Das knallig bunte Mittelalter?
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Eintrag #1 vom 28. Sep. 2004 12:56 Uhr
Hans-Christoph
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Ich habe einen Albtraum; wir schaffen den Zeitsprung und stehen mit unseren gedeckt-farbigen Klamotten in einer grellbunten Welt…
Ich starte meine wissenschaftliche Arbeit zum Thema "Farbpsychologie, Neuzeit vs. HMA", und frage mich - im Angesicht eines farbrekonstruierten Innenraumes einer frühgotischen Klosterkirche, und mit der Fenstern von Canterburry im Hinterkopf - wie bunt war es wohl? Kirchenschiffe komplett bemalt - bunte Steinmuster auf Steine - um Baustoffe zu entmaterialisieren, Skulpturen bepinselt, Burgen von aussen bunt getönt… Das unfarbige Bild, das wir Heute im Kopf tragen ist wohl eine Nachwehe der Romantik, in der die Ruine als Synonym für das Mittelalter stand. Sollten wir die Darstellungen der Standardmanuskripte wörtlich nehmen, und uns blaue Burgen, grüne Kirchen, rote Helme vor Augen führen? Indische Tempel liefern da eine interessante Vorlage. Wer wollte was durch Farbe erreichen, und empfand der HM-Mensch bei bestimmten Farben gleich wie wir…
Wer meint was - besser weiß was?
von Gericheim
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Eintrag #2 vom 28. Sep. 2004 13:38 Uhr
Sylvia Crumbach
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Hallo,
leider kann ich Deinem Eintrag nicht ganz folgen.
Wie bitte soll festgestellt werden wie ein Mensch im HMA etwas empfungden hat?
Statements wie: "Meine Nachbarin hat ein grell rotes kleid neu, das muß ****-teuer gewesen sein" Sind nicht wirklich angebracht für eine wissenschaftliche Auswertung oder she ich das als Laie jetzt falsch?
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Eintrag #3 vom 28. Sep. 2004 14:20 Uhr
Hans-Christoph
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Wenn wir rot als wärmend empfinden, grün beruhigend, blau als kalt… ist das kulturell bedingt. Der Einsatz z.B. von rottönen im klerikalen Bereich wird nicht nur unter dem Aspekt der Wertigkeit entstanden sein, sondern auch um z.B. mit farbigen Glasflächen in einer Kirche Emotionen zu wecken.
von Gericheim
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Eintrag #4 vom 28. Sep. 2004 14:54 Uhr
Kurt Scholz
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Krappbauern in Avignon haben sich mit Gewinnung ihres roten Farbstoffes eine goldene Nase verdient. Es ist anzunehmen, dass Nachfrage bestand. Kann man die überlieferten Bilder als farblich korrekte Darstellung ansehen? Dann wäre die Zeit bunt, aber wurden auch die Burgen bestrichen? Du wirfst mein Geschichtsbild durcheinander, aber es könnte möglich sein. Viele Farben heißt aber nicht unbedingt knallige Farben. Das ist chemisch nicht einfach…(ich recherchiere mal)
Vielerlei Grüße
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Eintrag #5 vom 28. Sep. 2004 15:24 Uhr
Wolfram Troeder
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In der Stadt in der ich aufgewachsen bin, gibt es ein Schloß. Naja, heißt so, ist aber ne Burg.
Die sah so aus wie sie soll, viel Stein sichtbar, teilweise ein wenig verfallen, mit Efeu bewachsen, inmitten eines Waldes.
Dann wurde sie renoviert. Efeu weg, verputzt und Rosa gestrichen.
Ein Aufschrei ging durch die Bevölkerung. Kommt der Denkmalpfleger und sacht: Wir ham das Ding untersucht und gefunden: Sie war verputzt und genau so gestrichen. Auch mal anders aber das war die gedeckteste! Farbe. Also ward sie rosa. Wir ham uns dran gewöhnt.
Nu ehrlich, auch damals war bekannt: Mit Verputz ist einfach besser fürs Mauerwerk und die die drin wohnen. Und sieht aus wie aus einem Guß, Stein. Und keiner sieht die Schwachstellen, wie breite Mörtelritzen. Noch dazu repräsentiert eine Burg auch (vgl. J Zeune, Symbole der Macht). Also streicht sie an.
BTW: Auch die klassischen Statuen waren im Original farbgefasst ( wwwphil.uni-erlangen.de/~p1altar/[
]/thema_5_text.[
])
Tassilo
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Eintrag #6 vom 28. Sep. 2004 15:55 Uhr
Martin
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Jupp, das mit den sichtbaren Steinmauern ist ein überbleibsel der Romantik (19Jh -frühes 20.Jh) und so das dieses Bild stimmig wurde hat man an vielen Burgen den Putz abgeklopft, so das man den gewünschen rustikalen look hat. Leider da dies vor zum teil über hundert Jahren geschah wird das leider auch als "schützenswert" betrachtet von manchen Denkmalämtern, aber wenn man ein bißchen nach denkt, unverputztes Mauerwerk ist viel mehr dem Wetter ausgesetzt als verputztes, der Regen und der Wind haben es einfacher die Fugen und den Mörtel anzugreifen.
Schmierfink
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Eintrag #7 vom 28. Sep. 2004 16:46 Uhr
David Seidlitz
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Hallo,
soviel ich weiß waren die ganzen netten Fachwerkhäuschen in Quedlinburg ursprünglich alle rotbraun angetünscht. Ziemlich monoton. Dabei handelte es sich weniger um einen Zieranstrich, als um die Schutzwirkung. Ich vermute jetzt mal das es sich dabei um einen eisenhaltigen Mineralanstrich handelte. Ob es im MA auch schon so gehandhabt wurde, entzieht sich meiner Kentniss.
Gruß,
David
fm
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Eintrag #8 vom 28. Sep. 2004 17:31 Uhr
Claudia
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David, bist Du sicher, dass die ganzen Haeuser rotbraun getuencht waren?
Fuer die Holzteile waer mir das ja logisch, aber der Lehmputz? Fuer den Lehmputz koennte ich mir einen Kalkanstrich eher vorstellen…
Ich meine auch gehoert zu haben, dass die ganzen tollen Schnitzereien im MA bzw. Renaissance bunt angemalt waren (da wurde was erwaehnt waehrend einer Fuehrung zum Denkmaltag voriges Jahr, aber ich bekomms nicht mehr komplett zusammen).
Gruss, Claudia
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Eintrag #9 vom 28. Sep. 2004 18:07 Uhr
Hans-Christoph
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Die Rotbraune Tünchung - mit aufgezeichneten hellen Fugen - soll wohl einen Ziegelbau "vortäuschen". Das entspricht dann auch bildlichen Darstellungen. Es werden wohl Pigmente aus Eisenoxyd sein. Zur Herstellung rüner Pigmente aus Kupferoxyd wurden Kupferspäne mit Weinessig in einem Holzgefäß in Pferdemist vergraben ))) Das Fachwerk war ja eigentlich nur eine günstige Konstruktionshilfe. Erst aus der Renaissance sind mir bemalte offenliegende Schnitzereien bekannt.
von Gericheim
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Eintrag #10 vom 28. Sep. 2004 20:18 Uhr
David Seidlitz
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Hallo,
mit Mauerimitat hat das ganze nix zu tun, sowas gehört eher in die Ecke "uriges Ambiente" ;0)
@Claudia: ob nun auch die prächtigen beschnitzten Häuser derart flächendeckend "Imprägniert" wurden weiß ich so genau auch nicht. Ich bezog mich mehr auf die einfachen Wohnhäuser. Aber wie gesagt ich hab das auch nur auf einer Stadtführung (die schon Jahre her ist) gehört. Ich versuche mal alte Verbindungen zu aktivieren um mehr zu erfahren :o)
Gruß,
David
fm
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Eintrag #11 vom 28. Sep. 2004 20:19 Uhr
Roland Schulz
Wer sagt denn auch heute noch ernsthaft: "Das Mittelalter war alles grau in grau.."
Von wegen, wie´s ja schon einige vorher gepostet haben, Burgen und Häuser wurden bemalt, verputzt, teilweise sogar extrem grell-bunt. Auf zeitgenössischen Abbildungen sieht man zum Teil ja sehr schön die roten, grünen, blauen Burgen.
Und zum Thema Kleidung, vonwegen gedeckte Farben…
Nix da, wir färben seit einiger Zeit alles selbst, und zwar mit den historischen Zutaten wie z.B. Zwiebelschalen, Birkenblättern, Walnuss, Krapp, usw.
Die Ergebnisse sind alles andere als "gedeckt"!
So mancher Stoff macht einen fast blind, so satt und zum Teil grell sind die Farben!
Birke zum Beispiel –> ergibt ein strahlendes, sattes Gelb in der ersten Küppe, selbst noch im zweiten Durchgang ists schön satt.
Zwiebel –> ergibt ein Spektrum von Sattorange bis hin zu Orangebraun im ersten Durchgang.
Von Krapp will ich gar nicht erst reden..fettes Rot!
Demnächst wollen wir mal Waid angehen, man ist gespannt.. ;-))
Beispiele zu sehen unter:
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Eintrag #12 vom 29. Sep. 2004 08:29 Uhr
Hans-Christoph
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Von wegen urige Ecke! Die übertünchung ganzer Wandflächen mit anschliessender Scheinfugenbemalung war durchaus verbreitet.
Mal zwei - nach Farbresten rekonstruierte - Beispiele (1236) und eine ähnliche Darstellung aus der HL:
wwwzone3.de/ipoliti.jpg
So stelle ich mir auch die getünchten Häuser vor!
von Gericheim
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Eintrag #13 vom 29. Sep. 2004 09:18 Uhr
Stella
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Ich glaube, daß unser Bild des "Mittelalters" zu sehr von ausgeblichenen Textilfunden und veränderten Skulpturen geprägt ist. Hier einige Beispiel:
- "aufgezeichnete" Mauer: Der komplette Augsburger Dom wurde vor ca. 20 Jahren so renoviert. Ein Aufschrei ging durch die Bevölkerung, wie man denn die ganze Kirche mit grellroten Steinumrissen vollkritzeln könnte! Die Restauratoren haben die Kirche nur in den Originalzustand gebracht!
- Färben mit Naturfarben: Wie Hrouland schon richtig sagt, kann man mit Naturfarben absolut grelle und schrille Farben produzieren. Und zwar auch mit heimischen Gewächsen.
- Bemalte Statuen: Gerade vergangenen Sonntag ist mir im Bay. Nationalmuseum eine Marienstatue aus dem 13. aufgefallen, die auf der Rückseite blaue (Mantel), rote (Kleid) und gelbe (blonde Haare)Farbspuren aufweist. Vorne sieht man allerdings nur das blanke Holz.
- Textilien: Vor Kurzem war ich in einem Vortrag über die Herstellung von Tapisserien. Dort wurden Werkstattbilder der Restaurierungsarbeiten gezeigt, auf denen man die Rückseiten der Teppiche sehen konnte. Kaum sind die Fasern nicht 500 Jahre lang der Sonneneinstrahlung ausgesetzt, schon sind die Bilder kreischend bunt!
- Speisen: Seit Mitte des 14. bis ins 16. Jahrhundert führt die Kochbuchliteratur jede Menge Rezepte an, um Speisen zu Färben. Z.B. ein Blancmanger mit Veilchen blau gefärbt, oder diverse Rezepte um Marzipan bunt zu bekommen. Also war es selbst im kulinarischen Bereich Mode, "bunt" zu sein.
farbige Grüße Rita
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Eintrag #14 vom 29. Sep. 2004 09:54 Uhr
Erzählte Claudia nicht mal von einem Fall, in dem in einem XY-Kessel aus einem schönen Farbton was grelles wurde (Orange?)
Und wie war das eigentlich mit dem Thema: Farbige Gebende????
Vielleicht sind wir zu vorsichtig?
Ich hab beim Pflanzenfärben auch schon schöne Gelb und Rottöne hinbekommen. Nur noch kein Türkis, ich arbeite dran.
Beate (Irka)
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Eintrag #15 vom 29. Sep. 2004 11:11 Uhr
Jens
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Moin,
Nur ob der Zeitreise mache ich mir wenig Sorgen, normalerweise schreien Personen, die mich im Sonntagsstaat treffen, nach ner Sonnenbrille *g*
Von sehr bunter Kleidung wird allerdings an verschiedener Stelle berichtet, wobei diese schon einen gut gefüllten Geldbeutel vorraussetzte; hier sind die Royal Wardrobe Accounts aus dem Jahre 1330-70 in England sehr interessant, unter anderem mit durchweg pinker Kleidung des Königs nebst seiner Ritter zu einem Fest ;)
Gruss, Jens
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Eintrag #16 vom 29. Sep. 2004 12:15 Uhr
Sylvia Crumbach
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Klar es gab Buntes. Im frühen MA (Völkerwanderungszeit) sind mir so herrliche Sachen begegnet wie gelb/rot karierte Männertuniken. Von goldenen Wadenwickelgarnituren etc. gar nicht erst zu sprechen …
Aber war die Frage nicht: Wie wirkten Farben auf Zeitgenossen???
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Eintrag #17 vom 29. Sep. 2004 13:05 Uhr
Hans-Christoph
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Ein Thema ist schon: Warum verwendet wer welche Farbe und was will er damit ausdrücken, beweisen, bewirken…? In der Heraldik sind die Farben klaren Eigenschaften Zugeordnet. Also eine Burg in den Wappenfarben streichen. Die Wirkung auf den Besucher variiert dann;
das musste jetzt mal sein ;-) :
Im klerikalen und profanen Bereich wurde z.B. Purpur nicht zuletzt WEGEN der hohen Kosten zu Repräsentationszwecken verwendet. Diese Ehrfurcht vor der Farbe setzte sich dann über Jahrhunderte in den Köpfen fest. Ein Beispiel von Heute: Mercedes bewirbt ein neues Sportcoupe in feuerrot vor rotem Hintergrund. Damit weichen Sie von Ihrer bisherigen Linie (silber / schwarz…) ab um Emotionen zu wecken. Eine ganz in blaues Licht getauchte Kathedrale wird wie eine Erscheinung gewirkt haben.
von Gericheim
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Eintrag #18 vom 29. Sep. 2004 13:37 Uhr
Wolfram Troeder
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noch eine Anmerkung (Danke übrigens für den Lacher)
So wird billig aus einer Holzburg eine Steinburg, jedenfalls vom Ansehen her.
Hilft ein Verputz einer Holzburg nicht auch gegen Brandpfeile oder dem Feuerschutz insgesamt (Funkenflug)?
Tassilo
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Eintrag #19 vom 29. Sep. 2004 13:56 Uhr
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Nette Idee…
Aber, wie gut hält den historischer Putz auf Holz ?
Holz arbeitet, davon können grade die Leute der Bachritterburg ein leidvolles Liedchen singen. Ich denke nicht, daß Putz da größere Chancen hätte.
Gruß, Ivain
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Eintrag #20 vom 29. Sep. 2004 14:21 Uhr
David Seidlitz
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Hallo,
in dem von mir erwähnten Beispiel handelte es sich nicht um Mauerimitat. Scheint mir bei zivilen Fachwerkhäusern wenig sinnig. Rekonstruierte Bemalungen sind überzeugend, aber historische Illustrationen auf denen Mauerwerk zu sehen ist, ist für mich kein Beweiß für "Imitate".
Aber egal.
Auch unsere Färbeergebnisse unterstreichen die Möglichkeit zu kräftigen Farben.
Gruß,
David
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Eintrag #21 vom 29. Sep. 2004 14:24 Uhr
Sylvia Crumbach
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"Warum verwendet wer welche Farbe und was will er damit ausdrücken, beweisen, bewirken…?"
Gibt es dazu irgendetwas genaues?
Ich bin sicher (habe z.Z. kein literatur an der Hand), daß über die Kleiderordungne auch Farben reglementiert waren.
Aber Angaben zu "wer welche Farben warum" verwendet stelle ich mit sehr speculativ vor.
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Eintrag #22 vom 29. Sep. 2004 14:57 Uhr
Hans-Christoph
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Farbliche Kleiderordnungen; wohl für Juden - aber ansonsten im HM? Eventuell vereinzelt in Städten.
Aber aus Hessen, Kaiserchronik des Pfaffen Konrad, 1150: "Dem Bauern ist nach dem Recht nur Schwarz oder Grau zu tragen erlaubt. Gere darf er nur an der Seite tragen; rindlederne Schuhe sind genug; für das Hemd sieben Ellen und für die Kniehose Tuch aus Rupfen. An den Sonntagen soll er zur Kirche gehen. Doch darf er nur einen Stecken in der Hand tragen. Kommt er mit einem Schwert, soll man ihn gebunden an den Kirchzaun führen, ihm dort den Hut wegnehmen und das Haar abschneiden. Wenn er angegriffen wird, darf er sich nur mit einem Krückstock verteidigen."
Da bin ich etwas irritiert!?!
von Gericheim
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Eintrag #25 vom 29. Sep. 2004 16:06 Uhr
Wolfram Troeder
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Aussehen von Gebäuden
z.B. Putz auf Holz
Tassilo
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Eintrag #26 vom 29. Sep. 2004 16:37 Uhr
Gabriele Klostermann
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Hi allerseits,
hab jetzt natürlich auch keine Literatur zur Hand, meine mich aber erinnern zu können, dass es im Bereich der Minnedichtung im HMA eine ausgeklügelte Farbsymbolik gab. So konnte ein Frau durch das tragen einer bestimmten Kleiderfrage schon eine Aussage darüber machen, in wie weit sie zum "Minnespiel" (sei es jetzt hohe oder niedere Minne ;-)) bereit war oder in welcher "Stimmung" sie gerade war.
Welche Farbe jetzt was bedeutet, weiß ich nicht mehr. Muss ich mal nachschauen.
Auch in wie fern sich diese literarische Farbsymbolik in der Realität niederschlug, ist mir unbekannt.
Weiß jemand mehr darüber?
Viele Grüße
Gabriele
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Eintrag #27 vom 29. Sep. 2004 16:39 Uhr
Gabriele Klostermann
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… durch das Tragen einer bestimmten Kleiderfarbe… *grmpf*
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Eintrag #28 vom 29. Sep. 2004 17:47 Uhr
David Seidlitz
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Hallo,
neben überlieferten Regelungen für die erlaubte Stoffmenge (bspw. erwähnte Kaiserchronik,)gab es durchaus auch Farbgebote. So zum Beispiel im Bayerischen Landfrieden (1244), unter dem Abschnitt "de rusticus". In wie weit sich daran (bei denen die es sich leisten konnten) gehalten wurde muß ungeklärt bleiben. Solche Verordnungen resultieren vielleicht auch aus einer gebotenen Notwendigkeit.
Gruß,
David
fm
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Eintrag #29 vom 29. Sep. 2004 21:49 Uhr
Roman Grabolle
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Da die Bibliothek hier gleich zu macht und ich nach Hause muss, wo kein Rechner mehr steht, auch hierzu nur sehr kurz mit einem Zitat aus einem meiner Wikipedia-Artikel:
Kyffhausen als staufische Reichsburg
Die bereits durch die Verwendung des Konglomeratschichten führenden Kyffhäuser-Sandsteines blassrot erscheinenden Mauern hatten in der Stauferzeit mindestens zweimal zusätzlich rotfarbige Putzschlämme erhalten. Nachdem solche dünnen Putze bereits bei den Untersuchungen in den 1930er Jahren an den Ringmauern der Ober- und Unterburg beobachtet worden waren, konnten sie 1995 erneut und nun auch an anderen Gebäuden im Burgbereich, insbesondere an der Burgkapelle der Unterburg, nachgewiesen werden. Der Farbe Rot, die auch andere Reichsburgen und Bauten Kaiser Friedrich I. Barbarossas wie das Augustinerchorherrenstift in Altenburg, die sogenannten "Roten Spitzen", auszeichnete, kam eine besondere symbolische Bedeutung zu. Sie sollte den kaiserlichen Bauherren signalisieren und wird die Wirkung der Burg auf dem unbewaldeten, abgeholzten Bergrücken enorm gesteigert haben.
hierzu mehr:
Holger Reinhardt: Zum Dualismus von Materialfarbigkeit und Fassung an hochmittelalterlichen Massivbauten. Neue Befunde aus Thüringen. Burgen und Schlösser in Thüringen 1996, S. 70-84.
Mehr zur Problematik:
Putz und Farbigkeit an mittelalterlichen Bauten : [überarbeitetes Ergebnis eines … internationalen Kolloquiums, veranstaltet vom Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Burgenvereinigung im November 1990 in Koblenz] / hrsg. von Hartmut Hofrichter
Sonst. Personen: Hofrichter, Hartmut
Körperschaft: Deutsche Burgenvereinigung e.V. zur Erhaltung der Historischen Wehr- und Wohnbauten
Kongress: Internationales Kolloquium ; (Koblenz) : 1990.11.03-04
Erschienen: Stuttgart : Theiss, 1993
Umfang: 116 S. : Ill., graph. Darst., Kt. ; 30 cm
Schriftenreihe: Veröffentlichungen der Deutschen Burgenvereinigung e. V. : Reihe B, Schriften ; 1
Burgen und Schlösser : Sonderheft
Anmerkung: Zugleich Sonderheft der Zeitschrift ‘Burgen und Schlösser’
ISBN: 3-8062-1069-1 (kart.) : DM 52.00
Viele Grüße Roman
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Eintrag #30 vom 30. Sep. 2004 13:26 Uhr
Karen Thöle
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Ein Punkt in Beitrag 17 finde ich sehr wichtig:
"Im klerikalen und profanen Bereich wurde z.B. Purpur nicht zuletzt WEGEN der hohen Kosten zu Repräsentationszwecken verwendet."
Ihr habt einiges an Beispielen gebracht, wie man auch mit billigen Mitteln bunte Farben erzielen kann. Aber ich bin überzeugt: Die Zeitgenossen haben es dem Besitzer immer noch ansehen können, WIE die jeweilige Farbe zustandegekommen ist.
Ein Zwiebelschalengelb wird anders aussehen als ein Wau-Gelb und das anders als Safrangelb, und die drei werden sich bei längerer Beleuchtung oder beim Waschen unterschiedlich verhalten. Ein mit einer zufallsbedingten Temperaturführung entstandenes Krapprot wird anders sein als eines vom Färbermeister mit einer ausgeklügelten, meisterhaft beherrschten Temperaturführung. Ein Kleid wird anders aussehen, je nachdem ob das Garn in mehreren kleinen Portionen im Kochtopf oder der ganze Ballen Stoff in einem Rutsch im großen Bottich gefärbt wurde. Farben sehen unterschiedlich aus, je nachdem, ob ich Leinen, Wolle oder Seide färbe.
Meine ganz persönliche Meinung: Der Farbaufwand der "oberen Einkommensklassen" hat etwas mit zur Schau gestelltem Reichtum zu tun. Wenn Farbaufwand bei den "unteren Einkommensklassen" vorkommt, hat er etwas damit zu tun, Kleidermoden der "oberen Einkommensklassen" nachzuahmen. Es gibt durchaus Quellen, wo sich Leute über das Bestreben der Bauern lustig machen, höfische Moden und Sitten zu übernehmen. Der "Helmbrecht" ist dafür ein Beispiel; in den Liedern von Neidhart von Reuenthal müßte es auch Beispiele dazu geben. Ich weiß aber nicht, inwieweit es da um Farben und um billige und teure Färbemethoden geht.
Bis denn
Karen Thöle
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Eintrag #31 vom 30. Sep. 2004 15:49 Uhr
David Seidlitz
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Hallo,
ich finde Karen hat ein sehr wichtigen Punkt angesprochen. Zu bewerten haben wir nicht nur Farbe ja/nein, sondern die Qualität der Färbung. Wenn ich beispielsweise ein intensives Grün erreichen möchte, sollte dies in zwei unterschiedlichen Färbevorgängen passieren. Nämlich gelb und blau. Weiterhin ist ein tiefes blau mit Waid m.W. auch nur in mehreren Färbevorgängen zu erreichen (korrigiert mich wenn ich falsch liege). Für eine qualitativ hochwertige Färbung ist auch teures und platzintensives Equipment notwendig gewesen. Begüterte Menschen werden, so denke ich, professionell gefärbte Tuche gekauft haben.
Gruß,
David
fm
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Eintrag #32 vom 01. Okt. 2004 09:56 Uhr
Jens Ruge
Hi, liebe Leute,
ich glaube, dass die allgemeine Vorstellung von einem "Mittelalter in dunklen Tönen" (dieses Theam korrespondiert meiner Meinung auch mit dem "Finsteren-Mittelalter-Thread") zum einen stark von den Pseudo-Mittelalter-Hollywood-Filmen der letzten Jahr(zehnt)e geprägt ist, in denen die Bauern ständig in Sackleinenlumpen und die Ritter entweder in unpassender und scheppernder (Eigendesing-)Plattenrüstung oder in Lederklamotten herumlaufen, neblig-mystische Orts-und finstere Burg(verließ)motive und verfallene Häuser und Hütten die Szene bestimmen. (Das hat leider auch auf einige Homepages aus der MA-Szene "abgefärbt", die entsprechend schwarz und "mystisch" gestaltet sind.) Dabei hatte Hollywood in früherer Zeit durchaus ein farbenfreudigeres Bild des Mittelalters gezeigt. Ich denke dabei z.B. an eine nichtkitschige Ivanhoe-Verfilmung, den Titel weiß ich leider nicht mehr.
Zum anderen hat vor allem das im öffentlichen Bewusstsein stärker verankerte Spätmittelalter plus die entsprechend als "Mittelalter" vereinnahmte Renaissance mit ihren schwarzen bzw. braunen Pelz- und Samtmoden die Vorstellung vom "dunklen" Mittelalter geprägt.
Wenn man jedoch die Manessische oder die Weingartner Liederhandschrift oder andere Handschriften des Hochmittelalters anschaut, findet man immer farbenfreudige Darstellungen. Z.B. die Bauern auf dem Neidhart-Bild oder Handwerker und Kriegsknechte auf anderen Bildern sehen kaum weniger farbenfreudig aus als ihre adligen Zeitgenossen. Die Kleidung unterscheidet sich vor allem nur durch ihre Länge. Auch das dargestellte Mobilar und selbst die Gebäude sind verschiedenfarbig abgebildet. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die Miniaturmaler "gesponnen" haben sollten. Sie werden schon ihre Umwelt so dargestellt haben, wie sie war.
Regional wird es sicher auch Unterschiede in der Farblichkeit gegeben haben. Den Slawen sagt man z.B. eine Vorliebe für bunte Farben nach. So enthält u.a. das Wappen der slawischen Fürsten Rügens intensive Farbtöne, wobei sogar die heraldische Regel "Farbe an Metall" verletzt wurde um Buntheit zu erlangen: oben ein schwarzer Löwe auf goldenem Grund und unten rote Stufengiebel auf blauem Grund.
Liebe Grüße euer Jaro
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Eintrag #33 vom 01. Okt. 2004 10:12 Uhr
Wolfram Troeder
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leider und unvermeidlich transportieren viele der Sachbelege dieses Bild.
Farben auf Möbeln verblassen/vergrauen oder werden entfernt. Viele der heutigen Ausstellungstücke waren farblich gefaßt, nicht nur Statuen. Leider steht das meistens nur in einem Nebensatz in der Beschreibung. Das gilt besonders für Truhen.
Zudem wird das Bild vom heutigen Erscheinungsbild geprägt. Bei "Nachbauten" wird dann mit viel Mühe dunkel gebeizt, geflammt, "antikisiert" bis hin zu falschen Holzwurmlöchern.
Auch damals gab es neue Möbel, Kästchen, Türen, Häuser etc. und dann war Holz hell und glatt, Beschläge nicht verrostet, oxidiert oder patiniert, Leder glatt und ohne Risse und Runzeln.
Häuser und Burgen waren verputzt und hatten intakte Mauern, Dächer, Türen und Fenstern.
Und , wer konnte, hatte keine Risse in der Kleidung und trug keine Rüstung (ist nämlich unbequem!) oder Schwerter auf dem Rücken.
Rege Gründung einer IG "Buntes, helles, neues Mittelalter" an!!! ;-)
Tassilo
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Eintrag #34 vom 01. Okt. 2004 10:56 Uhr
Jens
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Moin,
Da es wieder angesprochen wurde:
Das mit den Farben und Handschriften täte ich aber nicht überschätzen, im allgemeinen Hang, wenn dann Dinge gleich richtig bunt auszuschmücken, wurden gern mal Dinge unnatürliche Farben gegeben, und so tummeln sich mitunter blaue und grüne Pferde neben roten Affen etc.
Wenn Knechte in schreien bunter Kleidung abgebildet werden, hat das meines Erachtens nicht unbedingt eine Aussagekraft über die Farbgebung derer tatsächlichen Kleidung.
Gruss, Jens
Bewertung:
Eintrag #35 vom 01. Okt. 2004 11:33 Uhr
David Seidlitz
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Hallo,
im Grunde kann ich Jens zustimmen, aber einige Punkte sehe ich anders.
>Wenn man jedoch die Manessische oder die Weingartner Liederhandschrift oder andere Handschriften des Hochmittelalters anschaut, findet man immer farbenfreudige Darstellungen. Z.B. die Bauern auf dem Neidhart-Bild oder Handwerker und Kriegsknechte auf anderen Bildern sehen kaum weniger farbenfreudig aus als ihre adligen Zeitgenossen.<
Die Manesse mag man in Teilen (Grundstockmaler)noch als hochmittelalterlich bezeichnen können, aber die Weingartner Handschrift (erste Hälfte 14.Jhdt.) ist doch eher spätmittelalterlich. Naja, ist vielleicht Auslegungssache und soll hier nicht Thema sein. Aber mit der Deutung wäre ich etwas vorsichtiger. Um die Miniatur um Neidhart zu verstehen, muß man wissen, daß der Neidhart in seinen Liedern "aufgemotzte" Bauern verspottete. Allgemein war er als Bauernfeind verschrieen, daraus resultiert auch die Szene in der Manesse, dort wollen eben solche Bauern ihm ans Leder.
Es ist also immer wichtig zu betrachten was, für wen, aus welchem Zweck und wer Dargestellt ist. Schließlich finden sich in der Manesse auch schäbig und durchscheinend gekleidete Bauernsöhne in der Schule (Der Schulmeister von Eßlingen 292v), allein um die Allegorie zu verdeutlichen. Oder auch die eher schlicht gekleidete Magd am Boden (Herr Jakob von Warte 46v). Mittelalterliche Malerei ist durchsetzt von Symbolik, Bildersprache (man siehe: Sachsenspiegel, div. Bibelillustrationen) und selbsterklärendem.
Weiterhin sollte die Manesse als Auftragsarbeit ein "Prunkstück" werden, ist also dementsprechend ausgeführt. Mitnichten sollte hier (und auch anderswo) das realistische Umfeld illustriert werden. Als Beispiel seien sehr grob stilisierte Rüstungsdarstellung auf einigen Abbildungen genannt.
Gruß,
David
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Eintrag #36 vom 01. Okt. 2004 11:36 Uhr
David Seidlitz
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mmhh…,
natürlich bezog ich mich auf Jens = jaro :o)
soviele Jense…
Gruß David
Bewertung:
Eintrag #37 vom 04. Okt. 2004 19:16 Uhr
Karen Thöle
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Zur Wirkung von bunter Kirchenausstattung ein Exkurs zur Rekonstruktion von Barockbemalung:
In meiner Heimatstadt wurde vor einiger Zeit die Kirche restauriert und auch Barockaltar und -kanzel. Wir Alteingesessenen waren schockiert: Nicht nur reichlich Blattgold, sondern auch metallisch-farbene Rot-, Grün- und Blautöne. Es wirkte auf mich ein bißchen wie Bonbonpapier. Nach Aussage der Restauratoren "war das damals so". Nun war bei den ersten Präsentationen dieser Bemalung helles elektrisches Licht mit Spots auf die "Prunkstücke". Da glänzte das natürlich besonders.
Jetzt, nach 15 Jahren, bei normalem Tageslicht und mit inzwischen erneuerter Staubschicht fällt mir das nicht mehr wirklich auf.
Bei der Rekonstruktion "knallbunter" Kirchenbemalung ist deshalb auch zu prüfen: Wie wirkt das bei "normaler" Beleuchtung, und wie oft wurde die Bemalung erneuert, und wie verändert sich der Zustand der Bemalung im Laufe dieser Zeit.
Bis denn
Karen Thöle
Bewertung:
Eintrag #38 vom 06. Okt. 2004 19:42 Uhr
Auf meiner Internetseite gibt es einige Bildbeispiele von überraschend bunten mittelalterlichen gebäuden (Burgen, Kirchen, Abteien )
Martin Aigne
Bewertung:
Eintrag #39 vom 06. Okt. 2004 22:59 Uhr
Timo Krisch
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Hallo Martin,
ist eigentlich gar nicht so überraschend, nur etwas ungewohnt für das Auge des heutigen Menschen.
Tatsächlich waren im Mittelalter die Wände, Nischen etc. in nahezu allen Kirchen bemalt, ja sogar bebildert.
Erst die Reformation brachte weiße Kirchenwände mit sich, und auch die Gegenreformation machte mit dem "Knalligbunten" Schluß.
Gruß
Timo aka Timotheus von Falkenbach
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Eintrag #40 vom 07. Okt. 2004 12:27 Uhr
Hans-Christoph
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Eine wunderschöne Sammlung von Ornamentik!!! Danke vor allem für das "Prilblumengewand" in der Kapelle der Dominikanerinnen! Da scheinen sogar noch Inlets in den Gürtelbeschlägen gewesen zu sein!?
Gericheim
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Eintrag #41 vom 07. Okt. 2004 18:47 Uhr
Ivo Malz (IMMS)
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Moin. Erinnert Ihr Euch an die Aufregung, als vor ein paar Jahren die Sixtinische Kapelle fertigrestauriert war und die Deckenausmalung wieder in den Bonbonfarben leuchtete, in denen Michelangelo sie mal gemalt hatte?
Hui, ging da ein Aufschrei durch die gemeinde, als die Kapelle nicht mehr die düstere grau- braun- schwarze Scheune war, die man über Generationen gewöhnt war.
Gruß
Ivo
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Eintrag #42 vom 25. Okt. 2004 20:10 Uhr
Karen Thöle
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Bunte Tiere
Ein paar Postings vorher wurde ja schon Buchmalerei erwähnt, in denen bunte Tiere abgebildet sind. Hat man nun im Mittelalter Tiere gefärbt, oder sind sie ein Beleg dafür, daß der mittelalterlichen Buchmalerei nicht zu trauen ist, was die Darstellung von Farben anbelangt?
Eine andere mögliche Antwort findet sich in der mittelalterlichen Literatur:
In Gottfrieds von Strassburg "Tristan" wird ein "bunter Hund" beschrieben: Petitcrü, ein Schoßhund, der in allen möglichen Farben schimmert, weiß, grün, rot, gelb, blau, purpur, aus jeder Richtung anders. Um den Hals trug er ein Glöckchen, dessen Klang jeden, der es hört, glücklich machen konnte. Dieses Hündchen war seinem Eigentümer von einer Fee geschenkt worden. (Vers 15801-15859)
In Hartmanns von Aue "Erec" wird ein Pferd beschrieben, das auf der einen Seite schwarz und auf der anderen Seite weiß ist (so weit noch möglich, wenn auch unwahrscheinlich), und bei dem diese beiden Farben säuberlich durch einen grünen Streifen getrennt sind. Dieses Pferd wird als das beste und schönste beschrieben, das es jemals gab. Es hatte ursprünglich einem "wilden Zwerg" gehört. (Vers 7290-7425)
Buntheit bei Tieren wird also als durchaus möglich gehalten, wenn auch nicht als "normal" (sonst müßte nicht Feen und Zwerge als Vorbesitzer herhalten). Die als bunt beschriebenen Tiere werden als in besonderem Maße vollkommen angesehen.
Bis denn
Karen Thöle
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Eintrag #43 vom 26. Okt. 2004 10:15 Uhr
David Seidlitz
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Hallo Karen,
ich könnte mir vorstellen, daß diese bunt beschriebenen Tierchen in jeder Richtung herausragend erscheinen sollten. Es handelte sich dabei ja um Tiere, welche aussergewöhnliche Eigenschaften besaßen, oder dessen Besitzer in irgendeiner Art rühmlich dargestellt werden sollten. Um nun die Einzigartigkeit von Hund und Pferd zu untermalen oder gar zu überzeichnen wurde zu diesen, im Grunde für jeden nach aussen sichtaren Besonderheiten gegriffen. Es war auf den ersten Blick klar: hier handelt es sich um ein besonderes Tier! Die inneren Werte wurden plakativ nach aussen transportiert.
So wurde ich (aus Sicht eines Laien) diese Szenen deuten.
Interessant und witzig ist das schon :0)
Gruß
David
fm
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Eintrag #44 vom 26. Okt. 2004 12:01 Uhr
Timo Krisch
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Hallo David,
ganz richtig.
Nach der bisherigen Historikerlesart - falls es neue Erkenntnisse gibt, bitte ergänzen/korrigieren - wird davon ausgegangen, daß mittels Farben nicht unbedingt die tatsächliche Färbung, sondern vielmehr die Eigenschaft, welche man mit diesen Farben damals verbunden hat, verdeutlicht werden soll.
An der Stelle sei nochmals darauf verwiesen, daß ein Großteil der Menschen des Mittelalters Analphabeten waren, die durch derartige Abbildungen quasi lernen mußten.
Und noch eine Bemerkung zu den Farben an sich: schwarz bspw. hatte damals nicht unbedingt die Bedeutung des Bösen, sondern gar nicht selten die der Demut. Kann man sehr gut daran erkennen, daß z.B.bis in die Renaissance der Teufel auch recht "bunt" dargestellt wird.
In diesem Sinne
Timo aka Timotheus von Falkenbach
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Eintrag #45 vom 15. Apr. 2005 17:44 Uhr
Hans-Christoph
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Um das Thema wieder ein bisschen aufzupeppen;
Hier sind unglaublich schöne Versuche einer modernen Testreihe von farbigen Kirchenfassungen aus Amiens:
und noch drei Links aus dem Kunstgeschichtsbereich über eine reale Umsetzung in Freiburg:
Gericheim
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Eintrag #46 vom 14. Mai. 2005 11:19 Uhr
Ulrich Reinhardt
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Als ich im Langedouc war habe ich in Albi mich mit einem Studenten dort unterhalten über das Färberwaid.
Der war auch der Meinung, daß das Mittelalter viel farbiger war als wir es uns gemeinhin vorstellen.
Aber nehmen wir mal den Vergleich zu heute: die Menge der Menschen in den Straßen erweckt heute einen blau grau weiß schwarzen Eindruck. Dazu hatte ich bisher das Bild des Mittelalters vom Volk her als recht braungrau.
Aber die Farben wurden ja damals auch gezielt als Konträrfarben (Grün Rot) ausgesucht und daher war der Eindruck damals auf der Straße trotz vieler braungrauer bunter als heute ?
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