Eintrag #1 vom 01. Feb. 2006 09:02 Uhr
Thorsten Seifert
Hallo
Mich würden die Gewänder und die Trachtbestandteile eines Byzantinischen Mannes und mittleren Beamten aus der Zeit des Basileus Heraklaios (610 - 641nChr.) interessieren. Ich habe schon einige Bücher gelesen und suche noch nähere Infos.
Seifert Thorsten
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Eintrag #2 vom 01. Feb. 2006 12:22 Uhr
Volker Bach
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Die Kleidungsgewohnheiten im römischen Osten scheinen sich zwischen dem 5. und 8. Jh nicht sehr wesentlich verändert zu haben - zumindest ist die Datierung von Kleidungsstücken und Abbildungen oft genug schwankend. Das könnte hilfreich sein, denn das 7 Jh ist für Quellen - gerade Bildquellen - schon deutlich weniger ergiebig als das 5. und 6.
Für einen Beamten (hier ggemeint im Sinne eines Verwalters, oder Juristen nicht eines Polizisten) ist eine lange Tunica pasend. Die typische langärmelige Tunica (’tunica manicata’, griech. mglw. damals ‘sticharion’) ist auch zu dieser Zeit noch am Körper weit geschnitten und liegt wenn überhaupt nur durch Gürtung an. Auf Abbildungen sind die Dekorationen - senkrechte clavi, aufgenähte tabulae und häufig ein Streifen, der sich über den gesamten Schulterbereich zieht - reichlich und in kräftigen Farben gehalten, während die Grundfarbe der Kleidung häufigh (nicht immer) weiß ist. Es gibt ein Mosaik aus Thessaloniki aus de frühen 7 Jh., das diese Art von Kleidung zeigt und dem wesentlich früheren und berühmteren in San Vitale in Ravenna sehr ähnelt. Darüber trägt man einen rechteckigen Mantel (last. geläufig ‘sagum’, griech damals ‘chlamys’) mit einem farblich abgesetzten dekorativen Einsatz (’tablion’), der auf Brusthöhe zu liegen kommt. Der Mantel wird mit einer sehr exponiert getragenen großen und dekorativen Fibel über der rechten Schulter geschlossen und lässt den rechten Arm bei Bedarf frei.
Diese häufig dargestellte Kleidung ist allerdings eindeutig ein Hofgewand und wurde im Alltag vermutlich seltener in vollem Umfang getragen. Eine dekorierte, unterschenkellange Tunica mit Untertunica darunter und möglicherweise einem zweiten, darüber getragenen Kleidungsstück ist aber schon wahrscheinlich. Die später sehr verbreiteten kaftanartigen Mäntel gab es schon, aber es ist unwahrscheinlich, dass sie als Hof- oder ‘Berufs’kleidung akzeptiert waren. Hosen waren damals gebräuchlich, wären aber bei der Beamtenkleidung nicht ins Auge gefallen (Soldaten trugen kürzere Tunicen und man könnte die Hosenbeine sehen, Arbeiter trugen oft schlichet keine Beinkleider oder nur gamaschenähnliche Wadenwickel). Was die Schuhe angeht trug man zu dieser Zeit schon (ich habe zu viele Überraschungen erlebt um mich auf ‘ausschliesslich’ festlegen zu wollen) wendegenähte Schuhe, die sehr aufwendig verziert sein konnten. Häufig sind relativ weit offene, flache Schuhe dargestellt, die mit einem riemen über den Spann geschlossen werden und entfernt an Renaissance ‘Kuhmäuler’ erinnern. Für Soldaten, Reisende und Jäger waren aber auch hohe Stiefel zunehmend in Gebrauch, und die aus der Antike bekannten Sandalen gab es noch (auch wenn sie bei Heiligenbildern nur aus Tradition beibehalten wurden und man sie in ‘besseren’ Kreisen vermutlich nicht mehr trug).
Die Mode, reich mit Metall verzierte Gürtel zu tragen, ist wohl schon im 6. jh zu Ende gegangen, also wäre ein einfacher Ledergürtel mit metallener Schnalle die einfachste Wahl. Nichts daran - ein Beamter trägt so etwas vulgäres wie Brotbeutel oder Messerscheide nicht. Möglicherweise auch keinen Gürtel - die soziale Erwartung ‘gegürtet’ zu gehern, scheint damals schon nicht mehr bestanden zu haben, und ofene, lange Gewänder konnten den Status des nicht manuell Arbeitenden so effektiv signalisieren, wie sie es später im islamischen Raum taten.
Was Bildquellen angeht, schau nach Winkelmann/Gomolk-Fuchs: Frühbyzantinische Kultur und dem Ausstellungskatalog "Byzanz - Licht aus dem Osten" (der allerdings arg kirchenlastig ist). Dann gab es noch eine Ausstellung von ein paar Jahren, deren Katalog ich leider nicht habe, die aber hervorragend gewesen sein soll (’Gold des Orients’ o.ä.). Aktuelle archäologische Funde sind schön lesbar in R. d’Amato/G. Sumner: Roman Military Clothing III (Osprey MAA 425), 2005 zusammengefasst, wobei allerdings der Schwerpunkt auf militärischer Kleidung und für meinen Geschmack zu sehr auf klassischer Terminologieverliebtheit liegt.
Hilft das etwas? Wenn du Detailfragen hast, kannst du Dich gern kurz melden ich glaube ich habe noch ein paar Bilder von Textilfunden und Darstellungen.
Ianus
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