum Schluß noch eine Anmerkung zur "Farbe" schwarz:
im SMA wurde es ausgehend von Burgund auch für den Hochadel "gesellschaftsfähig", ab der Renaissancezeit war es oftmals die Farbe der (insbes.calvinistischen) Reformation.
In diesem Sinne
Timo
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Eintrag #14 vom 10. Sep. 2003 21:52 Uhr
Magdalena Wohlgemuth
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Also, ich bin jetzt wirklich verwirrt. Die einen sagen, blau ist prinziell höchst aufwendig zu färben, die andern, hellblau ist schon ok. Ich hab jetzt mal den Färberthread in Handwerk usw. durchgelesen, aber da stand immer nur "ich werde versuchen". Also: liebe Färber, bittebittebitte, wer hat schon mal authentisch (Beizen und so) mit Waid, nicht aufwendig aufbereitet (also so, daß es ein Bauer auch selber hingekriegt hätte) gefärbt und was ist dabei rausgekommen?
Zu schwarz: hab mal gehört (ja, soll heißen ich hab keine Belege), schwarz wär eine Klerusfarbe weil´s eine Armen-Farbe wär weil schwarz nur von schwarzen Schafen. (FMA und HMA, SMA schwarzfärbung Mode, schon klar). Arme-> Klerus wegen Armutsideal bei den Mönchen. Hat da noch wer was dazu?
Dann noch was nettes von wegen Symbolik:
Aus: Liederbuch der Clara Hätzlerin, hrsg. Karl Ferdinand Haltaus, Quedlinburg 1840, S. 165 f.
Anfang 14. Jhdt (also schon eher SMA denk ich mal)
Von verschiedenen Farben
Mich bat eine liebliche Dame,
daß ich ihr auf kluge Weise erzähle,
wie es um die Farben bestellt sei.
Ich antwortete: Meine Dame, sofort
will ich in knappen Worten,
euch über die Farben informieren.
Merkt es euch gut,
es fängt folgendermaßen an:
Grün ist der Anfang der Liebe;
Gelb ist das Verlangen nach Liebe;
Blau bedeutet Treue, dem wird viel Gutes zu Teil.
Weiß bedeutet liebevolle/gute Absichten
und wird so manchen wenig verletzen.
Braun besagt ständige Wachsamkeit
und kommt so manchem zu Gute;
Scharz ist eine schreckliche Farbe.
weh dem, der sich so anzieht.
Rot brennt in ehrlicher LIebe,
wohl dem, der darauf hofft (oder: der zur Besinnung kommt)
Grau bedeutet Reichtum der Liebe,
dabei Edelmut und Frohsinn.
Gestreift ist ein Aufzug für Affen,
dem soll an dieser Stelle entsagt werden!
Dann kommt noch ein Teil über die Symbolik der kombinierten Farben. Er kombiniert so ziemlich alle (jeweils 2) miteindander und das ist mir jetzt ehrlich zu viel zum abtippen. Hat ziemlich viel mit Liebe zu tun.
Allerdings noch ein paar interessante Zeilen.
Bunt ist weithin verbreitet,
aber dennoch keine (echte) Farbe.
Rot und Feuerrot soll redlich wirken,
das schmückt den Ruf eines Mannes gut.
Blau kombinert mit Lapislazuli
dem wird sein langes Warten lästig.
Original:
Gemenget ist gemaine,
Und ist doch der varb kaine.
Rötter und rott lauter sein soll,
das zieret mannes namen wol;
Plaw und dann lasaur,
Dem wirt sein langs beitten saur.
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Eintrag #15 vom 11. Sep. 2003 08:39 Uhr
Jens
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Schwarz wurde bereits im 14ten teilweise gesellschaftsfähig, und zwar u.a. ausgehend von England; der lieber "schwarze Prinz" dort (bezog sich auf sein Turnierschild der Spitzname) hatte eine Vorliebe für Schwarz, und trug z.B. ca. 1350 bei eienr ßberfahrt eine schwarze Cotehardie (-> Medieval Costume and Fashion,Herbert Norris); am hofe dort ahmte man das (typisches Schleimersyndrom halt) bald nach.
Bezieht sich aber vor 1400 nur auf den Adel so meine ich.
Gruss, Esca
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Eintrag #16 vom 11. Sep. 2003 10:47 Uhr
Claudia
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Ulli, die "aufwaendige Aufbereitung" von Waid ist nichts anderes, als das Zeug einige Zeit in altem Urin vergaeren zu lassen. Es dauert also und stinkt, ist aber nicht mit einem riesigen Arbeitsaufwand verbunden.
Ich nehme an (ja, Spekulation, sorry:-), dass die Farbe trotzdem teurer war als z.B. die Gruen-, Gelb- und Brauntoene, die man sehr einfach mit gesammelten Pflanzen faerben konnte. Daher koennte diese Regel kommen, dass den Bauern Blau als Sonntagsfarbe erlaubt war. Also die obere Grenze des gestatteten finanziellen Aufwands.
Das Blau, was man mit Waidkuepe faerben kann, ist ein relativ kraeftiges Mittelblau (durften wir in Torgelow besichtigen. Danke, Chris!). Also nicht nur Hellblau.
Nur die dunklen Blautoene, wie das sogenannte "Marineblau" oder auch schon die Farbe einer neuen, nicht stonewashed Jeans duerften einen hoeheren Aufwand erfordern.
Die fertig vergorenen Waidblaetter wurden im Mittelalter uebrigens zu Kugeln gerollt, getrocknet und danach sehr weit exportiert. U.a. bis nach England. Vielleicht kommt daher die Ansicht der "aufwaendigen Aufbereitung"?
Gruss, Claudia
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Eintrag #17 vom 11. Sep. 2003 11:02 Uhr
Gabriele Klostermann
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Hi allerseits,
laut Elke Brüggen sind rot und grün die edelsten Farben (natürlich als reine, klare Farbtöne). In den mittelalterlichen Epen werden zum Beschreiben von Kleider-Farben immer wieder gerne Vergleiche im Stile von "rot wie Blut", "grün wie Gras", "weiß wie Schnee", "weißer als ein Schwan", "schwarz wie eine Kohle" herangezogen.
Elke Brüggen bezieht sich auf einen Herrn Ploss zum Thema Grünfärben, wonach dies nur mit Indigo und Safran möglich ist - was die Kostspieligkeit dieser Farbe erklärt.
Dass Grün dem Klerus vorbehalten war, ist nicht zu erkennen.
Abgesehen davon hat sich der adelige Klerus, soweit ich weiß, wie der weltiche Adel gekleidet, wenn er nicht gerade eine Messe feierte (o.ä.), wobei er natürlich liturgische Gewänder trug.
Bei Blau liegt der Unterschied im Wert vielleicht darin, dass das richtige dunkelblau tatsächlich nur mit aus Indien importierten Indigo zu färben ist.
Schwarz ist tatsächlich stark unterrepräsentiert. Allerdings tragen Hagen und Dankwart rabenschwarze, kostbare Kleidung, als sie auf Island Gunther und Siegfried (beide übrigens in Schneeweiß gekleidet ;-)) bei der Brautwerbung um Brunhild begleiten…
Ob das eine Bedeutung hat? Wenn es im Sinne von gut und böse gebraucht wird, ist es allerdings wenig konsequent, da Gunther am Tod Siegfrieds weitaus mehr Schuld trägt als Dankwart.
(Nibelungenlied 1, Vers 402, Fischer-Verlag).
Im übrigen ist mit diesem Schwarz natürlich nicht das "Wollschwarz" gemeint, denn das ist kaum als kostbar zu bezeichnen.
Noch eine Bemerkung zu Braun-Tönen:
Laut Elke Brüggen gehört die Farbe "brûn" in die Rot-Blau-Skala und könnte auch Violett-Töne beschreiben. Ungefärbte braune Wolle wird man beim Adel wohl eher weniger gefunden haben…
Die Farbgebung in der KFB ist sicher mit Vorsicht zu geniessen:
Auf der einen Seite gibt es tatsächlich recht realistisch erscheinende Abbildungen einfacher Leute, auf der anderen Seite wird das dann oft wieder durch Symbolik überlagert. Z.B. Ruth bei der Feldarbeit hat zumindest die Röcke gerafft - im Bild daneben steht sie mit blauem Feh-Umhang… (nicht gerade ein typisches Bekleidungstück für Feldarbeiter ;-)). Oder David: auf der einen Seite trägt er eher einfache Kleidung (er ist ja Hirte), auf der anderen Seite sind seine Kleider grün und rot, eine Kombination, die auffallend oft für Könige benutzt wird. Vermutlich soll das auf David zukünftige Königswürde hindeuten…
Oft hat man auch das Gefühl, dass Farben nach rein kompositorischen Gesichtspunkten benutzt werden.
Was die Manesse angeht: der Grundstock-Maler benutzt hauptsächlich klare, reine Farben, die Nachtragsmaler scheinen durchaus einen Hang zum mehr Pastelligen zu haben. Kann man daraus schließen, dass sich der Farbgeschmack bei Kleidern zwischen 1300 und 1320 geändert hat oder ist die Farbwahl Ausdruck der Vorlieben der einzelnen Künstler?
Viele Grüße
Gabriele
Elke Brüggen, Kleidung und Mode in der höfischen Epik des 12. und 13. Jarhunderts, Carl-Winter-Verlag
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Eintrag #18 vom 11. Sep. 2003 11:07 Uhr
Claudia
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Dass Gruenfaerben nur als Kombination von Indigo und Safran moeglich ist, kann sich nur auf intensives Gruen, also das besagte "Gruen wie Gras" beziehen.
Gedecktes Gruen ist mit einer Vielzahl heimischer Pflanzen faerbbar, u.a. ganz einfach mit Brennesseln.
Gruss, Claudia
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Eintrag #19 vom 11. Sep. 2003 11:16 Uhr
Gabriele Klostermann
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Hi Claudia, hi allerseits,
genau!
Wie gesagt, es geht um reine, klare Farben. Die waren halt teuer.
Genau wie Rot aus purpur teurer ist, als rot aus Krapp oder gelb aus Safran teurer als gelb aus Färberwau (das war doch das mit dem Gelbfärben, oder?).
Das mit dem Indigo/Safran diente nur zur Erklärung, warum Grün (also hier natürlich wieder "Grasgrün") als so edel galten.
Viele Grüße
Gabriele
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Eintrag #20 vom 11. Sep. 2003 11:51 Uhr
David Seidlitz
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Hallo Claudia!
Ich bezog mich tatsächlich auf ein kräftiges Blau.
Auch bei mir war im Vorfeld einiges an Verwirrung zugegen. In einem Gespräch mit Chris und Sylvia letztens in Torgelow erfuhr ich, daß Blau im Gegensatz zu anderen gängigen Pflanzenfarben recht aufwändig zu färben sei. Nicht unbedingt der Material- sondern der Zeit- und Arbeitsaufwand macht es m. E. teuer. Nach Aussage der beiden kommt ein blau (kräftiges?) für einfache Leute eher nicht in Frage. Die Urinbeize ist schon etwas aufwendig, oder!?
Gelb und Brauntöne waren doch wesentlich unkomplizieter?!
Achso, Grün für den Klerus? Mir ist als klerikale Farbe Schwarz bekannt. Grün ist m.E. im HMA die Farbe der Jugend. ßbrigens finden sich im Sachsenspiegel,in der Manesse und in der Mac- bibel reichlich Leute in Grün, und die gehören mitnichten dem Klerus an.
David
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Eintrag #21 vom 11. Sep. 2003 12:44 Uhr
Sylvia Crumbach
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Hallo HMA :-)
Wenn man Farben betrachtet, sollte man, besonders bei einfachen Kleidern bedenken, daß man reine klare Farben nur auf weißer Wolle erzielen kann. Für die Verwendung farbiger Kleidung wäre es interessant nachzuvollziehen welche Schafrassen aktuell waren und wie und wo gefärbt worden ist. Städtisch sollte es eigentlich für fast alles Innungen oder Zünfte gegeben haben(?).
Zum SMA hin hat sich das Farbverhalten scheinbar grundlegend geändert. Aber dazu habe ich leider nur sehr wenige Info´s (da nicht meine Baustelle).
Für Importstoffe aus dem "Orient" etc. gibt es einige erhalten Beispiele, für die Farbanalysen publiziert sind.
ßberall verschleudert wird im Moment das "Handbuch der Naturfarbstoffe" von Schweppe. Der grobe ßberblick über Farbstoffe in der Geschichte gibt einige interessante Anhaltspunkte und weiterführende Lit-Tips.
Sylvia
Projekte zur lebendigen Geschichte
PS.
Wir sammeln weiter.
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Eintrag #22 vom 11. Sep. 2003 13:03 Uhr
Claudia
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In dem Lager in Schweden, bei dem ich im Sommer war, wurde zum Vergleich in derselben Farbe auf weisser und grauer Wolle gefaerbt.
Bei hellen Farben wie Gelb stimme ich Sylvia zu, dass die Farbe auf weisser Wolle besser und leuchtender rauskommt.
Bei Krapprot allerdings und auch bei Cochenille stellte sich ein unerwarteter Effekt ein:
Die Farbe wurde auf grauer Wolle intensiver!
Das war auch bei manchen Brauntoenen zu beobachten.
Wenn man z.B. ein schoenes Dunkelrot haben will, ist graue Wolle eine gute Grundlage.
Die weisse Wolle erhielt in demselben Sud ein deutlich helleres Rot.
Gruss, Claudia
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Eintrag #23 vom 11. Sep. 2003 14:07 Uhr
Dr. Nicole Schneider
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Auch bei der Farbsymbolik sollte man vielleicht genauer nach "wer" und vor allem "wann" differenzieren - und in welchem Kontext. Im Spämi war grün die Farbe, die mit allem rund um die Geburt zu tun hatte (Hebammen), blau galt als Farbe der Loyalität, (HoMi Frankreich), gelb oft als Farbe des Neides (wobei an anderer Stelle schon über hellgelb oder goldgelb diskutiert wurde). Dazu gab’s in der vorletzten Histoire Médiévale im Kontext zu einer Ausstellung in Südfrankreich ein Kurzreferat. Schwarz gab’s unter anderem für die Beinlinge, aber auch für die Chrirugen und Baderchirurgen (lange Robe, kurze Robe, Frankreich, Ende des 13. Jhdts). Grau in verschiedenen Abtönungen und schwarz waren auch die Farben der "physiciennes" in Frankreich, in Kombination mit roten Schuhen und Gürtel. Alltag im Spämi bringt das Beispiel der Adeligen, deren Alltagsgewandung ebenfalls grau/blau war und die auf ihre Schleppenlänge beharren, um sich vom Normalvolk zu unterscheiden, die Quelle ist nicht SpäMi, sondern bezieht sich auf (späteres) HoMi. Manesse (Tafel 92) zeigt einen Dichter, der von einer Reihe Dörper bedrängt wird, die reichlich bunt bekleidet sind, inklusive gelb-roten Spiralen der Beinlinge, selbst wenn das zur Versinnbildlichung übertrieben sein sollte, bleiben noch genug Hinweise auf Verwendung von reichlich Farben. Nicht vergessen werden sollte vielleicht, dass die diversen Kleidervorschriften (u.a. was Farbe betrifft) auch dazu dienten, niedere Stände vor unverhältnismässigen Ausgaben zu schützen, wenn also blau zugelassen wird, sind bestimmte Blautöne wahrscheinlich weniger teurer gewesen als andere Färbungen. Ich versteh’ nicht, woher pauschal diese "Brauntonphilosophie" für das gesamte Mittelalter kommt, da man eigentlich immer wieder über Hinweise stolpert, dass die Leute im, sagen wir mal, Mitte Ende des 13. Jhdt. versuchten, sich über jegliche Beschränkungen hinwegzusetzen. Das mit den Brauntönen mag ja für frühere Zeiträume des HoMi und 30 Einwohnerflecken mitten in der Pampa zutreffen, aber ansonsten erscheint es mir in der breiten Masse nicht realistisch. Sorry, ist mal wieder frankreichlastig, aber in meinem Fall ist das eher regional als anderes.
mfG
Nicole
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Eintrag #24 vom 11. Sep. 2003 14:12 Uhr
Dr. Nicole Schneider
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brûnât, brûnît Brunat, feiner, dunkelfarbener Wollstoff, (braunviolett)
Die Quelle kann ich bei Bedarf nachreichen, der Titel ist grob "Ehre, Minne und " noch irgendwas, jaja, mal wieder das Gedächtnis
;-)
Nicole
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Eintrag #25 vom 11. Sep. 2003 16:31 Uhr
Nele
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Mh - werde mich mal in der Fakultätsbibliothek versuchen schlau zumachen… Unter den ganzen Büchern wird sich doch wohl was passendes finden… Spätestens zu Semesterbeginn frage ich mal nen Prof gezielt danach.
Farben im Kirchenjahr kann man grob so einteilen:
Blau für Advent
Gold für Heiligabend und den 1. Weihnachtstag
Weiß für den Rest der Weihnachtszeit und Epiphanias
Lila für die Fastenzeit von Aschermittwoch bis zum Tag vor Palmsonntag
Blutrot für den Zeitraum Palmsonntag bis Gründonnerstag
Schwarz für Karfreitag und Ostersamstag
Gold für Ostersonntag
Weiß für den Rest der Osterzeit bis Pfingsten
Feuerrot für Pfingstsonnstag
Grün für alle anderen Tage im Jahr
Es gibt dann noch Zwischenfarben etc… Aber das ist von Konfession und Kirchenart abhängig. Da gibt es dann doch einige interne Unterschiede.
Grobe Bedeutung:
Weiß ist die Farbe der Reinheit und Unschuld, sie tritt auf anläßlich der Feste des Herrn, der heiligen Jungfrau Maria, der Engel und jener Heiligen, die keine Märtyrer sind.
Rot symbolisiert Feuer und Blut und ist die Farbe des Märtyrertums, des heiligen Geistes, des Kreuzes und der Apostel. Die Farbe Rot trifft man über das ganze Jahr verteilt an, sie markiert einzelne Feste, ist aber nie über einen längeren Zeitraum vertreten.
Grün steht für das Leben. Es ist an unbedeutenderen Sonntagen, nach Dreikönige und nach Ostern präsent.
Violett ist Symbol der Reue und Buße. Violett wird an den Sonn- und Wochentagen der Adventszeit, während der Bußzeit vor Ostern, an den Fastentagen zu Beginn der vier Jahreszeiten, vor einem Fest und zu den Bittgängen getragen.
Schwarz ist die Farbe der Trauer, sie tritt am Karfreitag, an Allerseelen und an den Totenmessen in Erscheinung.
Rosa kennzeichnet die Pausen der Freude während den Buß- und Fastenzeiten.
Gold ist an Feiertagen erlaubt und kann Weiß, Rot und Grün ersetzen, nie aber Schwarz
Wenn Interesse besteht mach erkundige ich mich mal weitergehend… Muss ich früher oder später in meinem Studium sowieso.
LG, Nele
P.S.: Thema Blau - eine Freundin studiert Kunstgeschichte und sagte mir eben, dass es Bilder gibt, auf denen der Himmel gold statt blau ist, da nach Theophilus blau aus Lapislazuli hergestellt wurde, das aus Persien kam und oftmals teuerer als Gold sein konnte.
Warum die nicht einfach günstigeres blau genommen haben und ob das ging ist mir allerdings nicht bekannt….
In der Kirche ist Blau die Farbe der Gewänder von Gottesmutter Maria.
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Eintrag #26 vom 12. Sep. 2003 11:41 Uhr
David Seidlitz
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Im Posting von Nicole wird die Manesse als Beleg für "bunte Bauern" erwähnt. Genaugenommen der Herr Neidhardt auf folio 173r. Das kann man aber nicht ohne den Hiintergrund zu betrachten so stehen lassen. Neidhardt aus dem Reuental war bekannt als "Bauerfeind". In seinen Liedern und Gedichten verspottete er die töpelhaften Bauernburschen und ihr geckenhaftes Benehmen. Die in der Manesse dargestellte Szene soll seine "Quittung" dafür illustieren. Die Bauern sind unmissverständlich stutzerhaft herausgeputzt, sogar mit gestreiften Beinlingen. Diese wiederum sind beispielsweise im Sachsenspiegel ein Symbol für Abhängigkeit(wie gemusterte u. gesttreifte Kleidung allgemein) . Diese Bauern tragen weisse Schwertgurte und edle Schwerter, eindeutig ritterliche Symbolik. Deshalb sind es noch lange keine Ritter, und kaum ein Bauer wird solch ein Wehrgehänge besessen haben (obwohl Schwerter teilweise erlaubt).
Man sollte Bildquellen NIE ungeprüft hinnehmen.
Bunt gefärbte Kleidung bei einfachen Leuten wird nicht die Regel gewesen sein. Es war schon ein immenser Arbeitsaufwand aus Schafen, Kleidung herzustellen. Lein ist noch aufwendiger.
Nachzulesen bei: Barbara Purucker "hochmittelalterliche Bauernkleidung"
Publikation des Museumsdorfes Düppel
@ Nicole: Woher stammt dein Wissen das Kleidervorschriften dazu da waren den Geldbeutel der Armen zu schützen? Würd mich ernsthaft interessieren.
Gruß David
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Eintrag #27 vom 12. Sep. 2003 12:55 Uhr
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Die Annahme, daß die Kleidervorschriften auch zum Schutz vor Verschuldung gedacht waren wird von diverser Fachliteratur gestützt.
Berufen wird sich dabei oftmals auf Predigten und auch erhaltenenen Kommentaren zu den Verordnungen.
Direkte Quellen muß ich jetzt leider schuldig bleiben.
Es geht da wohl weniger um die Armen, sondern um Leute mit einem gewissen Besitz, die sich gerne höher präsentierten, als sie waren.
Bei den Armen war nicht viel zu verlieren, aber wenn ein Handwerker über die ‘Aufrüstung’ der Klamotte in den Bankrott ging, war das ein Schaden für die Zunft.
Gruß, Ivain
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Eintrag #28 vom 12. Sep. 2003 13:59 Uhr
Dr. Nicole Schneider
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…und nehme es mir bitte keiner übel, wenn ich patzig werde: David, die Interpretation der Miniatur ist mir bekannt, daher "wenn zur Versinnbildlichung auch übertrieben wird, bleibt reichlich Farbe".
Nicht nur, was restriktiv ist, ist gut, und egal, ob man auf dem linken oder rechten Auge blind ist, beides verhindert die dreidimensionale Wahrnehmung!
Mir missfällt der agitatorische Unterton in den Forderungen nach mehr Authentizität in einigen Beiträgen, manchmal geht es nicht nur darum, Sachverhalte zu zitieren, sondern auch, sie zu verstehen! Wem KZK-Märkte so dermassen missfallen, soll sich doch dort hinstellen und Aufklärung betreiben und nicht hier rummaunzen, wo sich im Prinzip die meisten einig sind!
Leicht echauffiert
Nicole
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Eintrag #29 vom 12. Sep. 2003 15:45 Uhr
Ronald
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Leute .. wenn es hier jetzt genauso weitergeht wie im Geschirrthread dann machen wir den auch zu !
Jetzt beschränkt euch doch ENDLICH mal auf Sachthemen .. Mässigt euren Ton !
Also : Reisst Euch BITTE am Riemen.
Ronald
Admin-Team Tempus-Vivit
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Eintrag #30 vom 12. Sep. 2003 16:06 Uhr
Ulrich Busse
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… Könnte es nicht auch sein, dass die Verfasser solcher städtischer Kleiderordnungen, die ja der städtischen Oberschicht angehörten, erreichen wollten, dass der soziale Unterschied zwischen ihnen und den Adressaten dieser Ordnungen auch optisch, nämlich in Farbe und Qualität der Kleidung, sichtbar bleiben sollte ?
Gibt es dahingehende Erkenntnisse ?
Ulli
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Eintrag #31 vom 12. Sep. 2003 17:05 Uhr
Dr. Nicole Schneider
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Hi Ulrich,
ja, Kleiderordnungen hatten auch die von Dir angesprochene Funktion, und einige Städte machten darüber hinaus aus der Not eine Tugend und verpflichteten Bürger, deren Frauen oder Töchter Kleidung trugen, die den veranschlagten Wert überschritten dazu, ein Stück Stadtmauer zu errichten.
Die entsprechenden Quellen reich ich nach dem Wochenende nach (oje, das wird arbeitsam).
Wenn Du mehr über Kleiderordnungen wissen möchtest, meines Wissens verfügt Rete Amicorum über ein ausgezeichnetes Kurzreferat.
Herzlichen Gruss
Nicole
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Eintrag #33 vom 15. Sep. 2003 09:51 Uhr
Dr. Nicole Schneider
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Begleitartikel Ausstellung Bressieux:
gelb: Farbe des Verrats
rot: Farbe der Stärke
Einflussnahme auf Kleidung häufig durch Adelige, beispielsweise:
Poulaine: durch Adeligen, der seinen Fussfehlbildung verbergen wollte, ebenso rasierte Haare, wegen Flohbefall.
(aus: Historie Médiévale No 43, Beaux atours, Text zur Ausstellung in Bressieux, Isère, bis zum 31. Oktober 2003 ( wwwmusee-bressieux.com))
Physicienne (grau/schwarz mit rotem Ledergürtel und Schuhen). Idem, Artikel: Ermengarde, physicienne.
Chirurgen und Baderchirurgen: Histoire de la Chirurgie, par Claude D-Allaines, Presses Universitaires de France.
1244: bayrischer Landfrieden: Bauern keine andere als billig grau oder billig blau gefärbte Kleidung und rindslederne Schuhe, idem bei Seifried Helbling (1283/1299), darüber hinaus keine Sporen, alltags graues Loden, blau feiertags, Gewebe nach "Stantforder Art", Fäustlinge (keine Fingerhandschuhe), bezieht sich auf Bauern und deren Frauen.
Frauen mit mehr Schmuck, silbernen Gürteln oder pelzgefüttrten Mänteln verpflichtet zur Haltung von Pferden für die Stadt laut Göttinger Stadtordnung von 1354.
1461 und 1468, ebenfalls Göttingen, Mauerstrafe: Männer oder Väter von übermäßig aufgeputzten Frauen: Hatten eine halbe Rute Stadtmauer mit Kalk und Steinen zu mörteln.
Nicole
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Eintrag #34 vom 15. Sep. 2003 17:30 Uhr
David Seidlitz
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Erstmal vielen Dank für die Hinweise bezüglich der Absicht von Kleiderordnungen. Ich werde mich dahingehend noch etwas beschäftigen.
Um welche Stelle des Bayerischen Landfriedens (1244) handelt es sich bei deiner ßbersetzung Nicole?
Eine mir vorliegende Passage lautet wie folgt:
"… Item nobiliori quam griseo et viliori plabatico veste non utantur, et calciis bovinis, exepto quiinatum alicuius domini officium abtinuerit. …"
In der Ubersetzung nach Schindele: "… Ebenso sollten sie ( die Bauern, Anm.) keine vornehmere Kleidung als graue und billige und nur rindsledernes Schuhwerk tragen, mit Ausnahme derer, die ein angestammtes Amt irgendeines Herren innehatten. …"
Ist das die selbe Stelle?
In dem Werk "Meier Helmbrecht" von Wernher dem Gartenaere ist in Zeile 165ff. von einem teuren Tuch die Rede, welches die Bäuerin aufbewahrte. Dieses Tuch wird sie durch die Luxusgelüste ihres Sohnes verlustig weil sie es gegen blaues Tuch tauscht. Blau wird dort also als klarer Verstoß gewertet.
In der Kaiserchronik ("Karles reht") wird Bauern das tragen von Blau nur an Sonntagen erlaubt.
Gruß David
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Eintrag #35 vom 16. Sep. 2003 12:08 Uhr
Dr. Nicole Schneider
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D: "Um welche Stelle des Bayerischen Landfriedens (1244) handelt es sich bei deiner ßbersetzung Nicole?
Eine mir vorliegende Passage lautet wie folgt:
"… Item nobiliori quam griseo et viliori plabatico veste non utantur, et calciis bovinis, exepto quiinatum alicuius domini officium abtinuerit. …"
In der Ubersetzung nach Schindele: "… Ebenso sollten sie ( die Bauern, Anm.) keine vornehmere Kleidung als graue und billige und nur rindsledernes Schuhwerk tragen, mit Ausnahme derer, die ein angestammtes Amt irgendeines Herren innehatten. …"
Ist das die selbe Stelle?"
N: Abgesehen davon, dass es heissen muss "qui innatum", dass "viliori" nicht adjektivisch "billig" heisst (weiss akut nicht, ob das der Komparativ oder die Adverbform oder beides ist), und das Schindele "vergessen" hat, "plabatico" mit "blau" zu übersetzen, ja, ist es die gleiche Textstelle.
Der ßbersetzer bin in dem Fall ich.
Den Bauern wurde im Landfrieden von 1244 das Tragen von Waffen verboten, in dem von 1256 jedoch erlaubt ist. Lustig, gell? Aus der zitierten Passage geht hervor, dass die Bauern noch mehr als die Rechte auf grau und blau hatten, sofern sie ein Amt innehatten. (Ist, n.b., aufschlussreich im Kontext mit dem Bauern und Schwertthread, und den beiden Manessebildern, in denen Dörper Schwerter tragen).
D:"In dem Werk "Meier Helmbrecht" von Wernher dem Gartenaere ist in Zeile 165ff. von einem teuren Tuch die Rede, welches die Bäuerin aufbewahrte. Dieses Tuch wird sie durch die Luxusgelüste ihres Sohnes verlustig weil sie es gegen blaues Tuch tauscht. Blau wird dort also als klarer Verstoß gewertet."
N:Vielleicht könntest Du die Differenzierung nach teuren und billigen Blautönen in Deine ßberlegungen mit einbeziehen.
D: "In der Kaiserchronik ("Karles reht") wird Bauern das tragen von Blau nur an Sonntagen erlaubt."
N: Habe ich etwas anderes behauptet? Alltags grau, feiertags blau.
Mit freundlichem Gruss,
Nicole
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Eintrag #38 vom 16. Sep. 2003 12:30 Uhr
David Seidlitz
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@ Nicoole: Danke für deine Ausführungen. In dem mir vorliegenden Werk stand es in der Tat so wie ich zitierte. Werd mal sehen was ich dazu noch herausbekomme.
Dennoch steht die Hürde des technologischen Färbevorganges im Raum.
Gruß David
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Eintrag #39 vom 18. Sep. 2003 12:10 Uhr
David Seidlitz
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Hallo zusammen,
hier einige Neuigkeiten zum Bayerischen Landfrieden von 1244. Nach einer Konsultation mit Freunden von der geschichtlichen Fakultät der v. Guericke Universität in Magdeburg stellt sich der Sachverhalt wie folgt dar:
Das Wort ´plabatico´ ist in keinem gängigen Latein oder Mittellateinwörterbuch zu finden! Wieso das so ist werd ich noch recherchieren. Oder weiss es jemand von euch? Wo hast du das Wort gefunden Nicole?
Ich bekomme in den nächsten Tagen den ersten Nachdruck des Textes in die Hände, dann werde ich den lateinischen Wortlaut mit dem hier behandelten vergleichen.
Vermutlich ist die ßbersetzung von Schindele die bisher einzige (fachliche) ins deutsche, aber das ist bisher noch Vermutung (wird sich noch ergeben).
Die selbe ßbersetzung benutzt auch Dirk Wiebel, Sprachwissenschaftler(!) der Uni Tübingen in seinem Aufsatz über Meier Helmbrecht, zu finden in der Internetpräsenz der Uni Tübingen.Einfacher über google- Suche nach "Helmbrecht".
Weitere Ergebnisse folgen.
Gruß David
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Eintrag #40 vom 18. Sep. 2003 12:21 Uhr
Dr. Nicole Schneider
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Probier’s mal mit ausländischen Mittelalterfachbegrifflexika und dortigen Fakultäten.
Vielleicht hast Du dort mehr Glück. Versuch’s auch mal mit zusammengesetzten Wörtern. Das könnte ebenfalls helfen.
Versuch, Dich auf’s Thema zu beschränken, und nicht, mich zu diskreditieren,weil ich andere Ansichten vertrete. Hast Du die Passage gelesen, in der von Bauern und schwarz die Rede war? Hast Du irgendeinen Gegenbeweis gebracht, der für die Ausschliesslichkeit von Brauntönen im angesprochenen Zeitraum relevant ist? Du ignorierst darüber hinaus die beiden Miniaturen aus dem Manesse, und das alles spricht für mangelnde Objektivität in der Sache zugunsten der eigenen, unbeirrbaren Meinung.
Nicole
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Eintrag #41 vom 18. Sep. 2003 13:37 Uhr
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Leute, dieser Threat ist zu über 90% sehr sachlich.
Und es ist absolut ßBERFLßSSIG, ihn mit persönlichen Spitzen anzureichern.
Das gilt für alle.
Gruß, Ivain
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Eintrag #42 vom 18. Sep. 2003 13:57 Uhr
David Seidlitz
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@ Nicole: Ich habe bisher niemand diskreditiert oder ähnliches. Das war auch nie meine Absicht. Ich kenn dich ja nicht einmal, und du mich auch nicht.Ich habe lediglich meinen Wissenstand zu diesem Thema geschildert, immer mit der Bereitschaft mich weitergehend damit zu beschäftigen. Im Ton hat sich hier ganz klar jemand anderer vergriffen. Wieso greifst du mich an, anstatt (wie Erwachsene es tun) sachlich zu diskutieren? Die Antwort auf meine Frage, wo du dein Wissen konkret her hast bist du mir schuldig geblieben. Mittlerweile interessiert es mich auch nicht mehr. Ich werde demnächst darauf verzichten meine Recherche-Ergebnisse in diesem Thread zu veröffentlichen, es wird ja eh als persönliche Attacke begriffen. Schade für alle die ernsthaft diskutieren wollten.
Woher nimmst du die Arroganz meine Quellen ins Reich der Spekulationen und Halbgebildeten ( siehe deutsche Uni´s!!) zu verdammen?
Mir reichts!
( Hey Admins, sorry aber bin echt ärgerlich)
Gruß David
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Eintrag #43 vom 18. Sep. 2003 14:23 Uhr
Claudia
(Nachname für Gäste nicht sichtbar)
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Nicole, meine Annahmen zu Farben bei Bauern fussen weniger auf Bildern in Handschriften als darauf, wie einfach bestimmte Faerbungen herstellbar sind. Gelb- Gruen- und Brauntoene lassen sich wirklich mit sehr vielen heimischen Pflanzen recht einfach faerben.
Ich sollte wohl noch dazusagen, dass meine "Baustelle" das 13. Jahrhundert ist. Da wird im staedtischen Bereich die Textilherstellung haeufig schon von spezialisierten Handwerkern ausgeuebt. Ich nehme an, inklusive Faerberei.
Im laendlichen Bereich, und insbesondere in den noch wenig entwickelten Gebieten wie der Mark Meissen, ist noch vielfach Eigenversorgung der Fall.
Und es ist ja auch wirklich nicht nur Braun. Letzten Sommer habe ich eine recht ordentliche Palette gesehen, die man damit zusammenbekommt.
Blau musste vermutlich vom professionellen Faerber gemacht werden, deshalb etwas teurer als die erwaehnten Braun-/Gelb-/Gruentoene. Das passt dann auch sehr gut mit dem erlaubten Blau fuer Feiertage.
Es hat sicher betuchtere Leute - auch Bauern - gegeben, die teurere Kleidung getragen haben, als das die Kaiserchronik vermuten laesst (der Zar ist gross und Moskau ist weit). Ich wollte mich eher auf "Otto Normalbauer" beziehen.
Fuer’s Spaemi, wo das Textilhandwerk schon weithin berufsmaessig ausgeuebt wurde, sieht sicher vieles anders aus - da kenne ich mich allerdings auch nicht sonderlich aus.
friedlich, Claudia
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Eintrag #44 vom 18. Sep. 2003 14:39 Uhr
Dr. Nicole Schneider
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ich sehe es auch so, dass eben auch braun und grün getragen wurde. In der überwiegenden Mehrzahl der Einträge scheint es jedoch so, als ob Bauern nur diese Farben getragen hätten (und damit alles andere historisch nicht korrekt ist). Das habe ich in Frage gestellt, weil ich eben die anderen Passagen im Kopf hatte.
David, das Medium Internet beinhaltet, dass man, wenn man sich nicht kennt, sich leicht angegriffen fühlen kann - in dem Fall trifft das wohl auf uns beide zu. Ich hatte nur das Gefühl, dass Du versucht hast, immer weiter zu gehen, anstatt zu sehen, was die Recherche in der Zwischenzeit an’s Tageslicht gebracht hatte. Tut mir leid, falls ich Dich missverstanden habe. Ich habe überhaupt nichts gegen deutsche Universitäten und die dort geleistete Forschungsarbeit, im Gegenteil. Woher ich die Arroganz nehme? Hm, sagen wir mal, dass ich schon über gewisse Sprachkenntnisse verfüge, durchaus forscherisch tätig bin jenseits von Tempus Vivit, dass ich öfters Gelegenheit hatte, mir Quellen im Original und in der ßbersetzung anzuschauen, dass sich da häufig Fehler finden, was nicht ausbleibt, da jeder nur nach bestem Wissen und Gewissen übersetzt - auch ich. Und, dass gelegentlich Wörter, die unbekannt sind, nicht übersetzt werden, ohne dass im Text beispielsweise durch Klammern oder entsprechende Erläuterungen angedeutet wird. Daran hängt ein ganzer Rattenschwanz an Konsequenzen, der das Gesamtbild verzerrt.
Wenn’s nicht stört - ich klink mich an dieser Stelle aus. Ergänzende Infos auch meinerseits, falls vorhanden, werden nachgereicht.
Nicole
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Eintrag #45 vom 18. Sep. 2003 21:51 Uhr
David Seidlitz
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Vermutlich haben wir uns tatsächlich missverstanden. Da man im Internet seinen Gesprächspartner nicht direkt "Aug in Aug" gegenüber sitzen hat, gehen Nuancen in der Tonwahl oder Mimiken verloren. Da sehen wir mal wie schnell so etwas passiert. Kommunikation erfolgt halt nicht nur über das Wort.
Ansonsten schliesse ich mich Claudia an. Und nichts anderes wollte ich sagen, als das der Regelfall wohl nicht Blau oder sonstwie "grell-bunt" war. Wir sollten halt auch die Lebensumstände der einfachen Menschen sehen, und deren Prioritäten. Ausserdem wollte ich ürsprünglich gar nichts zu der rechtlichen Situation sagen, nur, das Blau halt etwas aufwändiger ist als "Brauntöne". Wenn es das gab( und das bestreite ich durchaus nicht) dann war es wohl eher die Ausnahme von etwas wohlhabenderen Bauern. Schliesslich gab es im späten 13.Jhd. Bauern welche über mehr Wohlstand verfügten als ministeriale. Auch das war wohl ein Sinn der Kleiderordnungen, sonst wären diese ja überflüssig.
Die Frage ist, worauf man sich mit seiner Darstellung einstellt, auf den Sonderfall oder auf das ßbliche. Sicher kann man im Bezug auf das Mittelalter schwierig eine Schwarz- Weiss - Grenze ziehen, zumindest was "Gewohnheiten" oder besser gesagt Details angeht. Aber man kann sich selbst einem gewissen "Codex" unterwerfen, denn man sich persönlich erstellt.
Ebenfalls friedlich
Gruß David
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Eintrag #46 vom 23. Sep. 2003 22:29 Uhr
Katja Piroué
Hallo,
ich möchte den vorausgegangenen Diskussionen noch einige konkrete Quellen zur Seite stellen:
1) Ploss, Emil Ernst: Ein Buch von alten Farben. Technologie der Textilfarben im Mittelatler mit einem Ausblick auf die festen Farben; Impuls Verlag Heidelberg/Berlin 1962
2)Pastoureau, Michel: Des Teufels Tuch. Eine Kulturgeschichte der Streifen und der gestreiften Stoffe; Campus Verlag Frankfurt/NY 1995
3) Nixdorff, Heide und Heidi Müller: Weiße Westen-Rote Roben. Von den Farbordnungen des Mittelalters zum individuellen Farbgeschmack; Katalog; Berlin 1983
In diesen 3 Bänden finden sicher meine "Vorredner" sehr viele konkrete Angaben und Quellen zu allen bisher genannten Themen.
Viel Spass beim lesen
Viele Grüsse, Katja, die Bardin
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Eintrag #47 vom 08. Okt. 2003 16:13 Uhr
Karen Thöle
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Wir hatten in einem vorhergehenden Eintrag ja schon einen Hinweis auf das blaue Gewand bei Helmbrecht. Leider ist die Stelle schwierig zu interpretieren, da in der ganzen Passage, wo der junge Helmbrecht eingekleidet wird, aus satirischen Gründen "höfische" Elemente wie die vielen Knöpfe oder das Streitroß kombiniert werden mit der falschen Anwendung derselben (funktionslose Knöpfe auf dem ganzen Gewand, Pelzfutter nicht aus Feh oder Zobel, sondern von dem Tier, "das auf der Weide Gras frißt", und so weiter). Allein daran kann man nicht entscheiden, ob der blaue Stoff zu dem "unnötigen Luxus" gehört, oder ob die Mutter beim Kauf des Stoffes genauso übers Ohr gehauen worden ist wie später der Vater beim Pferdekauf. Daß die Mutter den Stoff verlor, weil Blau verboten gewesen sein soll, halte ich für unwahrscheinlich. Sie hat ihren eigenen "angesparten" Stoff verloren, weil sie ihn für die Aufstiegsambitionen ihres Sohnes geopfert hat.
Diese unklare Stelle wird aber deutlicher, wenn man einen weiteren Text zum Vergleich heranzieht, und zwar das Maere "Der Gevatterin Rat" von dem Stricker (z.B. in "Der Stricker. Fünfzehn kleine Verserzählungen mit einem Anhang: Der Weinschwelg". Hrsg: Hanns Fischer. Altdeutsche Textbibliothek Bd. 53. Tübingen 1960), aus der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts:
Eine Bauersfrau leidet unter der schlechten Behandlung durch ihren Mann. Ihre Gevatterin hilft ihr, indem sie die Frau ihren eigenen Tod vortäuschen läßt; die Gevatterin päppelt die Frau dann wieder auf, kleidet sie neu ein und macht den "Witwer" mit ihr als mit einer ihrer Verwandten bekannt. Der Mann erkennt seine eigene Frau nicht, entbrennt in Liebe zu ihr, und als die Frau ihn dann aufklärt, muß er einsehen, wie dumm seine bisherige Verachtung war.
Hier die Beschreibung der neuen Kleidung, mit der die Frau für den Mann begehrenswert gemacht wurde:
"si hate ouch bezzer gewant
denne dehein geburinne da:
einen niuwen mantel, der was bla
(der was genat ze flize),
ein snoede kürsen wize,
die si dar under truoc
(die stuonden beidiu wol genuoc),
ein sidin houbetlachen guot
und einen wol gestalden huot
und guot linin gewant…"
(die Kleiderbeschreibung geht noch weiter)
Meine ßbersetzung (ohne Wörterbuch, also nicht drauf festnageln!):
"Sie hatte auch bessere Kleidung,
als jede andere Bäurin da:
Einen neuen Mantel, der war blau
(der war sehr sorgfältig genäht),
einen ??? weißen Pelz, den sie darunter trug
(das stand ihr beides sehr gut),
ein gutes seidenes Kopftuch
und einen gut geformten Hut
und ein gutes leinenes Gewand…"
Ich lese diesen Text so, daß das blaue Gewand (bzw. der blaue Mantel) durchaus im Rahmen des Möglichen für einen wohlhabenden Bauern lag, sonst hätte weder Helmbrecht noch die Gevatterin es bekommen können, ohne den Dichter in einen Erklärungsnotstand zu bringen. Aber es gehört zu den "besonderen" Anschaffungen, die nicht billig sind, und deshalb beim Stricker im Zusammenhang mit Pelzfutter, seidenen Kopftüchern und später noch einem Gürtel aus einer breiten, beschlagenen Borte genannt werden.
Bis denn
Karen Thöle
PS: Im Rahmen der Diskussion um Stoffe für die Oberbekleidung finde ich es interessant, daß hier leinene Oberbekleidung genannt wird ("rockelin" und "hemde" kommen nämlich ein paar Zeilen später).
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Eintrag #48 vom 04. Mrz. 2004 15:14 Uhr
Gundra Siepermann
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Hi Ihr,
in diesem Threat ist immer wieder die Rede von Kleiderordnungen.
Hat jemand eine Ahnung, wo man sie findet? Speziell würde mich Mitte/Ende des 13. Jhd. und dann entweder Köln oder Dortmund interessieren.
Gibt es hiervon ßberlieferungen von Kleiderordnungen?
Vielen Dank
Gundra IG Volkelîn
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Eintrag #49 vom 04. Mrz. 2004 16:09 Uhr
David Seidlitz
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Hallo Gundra,
Passagen zu "Kleiderordnungen" finden sich in verschiedenen Rechtsschriften. In eurer Region ist mir da jetzt nichts akut bekannt, aber der baierische Landfrieden von 1244 sagt diesbezüglich einiges aus. Beispielsweise wird im Artikel "de rusticus" etwas über die Kleidungsvorschriften für Bauern geschrieben. Dann ist mir da noch verschwommen die Kaiserchronik (Karles reht) in Erinnerung.
Den Landfrieden könnte ich dir als Kopie schicken, wenn du magst melde dich.
Grüße in den Westen,
David
familia ministerialis
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Eintrag #50 vom 10. Okt. 2004 15:09 Uhr
Schon wieder ein Thema, dass ich angefangen und dann vergessen habe, langsam wird das zur Gewohnheit… Dabei hätt ich mir doch eigentlich denken können, dass doch noch was kommt, wenn ich so einen Schwachsinn schreibe wie in Eintrag Nr. 2 :o) Aber immerhin hab ich jetzt doch noch was brauchbares gelernt, besser spät als nie…
Sebastian
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Eintrag #51 vom 19. Mai. 2005 16:21 Uhr
Thurid
(Nachname für Gäste nicht sichtbar)
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Hallo!
Es ist ja jetzt schon eine Weile her (ca. 3 Jahre ;-), dass ich mich hier gemeldet habe. Habe jetzt ein neues Log-in und dachte mich, ich sag hier was dazu. Ich war letztes Wochenende auf einem Markt und eine Färberin hat mir erzählt, dass Farbkombis wie in der Manesse mit blauem ßberkleid und rotem Unterkleid durchaus ironischen Charakter haben konnte: im Prinzip wie heute in einer Karikatur: Es gab tatsächlich die Variante, dass Stoffe aus Lapislazuli-Puder gefärbt werden konnten (der Prozess dauert Monate!). Diese Stoffe wurden aber nur für Gewänder verwendet, die den Marien-Figuren in Kirchen umgehängt wurden. Außerdem gibts - das aber nur am Rande - in Italien eine Kirche, deren gesamte Decke mit Lapislazuli gefärbt wurde - aus dem 13. Jhd. Also, zurück zum Thema: Diese Farbkombi blau oben, rot unten ist (bei Frauen) auch als Anspielung zu verstehen: Blau als Farbe der unbefleckten, rot als Farbe der Lust … Also, dass die Frau sich in Unschuld hüllt, aber eigentlich lüstern ist - diese Botschaft konnte mit dieser Farbsymbolik transportiert werden. Ich hab leider keine Belege, hab das nur erzählt bekommen, fand es einfach interessant und dachte, ich füge das hier dazu.
Bewertung:
Eintrag #52 vom 05. Sep. 2005 08:42 Uhr
Tanja Maier
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Hallo!
Ich wüsste gerne mehr über die Bedeutung von Farben im Mittelalter.
Wer trug welche Farben oder wer durfte welche nicht tragen? Besondere Stände oder Gruppen.
Denn neulich auf einem Markt bin ich gefragt worden, ob ich eine Hübschlerin sei - in einem grünen Kleid. Dabei dachte ich bisher immer, das sei nur gelb.
Serena
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Eintrag #53 vom 05. Sep. 2005 19:49 Uhr
Claudia Schröder
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Hallo Tanja,
naja, vielleicht hatte der Mensch einfach keine Ahnung von Farben, oder er fand dich einfach nur Hübsch?;-)) zu den Farben habe ich etwas im Wörterbuch der christlichen Ikonografie gefunden. Hier heißte es (in Auszügen!)Philo von Alexandrien: Weiß=Erde, Purpur = Wasser (Meer),Hyazinth = Luft,Karmesin = Feuer;
Thomas von Aquin: weiß=Reinheit, Purpur =Martyrium, Hyazinth=Himmelssehnsucht, Karmesin=Liebe.
Weiß,Rot,Falb und schwarz sind die Farben der apokalyptischen Reiter; weiß steht bei der Kleidung auch für die Farbe der friedliebenden Menschen (Priester, Zisterzienser)Schwarz für Tod,Trauer,Sünde,Teufel, galt aber auch als Weltverachtung,Demut und Bescheidenheit (Mönchsorden),wobei die Kombination schwarz-weiß eine Steigerung der Bedeutung erwirkte (Dominikaner) Rot ist die Farbe des Blutes, des Krieges, des Feuers und der Liebe, Blau ist die Farbe der Unendlichkeit, aber auch des Bösen, Grün ist die Farbe der Hoffnung und der Auserwählten (Gewand des Evangelisten Johannes), des Ausgleichs und der Mitte. Grün, Blau und Rot zusammen weisen auf die Dreifaltigkeit, Gelb ist nur im westlichen Kulturkreis die Farbe der Aussätzigen, der Ketzer und Verräter (Gewand des Judas), Braun und Grau sind die Farben der freiwilligen Erniedrigung und Weltentsagung sowie der Buße (Ordensgewandung der Franziskaner und Kapuziner). Den kompletten Text möchte ich hier nicht abschreiben, sende ihn auf Anfrage aber gerne per Mail zu.
Anna von Veen
Liebe Grüsse Claudia
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Eintrag #54 vom 06. Sep. 2005 00:41 Uhr
Roland Schulz
Hallo Claudia,
was kann/soll/muss man demnach aus dieser Auflistung dann FUNDIERTES ableiten, im Sinne des Threads?
Wenn z.B. Gelb ..
Zitat:
"im westlichen Kulturkreis die Farbe der Aussätzigen, der Ketzer und Verräter (Gewand des Judas).."
sein soll, bedeutet das dann im Umkehrschluss, daß all diejenigen (zahlreichen) abgebildeten Damen und Herren, Bürger und Bürgerinnen, vor allem im Hoch- und Spätmittelalter, zu eben dieser Gruppe gezählt werden müssen/sollen/können?
Gruß,
Roland
Leben und Handwerk
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Eintrag #55 vom 06. Sep. 2005 13:30 Uhr
Claudia Schröder
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Hallo Roland,
mein Eintrag ist lediglich eine Antwort auf die Frage von Tanja, die in ihrem grünen Kleid als Hübschnerin bezeichnet wurde. Und die Definition der Symbolik ist ein Zitat aus dem Handbuch der frühchristlichen Symbolik. Welche Schlüsse daraus zu ziehen sind, habe ich nicht erwähnt, wäre aber in der Tat eine interessante Frage. Ich persönlich bin mit "Umkehrschlüssen" extrem vorsichtig.
Liebe Grüsse Claudia
Bewertung:
Eintrag #56 vom 06. Sep. 2005 14:36 Uhr
Karen Thöle
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Ich habe irgendwo schonmal was über die verschiedenen Kennzeichnungen für Prostituierte in den verschiedenen Kleider- und Städte-Ordnungen geschrieben, eine ausführliche Liste gibt es in
Peter Schuster: Das Frauenhaus: städtische Bordelle in Deutschland (1350 - 1600).
Fakt ist, daß alle diese Kennzeichnungen für Prostitierte unterschiedlich sind, unterschiedliche Farben und Kleidungsstücke erwähnen und z.T. Dinge nennen, die die Prostituierten tragen sollen, z.T. Dinge, die ihnen verboten werden sollen. Außerdem kann man bei diesen Kleiderordnungen nicht einmal davon ausgehen, daß sie wirklich gegriffen hätten, d.h., daß etwa dort, wo den Prostituierten ein gelbes Gebende vorgeschrieben war, sie nun alle so etwas getragen hätten, und umgekehrt die ehrbaren Frauen alles, nur kein gelbes Gebende.
Sollte es sich bei der Veranstaltung nicht um eine Super-duper-Veranstaltung handeln, die sich beispielsweise in allen Einzelheiten auf eine bestimmte Stadt, ein bestimmtes Jahr konzentriert (und eine Kenntnis der speziellen städtischen Verordnungen zu Kleidung, Glücksspiel usw. bei allen Teilnehmern vorausgesetzt wird), würde ich Dir raten, ßußerungen wie die genannte einfach zu ignorieren.
Bis denn
Karen Thöle
Bewertung:
Eintrag #57 vom 06. Sep. 2005 15:27 Uhr
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Ich habe mir im Lauf der Zeit einige dieser Kleiderordnungen angesehn.
Bislang bin ich zu folgendem Schluß gekommen:
Signalfarben sind in der Regel Grün, Rot oder Gelb, die Verteilung dieser einigermaßen gleichmäßig.
Zumeist bezieht sich die Kennzeichnung auf Accesoires wie Schleier, Mützen o.ä.
In keinem einzigen Fall wäre mir bekannt, daß eine Verordnung die Farbe eines kompletten Kleides vorschreibt.
Egal für welche Farbe.
Sollte jemand eine solche Stelle gefunden haben, ich wäre dankbar, sie zu kennen.
Gruß, Ivain
Bewertung:
Eintrag #58 vom 07. Sep. 2005 14:06 Uhr
Julia
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Hallo,
erstaunlich, dass Anlass dieser Diskussion um die Kennzeichnung von Prostituierten diesmal die Farbe Grün ist. Sonst ist es meistens Gelb. Wie dem auch sei - hier nun meine "10 Cent":
Nachdem ich mich intensiver mit dem Färben/den Farben von Kleidung beschäftigt habe, bin auch ich der Meinung, dass Prostituierte im MA in der Regel gekennzeichnet waren, bzw. ihnen (meist) der Rat einer Stadt dies nahe legte. Vorweg auch gleich noch der Hinweis, dass Kleiderordnungen wohl oft Reaktion auf vermeintliche Missstände waren, will sagen, dass das Gegenteil der Vorschriften wohl vormals Alltag war, und auch nach Aufstellen jeglicher Regelungen keine lückenlose Einhaltung derselben gewährleistet sein kann. (Auch ich fahre manchmal schneller als 50km/h innerorts.)
Nun aber zu den Kleiderordnungen: wie bereits gesagt wurde, sind diese stets regional bezogen, teils über größere Gebiete, meist aber nur die jeweilige Stadt betreffend. Hier wird dann auch weniger von Kleiderordnung als von Rats"anweisungen" o.ä. gesprochen. Und: von Stadt zu Stadt können da Dinge reguliert werden, die in anderen gar nicht auftauchen (Länge der Schnäbel an Schnabelschuhen, Rocklänge bei Männern-).
Was in allen Regularien, die ich mir bisher zu Gemüte geführt habe, geregelt wurde, ist viel (oben erwähnte Schuhlänge, Benutzung von Perlen, Gold/Silber an Gürteln, in der Bestickung, Stoffarten, die verboten sind, das Verhältnis von Stoffmenge und Arbeitszeit des Schneiders, also wie aufwändig ein Stück geschneidert werden darf, wie VIELE Kleidungsstücke einer Sorte jemand haben darf, welche Pelzarten benutzt werden dürfen, welche Federn benutzt werden dürfen, wie weit die Pelzverbrämung nach außen hin sichtbar sein darf, wie lang die Schleppe sein darf, welche Kopfbedeckung jemand tragen muss, und noch ganz viele Details, bei denen wir uns an den Kopf greifen). Und bei all diesen Details wird natürlich in Männer und Frauen unterschieden, dann in Ratsmitglieder und deren Frauen, reiche BürgerInnen, HandwerkerInnen, Jungfrauen, Bauern/Bäuerinnen, arme StädterInnen. In keiner Ordnung habe ich etwas von Farben gelesen, wobei hier Purpur und Schwarz sicher eine Sonderstellung (sehr reich/Klerus) einnehmen - ebenfalls hat der ganze Kirchenapparat hier natürlich außen vor zu stehen.
Was die Kennzeichnung von Randgruppen wie etwa Prostituierten oder auch Juden angeht, gibt es einige Gimmicks, die wie die Verordnungen generell selbstredend regional sind. Helmut Hundsbichler schreibt in H. Kühnels "Alltag des Spätmittelalters", dass Jüdinnen, Pfarrerskonkubinen und Prostituierte ein gelbes Gebende tragen sollen, geht dabei aber nicht auf die Quelle dieser Aussage ein. Konkreter wird hier Ursula Neeb in ihrem Aufsatz "Vom Frauengäßchen zum Rotlicht-Bezirk" aus dem Buch "Chronik einer Straße": sie spricht davon, dass Dirnen in Frankfurt eine gelbe Verbrämung an ihrem Kleid tragen mussten, während die Damen in Leipzig sich gelbe Lappen an ihre Kleidung annähen mussten. Beides logische Argumente, dass der Stoff des Kleides wegen des fehlenden Kontrastes dann eigentlich nicht gelb sein konnte. Weiterhin bestand nach Neeb ein Verbot goldener Ketten und auffälliger Stoffe wie Samt, Atlas und Damast.
In Frankfurt übrigens konnten die Prostituierten sogar das Bürgerrecht erwerben, keine Selbstverständlichkeit.
Wer sich für Kleiderordnungen interessiert, kann sich noch folgende Literatur zu Gemüte führen: Veronika Baur, "Kleiderordnungen in Bayern vom 14.-19. Jahrhundert" oder auch Lieselotte Eisenbart, "Kleiderordnungen der deutschen Städte zwischen 1350 und 1700".
Spannend fände ich es, noch weitere "Accessoires" für Dirnen im MA hier aufzulisten: wer hat da nach was? Karen, kannst du deine Belege mal posten?
Danke und Gruß,
Julia
Bewertung:
Eintrag #59 vom 07. Sep. 2005 14:44 Uhr
Roland Schulz
@ Claudia:
Dann bin ich beruhigt. *g* Es las sich für mich erst so wie das übliche "Gelb=Jude/Prostituierte-SchemaF" , sorry.
Vielen Dank. :-)
Gruß,
Roland
Leben und Handwerk
Bewertung:
Eintrag #60 vom 07. Sep. 2005 14:54 Uhr
Sandra Neuser
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Hallo,
ein bisschen off topic: Von Venedig weis ich, das Huren Glöckchen zu tragen hatten, das ehrbare Bürgerinnen rechtzeitig sie rechtzeitig erkannten und den Trottoir wechseln konnten.
Liebe Grüsse, Sanni
Bewertung:
Eintrag #61 vom 07. Sep. 2005 15:45 Uhr
Claudia Schröder
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Hallo Roland,
an das übliche "SchemaF" halte ich mich selten und wenn dann nicht immer gern*g*, das "Sorry" ist gern angenommen - kein Problem*ggg*
Liebe Grüsse Claudia
Bewertung:
Eintrag #62 vom 07. Sep. 2005 19:32 Uhr
Roland Schulz
@ Sanni
Ja, jetzt weichen wir langsam vom Thema ab, und ich setze auch noch einen drauf, weils zumindest JETZT grad zum Thema "Prostitution" passt.
Anhand deines Beispiels aus Venedig (wann?) kann man sehen, wie krass und deutlich die Unterschiede sowohl regional als auch epochal sind, im Umgang mit der Prostitution.
Während man also in Venedig (spätestens jetzt wäre gut zu wissen wann genau) Huren mit Glöckchen "markiert" wissen wollte, und sie als "unehrenhaft" bezeichnet, werden Prostituierte in einigen Aufzeichungen des 14. und vor allem 15. Jh aus dem süd- und mitteldeutschen Raum als "liebe Frauen", "arme Frauen" oder "lustige Frauen" bezeichnet und dort keineswegs als abfällig oder unehrenhaft bezeichnet oder dargestellt.
Das Gegenteil ist sogar der Fall.
In einigen Städten legt der Rat gesteigerten Wert auf eine organisierte und damit geregelte und saubere sowie zuverlässig vorhandene (!) Prostitution.
Es werden als Gründe dafür u.a. genannt die Sorge um das Wohl (!) der Huren selbst, wie auch die Sorge um das "fleischliche" Wohl von Gesellen (denen Heirat oftmals untersagt war), Handwerkern, Reisenden und auch Geistlichen (!) Vertretern.
Um dem noch einen aufzusetzen, selbst der Kaiser (ich müsste nachsehen, es war einer der Sigismunde aus dem 15. Jh.) traf sich beim Besuch der Stadt Nürnberg mit Gesandten in einem städtischen Freudenhaus… ;-)
Die Tatsache, daß darüber aus zeitgenössischer Quelle berichtet wird spricht für sich und den Umgang und die Einstellung zum Thema, denke ich.
Quelle: "Mentalität und Alltag im Spätmittelalter", C. Meckseper und E. Schraut, VR Kleine Vandenhoeck Reihe
Wer Interesse an dem Thema hat, der kann mich ja anmailen.
Das nur mal am Rande dazu, und jetzt entschuldige man mir diesen Ausflug in die Prostitution des SMA.. ;-)
Gruß,
Roland
Leben und Handwerk
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Eintrag #63 vom 07. Sep. 2005 19:35 Uhr
Roland Schulz
Nachtrag:
Bei dem Kaiser im Bordell handelte es sich um Sigismund I., 1410 - 1437
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Eintrag #64 vom 09. Sep. 2005 13:43 Uhr
Tanja Maier
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Vielen Dank für eure Antworten.
Ich war ja echt total verunsichert, aber wenn es bei Kleidung regional so viele unterschiedliche Regelungen gab, dann ist man ja - wenn man nicht total schräg daher kommt - auf der sicheren Seite.
Serena
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Eintrag #65 vom 09. Sep. 2005 14:37 Uhr
Julia
(Nachname für Gäste nicht sichtbar)
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Hallo,
nachdem ich gerade gestern noch ein paar Bücher durchgeschaut habe und auch das wahnsinng interessante, von Karen genannte Buch in den Händen hielt, hier ein Auszug zu den mannigfaltigen Kennzeichnungen von Prostituierten:
(bei Anklicken wird das Bild vergößert)
Hier ist ja deutlich die Bandbreite der Kennzeichnungen zu sehen.
Außerdem empfehle ich folgende Literatur:
Armin Wolf, "Die Gesetze der Stadt Frankfurt am Main im Mittelalter", eine Quellensammlung der originale, mittelhochdeutschen Gesetzestexte (übrigens sehr spaßig zu lesen), in dem sich der Rat der Stadt FFM um einiges mehr darum sorgt, ob und wie die Bäcker nun Schweine halten dürfen, als dass die Kleidung der BürgerInnen bestimmt wird (was aber auch vorkommt).
Außerdem gibt es eine spannende Magisterarbeit von I. Worgitzki, "Kleiderordnungen im Frankfurt am Main von 1356-1731", die ebenfalls Aufschluss über die Thematik gibt.
Und wer sich jetzt noch fragt, wer sich unendlich teure Stoffe und Schmuck eigentlich so leisten konnte und wie sich die Maßstäbe da über die Jahrzehnte verschoben haben, der kann noch einen Blick in H.Weiß-"Lebenshaltung und Vermögensbildung des "mittleren" Bürgertums" werfen, wo Währungen auch mal in Relation zu beispielsweise Lebensmitteln gesetzt werden und erklärt wird, wer wann wieviel überhaupt noch für z.B. Kleidung übrig hatte.
Viele Grüße,
Julia
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Eintrag #66 vom 03. Dez. 2005 15:46 Uhr
Matthias Degner
Auf diesem Bild der Maciejowski-Bibel sieht man links einen Soldaten des (wahrscheinlich) 3. Standes. Dieser hat aber eine rote Tunika an; aber rot war doch dem Adel vorbehalten. Kann mir jemand sagen wie es dazu kommt? Hat vielleicht der Maler der Bibel "fälschlicherweise" rot verwendet?
Gautarr fun Orthinberc
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Eintrag #67 vom 03. Dez. 2005 18:08 Uhr
Claus Winhard
Matthias,
wer hat Dir denn den Bären aufgebunden, daß rot dem Adel vorbehalten war?
Rot war - gerade zu der Zeit, als die Kreuzritterbibel entstanden ist - über alle Stände vermutlich recht beliebt. Und mit Krapp stand auch ein preiswerter Farbstoff zur Verfügung.
Liebe Grüße,
Claus Winhard
AG Hochmittelalter
P.S. Die Farbdiskussion ist hier OT, sollte man vielleicht verschieben
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Eintrag #68 vom 04. Dez. 2005 12:48 Uhr
Matthias Degner
Echt? Ich wusste, das es eine billige Färbemathode gab, mit der ein sehr grelles rot erzeugt werden konnte. ich war aber der Meinung, dass dieser Ton nur von Prostituierten verwendet wurde. Aber von Soldaten…das wusste ich nicht. Danke!
Gautarr fun Orthinberc
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Eintrag #69 vom 04. Dez. 2005 14:33 Uhr
Roland Schulz
Mathias, ich möchte dir nicht zu nahe treten, aber vielleicht solltest du mal deine bisherigen Informationsquellen überprüfen und in Frage stellen.
Auch wenn rot wegen seiner Symbolik (aber sicher auch oder noch mehr wegen seiner Leuchtkraft und Auffälligkeit) bei Herr und Frau Adel beliebt war, so hat das "Volk" ja oftmals nichts anderes gemacht, als (je nach Möglichkeiten) den vom Adel gesetzten Trends nachzueifern.
Wenn du zu Farben, Färben oder zum horizontalen Gewerbe im Hoch- und Spätmittelalter nähere Infos möchtest, kannst du mich gern anmailen.
Gruß,
Roland
Leben und Handwerk
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Eintrag #70 vom 04. Dez. 2005 17:39 Uhr
Julia
(Nachname für Gäste nicht sichtbar)
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Mathias:
Oder einfach mal wenige Einträge weiter unten mein Posting anschauen.
"Trotz allen Fortschritts des menschlichen Geistes
wird immer noch sehr wenig gelesen."
Voltaire (1694 - 1778), eigentlich François-Marie Arouet, französischer Philosoph der Aufklärung, Historiker und Geschichts-Schriftsteller
Viele Grüße, Julia
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Eintrag #71 vom 06. Dez. 2005 16:15 Uhr
Matthias Degner
OK, danke!
Gautarr fun Orthinberc
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