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Eintrag #1 vom 28. Jul. 2005 09:31 Uhr Regina (Nachname für Gäste nicht sichtbar)   Nachricht Bitte einloggen, um Regina eine Nachricht zu schreiben.

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Ausgrabungen: Der Knochenfund führt wahrscheinlich in das 14. Jahrhundert zurück.
Von Josef Nyary
Der bisher spektakulärste Fund bei den Hammaburg-Ausgrabungen auf dem Domplatz führt mit großer Wahrscheinlichkeit in das 14. Jahrhundert: Zwölf Meter südlich des Zauns an der Domstraße entdeckten Karsten Kablitz (49) und sein Team die sterblichen ßberreste eines Geistlichen, der dort vermutlich während der Bauarbeiten am Kreuzgang bestattet wurde.
An der nördlichen Wand der großen Grube, in der Kablitz in den nächsten Tagen die Fundamente des Johanneums vermessen und dann die Grundmauern des Doms freilegen will, sind zwischen zwei fingerdicken Streifen ein Langknochen und das Fragment einer Schädelkalotte zu sehen. "Es handelt sich wohl um einen Oberarmknochen", sagt der Archäologe. "Die Streifen sind humose Reste, ßberbleibsel der Bretter von Sargboden und -deckel. Es gibt gute Gründe anzunehmen, daß wir in diesem Profilschnitt eine Bestattung in situ gefunden haben, ein unversehrtes Grab, das noch am ursprünglichen Ort liegt."
Was darf die Wissenschaft erwarten? "Christliche Bestattungen sind beigabenfrei", weiß Karsten Kablitz. "Nur in den Jahren des ßbergangs vom Heiden- zum Christentum, in der Hammaburg-Zeit, bekamen die Toten zu einem Goldblattkreuz zuweilen auch Pfeilspitzen mit, um im Jenseits auf alles vorbereitet zu sein: auf die alten Götter - und den neuen."
Der Tote aus dem jetzt entdeckten Grab stammt aus späterer Zeit, der Kreuzgang wurde 1353-78 gebaut. "Die Leute wurden in leichten Leinengewändern beerdigt, von denen kaum etwas übrigbleibt", erklärt Kablitz. "Lederreste von Gürtel oder Schuhen halten sich länger, in Frauengräbern aus dieser Zeit finden sich häufig Haarpfeile, und wenn wir ganz viel Glück haben, steckt an einer Hand ein Ring."
Der Archäologe will das Grab in den nächsten Wochen von oben her schichtweise freilegen. Die Gebeine werden im Helms-Museum untersucht. "Was sich schnell feststellen läßt, sind die ungefähre Größe zu Lebzeiten und bestimmte Krankheiten", sagt Kablitz. "Die Bestimmung von Lebensalter und Geschlecht kann dagegen lange dauern."
Daß es sich wohl um einen Kirchenmann handelt, zeigt die Lage des Toten: "Christen wurden mit dem Kopf nach Westen begraben, denn sie sollten bei der Auferstehung in den Sonnenaufgang schauen", sagt der Archäologe. "Geistliche aber ließen sich mit dem Kopf nach Osten bestatten, um bei der Auferstehung gleich ihrer Gemeinde entgegenzublicken." Und in dem jetzt gefundenen Grab liegt der Schädelrest östlich des Oberarmknochens.
Ein hoher Würdenträger wird es nicht sein, Domherren ließen ihre Särge in gemauerte Grüfte stellen. Der Archäologe Reinhard Schindler, der seit 1949 auf dem Domplatz forschte, schreibt in "Ausgrabungen in Alt-Hamburg" über die Zerstörung der Backsteinkathedrale in den Jahren 1805/06: "Bis in die Tiefen der alten, ziegelgemauerten Domgrüfte waren die Spitzhacken der Abbruchunternehmer nicht vorgedrungen. Da man die dort zur Ruhe gebetteten Toten jedoch schon vor dem Abbruch exhumiert hatte, standen die Grüfte leer. Diejenigen Toten aber, die nicht wohlhabend genug waren, um sich im Domschiff unterhalb der alten Steindielen ein letztes Ruheplätzchen zu sichern und die man für weniger Geld rings um den Dom verscharrt hatte, lagen zum Teil noch an ihrem alten Platz, sofern ihre Gebeine nicht durch die vielfältigen Erdbewegungen im Baugrund bereits auseinandergerissen waren."
Der jetzt gefundene Tote wurde wohl in Zeiten leerer Kirchenkassen bestattet, lange bevor der Dom fertig war. "Volle 300 Jahre, von 1248 bis etwa 1545, hat der Bau in Anspruch genommen", schreibt Schindler.
Schon 1259 rief Erzbischof Hillebold die Gläubigen in einem Ablaßbrief dazu auf, den Bau durch Spenden zu fördern und dabei ihr Sündenkonto zu verringern. 1286 ermöglichten erst Stiftungen wohlhabender Hamburger den Ausbau der südlichen und nördlichen Seitenschiffskapellen. Seit dem Jahr 1290 erschütterte eine Wirtschaftskrise die Stadt, und auch später litten die Arbeiten immer wieder unter Geldmangel. Der Turm konnte erst 1432-34 errichtet werden. Da war der jetzt gefundene Tote wohl schon lange vergessen.
erschienen am 27. Juli 2005
Quelle:wwwabendblatt.de/daten/2005/07/27/463538.html?s=1
viele Grüße Ragna

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