Dunkelhäutige im Mittelalter
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Eintrag #1 vom 02. Okt. 2003 20:56 Uhr
Bernd
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Welche Charactere passen zu Dunkelhäutigen?
Hallo zusammen,
ich habe ja geschaut, aber fand nichts zum Thema "Ausländer", "Farbige" o.ä. im Mittelalter.
Daher will ich mal dieses Thema beginnen:
Ich selbst bin gebürtiger Inder und somit drängte sich mir natürlich die Frage auf, welche Charaktere ich glaubwürdig darstellen könnte. Zwar würde ich gerne auch einen Bauern, Handwerker, Pilger oder Bürger o.ä. darstellen, aber irgendwie glaube ich nicht, dass es im Mittelalter schon Einwanderer gab, die sich dann hierzulande niederließen, oder? Vielleicht kann ich ja mein Aussehen sogar zu meinem Vorteil nutzen. Also:
Was für "Ausländer" liefen im Mittelalter durch die Gegend. Waren es "nur" Gewürzhändler, Juden und Tuchhändler, gab es vielleicht vereinzelt sogar schwarze Sklaven wie in Amerika?
Welche Charaktere (egal welcher Stellung) gibt es, die ich - oder dunkelhäutige allgemein - darstellen könnte, um dabei 100-Prozent authentisch wirken zu können (wenigstens theoretisch :-) ) Gab es vielleicht auch Reisende aus dem fernen Osten? Sollte ich Händler werden?
Vielleicht fällt Euch da etwas ein!
Vielen Dank
Bernd Lappé
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Eintrag #2 vom 02. Okt. 2003 20:59 Uhr
Bernd
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Natürlich weiß ich, dass die Sklaverei in Amerika erst ab 1492 einsetzen konnte. Mich interessiert hier aber eigentlich eher für die Zeit von 800 bis 1300.
Bernd Lappé
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Eintrag #3 vom 02. Okt. 2003 23:20 Uhr
Ranes Haduwolff
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Grüß Euch,
Bernd, da bist Du auf einen sehr schwierigen Punkt gekommen.
Dunkelhäutige Menschen gabs hier in Mitteleuropa definitiv nicht im Alltagsleben.
Auch als Sklaven nicht(man berichtige mich, wenns anders ist).
Die einzigen "Schwarzen" waren Leute im Gefolge des Kaiser Friedrich II. von Hohenstaufen, die er mitbrachte, als er seine sehr aufsehenerregenden Besuche hier machte.
Ansonsten waren diese Leute echte Sensationen und eher Jahrmarktsattraktionen.
Wenn ich an den "Parzifal" denke, wo der berühmte Feirefiz mit der Haut einer Elster bekleidet, also schwarz-weiss gefleckt auftaucht, weil er eine Mohrin als Mutter hat…das spricht nicht für die Häufigkeit des Farbigen.
Ich sprach jetzt vom richtigen schokobraun bis schwarzen Menschen.
Als Inder bist Du doch eher als südländischer Typ, also als "Sarazene" oder Mittelmeerraum-Bewohner einzufügen. Und so kannst Du durchaus als Byzantiner oder moslemischer Diener, Arzt oder Söldner im Gefolge des Herren Kaisers auftreten oder als Söldner des schäbbigen Löwenherz (der hatte Mauren in seinen Reihen).
Andererseits…kennst Du den Robin aus Berlin? Der ist auch Inder, und ist als "Werner Schelm von Bergen" ein prachtvoller christlicher Ritter…
Nun gut, solange kein Bild von Dir zu sehen ist, fällt das alles unter Theorie.
Achso, ja, und es gab nachweislich einen moslemischen Ritter…Friedrich II. machts möglich.
miles roma ! miles imperatore ! Euer Haduwolff
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Eintrag #4 vom 03. Okt. 2003 09:10 Uhr
Matthias Böhm
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Hallo.
Ginge nicht auch ein braungebrannter
heimkehrender Kreuzfahrer der über Jahre im heiligen Land war ?
Müste doch gehen wenn man es richtig rüberbringt.
Mfg
Malachias von Ronove
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Eintrag #5 vom 03. Okt. 2003 12:20 Uhr
Bernd
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Geht nicht, bis man so braun ist wie ich, ist man bereits verbrannt. :-)
Ne, im ernst, Sonnenbräune sieht ganz anders aus als dunkle Haut; aber dennoch Danke für die Idee.
Grüße
Bernd Lappé
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Eintrag #6 vom 03. Okt. 2003 13:09 Uhr
Wolf Zerkowski
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Es hilft dir vieleicht nicht bei der Suche nach einer Darstellung aber vieleicht beim Verständnis
des Mittelalters…
Hier ein Link zum Thema " Haben Hautfarben eine Geschichte? Personenbeschreibungen und ihre Kategorien zwischen dem 13. und 16. Jahrhundert"
wwwhist.net/groebner/preprints/HautfarbenZHF.pdf
Gruß Wolf
Gott zum Gruß und allzeit sichere Wege
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Eintrag #7 vom 06. Okt. 2003 19:30 Uhr
Carsten Scheffer
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Lass dich von deiner Hautfarbe nicht in eine Ecke drängen.
Als dunkelhäutig fällt mir noch der herrlich heilige Mauritius ein.Dürfte sehr Promi sein.
Hadus Idee war auch schon recht klasse.
Wie wäre es mit Rus-Darstellung?Wäre es nicht möglich dort zu agieren?
Hagen von Scutemere,Igalma Abteilung Ravensberg
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Eintrag #8 vom 06. Okt. 2003 20:33 Uhr
Nele
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Ich erinner mich da an meinen Besuch in Lettland. Wir hatten eine Stadtführung in Riga, die uns natürlich auch zum Schwarzhäupterhaus führte. Das Haus wie es jetzt steht wurde in den 90ern des 20.Jahrhunderts rekonstruiert. Aber ursprünglich im 14. Jahrhundert erbaut und im 15. Jahrhundert diente es dann der Riege der Schwarzhäupter. Die hießen wohl eher nicht wegen ihrer Hauptfarbe, sondern wegen der schwarzen Kopfbedeckung so, aber von jeher war ihr Zeichen der "Mohrenkopf". Und die Führerin erzählte auch, dass einflussreiche Händler dunkler Hautfarbe in der Riege ein und ausgingen (nicht als Sklaven - angesehen, so betonte sie). Es gibt auch 1, 2 Bilder innerhalb des Häupterhauses, auf denen man unter andrem äußerst dunkelhäutige Menschen sieht.
Allerdings sind das nur Angaben für das 14./15. Jhdt.
Tschuldigung, wenn ich hier nur so grobe Angaben machen kann. Bei Interesse sollte man da aber mal weiter nachforschen.
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Eintrag #9 vom 06. Okt. 2003 22:05 Uhr
Ameli
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Hallo Nele,
ganz so kann ich das nicht stehen lassen. Schwarzhäupter nannten sich die unverheirateten Kaufleute der Städte Riga und Reval (Tallinn). Der Name stammt von ihrem Schutzpatron, dem Heiligen Mauritius (siehe Hadus Eintrag weiter oben). Der Zusammenschluß diente vor allem geselligen Zwecken, hatte aber auch politische Funktion, beispielsweise traten die Schwarzhäupter gemeinsam zur Verteidigung der Stadt an. Sobald sie verheiratet waren, traten die Kaufleute der Großen Gilde bei.
Seit 1477 mietete die Rigaer Kaufmanns-Bruderschaft ein Haus für ihre Festivitäten und Zusammenkünfte, das 1334 zunächst als Ausweichquartier für die Gilden gebaut worden war, weil deren Häuser der Livländische Orden beschlagnahmt hatte.
Das spätere "Schwarzhäupterhaus" wurde auch "Artushof" genannt, denn in jenen Zeiten war es modern die Ritterlichkeit der Artussage nachzuahmen.
Der schlichte gotische Stufengiebel wurde 1619-1625 standesgemäß ausgebaut und nach niederländischen und belgischen Vorbildern verziert und geschmückt. Das zunächst an die lettischen Bruderschaften der Bier- und Salzträger vermietete Haus ging zu Beginn des 18. Jhdts. endgültig in den Besitz der Schwarzhäupter über. Wegen seiner hervorragenden Akustik befanden sich hier im 19.Jhdt. die beliebtesten Konzertsäle der Stadt.
1941 wurde das Schwarzhäupterhaus schwer beschädigt, jedoch blieb die Fassade erhalten. Die sowjetische Stadtverwaltung beschloß 1948, das Haus endgültig abzureißen, wohl in erster Linie, um den Teil der Vergangenheit aus dem öffentlichen Bewußtsein zu tilgen, der nicht in die sowjetische Propaganda paßte.
Seit der Unabhängigkeit sammelten die Letten Geld, um das Schwarzhäupterhaus originalgetreu wieder aufzubauen. Seit 1999 (2 Jahre vor der 800-Jahr-Feier Rigas) erstrahlt es wieder im alten Glanz mit der Figur des Mauritius im Eingangsportal.
Hallo Bernd,
laß Dich nicht irre machen, als dunkelhäutiger, südländischer Kaufmann und Reisender im Auftrag der Kalifen (wie ein Al-Tartuschi oder Ibn-Fadlan) bist Du im Norden herzlich willkommen ;-)
Sorry, ist doch etwas länger geworden, Lettland kenne ich seit 1991 und bin auch beruflich mehrmals im Jahr dort ;-) Also, wer Infos braucht…..
Gruß
Ameli aka Madara die Latgalin
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Eintrag #10 vom 06. Okt. 2003 23:27 Uhr
Uli Gasper
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Moin!
Letztendlich gehts halt ums Prinzip. Es gibt halt eigentlich eher keine Inder im mitteldeutschen Mittelalter, die Kulturen waren zumindest gruppenmäßig getrennt. Andererseits- was wäre dagegen zu sagen wenn z.B. ein Inder im mitteleuropäischen Reenactment oder Marktleben einen historisch korrekten Inder darstellt? Der wäre geographisch zwar falsch aber doch geschichtlich bestimmt interessant, oder?
Und bei dem häufig auftretenden historischen Kuddelmuddel fände ich das eine Bereicherung. Zudem würde ich als Inder oder Chinese auch ziemlich ungewöhnlich aussehen…
gruß, uli
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Eintrag #11 vom 08. Okt. 2003 00:08 Uhr
David Seidlitz
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Warum nicht auch ein Atlanter??
;o)
Bitte nicht ernst nehmen!!
Gruss,
David
familia ministerialis- Alltagsleben um 1280
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Eintrag #12 vom 08. Okt. 2003 08:20 Uhr
Joachim Meinicke
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Na ja, David,
bei Eurer letzten Gruppe hattet ihr ja auch nen "Pseudo-Sarazenen" :-) dabei. Ich mein, soweit ich das überhaupt beurteilen kann, der Typ war richtig gut und hatte sich mit großem Aufwand in das Thema reingekniet. Aber letztlich paßte er nicht wirklich ins Gruppenbild/Konzept. Ich erinnere mich gerne an die "japanische" Gruppe Takeda in Quedlinburg. Ganz klar war dieser Blick über den Tellerrand ebenfalls eine angenehme und interessante Bereicherung. Aber dort gab es eine klare räumliche Distanz zum europäischen MA, so daß das Bild nicht verfälscht wurde.
Meine Meinung dazu: Wenn sich keine WIRKLICH PLAUSIBLE Erklärung für eine exotische Darstellung innerhalb einer ansonsten mitteleuropäisch ausgerichteten Gruppe finden läßt, sollte der entsprechende Darsteller lieber ein separates Lager haben. So etwa wie in Quedlinburg: auf der einen Seite der Kirche MA in Europa, auf der anderen Seite halt Japan.
Und was die Teilnahme bzw. den Besuch auf Märkten betrifft: Verschwendet da keinen Gedanken dran. Ein typischer MA-Markt hat eher mit Disneyland als mit Europa im MA zu tun, von daher kann man dort gar nicht fehlplaziert sein. Nicht mal als Vulkanier mit Spock-Ohren. Nicht mal als um 1319 ausgestorbenes Adelsgeschlecht in voller Plattenrüstung.
Aber ich glaube, Bernd ging es letztlich um eine andere Fragestellung (siehe Eintrag 1). Ich habe dahingehend ne Weile in Richtung Händler überlegt, aber richtig schlüssiges ist mir leider auch nicht eingefallen.
Gruß aus der Mark
Joachim
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Eintrag #13 vom 08. Okt. 2003 11:22 Uhr
David Seidlitz
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Hallo,
Joachim im Grunde gebe ich dir völlig Recht. Wenn die Möglichkeit besteht ein extra Lager zu errichten ist dies wohl am ehesten "glaubhaft". Schon aus didaktischer Sicht geht ein "Exot" in einer europäischer Darstellung leicht unter, und die Gruppe hat auch nicht wirklich etwas davon.
Aber ein "Lager" bestehend aus einer Person ist reichlich mager. "Nichteuropäer" sollten also nach Verstärkung suchen um ihre spezielle Darstellung mit Leben zu erfüllen, und das müssen ja nicht immer echte Inder, Araber etc. sein. Das es geht hat Takeda gezeigt.
Leider ist das finden von netten Mitspielern nicht immer einfach, selbst das europ. MA ist sich untereinander wenig grün.
Dieses Problem hatte eben auch der Araber in unserer ehemaligen Gruppe. Natürlich hätte er auch einen Europäer darstellen können, also hatte er nicht die eigentlichen Probleme die zur Motivation für diesen Thread taugten.
Gruss aus Berlin,
David
familia ministerialis- Alltagsleben um 1280
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Eintrag #14 vom 08. Okt. 2003 19:20 Uhr
Ivo Malz (IMMS)
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Moin.
Sosehr es meine historischere Gehirnhälfte juckt…lieber einen dunkelhäutigen mit einer runden Darstellung in sauberer Klamotte gleichwelcher Art als tausend voll-a.-mitteleuropahäutige und -haarige in un-a. Riddä- oder Wiggingerklamodde.
ßber die Mundart der bayrisch-fränkisch-schwäbischen (Ost-)Wikingerfront hat ja schließlich auch noch keiner gemeckert.;o)
Häng Deine Darstellung lieber primär an etwas Liebe zum Detail auf als an der Hautfarbe, es sei denn, Du willst Dich da explizit festlegen (lassen?).
Ansonsten: Der Hl. Mauritius von Magdeburg wäre eine nette Arbeitsvorlage, auch, wenn die mir bekannten "Rekonstruktionen" seiner Rüstung etwas zu wünschen übrig lassen.
Falls Dich speziell das Thema Indien beißt, empfehle ich Dir als Einstiegslektüre H. Russell Robinson, "Oriental Armour". Gibts als Dover-Publications-Paperback für recht Schmales.
Gruß
Ivo
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Eintrag #15 vom 09. Okt. 2003 12:44 Uhr
Sylvia Crumbach
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Hallo Bernd,
das was von meinen Aktivitäten am nächsten an Mittelalter reicht ist das Projekt Folgari (Europas Mitte um 1000), zum HMA wie hier definiert, kann ich Dir deshalb wenig raten. Aber wenn Dein Herz nicht an einem bestimmten Jahrhundert hängt, sondern Dich die lebendige Geschichte allgemein reizt, folgendes:
Für andere Zeitstellungen gibt es andere Strukturen in der lebendigen Geschicht (Achtung: bevor ich irgendwas lostrete: Nicht besser sondern anders…)
Vielleicht interessiert Dich auch die Antike? Für den Bereich "Römer" hättest Du kein Problem, zB. lag in Krefeld Gellep eine Einheit aus Afrika. Sollte Dich der Bereich interessieren, hilft mein Mann Dir bestimmt (per mail, er mag das TV nicht besonders) weiter.
Auch im FMA gehe ich, zumindest für uns, von einer eher "internationalen" Besetzung aus. Die Frühstädte (nach Def. Hermann) im Norden hatten in den Verkaufzeiten einen starken Anreiz für sehr interantionale Reisende.
So viel mal kurzgefasst
Sylvia
Projekte zur lebendigen Geschichte
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Eintrag #16 vom 10. Okt. 2003 07:16 Uhr
Joachim Meinicke
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Hallo Sylvia, das mit den Handelsreisenden ging mir wie gesagt auch im Kopf rum, aber die Texte, die ich dazu las, handelten eigentlich immer von früheren Epochen als dem HMA. Aber warum eigentlich nicht FMA oder früher? Gute Idee!
Gruß
Joachim
Marca brandenburgensis AD 1260
Märkisches Leben zur Zeit der Askanier
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Eintrag #17 vom 10. Okt. 2003 11:36 Uhr
Ranes Haduwolff
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Grüß Euch,
naja, im 12. und 13. Jhdt. liefen arabische Handelsschiffe Ostseehäfen an, um dort "Elektron", also Bernstein und Felle zu erhandeln…
miles roma ! miles imperatore ! Euer Haduwolff
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Eintrag #18 vom 10. Okt. 2003 13:17 Uhr
Stephen Pajer
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na ja, über Byzanz und Venedig/Genua kam so mancher exotische Import nach Mitteleuropa, warum nicht auch Menschen? Muß ja nicht unbedingt ein Sklave sein, auch ein Gesandter oder Botschafter wäre möglich. Weiters gäbe es die Möglichkeit, einen armenischen Christen darzustellen, der sich einem Kreuzfahrerheer angeschlossen hat und auf dem Heimweg seine alten Kameraden besucht. Der Klassiker allerdings, wäre, aus der seltenen Hautfärbung Kapital zu schlagen, und sich einer Truppe von Vaganten anzuschliessen (als Jongleur, Feuerfresser, Fakir oder ähnliches), denn die kamen auch damals sehr weit herum, und das Aussehen mancher Roma und Sinti (im Volksmund oft Zigeuner genannt) mutet oft stark indisch an.
im Frühmi evtl östlicher Reiterbogenschütze -> Hunnen und Co waren seehhr begehrte Söldner damals. (frag nach bei Andrew van Ross)
Aber wie bereits vorher gesagt wurde: Wenn du etwas darstellen willst, und dich eine Epoche interessiert, dann stelle sie dar, und wenn du es gut machst, wird sich niemand an der Hautfarbe stossen. Die Zeiten sind gottlob vorbei. Es muß ja auch nicht jeder Wickie groß und blond sein, oder jeder Ire rothaarig.
trotzdem interessantes Tzhema, das du hier aufgeworfen hast, danke
Stephen
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Eintrag #19 vom 10. Okt. 2003 16:22 Uhr
Bernd
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Ja, vielen Dank Euch allen, zumindest fürs Erste. Da waren ja schon viele interessante Ideen dabei. ICh muss wohl zugeben, mich wenigstens vorerst mal an einer "normalen" Darstellung (unxotisch) zu versuchen, doch früher oder später werde ich mir die Sache mit dem Händler oder Jongleur (ich kann nämlich ein bisschen jonglieren) wohl überlegen. Vielleicht verspüre ich ja eines Tages auch den Drang, wirklich (echt oder gespielt) Tuchhändler zu werden oder mich einer Gewürzkarawane anzuschließen. Dann werde ich auf Eure schönen Ideen zurückkommen.
Aber lasst Euch nicht abhalten, fleißig weiter zu diskutieren…
Viele Grüße
Bernd Lappé
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Eintrag #20 vom 13. Okt. 2003 08:36 Uhr
Joachim Meinicke
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Hallo Hadu, jetzt muß ich doch mal nachfragen, das mit den arabischen Handelsschiffen interessiert mich (und ist ja auch für den thread interessant). Kannst Du uns mehr Infos dazu geben? Von welchen arabischen Ländern kamen sie usw. Meinst Du Schiffe aus den Kreuzfahrerstaaten? Kannst Du Beispiele geben? Spannendes Thema.
Nach meinen Informationen lief der klassische Handelsweg über Italien, wovon dort ja so manche Handelstadt profitierte. Die Kreuzfahrerstaaten waren z.B. vollkommen von der Versorgung aus Italien abhängig. Im Gegenzug gabs Waren zurück gen Norden. Aber meist lese ich, mit einigen Ausnahmen, nur vom Transport übers Mittelmeer.
Gruß
Joachim
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Eintrag #21 vom 13. Okt. 2003 17:31 Uhr
Jens Dittrich
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Hi Joachim,
arabische Schiffe / Ostseehäfen ?
dazu fällt mir spontan ein: Haithabu !
(o.k. ist nicht HMA)…
Folgendes fand ich unter wwwmissunde.hhm.de/haithabu.htm: "…Für den arabischen Kaufmann AI-Tartushi aus Cordoba stellte sich der Ort allerdings anders dar. Schließlich kam er aus einer der Hochburgen mediterraner Kultur Er besuchte um 950 Haithabu und beschreibt den Ort in seinen Memoiren: «Haithabu ist eine Große Stadt am anderen Ende des Weltmeeres…"
Klingt interessant - werde mal versuchen mehr über diesen Kaufmann zu erfahren, ob er z.B. auf dem Landweg oder Seeweg nach Haithabu kam…
Viele Grüße, Akil ibn Jussuf Ar Raqib
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Eintrag #23 vom 14. Okt. 2003 11:24 Uhr
Ameli
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Hallo,
im Reiss-Museum in Mannheim gibt es ein nettes Büchlein: die vielen Informationen über/von Al-Tartuschi wurden zusammengetragen und als Roman verarbeitet.
In meinen Augen sehr gut recherchiert, die Originalquellen werden im Anhang genannt, einige Auszüge als Vergleich Original-Romantext werden angeboten.
Al-Tartuschi wählte von Cordoba aus den Seeweg nach Friesland. Von dort ging es zu Land weiter nach Haithabu. Von Haithabu aus nach Wollin per Schiff, dann Abstecher über Land nach Magdeburg und ins Fränkische. Die genaue Route müßte ich nachschlagen.
Dort gibt es auch einige nette Bemerkungen über die Pruzzen: "sie sprechen eine Sprache, die außer ihnen niemand versteht." Und: "die Männer stürzen sich einzeln in den Kampf ohne abzuwarten, bis Verstärkung da ist."
*g*
Titel und ISBN liefere ich nach.
Gruß
Ameli / Elisabeth von Tannenberg
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Eintrag #24 vom 18. Nov. 2003 18:15 Uhr
Jens Dittrich
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…hallo Ameli - hast du sie finden können ?
Viele Grüße, Akil
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Eintrag #25 vom 21. Nov. 2003 10:16 Uhr
Ameli
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Hallo Jens,
hier sind die Daten:
Irmgard Kraft, "Die große Reise des Herrn Ibrahim Ibn Ya’kub in die Länder des Nordens"
Sapiens Verlag Mannheim
ISBN-3-00-388-5
Ich habe die 2. Auflage zuhause. Viel Spaß beim Lesen!
Gruß
Ameli
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Eintrag #26 vom 22. Nov. 2003 20:22 Uhr
Jens Dittrich
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…vielen Dank, Ameli
Viele Grüße, Akil
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Eintrag #27 vom 22. Apr. 2006 12:17 Uhr
Grüße!
Also die richtige Darstellung als jemand der eher dunkler ist, ist meiner Meinung nach jemand aus dem Nahen Osten, den dort war der zustrom auch von Indern nicht gering, besonder da die Islamischen Heere ja bis nach Indien kamen, ausserdem war Sizilien ja auch bis zu ihrem Fall durch die Normannen in Arabischer Hand, und haben auch lange dannach noch in den Heeren der dortigen Machthaber gedient, besonders die Infantry Bogenschützen, die aus der (noch Moslemischen, wenn nicht Zwangschristianiesierten) Bevölkerung rekrutiert wurden, waren sehr begehrt.
Friedrichs Leibgarde bestand aus Sarazenen.
Die Frage ist nur, was eine Darstellung wie diese in Deutschland macht.
Handel wurde meines Wissens fast nur mit Italien (HM) und Skandinavien bzw. Nowgorod (Russland) getrieben(FM), was Europa angeht, und da holte man sich "Sklaven" die man für die Armee brauchte und auch Waffen.
Also die Darstellung an sich ist kein Problem, auch als Händler nicht, nur der Grund müsste gut überlegt sein.
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Eintrag #28 vom 05. Jun. 2006 14:58 Uhr
Atir Kerroum
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Der märchenhafte Reichtum der Mauren beruhte auf der Produktion und dem Vertrieb von spanischer Seide. Die haben ganz Europa damit beliefert. Gehandelt wurde genug…
Gruß
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Eintrag #29 vom 21. Jun. 2006 09:31 Uhr
Wolfgang Stocker
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Das ist ein gutes Thema, wir suchen für eine Freund der erkennbar Nordafrikanischer Abstammung ist eine glaubwürdige darstellung um 1500. Nun ist mir bekannt daß in der Schwarzen Garde welche um diese Zeit in Norddeutschland ihr Unwesen trieb eine erwähnenswerte Anzahl muslimischer Söldner mitwirkte. Ich konnte aber bisher keinerlei genauere Beschreibung dieser Leute finden. Welche Kleidung trugen sie? waren sie wie Landsknechte gekleidet und bewaffnet oder noch als Mauren erkennbar ?? u.s.w. hat jemand hierzu vieleicht einen Link parat oder eine Buchquelle oder ähnliches. Auch zu anderen Anstössen meinen Kumpel in unsere Landknechtstruppe glaubwürdig zu integrieren würd ich mich freuen.
Danke
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Eintrag #31 vom 27. Jun. 2006 18:18 Uhr
Johann Anton Mattes
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Dunkelhäutige im Mittelalter - Warum eigentlich im MA?
Wie sehr hängst du eigentlich an dem zeitlichen Rahmen des Mittelalters?
Ich frage nur weil sich deine dunkle Haut in einem Antiken Kontext und über den römischen Auxiliar viel leichter in den geographischen/historischen Raum eingliedern ließe. So war zum Beispiel in Straubing (tiefstes Bayern) ein tausend Mann starke syrische Bogenschützen Cohorte stationiert.
Mfg: Johann
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Eintrag #32 vom 21. Jul. 2006 10:53 Uhr
Ina-Susanne Fischbach
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Hallo,
hab ein Bild so etwa um 1500, welches einen Farbigen "Trompeter" darstellt, allerdings englisch. Fragt und schlagt mich aber bitte nicht, von Musikinstrumenten habe ich null Ahung.
Wenns interessiert, einfach mail an mich. Weiß nicht, wie ich es so hier reinsetzen könnte.
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Eintrag #33 vom 22. Jul. 2006 17:51 Uhr
Johann Anton Mattes
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Für dich Katharina und für alle die vor dem gleichen Problem des Postens von Bildern stehen.
Einfach einscannen.
Hier hochladen: imageshack.us
und dann verlinken. Fertig.
Mfg: Johann
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Eintrag #34 vom 22. Jul. 2006 22:05 Uhr
Ina-Susanne Fischbach
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oh, danke dir :-)
Also, hab das zwar nicht ganz begriffen, hoffe, dass es so klappt
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Eintrag #35 vom 24. Jul. 2006 07:27 Uhr
Steffen Zimmermann
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Moin Leute,
mir ist mindestens 1 Bild bekannt, in dem ein schwarzer auf pragmatischer Schriftlichkeit geeigt wird.
Also weder als böser, noch als guter.
Gruß
Steffen
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Eintrag #36 vom 26. Jul. 2006 14:16 Uhr
Georg
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Ich sehe da gar kein "Problem".
Zahllose Europäer haben keinerlei Schwierigkeiten damit, etwa Araber darzustellen, oder Mongolen, Japaner und so weiter.
Stört sich kein Mensch dran.
Also ist es auch völlig unproblematisch, wenn ein Mensch, der kein Europäer ist, einen Weißen darstellt.
Oder wollt ihr jetzt auch noch "Rassennachweise" einführen? Denke ich mal eher nicht, oder?
Also - ist doch völlig wurscht, welche Hautfarbe jemand hat.
*mal etwas nachdenklich den Kopf schüttelnd*
Giraut
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Eintrag #37 vom 26. Jul. 2006 14:26 Uhr
Jens
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Giraut, tu bitte allen hier einen Gefallen, und fang nicht im vorrauseillenden Gehorsam an, hier Bedenken zu streuen, die die Fragesteller, die es ja auch betrifft, nicht teilen.
Wenn jemand, dessen ßusseres für das mitteleuropäische Mittelalter untypisch wäre, sich Gedanken ob einer guten Integration seiner Darstellung macht, und ihn andere beraten, finde ich das sehr, sehr gut.
_Verbieten_ kann niemanden in diesem Hobby niemand etwas, und wird es auch sicher nicht.
Nur den gleichen Herausforderungen wie diejenigen, die Du beschreibst, müssen sich halt alle stellen.
Ich stelle auch keinen Zulu der Kolonialkriege dar, weil das zu meinem Aussehen nicht passt. Und fühle mich keineswegs diskriminiert. Auch wenn ich es tun könnte, wenn ich das wollte.
Ausserdem ist es ein interessantes Thema was man jetzt wirklich nicht durch falsche Bedenken torpedieren muss.
Daher bitte, mehr davon.
Gruß, Jens
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Eintrag #38 vom 19. Sep. 2006 20:33 Uhr
Klaas König
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Hallo, Ihr Alle!
Als Neuling gefällt mir dieser thread extrem gut. Der historische Hintergrund beleuchtet ja auch irgendwie unsere heutige Situation.
Hat wer ne Ahnung wie solche Leute, wenn sie nicht gerade zu "schwarzen Garden" gehörten oder als große diplomatische Herren auftraten, vom "Normalvolk" aufgenommen wurden? (ok, da sind wahrscheinlich die Quellen eher jüngeren Datums).
Klaas von Ochsenwang
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Eintrag #39 vom 20. Sep. 2006 10:00 Uhr
Holger Herzog
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Also mir ist spontan auch erst mal die Talhofferdarstellung (siehe unten) eingefallen. Da gibt es doch noch die Moresken wwwstadtmuseum-online.de/morisk5g.htm. Also für das 15. Jahrhundert und später sehe ich da kein Problem. Sicher ist man als Mensch mit anderer Hautfarbe selten in der Zeit anzutreffen, aber warum nicht? Und wenn man jetzt noch mal alles ließt kommt ja schon eine Menge zusammen, was und wie man was Darstellen kann und das Ganze quer durch die Zeit.
Holger
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Eintrag #40 vom 14. Feb. 2007 13:52 Uhr
Christian Schluck
Vielleicht wäre hier auch die Geschichte vom Benedikt der Mohr interessant de.wikipedia.org/wiki/Benedikt_der_Mohr
Ist zwar am Ende des Mittelalters, aber es scheint wohl die Möglichkeit gegeben zu sein, im Mittelalter als jemand mit dunkler Hautfarbe einen Geistlichen Darzustellen.
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Eintrag #41 vom 03. Feb. 2008 11:24 Uhr
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
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Ich hätte noch einen Landsknecht anzubieten. Scheint sich um das direkte Gefolge eine Heerführers zu handeln, also ein vorweg genommener Hofmohr.
Schöne Grüße
Andrej
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Eintrag #42 vom 03. Feb. 2008 19:46 Uhr
Wilfried Masberg
Hallo, alle miteinander,
Nicht kaukasisch aussehend Mensche aller hautschattierungen gab es in Norddeutschland mindestens seit der Römerzeit, und es gab die Einwanderer und Hängengebliebenen, Ein teil des Adels war hunnischer Abstammung, im fränkischen Troß waren sicher gefangene Mauren und deren erbeutete Sklaven, und die sind sicher nicht immer mit der Herrschaft zurückgewandert. Bruno war schließlich ein verbreiteter Name und das heißt der Braune
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Eintrag #43 vom 04. Feb. 2008 00:56 Uhr
Birgit
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Bezog sich der Name Bruno nicht auf Brun und somit in seiner Bedeutung auf den Bären?
Ich kann mir vorstellen das man in den Hafenstädten durch den Handel schon mal einen Nichteuropäer gesehen haben könnte.
Aber es dürften sehr wenige gewesen sein.
Und die Leute die sich zum hierleben entschlossen haben, dürften schon riesige Ausnahmen und auch für Ottonormalbürger eine Sensation gewesen sein.
Nur eine ßberlegung, die sich nicht auf Quellen stützt.
LG
Bridget
(Man lernt dazu…)
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Eintrag #44 vom 04. Feb. 2008 01:01 Uhr
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Der Beiname "Die Rote" weißt ja auch nicht zwingend auf eine Indianerin hin.
Ich würde aus dem Namen allein nun - selbst wenn man trotz der von Bridget genannten Zweifel auf die Farbe schließen will - nicht unbedingt die Hautfarbe vermuten.
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Eintrag #45 vom 04. Feb. 2008 03:07 Uhr
Roland Schulz
hallo wilfried,
ich würde gerne mal ein, zwei punkte nachhaken.
"Nicht kaukasisch aussehend Mensche aller hautschattierungen gab es in Norddeutschland mindestens seit der Römerzeit, und es gab die Einwanderer und Hängengebliebenen.."
du willst damit sagen, dass sich seit der römerzeit nennenswert nicht-europäer in norddeutschland (wäre auch noch genauer zu definieren, ich verstehe hier nun teile westfalens, niedersachsen, meck-pomm und schleswig-holstein) angesiedelt hätten, verstehe ich das richtig?
wenn ja, wo sollen die hergekommen sein und wann sollen sie wo gesiedelt haben?
bitte um aufklärung. :-)
"Ein teil des Adels war hunnischer Abstammung.."
woran lässt sich das festmachen? kennst du da genetische untersuchungen oder andere belege für diese aussage?
"..im fränkischen Troß waren sicher gefangene Mauren und deren erbeutete Sklaven, und die sind sicher nicht immer mit der Herrschaft zurückgewandert.."
ist das eine vermutung deinerseits oder gibt es hierfür quellen? hatte jeder fränkische tross demnach gefangene mauren und deren sklaven dabei und vor allem: liess man in norddeutschland, also bei sachsen, angeln und friesen sklaven sich vermehren?
gibt es hierfür quellen, wilfried?
wenn man eine parallele in der besiedlung/eroberung britanniens durch die angeln und sachsen ausmachen will (was nicht so abwegig ist, da es sich hier um den gleichen zeitraum und die gleichen volksstämme handelt), dann kann man aufgrund von genetischen untersuchungen und wenigen schriftlichen quellen (z.b. beda venerabilis in "kirchengeschichte des englischen volkes", 731 oder gildas´ "de excidio britonum" (ca. um 550 entstanden, unbedingt aber vor 570) ), in denen den unterworfenen britischen sklaven der angelsachsen eine fortpflanzung nicht erlaubt war.
das könnte z.b. ein logischer grund für das aussterben der britischen sprache innerhalb nur zwei generationen (!) in england sein, da die neuankömmlinge sich mit den britischen "beute"frauen vermehrten, während die britischen männer schlicht ausstarben - die nächste generation lernt erst gar kein britisch mehr…
zurück zu den "norddeutschen", also den hier gebliebenen sachsen und angeln..
nimmt man diese angewohnheit der ausgewanderten auch für die alte heimat an, so findet keine erkennbare vermischung statt - selbst wenn wir von überhaupt nennenswerten einflüssen aus nichteuropäischen regionen ausgehen, wofür mir zumindest jeglicher hinweis unbekannt wäre.
selbst WENN eine vermischung stattgefunden HßTTE, so müsste dies schon eine überhaupt nennenswert große gruppe "einwanderer" gewesen sein, um genetische oder sogar erkennbar andere hauttypen zu generieren, nicht?
nach untersuchungen zu dieser thematik trifft im gegenteil scheinbar etwas anderes zu:
die ursprünglichen einwohner süd- und ostenglands haben eine fast deckungsgleiche DNA mit den nord(west)deutschen und dänen.
ganz im gegensatz zu der variante engländer verglichen mit walisern, einwohnern cumbrias oder den schotten.
ebenso ist die DNA ursprünglich nord(west)deutscher einwohner recht verschieden mit der der süddeutschen, vermutlich weil HIER tatsächlich eine starke mischung mit romanokeltischer bevölkerung und anderen gruppen stattgefunden hat.
im zuge einer durch die letzten kriege und vertriebungen, sowie die seit dem 19. jhd. durch industrialisierung ausgelösten bevölkerungsverschiebungen, ist hier dann noch einmal deutlich bewegung entstanden - im wahrsten sinne.
gruß,
roland
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Eintrag #46 vom 04. Feb. 2008 20:42 Uhr
Wilfried Masberg
steht bei mir was von "viele" oder "nennenswerte Bevölkerungsgruppe"
Süddeutschland ist wohl anders rum, romanokeltische Urbevölkerung mit dazugekommenen. Oder habe ich da mal was falsches gelernt von wegen Alamannen, Sueben und Langobarden? Es gibt in "Norddeutschland" durchaus noch andere Leute als Sachsen, Angeln und Friesen :-)
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Eintrag #47 vom 05. Feb. 2008 00:27 Uhr
Roland Schulz
nein wilfried, das steht bei dir nicht. deshalb ja auch meine nachfragen, weil es eben nicht sehr konkret formuliert ist. :-)
leider hast du meine fragen zu "hunnischer abstammung" und "maurische mitbringsel" noch nicht beantwortet. es würde mich sehr freuen, wenn du mir das noch erklärtest.
zu deiner antwort betreffs "süddeutschland" und der zusammensetzung/besiedlung durch diverse volksgruppen/stämme:
die ursprüngliche ausbreitung germanischer stämme VOR der römischen expansion an den rhein und darüber hinaus (ab etwa 50 v. chr.), fand ihre südgrenzen nach modernem kenntnisstand wohl etwa südlich der sauerlandlinie, von westen nach osten gesehen bis etwa zum heutigen thüringen und östlich dann weiter noch entlang der weichsel bis hoch zur ostsee. (nach prof. dr. wilfried menghin, prof . für archäologie an der uni berlin und direktor des museums für vor- und frühgeschichte). *
die gebiete südlich davon sind bereits hunderte jahre lang durch kelten besiedelt gewesen. diese haben sich (im römischen einflussbereich und innerhalb der grenzen) über rund 250 bis ca. 450 jahre, je nach region) stark mit den spätestens ab dem ausgehenden 2. jahrhundert "stationären" legionen, bzw. ihren soldaten gemischt und eine romanokeltische bevölkerungsschicht gebildet. beweise dafür finden sich reichlich in den vor militärstützpunkten entstandenen siedlungen oder gar städten im fundgut.
südlichere stämme wie die der chatten oder markomannen sind als "germanenstämme" mittlerweile sogar umstritten und könnten keltischer kultur zugeordnet werden.
menghin geht nach neueren erkenntnissen aus der archäologie davon aus, dass die ab dem 3. jahrhundert eingewanderten alamannen, thüringer, und später der bajuwaren oder langobarden, der unterworfenen urbevölkerung wahrscheinlich weit weniger ihren "genetischen stempel" aufgedrückt haben als bisher gedacht.
das würde auch die sehr große anzahl der in frühen schriftbelegen aufgeführten unfreien (im falle der alamannen rund 50% ) erklären, die für germanische verhältnisse eigentlich ungewöhnlich hoch ist und bei den sachsen z.b. so nicht vorkommt.
ebenso geht menghin davon aus, dass die urbevökerung im süden teilweise in die randgebiete und unwirtlicheren regionen abgedrängt wurde, während die neuen "herren" sich nun auf dem guten und erschlossenen land ausbreiteten.
diese these begründet sich auf flur- und flussnamen, sowie siedlungsnamen im süddeutschen (BW und Bayern), die nicht selten einen keltischen ursprung behalten haben - eine interessante tatsache, die wir auch hier in meiner region so feststellen können, im "überwiegend germanischen" norden deutschlands dagegen nicht.
all dies wird untermauert durch die funde aus süddeutschen reihengräbern, bei denen teilweise hunderte gräber dicht beieinander liegen - und diese mehrheitlich keine grabbeigaben aufweisen - was bei den begräbnissen der romanokelten auch unüblich war. stellenweise finden sich sogar große friedhöfe, auf denen vermutlich kein einziger "echter germane" begraben wurde, wohl aber viele zumeist christianisierte unfreie.
in gräberkomplexen des 5. und 6. jhd. lässt sich dann sogar teilweise eine übernahme der "neuen begräbnisriten" erkennen, was die vermutung nahelegt, dass die mehrheit der ureinwohner die kultur und lebensweise (auch den glauben?) der germanen übernahm.
soviel in "kürze" zu deinem einwand von meiner seite. man könnte hiern och viel mehr..aber das liest ja doch keiner. ;-)
gruß,
roland
*
Frühgeschichte Bayerns, Wilfried Menghin, Theiss Verlag, Stuttgart, 1990
Die Alamannen, herausgegeben vom archäologischen Landesmuseum Baden - Württemberg, Theiss Verlag
sowie:
Der Reihengräberfriedhof von Donzdorf, Eduard M. Neuffer, Verlag Müller & Gräff kommissionsverlag Stuttgart, 1972
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Eintrag #48 vom 24. Feb. 2008 16:33 Uhr
Daniel Moore
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Mein lieber Freund Bernd,es gab schon große schwarze Reiche bevor die ßgypter ihre ersten Pyramiden bauten und auch "die" waren in der Regel dunkelhäutig(ein bisschen heller; nach Alexander).
Sogar Alexander der Große, wußte von den tausend Jahre alten hochkultivierten indischen Reichen und nannte sich selbst einen Barbar!?
Julius Cesar’s Elitetruppen bestanden aus freien adligen nubischen Kriegern.
Keltische Stämme leisteten im Mittelalter, Waffendienste für schwarze Könige.
Laut der Sage von "PARZIFAL" stand sein Vater
Gachmuret von Anjou dem Baruch von Bagdad zur Seite.
Parzifals Halbbruder(auch ein großer Held und König),namens Feirefiz war Mischling,gezeugt mit einer schwarzen Königin und seinem Vater Gachmuret(später genannt"Priester Johannes").
Die beiden fanden den "GRAL".(nur eine Sage).
Vor den zwei neuen,"EINZIGEN" Religionen war
unsere Erde wohlweislich gemischter,als wir heute denken.Doch bis zum späten Mittelalter war davon kaum noch etwas zu sehen.
Viele "GßTTER",mehr Meinungsaustausch!
Genau das was uns heute fehlt !!!
MfG Daniel Moore
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Eintrag #49 vom 24. Feb. 2008 17:57 Uhr
Wolfgang Ritter
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Hallo Daniel,
ich bin etwas verwirrt, inwieweit Deine Antwort einen Bezug zur Ausgangsfrage hat. Es schien mir nicht, als sollte hier eine irgendwie eurozentristische Zivilisationsdebatte betrieben werden. Tatsächlich bezweifle ich nicht, dass im Namen der beiden großen Religionen Christentum und Islam schlimme Verbrechen geschehen sind und auch noch geschehen mögen. Genauso bezweifle ich aber eine aus Deinen Formulierungen ersichtliche Toleranz antiker Religionen und Kulturkreise. Mir scheint, Du verwechselst die Begriffe Toleranz und Ignoranz.
Sei es, wie es will, die "keltischen Stämme" im Mittelalter hätte ich aber schon ganz gerne erläutert. Ich lasse mich ja gerne bilden, aber irgendwie kann ich die Kelten - so schwammig der Begriff auch tatsächlich sein mag - eher nicht im Mittelalter,also grob zwischen 6. und 15. Jhdt. im Dienste schwarzer Könige verorten. Oder ist die Geschichte von Feirefiz etc. als Beleg hierfür gedacht?
Verwirrt,
Wolfgang
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Eintrag #50 vom 25. Feb. 2008 08:40 Uhr
Andreas Ahammer
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1. Feirefix ist ja auch der Beleg für schwarz-weiß quergestreifte Menschen im Mittelalter.
2. NATßRLICH nannte sich Alexander einen Barbaren, weil er kein Grieche war. Nichts anderes als die griechische Sprache definiert einen Menschen nämlich zu dieser Zeit und barbaroi bedeutet im übertragenen Sinne "nicht-griechisch-sprechend"…
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Eintrag #51 vom 06. Apr. 2008 09:27 Uhr
Lars-Christoph Klein
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Hallo Andreas, nur drei kleine Anmerkungen:
1.) Der Knabe schreibt sich mit z am Ende,
2.) Er war nicht quergestreift, sondern gefleckt "wie beschriebenes Pergament",
3.) Im Text wird er als "wunder", also als fremdartig und absolut außergewöhnlich bezeichnet und eignet sich daher eher schlecht als Beleg, wenn man die Grundregel der Sprachwissenschaften als Maßstab nimmt: "Einmal ist keinmal, zweimal ist immer!"
LG
Lars
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Eintrag #52 vom 30. Mrz. 2012 21:23 Uhr
Marcial
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Hi! Ich weiß nicht ob das Themna noch aktuell ist…ich antworte aber trotzdem mal:
1.Also die Idee mit dem Mauren ist schon nicht schlecht. Mauren haben 700 Jahre lang auf dem europäischen Kontinent gelebt und Jahrhunderte lang, weite Teile des heutigen Spaniens und Portugals beherrscht.
2. Gibt es Quellen über den Besuch zweier christlicher Mönche aus Äthopien die in Augsburg zu Gast waren, dort eine Messe halten durften und durchs Reich gewandert sind.
Wenn Interesse besteht, schaue ich nochmal genau nach und gebe dir den entsprechenden Literaturhinweis.
Beste Grüße
Marcial
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Eintrag #53 vom 17. Dez. 2012 15:23 Uhr
Clemens
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Also ich sehe bei der Darstellung von farbigen, zumindest im späten Mittelalter keine Probleme. Nimm Dir einfach mal das Thott 290°, einem Fechtbuch aus dem 15. Jahrhundert vor. Darin findest Du einige farbige.
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Eintrag #54 vom 17. Dez. 2012 16:29 Uhr
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
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In einer Ausgabe des Tacuinum sanitatis sieht man eine Frau mit dunkler Hautfarbe. Italienisch, 14. Jahrhundert.
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Eintrag #55 vom 17. Dez. 2012 17:59 Uhr
Sebastian Ernst
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hm…ich weiss nicht ob ich es bedenklich finden soll, dass hier explizit zu darstellungen geraten wird, in denen das äußere vermeintlich passt, da explizit danach gefragt wurde. andererseits könnte das bereits ausdruck einer falsch verstandenen "authenizitätsdebatte" sein, von daher mal, wenn auch zeitlich verlagert hier ein paar grundsätzliche gedanken, die leider nur in einem beitrag zum tragen kamen, die ich aber für wichtig halte, wenn sich von grundsatz her "die szene" oder "das hobby" dem vorwurf mangelnder reflektion oder gar der reproduktion zweifelhafter weltdeutungen ausgesetzt sehen will…
die frage ist, was "darf" jemand darstellen, der nicht den üblichen sehgwohnheiten entspricht, als bsp jemand "dunkelhäutiges" und ich denke die erste antwort sollte sein:
natürlich kann in einer postmodernen welt jeder jeden darstellen, ganz gleich, ob es sich dabei um ein anderes geschlecht oder eine andere ethnie handelt. der grund liegt, neben anderen, vor allem darin, dass eben bestimmte kategorien nicht naturalistisch rückgebunden werden sollen, wie
es in der postmodernen weltsicht überwunden sein soll.
das heisst nichts anderes als das jeder relativ frei ist, sich seine kultur und deren tradition zu wählen und darzustellen und nicht über vermeintliche äußere merkmale an kulturen rückgebunden werden darf, was sowohl methodisch, erkenntnistheoretisch, moralisch, als auch pädagogisch-didaktisch ein problem wäre.
das historisch bestimmte kulturen bestimmte für fremde auffallende äußerliche merkmale ihrer angehörigen aufweisen ist eben nichts natürliches (zwangsläufiges oder gar wichtiges) und kann so, als bildungsbeitrag (was imho mehr wert ist als beiträge zum wissen), thematisiert werden.
das auch heutige sehgewohnheiten immer noch an bestimmten scheinbar natürlichen kategorien über äußerlichkeiten festhalten ist zu problematisieren und nicht als begründung zu nehmen. statt über diese sehgewohnheiten also bestimmte vorstellungen zu reproduzieren müssen diese vielmehr dekonstruiert werden. damit ist es nicht nur erlaubt (moralisch hingegen sowieso geboten), sondern sogar nützlich wenn andere ethnien dargestellt werden.
nebenbei ist der zugang methodisch tendentiell sauberer, da nicht vermeintliche traditionen und eine vermeintliche aber in realis nicht existente ähnlichkeit und identifikation dem ergebnis im wege steht.
das nur als gedankengang gegen einen expliziten oder auch nur impliziten "zwang" es gäbe geschlechtliche oder ethnische grenzen der darstellung. im vergleich zum versuch eine person aus einer anderen zeit und damit notwendig einer völlig anderen kultur darzustellen, sind die probleme einer anderen ethnie verschwindend gering…
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Eintrag #56 vom 17. Dez. 2012 17:50 Uhr
Martin Fischer
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…, dass immer wieder Schwatte z.B. auf Tafelbildern auftauchen - so z.B. bei Bosch oder Memling. Sie erscheinen da nicht unbedingt als außergewöhnlich, denn sie werden i.d.R. ja nicht als Besonderheit herausgestellt, bleiben aber natürlich in der Minderzahl.
Interessant ist, denke ich, dass - zumindest auf den Gemälden, die das Weltgericht zeigen - kein Unterschied in Sachen Sündhaftigkeit bzw. Frömmigkeit zwischen Schwarzen und Weißen gemacht wird, denn man findet sie sowohl auf der Paradies- wie auch auf der Höllenseite.
Ansonsten hat Sebastian da gerade etwas Wichtiges geschrieben…
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Eintrag #57 vom 17. Dez. 2012 20:38 Uhr
Florian
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@ Sebastian: Ich teile deine Ansicht, dass überkommene bzw. historische soziale Rollenmodelle nicht unreflektiert übernommen oder gar als heute wirkmächtige, zumal exkludierende, Grenzziehungen verstanden werden sollten. Gleichwohl sehe ich in deinem Ansatz große Gefahren, die angesprochen werden sollten - versteh mich also bitte nicht falsch, wenn ich jetzt ein wenig "dagegenschieße".
So sehe ich es nicht als Aufgabe einer Darstellung, Vehikel für heutige weltanschauliche Fragestellungen zu sein. Ließen wir das zu, so würden wir - nun im Mäntelchen ehrenhafter Absichten - einen Umgang mit den historischen Quellen (re?)aktivieren, der eigentlich auf die Müllhalde der Vergangenheit gehört: die übermäßige Verquickung von Quellenauswertung und Vermittlung mit einer ideologischen Agenda. Freilich sehe ich, dass "Geschichte" stets auch interpretiert wird, doch sollten wir die Einfallstore dafür so restriktiv wie möglich handhaben. Andernfalls verheddern wir uns in Fallstricke, derer wir nicht Herr werden können. Denn wie stellst du etwa sicher, dass dann deine Mitdarsteller weltanschaulich ähnlich ticken oder nicht aus ganz anderen Hintergründen kommen? Ist es überhaupt Voraussetzung einer Darstellung, dass man in gegenwärtigen weltanschaulichen Fragen uniform ist? Ich diskutiere ja auch gerne mit meinen Mitdarstellern über alles mögliche, doch in der Darstellung hat meine politische/emanzipatorische/religiöse Anschauung nichts zu suchen, schon gar nicht gegenüber dem Publikum. Sonst verkaufen wir eine Mogelpackung: Wenn ich Ausführungen über die heutige Welt, so wie sie sein sollte, hören will, besuche ich eine eine einschlägige sozialwissenschaftliche Veranstaltung, aber keine historische Vermittlung.
Noch deutlicher: Würden Darstellerinnen in Vollplatte oder Darsteller im Kleid etwas von Dekonstruktion von Geschlechterrollen etc. schwurbeln, fühlte ich mich auf deutsch gesagt schlicht verarscht und ich sähe das als eine gewisse Vergewaltigung der Quellen. So komme ich quellenmäßig zB über historisch existente Geschlechterrollen schlicht nicht hinweg - da ist es irrelevant, was ich heute davon halte. Ich kann das im Rahmen der Darstellung freilich thematisieren, aber eine Entstellung des quellenmäßig Belegbaren, wie du ihr in deinem Ansatz doch recht deutlich das Wort redest, ist hier m. E. fehl am Platz. Da sollte man doch trennen, um nicht in die "Idealismusfalle" zu tappen.
Überdies: Du sprichst sehr absolut davon, dass "zu dekonstruieren ist" oder dass "zu problematisieren ist" - mir ist der entprechende akademische Diskurs wohl bekannt, doch sind das etwa allgemeingültige, quasi naturgesetzliche Vorgaben? Oder wäre nicht auch einmal das obiter dictum von der obligatorischen Dekonstruktion zu dekonstruieren? Oder zumindest mal zu reflektieren, auf seine Sinnhaftigkeit zu hinterfragen? Zudem scheint mir die "postmodernistische Weltsicht" nicht gar so verpflichtend zu sein, wie du es zumindest formulierst - schon gar nicht als eine über jede Kritik erhabene, allgemeinverbindliche Anschauung. Was zB mit jenen, die diese Sicht nicht teilen - sind die etwa nicht diskursfähig? Die Weltsicht will ich da doch jedem selbst überlassen. Du riskierst sonst doch genau die Exklusion aufgrund künstlicher Konstrukte, die du zu Recht aufzulösen suchst. Für die Darstellung und Vermittlung zählt für mich mehr das methodisch saubere, quellenmäßig Belegbare - freilich mit aller Vorsicht hinsichtlich der damit verbundenen und von dir auch aufgezeigten Schwierigkeiten, da mache ich mir keine Illusionen.
Soviel dazu, du hast mich einfach herausgefordert, mal zu widersprechen. Zur Klarstellung: Mein Beitrag will sich nicht als reaktionär, sondern als ein Aufzeigen der von mir ganz subjektiv gesehenen Gefahren deines Ansatzes verstanden wissen.
Schöne Grüße,
Florian
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Eintrag #58 vom 17. Dez. 2012 20:39 Uhr
Sebastian Ernst
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erstmal danke für deinen beitrag.
ich sehe es, wie sollte es auch sein, in einigen punkten anders.
das problem bei einer darstellung ist, dass sie vom zuschauer interpretiert wird und das dank unseres bildungssystems nicht selten positivistisch. und hier liegt das problem. wir kommen gar nicht umhin bestimmte weltdeutungen zu (re)produzieren. geschichte gibt es nur als narration und in jeder narration gibt es perspektive und selektion und nicht zuletzt die eigene weltdeutung die sich spiegelt, ebenso in der rezeption (sie ist also immer ideologisch)
die gefahr, die du erwähnst, existiert also ohnehin. mir geht es darum, die darstellung eben auch unter dem aspekt meist positivistischer rezeption zu denken und diese zu brechen, denn auch das ist eine wichtige historische erkenntnis, die nichtzwangsläufigkeit von geschehenem und nichtzwangsläufigkeit von auf den ersten blick interpretativ gesehenem wenn man so will.
es geht dabei nicht um uniformität, nur darum, nicht dem positivismus zu verfallen und eben genau dinge schlicht als natürlich gegeben hinzunehmen, normativ aufzuladen und genau das zu tun, was du anprangerst, nämlich geschichte als begründung eigener ideologie zu benutzen.
"doch in der Darstellung hat meine politische/emanzipatorische/religiöse Anschauung nichts zu suchen"
das problem hieran ist, das genau das immer teil dessen ist, kein forscher (und in gewisser weise sind das alle die einen gewissen anspruch haben) tritt aus sich selbst heraus und keine arbeit ist ohne seinen background.
es geht auch nicht um die welt wie sie heute sein soll, sondern um eine fehldeutung der geschichte.
"Noch deutlicher: Würden Darstellerinnen in Vollplatte oder Darsteller im Kleid etwas von Dekonstruktion von Geschlechterrollen etc. schwurbeln, fühlte ich mich auf deutsch gesagt schlicht verarscht und ich sähe das als eine gewisse Vergewaltigung der Quellen."
ehrlich gesagt würde ich eine frauendarstellung von einem mann sehr spannend finden (neben den methodischen vorteilen die dies hätte), wobei die frage ist, was wird dargestellt. das biologische oder das soziale geschlecht? ist beides trennbar? das sind fragen, die auch bei der positivistischen darstellung, wie ich sie mal nennen will, entschieden werden. es ist auch keine "vergewaltigung" der quellen (nicht mehr als wenn beleibtere schlanke darstellen, große kleine, usw. die kategorien erscheinen uns und das ist ebenfalls zu thematisieren, als weniger gewichtig und schließlich nicht schlimmer als der umstand, dass ein moderner mensch einens historischen darstellt, der eben aus einer anderen kultur kommt, einen anderen habitus hat, usw.), sondern schlicht eine konstruktivistischere lesart, die bspw. das biologische geschlecht als unbedeutend im vergleich zum sozialen sieht. nicht zuletzt ist es ein handfestes moralisches problem jemandem aufgrund äußerer merkmale die identifikation und darstellung eines bestimmten kulturkreises vorenthalten zu wollen. auch das ist eine ideologische entscheidung (auch ohne das es was mit dem gemeinen rassismus zu tun haben muss), es ist ein bekenntnis zu einer weltdeutung und eine position zum bildungsaspekt einer darstellung.
"So komme ich quellenmäßig zB über Geschlechterrollen schlicht nicht hinweg - da ist es irrelevant, was ich heute davon halte."
aber es geht darum rekonstuktion nicht in reproduktion zu verwandeln. geschlechterrollen sind konstrukte und nicht zwangsweise biologisch determiniert. darum geht es. ich kann sehr gut eine solche darstellung denken, denn diese vereint beides, zum einen das wissen um die soziale konstruktion der frau und ihre rolle, als auch den bildungsaspekt, dass soziale rollen nicht an biologische merkmale gebunden sein müssen. es war anno dazumal so, die ist aber eben kein beispiel für natürliche gültigkeit, die erneut bestätigt wird, wenn eine frau nur die soziale rolle einer frau darstellen darf.
"Überdies: Du sprichst sehr absolut davon, dass “zu dekonstruieren ist” oder dass “zu problematisieren ist” - sind das etwa allgemeingültige, quasi naturgesetzliche Vorgaben?"
will man kritisch und wissenschaftlich bleiben ist das nötig, freilich auch im hinblick auf "das obiter dictum von der obligatorischen Dekonstruktion"
"Was zB mit jenen, die diese Sicht nicht teilen - sind die etwa nicht diskursfähig?"
doch, mit diesen wäre zu diskutieren. das postmoderne denken hat sich in der wissenschaft aber durchgesetzt und das wie ich finde mit gutem grund, wobei man eher vom postpostmodernen denken reden müsste…
"Für die Darstellung und Vermittlung zählt für mich allein das methodisch saubere, quellenmäßig Belegbare."
sehe ich auch so, erweitere es aber über eine archäologische ebene hinaus auf eine kulturwissenschaftliche. das hat viel damit zu tun, worum es einem geht, wissensvermittlung oder bildung oder gar "schlichtes" hobby.
ich wollte auch keinen alleingültigen anspruch erheben, nur die sache von einer anderen ebene betrachten helfen.
"Zur Klarstellung: Mein Beitrag will sich nicht als reaktionär, sondern als ein Aufzeigen der von mir gesehenen Gefahren deines Ansatzes verstanden wissen. "
hab ich auch so verstanden.
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Eintrag #59 vom 17. Dez. 2012 21:06 Uhr
Florian
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… für deine Rückantwort. Schön, auch aus gegensätzlichen Positionen heraus konstruktiv diskutieren zu können. Deine Ergänzungen haben für mich vieles klarer gemacht, was dein Anliegen bzw. auch den Hintergrund betrifft. Deine/eure Homepage ist da je auch sehr aufschlussreich, habe mich dort noch etwas eingelesen.
Insoweit werde ich auch garnicht den Ball wieder zurückspielen und dem wieder meine Auffassungen (die bei einigen Punkten dank deiner Antwort doch nun gar nicht mehr so weit von dir weg liegen) entgegenhalten. Ich sehe gewisse Punkte freilich immer noch - teils grundsätzlich- anders, aber diese Spannung kann man je nach Ansatz der Darstellung ja auch durchaus aushalten. Wahrscheinlich, und da bin ich ganz deiner Meinung, spielt da ja auch unser jeweiliger persönlicher/fachlicher HIntergrund eine nicht zu unterschätzende Rolle. Ansonsten hängt es in der Tat davon ab, worum es einem bei seiner Darstellung geht. Ich kann mit deinem Ansatz, trotz fragloser Differenzen inhaltlich und über den rechten Platz, auch grundsätzlich eher leben als mit dem Bedienen überholter Stereotype. Ich wäre nun einmal gespannt darauf, deinen Ansatz in der Praxis umgesetzt zu sehen ;-)
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Eintrag #60 vom 17. Dez. 2012 21:44 Uhr
Sebastian Ernst
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…für die Diskussion. Hat mich sehr gefreut. Meistens braucht es ja auch einen Dissenz, damit etwas voran geht…
Bei Bedarf und zu speziellen Themen (auch wenn es um die praktische Umsetzung geht, wie wir sie zur Zeit betreiben - eher Bildungsprogramme als Darstellung per se) können wir gern auch außerhalb des öffentlichen Forums weitersprechen/schreiben…
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Eintrag #61 vom 17. Dez. 2012 21:47 Uhr
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
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Natürlich ist es sinnvoll auch in der historischen Darstellung mal in den Werkzeugkasten moderner wissenschaftlicher Methoden zu greifen und nicht so zu tun als habe es die ganzen "turns" der letzten Jahrzehnte nie gegeben. Ob man dann aber in einem Hobby das oftmals von wissenschaftlichen Laien betreiben wird, gleich beim Poststrukturalismus einsteigen muss, ist fraglich. Immerhin geht es zumindest für mich dabei vor allem um eine spezialisierte Experten-Laien-Kommunikation bei der es wenig hilfreich ist, wenn man anfängt die Grenze zwischen Signifikat und Signifikant aufzuheben.
Um gleich bei den Turns zu bleiben, in dem fall dem ikonischen, kommt man nämlich bei der Vermittlung zu der Frage was man vermittelt. Selbst wenn man beabsichtigt mit einem optischen Bruch kognitiv einen Sachverhalt vermitteln zu können, fürchte ich der affektiv vermittelte Inhalt ist viel wirkungsmächtiger. Gerade die Vermittlung von Bildern halte ich für die wichtigste und letztlich einzige Aufgabe die unsereins erfüllen kann. Natürlich kann und darf es keine Argumente geben Personen von einem Hobby auszuschließen. Das ganze aber in einen Vorteil ummünzen zu wollen, halte ich für übertrieben.
In meinen Augen krankt die Kommunikation zwischen der Wissenschaft und den interessierten Laien nämlich genau an dem was hier vorgeschlagen wurde. Entweder es ist ein überfrachteter und verkopfter Ansatz den der Besucher ohne Vorbildung weder erfassen kann noch den zu erfassen er sich wünscht, oder aber es wird auf das allersimpelste herunter gebrochen und tropft vom Empfänger ab ohne diesen weiter zu beschäftigen.
Schöne Grüße
Andrej
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Eintrag #62 vom 18. Dez. 2012 15:41 Uhr
Clemens
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Verkopft war das Wort welches ich gesucht hatte, danke.
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Eintrag #63 vom 18. Dez. 2012 16:53 Uhr
Sebastian Ernst
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Danke für den interesanten Diskussionsbeitrag, auf den ich natürlich auch antworten "muss".
"Selbst wenn man beabsichtigt mit einem optischen Bruch kognitiv einen Sachverhalt vermitteln zu können, fürchte ich der affektiv vermittelte Inhalt ist viel wirkungsmächtiger."
Was genau wäre der denn deiner Meinung nach? Und natürlich muss eine Thematisierung folgen wie ich denke und nicht allein ein bloßes Zeigen. Damit sind wir aber zugleich bei einer Diskussion des Rahmens.
"Gerade die Vermittlung von Bildern halte ich für die wichtigste und letztlich einzige Aufgabe die unsereins erfüllen kann."
Genau darum ging es aber um die Vermittlung von Bildern (man könnte allerdings auch Vorstellungen sagen). Welche Bilder werden denn vermittelt? Ein "so haben die ausgesehen" durch bloßes Zeigen kann es nicht sein, denn das wäre inkorrekt. Wahrnehmung ist Interpretation vor dem Hintergrund bestimmter Wissensbestände, usw. Und die Wahrnehmung eines Kleidungsstückes (zu dem mehr gehört als das Aussehen, nämlich auch das Tragen) durch einen "modernen" "Mitteleuorpäer" ist etwas ganz anderes als die Wahrnehmung durch einen entsprechenden Zeitgenossen, allein schon, du hast sie angesprochen, durch die Affekte, die Wahrnehmung begleiten. Und auch bei den Rollenklischees haben wir das Problem, was bleibt denn hängen? Ist es eben eine quasi zwangsläufige Verkettung von biologischem und sozialen Geschlecht, ist das problematisch, denn dann vermitteln wir etwas falsches.
"Natürlich kann und darf es keine Argumente geben Personen von einem Hobby auszuschließen. Das ganze aber in einen Vorteil ummünzen zu wollen, halte ich für übertrieben."
Nun, wenn ich dich richtig interpretiere würde ich darauf antworten, dass der Vorteil eben darin besteht, dass es über eine vermeintlich größere Distanz des Darstellenden zum Dargestellten es zu weniger Verzerrungen und scheinbar intutiven Vorannahmen kommen kann, da eine vermeintliche Tradition und Identifikation gebrochen wird.
Auf der Seite des Rezipienten besteht der Vorteil ganz klar darin, dass durch den Bruch von Sehgewohnheiten Naturalisierungen, positivistische Deutungen und Reproduktionen von zweifelhaften "Gewissheiten" thematisiert und verhindert werden können. Das ist ganz klar ein Vorteil, der freilich entsprechend ausgespielt werden muss, um wirksam zu sein. Rekonstruktion darf nicht zum Mittel der Reproduktion werden. Man muss sich, denke ich, in einem Hobby, dass Wissenschaftlichkeit dem Ideal nach mindestens streift und das sich auch als Vermittlungsinstanz sieht eben darüber Gedanken machen.
"In meinen Augen krankt die Kommunikation zwischen der Wissenschaft und den interessierten Laien nämlich genau an dem was hier vorgeschlagen wurde."
Ich würde da beide Seiten ins Spiel bringen. Vielleicht und das ist nur eine Idee, ist der Ansatz der Laien aber auch zu "naiv". Nicht zuletzt ist das ein Vorwurf, der immer wieder kommt, wenn ich mit Kollegen spreche als jemand der in beiden Bereichen zu Hause ist.
"Entweder es ist ein überfrachteter und verkopfter Ansatz den der Besucher ohne Vorbildung weder erfassen kann"
hier kommt es stark auf die Art der Vermittlung an. Gehen wir von modernen Anforderungen entsprechenden Geschichtsunterrichtseinheiten aus, so besteht auch dort keine Vorbildung, sondern wird erst in der Beschäftigung geschaffen. Das würde freilich das Hobby auf andere Vermittlungsmittel und einen turn von der Wissensbermittlung zur Bildung festlegen. Ob das gut ist oder gelingen kann wäre zu diskutieren.
"noch den zu erfassen er sich wünscht"
hier wäre ich mir nicht so sicher. Die Erwartungshaltung entspringt ja auch dem was bisher ewrwartet werden konnte.
"oder aber es wird auf das allersimpelste herunter gebrochen und tropft vom Empfänger ab ohne diesen weiter zu beschäftigen."
eine Evaluation der Rezeption wäre hier sinnvoll.
Schöne Grüße zurück.
Bewertung:
Eintrag #64 vom 19. Dez. 2012 10:49 Uhr
Andrej Pfeiffer-Perkuhn
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Was genau wäre der denn deiner Meinung nach?
Nehmen wir das Beispiel Mann in Frauenkleidern. Der affektiv aufgenommene Inhalt ist erstmal "Travestie". In den Erzeihungswissenschaften herrscht wohl halbwegs Einigkeit darüber das die visuelle Wahrnehmung die auditive überlagert. Deswegen ist auch von der Idee zu schlechter Ausrüstung richtiges zu erzählen so falsch. Ich bin der Meinung, dass man dem Besucher alles mögliche über die Dekonstruktion von Frauenbilder erzählen könnte, hängen bleiben würde der ulkige Kerl in den Frauenkleidern, wenn nicht sogar viel abgründigere Assoziationen dominieren würden.
Genau darum ging es aber um die Vermittlung von Bildern (man könnte allerdings auch Vorstellungen sagen)
Hier krankt es am deutschen Begriff. Ich meine natürlich Bilder im Sinn von Image nicht von Picture.
Ist es eben eine quasi zwangsläufige Verkettung von biologischem und sozialen Geschlecht, ist das problematisch, denn dann vermitteln wir etwas falsches.
Umgekehrt kann man duchaus argumentieren, dass die Präsentation eines damaligen Rollenbildes heute schon genug Bruch sein sollte um Geschlechterrollen zu reflektieren. Warum ich das aber bei unserer Tätigkeit für problematisch halte, will ich unten ausführen.
Gehen wir von modernen Anforderungen entsprechenden Geschichtsunterrichtseinheiten aus, so besteht auch dort keine Vorbildung, sondern wird erst in der Beschäftigung geschaffen.
Und genau da sind wir beim springenden Punkt der ganzen Debatte. Geschichtsunterricht kann es sich leisten aufeinander aufzubauen und planvoll solche Gedankenspiele weiterzuführen. In der historischen Darstellung geht das normalerweise nicht. Wir können immer nur kurze Impulse setzen und haben keine Kontrolle darüber was und wieviel von dem was wir zeigen überhaupt wahrgenommen wird. Ebensowenig haben unsere Besucher einen halbwegs gleichmäßigen Wissenhorizont. Oftmals muss man sogar völlig bei Null anfangen.
Im Bezug auf das Spätmittelalter habe ich die Erfahrung gemacht, dass ich allenfalls falsche Vorstellungen aufbrechen kann und, wie bereits erwähnt ein paar Bilder bereitstellen kann, die vielleicht die Bilder der letzten Wanderhure-Verfilmung ersetzen. Dabei habe ich schon den Vorteil das ich z.B. bei Führungen mit anderthalb Stunden erheblich mehr Zeit habe als bei Veranstaltungen.
Wenn ich aber meine Besucher abholen muss, wie soll das mit solchen paradoxen Darstellungen funktionieren, wenn ich gar nicht wissen kann, ob der Besucher sich meine Erläuterungen überhaupt anhört?
hier wäre ich mir nicht so sicher. Die Erwartungshaltung entspringt ja auch dem was bisher ewrwartet werden konnte.
In einem Großteil meiner Praxis gibt es keine Erwartungshaltung, da der Besucher gar nicht weiß, was auf ihn zukommt. Ich habe bisher nur in den allerseltensten Fällen mit Besucher zu tun gehabt, die wissentlich auf eine historische Veranstaltung gegangen sind. Meisten stehen sie recht überrascht vor mir und müssen erst einmal erfassen was sie da überhaupt sehen. Ohne Erläuterung können sie das in den seltensten Fällen. In Schulen ist das übrigens keineswegs anders, zumal ich bisher kaum Lehrer erlebt habe die meine Tätigkeit in irgendeiner Form vor- oder nachbereitet hätten.
Wie oben schon gesagt, ich halte unseren Handlungsrahmen was die Vermittlung angeht für ausgesprochen begrenzt. Ab und an hat man mal Leute mit entsprechendem Interesse bei denen man auf hohem Niveau agieren kann, meistens reicht es nur dafür vermeintliches Wissen aufzubrechen und auf unterhaltsame Art Grundlagen zu vermitteln. Und sei es nur "die waren damals nicht alle doof und haben im Dreck gelebt". Fragen der Genderforschung und Reflektionen über soziologische Feinheiten halte ich in dem meistens gegebenen Rahmen für unvermittelbar ohne Gefahr zu laufen gleichzeitig bei einem Großteil der Besucher völlige Verwirrung zu stiften. Damit will ich den Besuchern keineswegs die geistigen Fähigkeiten absprechen, aber meisten sind sie im Zustand der Überraschung oder zumindest Verwunderung und noch dazu außerhalb ihrer eigenen Expertengebiete.
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Eintrag #65 vom 19. Dez. 2012 14:08 Uhr
Dr. Nicole Schneider
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Gab’s vor kurzem einen interessanten Artikel in der "Moyenne âge" drüber. Grob gesagt gingen Männer in Frauengewandung ziemlich eindeutig als Sodomiten und Heretiker durch mit den dementsprechenden Konsequenzen, wohingegen es "gesellschaftlich akzeptiert" war, dass Frauen in Männerkleidung unterwegs waren, insbesondere, um ihre Jungfräulichkeit zu schützen.
Der geschichtliche Kontext gibt in diesem Beispiel den Hinweis, wie Erklärungen in einer derartigen Situation aussehen könnten und das trifft sicher auch auf andere Beispiele zu. Wenn nicht ist die Darstellung, wie bei so vielem anderen auch, als Lückentext kenntlich zu machen.
"Die Zuschauer dort abholen, wo sie stehen" geht eigentlich am besten, wenn man verschiedene Aufhänger anbietet. So kann sich der Besucher irgendetwas aussuchen, zu dem er ohnehin schon Bezug hat und damit "rutschen" die restlichen Informationen einfacher. Auch wenn sie für sein Mittelalterbild revolutionär sein mögen.
MfG
N.
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Eintrag #66 vom 19. Dez. 2012 15:48 Uhr
Sebastian Ernst
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"Der affektiv aufgenommene Inhalt ist erstmal “Travestie”. In den Erzeihungswissenschaften herrscht wohl halbwegs Einigkeit darüber das die visuelle Wahrnehmung die auditive überlagert. Deswegen ist auch von der Idee zu schlechter Ausrüstung richtiges zu erzählen so falsch. Ich bin der Meinung, dass man dem Besucher alles mögliche über die Dekonstruktion von Frauenbilder erzählen könnte, hängen bleiben würde der ulkige Kerl in den Frauenkleidern, wenn nicht sogar viel abgründigere Assoziationen dominieren würden."
Genau bei dem letzten Punkt kommt es meines Erachtens auf die Form der Vermittlung an. Reden wir von einem Markt o.ä. würd eich zustimmen. Ansonsten würde ich das nicht so "schwarz" sehen und es auf einen Versuch ankommen lassen. Der Aufhänger ist eine Irritation, die freilich je nach Wissensbeständen und sozialem Hintergrund erstmal gedeutet wird, die aber ebenso genutzt werden kann. Gelernt wird affektiv aber was lässt sich steuern. So übermächtig würde ich das Gesehene (denn Gesehenes ist immer schon gedeutetes und muss gedeutet werden) nicht sehen. Die Irritation wird erklärt und so wird das Gesehene mit neuer Bedeutung versehen.
"Umgekehrt kann man duchaus argumentieren, dass die Präsentation eines damaligen Rollenbildes heute schon genug Bruch sein sollte um Geschlechterrollen zu reflektieren."
Ich glaube aber in dem Fall eher sehr oberflächlich, da sich die Trennung von "sex" und "gender" bisher im Alltagsverständnis vergelichsweise wenig durchgesetzt hat.
"Und genau da sind wir beim springenden Punkt der ganzen Debatte."
Hier stimme ich zu und sehe ebenso das eigentliche Problem.
"Geschichtsunterricht kann es sich leisten aufeinander aufzubauen und planvoll solche Gedankenspiele weiterzuführen."
Tut es nur leider nahezu kaum, ich erinnere da mal an die Untersuchung durch von Borries, den ich sehr empfehle.
"In der historischen Darstellung geht das normalerweise nicht."
Das kommt in der Tat auf das Darstellungsmodell an wie ich glaube. Ich argumentiere freilich aus einer anderen Praxis heraus, eine eher auf Workshops orientierte, die in der Tat weniger verbreitet ist und sein kann.
"Ebensowenig haben unsere Besucher einen halbwegs gleichmäßigen Wissenhorizont. Oftmals muss man sogar völlig bei Null anfangen."
Nunja, das Problem ist hier eher, dass man eben nicht bei null anfängt, sondern bei bereits existierenden Wissensbeständen, die das wahrgenommene deuten und einordnen.
"Im Bezug auf das Spätmittelalter habe ich die Erfahrung gemacht, dass ich allenfalls falsche Vorstellungen aufbrechen kann und, wie bereits erwähnt ein paar Bilder bereitstellen kann, die vielleicht die Bilder der letzten Wanderhure-Verfilmung ersetzen."
Das ist natürlich schon viel, das will ich weder kleinreden noch bezweifeln.
"Wenn ich aber meine Besucher abholen muss, wie soll das mit solchen paradoxen Darstellungen funktionieren, wenn ich gar nicht wissen kann, ob der Besucher sich meine Erläuterungen überhaupt anhört?"
Das ist aber immer ein Problem. Hängt natürlich viel vom Publikum usw. ab.
"Meisten stehen sie recht überrascht vor mir und müssen erst einmal erfassen was sie da überhaupt sehen."
Das glaube ich gern. Mein Problem ist nur nachwievor wie sie das sehen was sie da überhaupt sehen. Wahrscheinlich bewegen wir uns aber hier wieder zwischen einem hochgestochenen Ziel mit einer wie ich finde sehr wichtigen Diskussion und "fachlichen" Selbstreflektion und den Problemen der verschiedenen Praxismodelle.
"In Schulen ist das übrigens keineswegs anders, zumal ich bisher kaum Lehrer erlebt habe die meine Tätigkeit in irgendeiner Form vor- oder nachbereitet hätten."
Da hab ich neben den von die beschriebenen Erfahrungen Gott sei Dank schon andere gemacht :)
"Wie oben schon gesagt, ich halte unseren Handlungsrahmen was die Vermittlung angeht für ausgesprochen begrenzt."
Sehe ich auch so.
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