Der Topf- und Kübelhelm des Mittelalters

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Inhalt
1 Die Entstehung des Topfhelms Ende des 12. Jh.
2 Die Entwicklung des Topfhelms im 13. Jh.
3 Der Kübelhelm - die Weiterentwicklung des Topfhelms
4 Die Technologie des Helms
4.1 Das Material
4.2 Der Zuschnitt
4.3 Das Umformen
4.4 Das Fügen
4.5 Das Finish
5 Der Helm im Kampf
6 Der Helm im Turnier
7 Das Zubehör
8 Erhaltene Exemplare
9 Literatur
Oft wird mit dem Bild des klassischen Ritters im Hochmittelalter folgende Vorstellung verknüpft: Ein Kriegsmann, in einen langen, fallenden Rock gewandet, gegürtet mit dem Schwert, geschützt durch Panzerhemd, Schild, und einen zylindrigen Helm mit schmalen Sehschlitzen - dem Topfhelm.
Der Name dieser Schutzwaffe leitet sich anschaulich von seiner äußeren Form her, wurde aber vor der verklärten Renaissance des Mittelalters im 19. Jahrhundert nicht gebraucht. Charakteristisch für den Topfhelm sind die recht voluminöse Umschließung des gesamten Kopfbereiches, die durch das Vernieten mehrerer Eisenplatten realisiert wurde, der feste Sehschlitz und eine meist flache Scheitelplatte.
Aus dem Topfhelm entwickelte sich im 14. Jh. der ähnliche Kübelhelm, noch voluminöser, mit gewölbter Scheitelplatte und meist als Ãœberhelm der sog. Beckenhaube ausgeführt (leider werden selbst in der Fachliteratur diese beiden Begriffe oft durcheinandergeworfen).

1 Die Entstehung des Topfhelms Ende des 12. Jh.

Keine Neuerung entsteht ohne Motivation, und so stellt sich die Frage, was auslösendes Moment für die Entwicklung der Topfhelmform gewesen sein könnte. Sicherlich trug die Erkenntnis dazu bei, daß die Wirksamkeit bestehender Schutzwaffen den Anforderungen neuer Offensivwaffen und -taktiken nicht mehr gerecht wurden oder zufällige oder beabsichtigte Neukonstruktionen die Ãœberlebenschancen merklich erhöhten. Der in Mitteleuropa bis über das 12. Jh. hinaus fast ausschließlich verwendete Nasalhelm, der über einer Kapuze aus Panzergeflecht getragen wurde, bot augenscheinlich zu wenig Schutz für den Kopfbereich unterhalb der Augenbrauenlinie. Doch welche Änderung auf der Offensivseite machte eine Innovation vonnöten?
Die Kampftaktik der feudalen Reiterheere erfuhr zu Ende des 11. Jh. eine wesentliche Verbesserung ihrer Durchschlagskraft. Statt ihre Lanze in der Hand haltend in den Gegner zu rammen oder auf ihn zu schleudern, klemmten die angreifenden Reiter diese nun unter den Arm, um dann in geschlossener Reihe mit Anlauf tief in die gegnerische Front einzubrechen. Beim Zusammenprall zweier Reiterfronten ist ein geübter Kämpe durchaus in der Lage, ein kopfgroßes Ziel aus vollem Galopp zu treffen. Will man diese gefährdetste Trefferfläche mit dem Schild schützen, gibt man dafür Sehfeld, Reaktionszeit und die Möglichkeit zur eigenen Angriffsinitiative weitestgehend auf.
Naheliegend ist da der Gedanke, der kompletten Kopfvorderseite einen selbständigen Schutz zu verpassen, der dem Reiter noch genügend Handlungsfreiheit bietet - so könnte die Entwicklung des Topfhelms eingeleitet worden sein. Dieser Erklärungsversuch befriedigt aber nicht ganz - wäre doch ein Topfhelm, der die ungeheure Durchschlagskraft einer Lanze bei einem Volltreffer aushielte, buchstäblich aus Gewichtsgründen nicht mehr ‘erträglich’. Zum einen saß aber beileibe nicht jeder Angriff genau im Ziel, oder aber Auftreffwinkel und Relativgeschwindigkeit der Lanzenspitze zur Helmwand waren so ungünstig, daß der Stoß diese nicht durchdringen konnte. Wie jede Schutzwaffe war so selbst diese schwere Helmform eine Kompromißlösung.
Zum anderen war sicher die steigende Anzahl der Bogenschützen innerhalb der Fußtruppen und die Einführung der Armbrust weitere Auslöser der Topfhelmentwicklung. Die massenhaft abgeschossenen Pfeile bedingten einen besseren Schutz des Gesichts, da (wie durch neuzeitliche Versuche glaubhaft bestätigt) ein Panzergeflecht einen höchst mangelhaften Schutz gegen spitze, schlanke Wuchtgeschosse bietet.

2 Die Entwicklung des Topfhelms im 13. Jh.

Karlsschrein, Arms and armour of the medieval knight, Saturn Books 1996
Karlsschrein, Arms and armour of the medieval knight, Saturn Books 1996
Früheste Formen des Topfhelms sind nur durch bildliche Darstellungen in Handschriften und Miniaturen überliefert. Die gerundete oder flachscheitelige Helmglocke bestand wohl meist aus einem Stück, an die dann eine maskenähnliche Gesichtsplatte angenietet wurde, die zwei Sehschlitze und etliche Atemlöcher aufwies. Zum unteren Gesichtsrand hin war sie leicht eingezogen. Schon ein Vierteljahrhundert später taucht ein erweiterter Typ auf, dessen flachscheitelige Helmglocke bis zur Nasenwurzel hinabreichte. Daran wurden eine Masken- und eine Nackenplatte angenietet, die letztere war zum Ohr hin etwas ausgeschnitten. Sehr gut ist diese Form auf dem silbernen Karlsschrein im Dom zu Aachen erkennbar (Bild 1).
Ein weiteres Vierteljahrhundert danach umschlossen die Seitenwände den Kopf vollends. Der Gesichtsschutz wurde in eine Stirn- und Wangenplatte aufgeteilt, die in Augenhöhe durch einen Sehspalt getrennt waren. Dieser Sehspalt wurde durch ein aufgenietetes Visierkreuz verstärkt. Auch die hintere Kopfhälfte wurde durch zwei Platten geschützt, die auf der Höhe der vertikalen Visierspange miteinander vernietet waren.
Von dieser Form ist ein Bodenfund erhalten (Dargen/Bild a), ein ähnliches Exemplar auf Burg Altena zu sehen (Altena/Bild o). Nach 1300 kam die Visierspange teilweise außer Mode, die Wangenplatte wurde über eine Lasche direkt an die Stirnplatte genietet (Madeln, Bozen/Bilder b und d). In der Manesse-Handschrift taucht auch eine rund - konische Helmglocke mit Visierspange auf, ebenso findet man dort und in anderen Handschriften Helme mit aufschlächtigen Visieren. In den nächsten Jahrzehnten wurde die Visierspange genauso wie die flachscheitelige Form aufgegeben.


3 Der Kübelhelm - die Weiterentwicklung des Topfhelms

Die unbestreitbaren Nachteile des Topfhelms (siehe "Der Helm im Kampf") ließ im 14. Jh. eine parallele Entwicklung entstehen; die Beckenhaube entwickelte sich als eigenständiger Kopfschutz wahrscheinlich aus einer eisernen Kappe, die vereinzelt unter dem Topfhelm getragen wurde. Um die Vorteile beider Helmarten nutzen zu können, entwickelte sich der Kübelhelm als Ãœberhelm der Beckenhaube und glich sich ihrer Form dementsprechend an. Die Einteilung der Platten blieb weitgehend identisch mit der des Topfhelms, bei aufwendigeren Helmen reduzierte sich ihre Anzahl auf minimal 3 Plattenteile; hier wurde die Glocke bis zum Sehschlitz aus einem Stück gefertigt (Kornburg/Bild h). Weiter verbreitet war die Fertigung einer einteiligen Stirn- und Hinterhauptsplatte, in die ein konisches Scheitelstück von innen angenietet wurde (z.B. Pembridge/Bild k).
Als weitere Neuerung besaßen die Helme 1-2 kreuzförmige Durchbrüche am unteren Helmrand, in die entsprechende Knebel befestigt werden konnten; über ein oder zwei Ketten konnte so der Helm an den damals ebenfalls eingeführten Spangenharnischen oder Brustplatten angehängt werden. Der als ‘Bart’ bezeichnete untere Teil der Wangenplatte zog sich tiefer hinunter und bot dem Hals verbesserten Schutz. Allerdings mag ich nicht der Behauptung folgen, die Seitenwände der Kübelhelme seien schließlich so tief gezogen worden, daß der gesamte Helm auf den Schultern aufsaß, sondern vertrete die Ansicht von Herrn Quasigroch [1], daß damit die Bewegungsfreiheit unzulässig stark beeinträchtigt worden wäre. Das Abstützen über die Schultern war erst den später aufkommenden Stechhelmen vorbehalten. Schließlich verdrängte die Beckenhaube Ende des 14. Jh. den Kübelhelm gänzlich vom Schlachtfeld. Seine Verwendung reduzierte sich ab dort auf das Turniergeschehen.


4 Die Technologie des Helms

Das Konzept des Topfhelms erwies sich, wie oben bereits dargelegt, als geeignete Schutzwaffe gegen Pfeil- und Lanzenwirkung. Erreicht wurde der gute Schutz zum einen eben durch die vollkommene Verkleidung des Kopfes, zum andern durch die Verwendung relativ massiver Platten und deren geometrisch geschickte Anordnung.


4.1 Das Material

Die Materialstärke der bisher gefundenen Helme liegt zwischen 2mm und bis zu 4mm (Topfhelm Madeln I). Damit schwankt das Gewicht zwischen 2 und über 5 kg, wobei zu bedenken ist, daß die Kopfgrößen zu der Zeit kleiner als heute waren. Soweit Materialanalysen vorliegen, ist davon auszugehen, daß alle damaligen Helme (wie auch andere Rüstungsteile) aus einem recht weichen und kohlenstoffarmen Eisenwerkstoff hergestellt wurden. Gesteigerte Schutzwirkung war nur durch Vergrößern der Materialdicke möglich, da eine erfolgreiche Wärmebehandlung solcher Bleche (Härten/Vergüten) wohl damals aufgrund variierenden Kohlenstoffgehalts, Verunreinigungen o.ä. nicht möglich war (vergütete Rüstungsteile tauchen erst Ende des 15. Jh. auf). Dafür ließ sich das weiche Eisen auch im kalten Zustand einfach verarbeiten. Einschränkend dazu muß allerdings gesagt werden, daß auch dieses Material beim kalten Umformen verfestigt - inwieweit dieser Effekt von den Schmieden genutzt wurde, läßt sich kaum mehr herausfinden.
Da die Walztechnik zur Herstellungen von Blechen noch einige Jahrhunderte entfernt war, mußte der Plattner bzw. Helmschläger entweder selbst oder durch Zulieferer Platten durch Hämmern aus Barrenmaterial herstellen; bei diesem Vorgang entsteht ein ungleichmäßiges Gefüge, das auch als Indiz für die Authentizität eines Fundes gelten kann: Oft erkennt man bei Bodenfunden z.B. abblätternde Oberflächenschichten. Es mag auch sein, daß Teile aus ‘recyceltem’ Material hergestellt wurden; in [1] wird solch ein Fall diskutiert.


4.2 Der Zuschnitt

Mit welchen Werkzeugen die Platten zugeschnitten wurden, kann nicht mit letzter Gewißheit gesagt werden; aus etwas jüngeren Darstellungen, z.B. aus dem Weißkunig-Buch, ist der Gebrauch stationärer und kleinerer Blechscheren überliefert. Für gewisse Trennarbeiten wie die Aussparung der Sehschlitze in der Visierspange oder kreuzförmige Durchbrüche wurden mit Sicherheit scharfe Meißel verwendet. Ein großer Vorteil der Topfhelmform war weiterhin, daß einfache Schnittvorlagen für eine Massenproduktion (die ja der Literatur nach durchaus gegeben war) je nach Kopfform nur leicht abgeändert werden mußten; unter Umständen war auch eine Anpassung des Futters ausreichend. Schwieriger war da die individuelle Anfertigung des Kübelhelms, da eine einheitliche Form der Beckenhaube sicher schwerer zu erreichen war.


4.3 Das Umformen

Früheste Typen zeigen einen recht aufwendigen Umformprozeß. Gerundete, einteilige Helmglocken waren zeitaufwendig, erforderten qualitativ hochwertiges Ausgangsmaterial und ein ausgeprägtes handwerkliches Können, desgleichen die getriebenen Gesichtsmasken. Der vollkommen geschlossene Typ des 13. Jh. mit seinen hauptsächlich eindimensional gewölbten Flächen stellte insofern einen handwerklichen Rückschritt dar, war aber dafür billig und flächendeckend herzustellen, eine wichtige Voraussetzung für seine Einführung als Standardhelm einer in dieser Zeit stetig wachsenden Reitertruppe.
Allerdings kam auch dieser Typ nicht ohne Wärmebehandlung aus: Zumindest die Scheitelplatte, so zeigen diverse Nachschmiedeversuche, kann ihren starken Umformgrad nur nach mehrmaligem Glühen ertragen. Weniger aufwendige Teile, wie die Hinterhauptsplatte, sind aber auch bei einer Materialstärke von bis zu 2 mm kalt verformbar. Generell galt, daß eine Reduzierung der Plattenanzahl, wie sie dann beim Kübelhelm oft der Fall war, eine stärkere Umformarbeit zur Folge hatte - die mußte zur Anpassung an die Beckenhaube ohnehin erfolgen.


4.4 Das Fügen

Die ausschließlich angewandte Verbindungsart der einzelnen Platten war das Vernieten. Nietenanzahl und -form variierten in einigermaßen engen Grenzen. Die Nietstellen waren natürlich Schwachstellen in der Konstruktion; ein kritischer Treffer konnte die Nietköpfe absprengen oder die Nietbohrungen ausreißen lassen. Darüber hinaus boten die Plattenübergänge ein Gefahrenpotential, da abgleitende Schwertklingen und Lanzenspitzen gerade an diesen Stellen hängenbleiben konnten.

Es stellte sich für den Schmied also die Frage, welche Anordnung sinnvoller sei. Es liegt auf der Hand, daß für Schwerthiebe (die fast immer von oben nach unten geführt werden) eine Ãœberlappung der oberen Platte sinnvoll ist - andererseits ist für Lanzenstöße der umgekehrte Fall wirkungsvoller, denn die auf den Helm übertragene Kraft biegt den Kopf nach hinten bzw. zur Seite weg und läßt im für den Ritter günstigsten Fall die Lanzenspitze über die Helmwand nach oben abgleiten. Diese letztere Form wurde generell angewendet, ausgenommen die Befestigung der Scheitelplatte, die bei älteren Exemplaren außen und bei den Kübelhelmen meist innen angenietet wurde. Zur Herstellung der Bohrungen waren noch keine speziellen Bohrwerkzeuge, wie die heutigen Wendelbohrer, verfügbar; man verwendete Dorne zum Durchschlagen der Löcher und feilte oder schliff die entstandenen Grate eben.


4.5 Das Finish

Die äußere Oberfläche der Platten wurde nach dem Hämmern geschliffen, um Hammerspuren u.ä. zu entfernen. Ob sie danach auch noch poliert wurden, wie es bei jüngeren Rüstteilen in sog. Harnischmühlen der Fall war, ist unbekannt. Allerdings war es zumindest teilweise üblich, die Helme durch Bemalen bzw. Brünieren dekorativ zu gestalten und weniger rostanfällig zu machen, was beim Kornburg-Helm (Bild h) noch ausgezeichnet zu sehen ist.


5 Der Helm im Kampf

Die oben diskutierte gute Schutzwirkung dieser Helmform brachte natürlich einige herbe Nachteile mit sich. Das Gewicht war wohl so hoch, daß er nur kurz vor dem eigentlichen Kampfgeschehen aufgesetzt wurde. Zugleich konnte aus Stabilitätsgründen die Wangenplatte nicht ausreichend perforiert werden (die linke, der gegnerischen Lanze ausgesetzte Wangenseite oft gar nicht!), um auch nur eine einigermaßen angenehme Lüftung zu gewährleisten; Chronisten berichten sogar, daß Ritter reihenweise dem Hitzschlag zum Opfer fielen. So ruhte der Helm bei seiner Anreise zum Schlachtfeld in einem Helmsack, der am Sattelknauf baumelte.
Einmal aufgesetzt, band man den Helm mit Riemen unter dem Kinn fest, damit er nicht durch einen Lanzenstoß vom Kopf gerissen werden konnte. Trotzdem ist überliefert, daß Helme im Kampf verloren gingen, da die Riemen durch den Aufprall gesprengt wurden.
Hatte man Pfeilhagel und gegenseitiges Anrennen mit der Lanze überstanden, mußte der Topfhelm seine Schutzwirkung im Handgemenge beweisen. Eine weitere Schwäche offenbarte sich hier: Der zuvor noch wertvoll schmale Sehschlitz beschränkte nun das Sehfeld des Kämpen beträchtlich. Geräusche waren nur noch gedämpft wahrnehmbar und kaum zu lokalisieren.
Wie schon erwähnt, führte die Summe dieser Nachteile zur Entwicklung des Kübelhelms. Dieser wurde vor dem Anreiten über die Beckenhaube gestülpt, um dann nach erfolgter Attacke in einem günstigen Moment (sofern sich dieser im Handgemenge bot) nach hinten auf den Rücken abgeworfen zu werden und dort über die Ketten gehalten wurde. Doch auch diese Taktik hielt sich nicht länger als hundert Jahre auf dem Schlachtfeld, sei es, daß der abgeworfene Helm die Bewegung zu sehr einschränkte, oder aber Neuentwicklungen wie die Hundsgugel oder die große Beckenhaube größere Effizienz zeigten.
Da der Topf- wie auch der Kübelhelm eine Identifizierung des Trägers erschwerte, mußte der Ritter im Kampf durch zusätzliche Zeichen erkennbar sein: Was lag näher, als auf dem höchstaufragendem Punkt, dem Kopf, ein Erkennungsmerkmal zu befestigen. Diese Idee wurde mit der Helmzier, auch Zimier genannt, denn auch verwirklicht.


6 Der Helm im Turnier

Das Turnier stellte andere Anforderungen an den Helm als das reale Gefecht. Im 13. und auch im 14. Jh. wurden noch oft scharfe Lanzeneisen und gewöhnliche Schwerter verwendet. Um diese eigentlich unnötige Lebensgefährdung zu mildern, ging man dazu über, die Rüstung für das ritterliche Kräftemessen an vielen Stellen zu verstärken, später sogar spezielle Turnierrüstungen zu entwerfen. Das gesteigerte Gewicht spielte eine nur untergeordnete Rolle, da bei festgelegten Regeln und einer kurzen Aktionszeit der Träger ruhig einen Teil seiner Beweglichkeit zugunsten gesteigerter Schutzwirkung aufgeben konnte. Dies machte sich natürlich auch beim Kopfschutz bemerkbar.
Wurde vor allem im 13. Jh. noch der unmodifizierte Kriegshelm getragen, bekam er bald auf der linken, der gegnerischen Lanzenspitze zugewandten Seite, ein Verstärkungsblech auf die Wangenplatte aufgenietet (Bilder m/n). In der Manessischen Liederhandschrift ist weiterhin eine stählerne Halskrause in einer Turnierdarstellung zu sehen.


7 Das Zubehör

Nahezu identische Bohrungen in erhaltenen Exemplaren lassen die Vermutung aufkommen, daß sie als Befestigungslöcher dienten; allerdings sind keine Futter, die sicher dort eingebunden wurden, erhalten geblieben. Andere Polstermöglichkeiten sind bei Ritterstatuen an der Fassade der Kathedrale in Wells, England, sichtbar: Eine der Figuren, den Topfhelm im Arm haltend, trägt über der Panzerkapuze eine turbanartige Rolle auf dem Kopf. Auch Darstellungen einer haubenförmigen Polsterung unter der Kapuze sind häufig. Diese sog. ‘Zendelbinden’ waren oft ein Geschenk einer adeligen Dame und deshalb in ihren Farben gehalten. Eine weitere Art der besseren Kraftübertragung auf den Kopf stellten die oben bereits erwähnten Hirnhauben dar. Sie bedeckten maximal das obere Kopfdrittel.
Ebenfalls über Bohrungen oder an Ösen auf der Scheitelplatte wurden die Zimiere befestigt. Dies ist zweifelsfrei z.B. durch Helm und Zimier des schwarzen Prinzen (Bild i) belegt. Neben den Zimieren wurden zusätzlich Helmdecken verwendet. Diese waren, aus offensichtlich modischen Gründen, an den Rändern stark kurvenförmig ausgeschnitten und zum Rücken hin etwas länger. Ob die Decken tatsächlich, wie oft vermutet wird, in der sengenden Sonne der Kreuzfahrerstaaten aufkamen, müßte allerdings erst noch in schweißtreibenden Versuchen herausgefunden werden.
Die unter den Topfhelmen getragenen Panzergeflechte entwickelten sich ebenfalls weiter. Dazu nur ein kurzer Ãœberblick: Unter den frühen Topfhelmformen trug man Panzerkapuzen, die direkt an das Hemd angearbeitet waren (Bild 1). Ende des 13. Jh. entwickelten sich daraus eigenständige, abgetrennte Hauben, die bis zu den Schultern reichen konnten. Im Heiligen Land fand man auch flach- und rundscheitelig geformte Exemplare, die nur knapp über die Ohren reichten. Unter den ersten Beckenhauben wurde die lange Form noch getragen, der Teil unter der Haube aber schließlich weggelassen und direkt an der Beckenhaube befestigt.


8 Erhaltene Exemplare

Nach meinem Kenntnisstand sind heute noch 16 Topf- bzw. Kübelhelme erhalten. Ein 17. Exemplar, das ich im Kriegsmuseum in Budapest gesichtet habe, halte ich für nicht authentisch. Die Kurzbeschreibungen der unten abgebildeten Helme und einige auffallende Besonderheiten:
a) bis n): Die Manessische Liederhandschrift in Zürich. Ausstellungskatalog des Schweizer Landesmuseums, Zürich 1994, o), p): Ritter, Burgen, Dörfer: Sonderaustellungskatalog zum 650. Todestag Konrad II von Schlüsselberg, u.a. des Pfalzmuseums Forchheim, 1997
a) bis n): Die Manessische Liederhandschrift in Zürich. Ausstellungskatalog des Schweizer Landesmuseums, Zürich 1994, o), p): Ritter, Burgen, Dörfer: Sonderaustellungskatalog zum 650. Todestag Konrad II von Schlüsselberg, u.a. des Pfalzmuseums Forchheim, 1997

  1. Der Dargener Topfhelm
    Bodenfund; ca. 1250-1280; Altes Zeughaus, Berlin
    Er ist das älteste und meiner Ansicht nach interessanteste Exemplar, mit seiner Visierspange repräsentatives Ãœberbleibsel eines dutzendfach in Handschriften dargestellten Helmtyps.
  2. Madeln I
    Bodenfund; ca. 1300; z.Zt. Schweizerisches Landesmuseum, Zürich
    Dieser Helm wurde auch im Turnier gebraucht. Auf seiner linken Seite zeigt er den dreifachen Abdruck eines Lanzenkrönleins. Die Frontpartie ist sehr massiv ausgebildet.
  3. Burg Aranäs, Westgotland
    Bodenfund; Anfang 14. Jh.; Statens Historiska Museum, Stockholm
  4. Bozen, Tirol
    Bodenfund; Anfang des 14. Jh.; Castel S. Angelo, Rom
    Sehr kurze Helmform, eventuell nachträglich gekürzt, vielleicht auch älter.
  5. Madeln II
    Bodenfund; Mitte 14. Jh.; Kantonsmuseum Baselland, Liestal
    Von seiner Formgebung her der aufwendigste Fund; unikal auch die kreuzförmigen Atemlöcher und der zur Nase hin breiter werdende Sehspalt.
  6. Küssnacht am Rigi
    Bodenfund; Mitte 14. Jh.; Schweizerisches Landesmuseum, Zürich
    Ebenfalls sehr aufwendiger Helm, wurde zusammen mit Fragmenten eines Spangenharnischs gefunden; das Bild zeigt den stark restaurierten Zustand.
  7. Burg Tannenberg
    Bodenfund; 2. Hälfte 14. Jh.; Hessisches Landesmuseum, Darmstadt
  8. Helm derer von Kornburg
    Funeralhelm, vormals Kloster Kleinschwarzenlohe; Ende 14. Jh.; Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg
    Gleich mehrere ungewöhnliche Eigenheiten trifft man an diesem Helm an: In der Mitte der Sehspalte wurde jeweils eine vertikale Verstärkungsspange angenietet. Der Helm wurde brüniert, über der ursprünglichen Bemalung wurde eine zweite angebracht. Als Halsschutz wurde (vielleicht nachträglich?) ein Panzergeflecht am Helm festgenietet.
  9. Helm und Zimier des Prinzen von Wales
    Funeralhelm; 2. Hälfte 14. Jh.; Kathedrale zu Canterbury
    Von der Form her fast identisch mit j) und k), lassen sich diese drei Helme beinahe zu einem englischen Stil zusammenfassen.
  10. Helm unbekannter Herkunft
    Wahrscheinlich Funeralhelm; 2. Hälfte 14. Jh.; ehemals Sammlung Peter Dale, jetzt Royal Armouries, Leeds
  11. Helm des Richard Pembridge
    Funeralhelm; 2. Hälfte 14. Jh.; Kathedrale zu Hereford, jetzt Royal Scottish Museum, Edinburgh
  12. Helm aus der Traun bei Linz
    Gewässerfund; Mitte 14. Jh.; Österreichisches Landesmuseum, Linz
  13. Helm derer von Prankh
    Funeralhelm; 2. Hälfte 14. Jh.; Kunsthistorisches Museum, Wien
    Die zusätzliche Frontverstärkung weist auf eine Verwendung als Turnierhelm hin. Das Originalzimier dieses Helms in Geweihform ist noch erhalten.
  14. Lebus an der Oder
    Bodenfund; 2. Hälfte 14. Jh.; Tøjhusmuseet, Kopenhagen
  15. Burg Altena
    Bodenfund; Ende 13. Jh.; Museum der Grafschaft Mark auf Burg Altena
    Ein sehr ungewöhnliches Exemplar, ebenfalls mit Visierspange ausgestattet. Der Helm weist eine nach außen getriebene Bohrung (wohl für ein Zimier/Federschmuck) in der Mitte der Scheitelplatte auf. Schwer zu erklären sind die sehr knapp bemessenen Sehschlitze und der kreuzförmige Knebeldurchbruch auf der linken, stärker gefährdeten Seite.
  16. Burg Treuchtlingen
    Bodenfund; Anfang 14. Jh.;
    Der Helm weist einen Durchschlag in der Scheitelplatte, verursacht durch einen Streithammer o.ä., auf.


9 Literatur

Hier seien nur die ergiebigsten Quellen über dieses Thema erwähnt.

  1. G. Quasigroch:
    in: Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde,
    1979 Heft 1
  2. Paddock/Edge:
    Arms and armour of the medieval knight,
    Saturn Books,
    London 1996 (engl.)
  3. Vesey Norman:
    Waffen und Rüstungen,
    Parkland Verlag,
    Stuttgart (o. J.)
  4. Müller/Kunter:
    Europäische Helme aus der Sammlung des Museums für dt. Geschichte,
    Militärbuchverlag der DDR,
    Berlin 1982
  5. F./L. Funcken:
    Historische Waffen und Rüstungen von Karl dem Großen bis Ludwig XIV,
    Orbis Verlag,
    1990


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