Wie werde ich ein guter Mittelalterhandwerker?

Autor: Roman Luplow  Profil   Nachricht Bitte einloggen, um Roman Luplow eine Nachricht zu schreiben.
Inhalt
1 Berufswahl
2 Händler oder Handwerker?
3 Recherche
3.1 Benötigte Ausrüstung
4 Der erste Markt
5 Nachsorge
6 Der zweite Markt
7 Fazit
Was ist der Mittelpunkt des Mittelaltermarktes? Ist es die Bühne? Ist es der Gaukler? Wohl kaum, werden viele nach reiflicher Ãœberlegung feststellen. Nein, es ist die Taverne! Das Thema ist nicht neu, und es wird auch sicher noch ein paar Jahre Diskussionsstoff liefern. Aber in der Szene wird seit langem schon beklagt, dass der „gute alte Mittelaltermarkt“ der frühen Reenactor zum Volksfest mit historisierendem Charakter verkommt. Woran liegt es, wäre die Frage. Und die Antwort ist schnell gefunden – zu wenig Qualität in der Darstellung. Wer sich mal die „a“-Diskussionen im Web anschaut, der findet schnell heraus, dass das Thema authentische Handwerker auf dem Mittelaltermarkt ein Reizthema war und ist. Wo es in Sachen Ritterschaft und Edelfrauen schon lange einheitliche Konventionen zur publikumswirksamen Darstellung gibt, da klafft in Sachen Handwerk noch eine große Lücke. Und wer sich dann auf die Suche nach DEM authentischen Handwerker begibt, der wird schnell feststellen, dass zwischen Theorie und Praxis ein großer Unterschied besteht.
In der Theorie sollte ein guter Mittelaltermarkt dem Besucher ein aha-Erlebnis bieten, ihn aufklären und sein Geschichtsverständnis erweitern. Praktisch aber dient der Mittelaltermarkt oftmals nur dem Anlocken des gewinnträchtigen Kauf- und Tavernenpublikums. Woran es liegt, dass dieser Eindruck sich verfestigt, ist einfach begründet. Es fehlt Kompetenz und zwar vor allem bei den handwerklichen Darstellern. Vorbei ist die Zeit der enthusiastischen Reenactor, der Freaks und Exoten mit fundiertem Hintergrundwissen. Selten ist die Darstellung authentisch, oft nur noch Theater und werbewirksame Show für eine verkappte Handelstätigkeit. Viele der „Handwerker“ könnten etwas anders ausstaffiert auch auf dem Wochenmarkt um die Ecke stehen. Genau an diesem Punkt kommen wir nun zum Kernthema – dem Macher dieser Show, dem Mittelalterhandwerker. Was genau zeichnet diese „Berufsgruppe“ aus, oder zumindest, sollte sie auszeichnen?
Das Mittelter war die Zeit, in der der Mensch vom gelegentlichen Anfertiger eines Gebrauchsgegenstandes sich geradewegs zum spezialisierten Handwerker entwickelte. Viele Menschen des Mittelelters übten bereits abgrenzbare Berufe in der Landwirtschaft aus oder leisteten fachliche Zuarbeiten zu Bau- und Kultivierungsprojekten. Nun möchte ich hier keine Abhandlung über die Entwicklung des Handwerks schreiben, aber ein wenig Entwicklungsgeschichte gehört eben auch zu einer authentischen Darstellung dazu. Wenn man also jetzt als Branchenneuling auf einem Mittelaltermarkt eintrifft, so ist man von der Fülle der dargebotenen Ideen regelrecht erschlagen. Steinmetze, Schmiede, Töpfer und Filzer geben sich ein buntes Stelldichein. Aber wo frage ich, sind die anderen wichtigen Berufe? Das Mittelelter war eine lange Zeit, gut ein Viertel der modernen Geschichtsschreibung. Was hingegen auf den heutigen, authentischen Märkten davon blieb ist eine Gruppe von knapp 10 Berufen. Selten sind Stände von Korbmachern, Schreibern, Stellmachern. Warum? Dieser Frage nachzugehen lohnt die Mühe, denn auf dem Wege zu ihrer Beantwortung findet man alles, was man wissen muss, um selbst einmal ein guter und authentischer Mittelalterhandwerker zu werden.

1 Berufswahl

Zuerst einmal steht die Frage nach einem Beruf. Wodurch zeichnet er sich aus? Woran erkenne ich den typischen Tischler? Wie unterscheidet er sich z. B. vom Hufschmied? Es sind die Insignien seines Handwerks, die er offen zur Schau trägt. So würde also kaum ein Mensch einen schwarzen Mann am lodernden Feuer als Fleischer oder gar Kunstschnitzer einordnen. Aber Schmied wäre da doch eine passende Vermutung.

Der Neuling muss also zuerst einmal die Frage beantworten: Woran erkenne ich einen ganz speziellen Beruf. Er kann jetzt im Internet oder klassisch in der Bibliothek nach Literatur zum Thema Berufe suchen. Die Liste der verfügbaren Professionen reicht dabei vom Freudenmädchen bis zum Baumeister, aber da beginnt dann auch schon die nächste Ãœberlegung. In welche Zeit will ich gehören? Und in welche gesellschaftliche Schicht? Es ist beileibe nicht dasselbe, ob ich ein Kupferschmied am Anfang des 12.Jahrhunderts oder am Ende des 16. sein will. Und wieder sind es die Insignien, also typische Werkzeuge, Kleidungsstücke und Produkte, die das entscheidende Detail bilden.
Die dritte und ebenfalls sehr wichtige Frage ist: Was kann ich? Dabei ist es egal, ob der Darstellungswillige nun Abitur hat oder nicht, aber er muss zumindest über die Fähigkeiten und Fertigkeiten verfügen, die der gewählte Beruf erfordert. Und dann, zuletzt genannt, aber eigentlich das Kriterium schlechthin – Was kann ich auf einem Markt überhaupt darstellen?
Wie Ihr seht, Fragen, Fragen, Fragen und noch immer keine vernünftige Lösung. Die kommt aber jetzt in Form eines einfachen Rezeptes.
Dem Neuling sei empfohlen, zuerst einmal zu prüfen, welchen Authentizitätsanspruch er hat. Will er ganz „a“ sein, so fallen alle Berufe heraus, die einen so genannten Heimberuf darstellen, also Papiermacher, Drucker, Käser usw. Das nötige Equipment wäre zu groß und zu schwer um es auf einem Markt auszustellen oder gar damit in Echtzeit zu produzieren. Ach ein Windmüller aus dem 15. Jahrhundert wäre eine unüberwindliche Herausforderung für alle Marktbetreiber. Man muss also in einem solchen Wahlfall ganz genau hinschauen, was einen Angehörigen dieses Standes auszeichnet und was davon, auf Transportergröße geschrumpft, mobil wäre.
Nach diesem ersten Ausschluss kommt die Ãœberlegung, zu welcher Kaste der Handwerkerschaft man gehören möchte. Sicher sind Henker und Hure durchaus ehrbare Berufe gewesen, allein die heutige Gesetzteslage verböte eine authentische Darstellung auf einem Markt. Auch Feldscherei wird wohl kaum den Anspruch der heutigen Ordnungswächter erfüllen und wäre nach der ersten Aufführung verboten.
Der verbleibende Rest von ca. 50 bis 60 Generalberufsgruppen muss nun weiter unterteilt werden. Ist der Geldbeutel gut gefüllt, die Arme kräftig und der Kopf des Wissens voll, so steht einer freien Wahl nichts im Wege. Von Goldschmied bis Bootstischler stehen einem tollen Stand alle Wege offen. Meist ist dies aber bei unseren Eleven weniger der Fall, so dass besonderes Augenmerk auf die Balance der eigenen Fähigkeiten zu den materiellen Erfordernissen und auch dem inhaltlichen Anspruch des gewählten Handwerks gelegt werden muss. Sicher wäre es einfach, als Baumeister aufzutreten, wenn man Maurer oder Architekt ist, allein wer bräuchte auf jedem besuchten Schlosshof ein neues Mauerwerk? Man muss also sortieren, welche Handwerke mobil waren und was sie in der Mobilität auszurichten vermochten. Ein Schuster war z.B. ein gern gesehener Gast auf dem Markt, ein Hufschmied auch. Der Scheren- oder Messerschleifer kam mit einem Handwägelchen und fuhr mit ebendiesem, und einer gut gefüllten Kleingeldtruhe wieder ab. All diese Berufe verlangen nur geringe Investition in Material und Werkzeug – aber sie wirken nur, wenn auf dem Schemel auch ein profunder Fachmann sitzt! Allzu häufig kranken Mittelaltermärkte daran, dass zwar viele verschiedene Handwerker vor Ort sind, aber eigentlich sind es Gärtner, Verkäufer oder Maschinenbaustudenten ohne jedes Basiswissen im dargestellten Handwerk. Die Lehrzeiten betrugen vor 500 Jahren nicht umsonst 3-4 Jahre. Man muss viel lernen, viel üben und manchmal auch einfach viel gesehen haben.

2 Händler oder Handwerker?

Der angehende Mittelalterhandwerker steht nun also am Scheideweg. Links geht es auf den Pfad der handwerklichen Händler. Rechts winkt in der ferne der goldene Boden des Handwerks. Allerdings ist auf dem rechten Weg erst noch ein ganzer Topf Arbeit auszulöffeln. Und diese Arbeit scheuen viele Darsteller offensichtlich. Nun denn, wenn Du also Geld verdienen willst, gern ein wenig Theater spielst und den Kunden als Konsumenten ansiehst – wohl an, der linke Weg ist der gewiesene! Bist Du aber auf der Suche nach der Ehrbarkeit, dann folgt jetzt die erste wirkliche Entscheidung.

Das folgende Stück sei an einem Beispiel aufgezogen, denn so lernt man doch am ehesten, was mit all den Theorien gemeint ist. Wir machen aus unserem interessierten Neuling einfach einen Papiermacher des ausgehenden 15. Jahrhunderts. Der Mittelalterneuling hat zu diesem Zeitpunkt seine Grundsatzentscheidung bereits getroffen Und er bekommt bereits eine Ahnung, von dem was ihn ereilen wird. Er beginnt jetzt in Fachzeitschriften aus der Szene zu lesen. Er fragt sich: Was kann ich? Er schaut auf Märkten genauer hin. Er prüft, was Handwerker ist und was Blender. Die Handwerker kommen in große Töpfe – je einer für Schuhmacher, Tischler, Steinmetze… Und eines Tages fällt ihm auf, dass es etwas, einen ganz bestimmten Beruf noch nicht gibt – seinen Beruf. Es gibt z.B. keine – PAPIERMACHER!

3 Recherche

Jetzt beginnt die Zeit des Suchens. Was genau macht beispielsweise ein Papiermacher? Ah ja, er hat ein Hausgewerbe. Schon mal schlecht, oder etwa doch nicht? Nein, das was wir dem Papiermacher zuordnen ist ja gar nicht so häuslich gebunden. Es ist das Schöpfen, und das kennt man doch schon aus dem Kindergarten. Aber stop, Kindergarten? Dann ist es wohl gar nicht so schwer und ich brauche ja nichts lernen. Weit gefehlt! Papiermacher lernen ihr leben lang, und ab ca. 1300 taten sie es in Deutschland mindestens 4 Jahre und 14 tage bei ein und demselben Meister. Und schon steckt der entscheidungssichere Neuling mitten drin. Er hat SEINEN Beruf und will ihn zeigen.

3.1 Benötigte Ausrüstung

Jetzt kommt der zweite Schritt: Die Liste. Links kommt hin, was man unbedingt braucht, rechts steht was es kostet oder wo man es herbekommen könnte. Erst mal schreibt man alles auf, was man so in der Wikipedia liest oder in irgendwelchen Büchern findet. Wenn dann unter der rechten Seite ein Strich gezogen wird,… au weia, DAS kann ja keiner bezahlen. Richtig, das macht auch keiner. Jetzt geht es ans Streichen. Zuerst mal die Frage der Behausung. Natürlich bräuchte man ein gut ausgestattetes zweistöckiges Haus, aber eigentlich tut es ein dreiseitig geschlossener Stand von Klappfix auch. Aber halt, dreiseitig geschlossen? Hmmh, das hat unser Neuling bestimmt irgendwo in einem Marktbericht vom Kaltenberger Ritterturnier oder so gelesen. Na macht ja nix, das scheint eine gute Veranstaltung zu sein, dann wird’s wohl stimmen. Okay, Behausung ist also geklärt. Die Kosten halten sich in Grenzen, das geht also schon mal auf die echte Liste.

Nun zur Arbeitswelt. Eine Bütte braucht der Papiermacher, mindestens einen Kubikmeter groß, 80cm hoch… halt, was wiegt so ein Teil aus Eiche? Trocken um die 400kg! Oh Gott, das geht also nicht. Na vielleicht tut es ja auch Omas Waschwanne. Die ist aus Holz, das Sieb passt gut rein und mehr als 10 Eimer Wasser muss man dann auch nicht schleppen. Zudem können die Kiddies gut reingucken. Das ist also auch gebongt. Die Wanne sieht sogar nach den aufgefundenen Kriterien bei TV ziemlich „a“ aus.
Siebe, i.O., die kann man kaufen. Plastik ist aber un“a“, also besser doch ein ordentliches Stück vom Handwerker der Branche holen. War gar nicht so schwer, nur halt etwas teurer. Jetzt fehlen noch die Filze und, wenn man nicht allzu arm aussehen will, eine zünftige Presse. Filze ist schwierig, da braucht man doch etwas Beratung – und letztendlich wird es ein Kompromiss. Da muss man dann doch zu Industrieprodukten greifen, sagen zumindest erfahrenere Papiermacher. Aber unser Neuling ist ja nicht dumm und hat sich flugs belesen, was er zur Abweichung vom Original wissen muss. Da soll mal einer kommen und Kritik üben!
Die Presse, ok, die muss eben auch ein Provisorium sein. Es ist halt nur ein Zeichen, kein wirkliches Werkzeug. Aber mit etwas Geschick, ein paar guten (Handwerker)Freunden und ein bisschen Stöbern in den Annalen der Technischen Künste kommt ein brauchbares Modell zustande. Ob die Spindel nun wirklich handgeschnitten sein muss, nun ja, manche Dinge sind eben, wenn sie „a“ sein sollen auch mit „a“-Problemen verbunden, und die will unser angehender Papiermacher letztendlich dann doch nicht haben. Es wäre auch unvorteilhaft, wenn schon auf dem ersten Markt ein Arm verloren ginge oder gar zwei tote Besucher vor dem Stand liegen, nur weil das Treidelseil der Spindel abgerissen ist.

4 Der erste Markt

Nun fährt unser Neuling also frohen Mutes mit einem geliehenen Auto (er hat ja gelesen, man braucht einen Transporter, auch wenn man keinen eigenen hat) und viel Elan zum ersten Markt. Da er ja Produkte herstellt, die er verkaufen könnte, kriegt er auch keine Gage („ist bei Anfängern eh so so üblich“ hat ihm die nette junge Dame am anderen Telefonende erzählt) und trifft am Abend vor Marktbeginn gespannt am Festplatz ein. Da er neu ist, kriegt er einen Patz nahe der Dixi-Klos, schaut auf eine Wand und wird am nächsten Tag ganz unsanft von der sengenden Augustsonne gegrillt. Noch dazu ist sein mitgenommenes Essen schon nach acht Stunden am Schimmeln, zwei Markthunde haben ihn beklaut und zig Leute fragen nach Sachen, von denen er noch nie etwas gehört hat. Noch dazu lacht das halbe Marktvolk über Schuhe mit Metallschnallen (wieso, gab‘s die damals nicht?) und jeder zweite Handwerker will ihm irgendwelche authentischen Stücke zum Supersondermarktpreis anbieten.

Das erste Mal ist meist das Schlimmste. Danach weiß man dann, was die Sicht aus dem Stand heraus von der Besuchersicht unterscheidet.

5 Nachsorge

Kommt unser Papiermacher(Lehrling) nun erschöpft und um einige Euro ärmer nach Hause, so setzt ein wildes Umorganisieren ein. Zuerst mal muss eine Kühlbox her. Und wie war der Tip vom Bräterstand? Ah ja, einfach eine Styroporbox in eine Holzkiste packen, die schön eindrecken, etwas beschleifen, schwarze Beschläge dran… Wow! Eine Mittelalterkühlbox! Grandios, so kann es weitergehen. Die Kleidung wird umsortiert. War ja auch echt Blödsinn, als Papiermacher mit weichen, natürlich extrateuren, Schuhen ohne Sohle loszuziehen. Das nächste mal sind es Clogs oder ein schöner Bundschuh mit einer, zugegebenermaßen etwas unauthentischen, Specksohle. Aber nasse Füße gibt‘s nicht noch mal! Und außerdem waren die 25,- Marktpreis beim Lederer statt der ausgepreisten 60,- ganz okay.

Die gute Wollweste scheint auch nicht so recht zu funktionieren, alles dreckig und verzogen. Na gut, dann eben ein Leinenhemd und eine Lederweste drüber. Sieht auch fetzig aus und ist durchaus passend für die Zeit. Apropos Zeit, gut getroffen würde ich sagen. Die meisten Märkte stellen einen Zeit der Hochkultur dar, und der Technisierung wegen ist es dann schon eher um 1500 denn um 1200. Und die Wikinger und Kelten sind sowieso nicht so nach dem Geschmack eines Papiermachers, schreiben konnten die eh nicht vernünftig.
Nun muss noch ein bisschen Dekokram gebastelt werden, die lächerlichen Petroleumlampen werden gegen gut (authentisch) verpackte Elektrostrahler ausgetauscht und nicht zu vergessen, einen Holzeimer braucht man auch noch. Es ist schon erstaunlich, welchen Fundus an „authentischen“ Gegenständen man so in der heutigen Baumarktlandschaft findet. Und die Sache mit den verzinkten Bändern und Griffen, ja, das zu korrigieren hat ja der Schmied versprochen – der macht das schon. Tonbecher sind noch zu teuer, in Ordnung, dann wird halt eine Tasse passend mit Erde bemalt. Sieht gut aus und tut es erstmal.

6 Der zweite Markt

Beim zweiten Mal wird unser angehender Handwerker schon weniger blauäugig sein. Er hat die Erfahrung gemacht, dass der Besucher fragt, dass er bei erklärender Antwort länger bleibt – und letztendlich sogar etwas kaufen will. Nun, also ist es klar, dass man als Handwerker doch etwas mehr tun muss, als nur schweigend am Schmiedefeuer zu stehen und auf Fragen mit einem entschuldigenden Lächeln zu antworten. Oft genug bekommt der interessierte Besucher nicht mehr zu hören und zu sehen als das, was er eh schon aus der Sendung mit der Maus kennt. Schade eigentlich, denn das meiste Handwerk ist doch etwas mehr, als man es in 20min Sendezeit verpacken kann.

7 Fazit

Wie wir jetzt am Beispiel eines sich einfindenden Handwerkerdarstellers ausgeführt haben, gehört zum guten Mittelaltermarkt ein guter Handwerkerstamm. Und gut ist, was echt ist oder zumindest erläutern und erklären kann, was echt wäre. Wenn also zukünftig wieder mehr Qualität auf den Märkten zu finden sein soll, dann muss sich jeder Darsteller konkrete Gedanken zu seiner Einordnung und Darstellungsfähigkeit machen. Der Trend, den vorführenden Stand durch Massen von Verkaufsgut zu „erweitern“ führt allzu oft weg vom Handwerk und hin zum Handel. Handel ist aber etwas, was nicht zum Nachfragen animiert, sondern etwas woran der Besucher schlichtweg gewöhnt ist. Will man also als Handwerker auf dem Markt bestehen, so ist ein gewisses Maß an Selbstbeschränkung erforderlich.

Und diese Selbstbeschränkung muss natürlich auch der Veranstalter befördern – z.B. indem er auskömmliche Gagen zahlt. Niemand kann natürlich sein aufwändiges Handwerk zeigen, wenn die Kasse nicht stimmt, aber auch hier sei angemahnt, die Relationen nicht zu verlieren. Sicher ist es verlockend, an einem Wochenende durch Verkauf so viel zu verdienen, wie ansonsten an vieren, aber es bringt auf lange Sicht für den Kundenstamm mehr Effekt, wenn man sich bescheidet und statt einer Lamadecken-Verkaufsmasche eine echte Vorführung anstrebt. Der geneigte Besucher dankt es durch Wiederkehr und letztendlich durch Auftrag oder Kauf von Ware. Das Abrutschen vieler, ehemals guter Vorführer in die hauptberufliche Schaustellertätigkeit trägt viel zum Verlust der Handwerksqualität bei. Manchmal ist weniger eben mehr, und ein gut präsentiertes Hobby mit Nebenberufcharakter ist allemal besser als ein halbherzig ausgeübter Haupt“beruf“. Wenn sich also wieder mehr Handwerker auf eine ehrbare Tätigkeit besinnen, so wird die eingangs gestellte Frage nach dem Mittelpunkt des Mittelaltermarktes bald wieder eine andere Antwort ergeben: das Handwerk.
In diesem Sinne sei unserem geneigten Anfänger empfohlen, sich umfassend vorzubilden, sich für Fachfragen zu wappnen und den Anfang mit kleinen Schritten zu tun. Es lohnt sich! Und wie in allen selbstständigen Tätigkeiten gilt auch hier: Wer wagt gewinnt, und sei es nur Erfahrung.

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